L 13 AL 1503/13 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 4408/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1503/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist statthaft, da ein Ausschlusstatbestand des § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht einschlägig ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigen muss (Beschluss des erkennenden Senates vom 12. August 2011, L 13 AS 1830/11 B). Sie ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 5 AL 4408/12 mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die Prozesskostenhilfe begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. September 2004 - 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12. Januar 1993 - 2 BvR 1584/92 - alle veröffentlicht in Juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die Klage, mit der unter Abänderung des Bescheids vom 29. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. November 2012 die Gewährung höherer Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. August bis zum 8. November 2012 begehrt wird.

Das SG weist zutreffend darauf hin, dass Fehler bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Der Gesamtbedarf der - dem Grunde nach unstreitigen - Berufsausbildungsbeihilfe setzt sich gemäß § 56 Abs. 1 Ziff. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aus den erforderlichen Mitteln zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, den Fahrtkosten und den sonstigen Aufwendungen zusammen. Als Bedarf für den Lebensunterhalt wird gemäß § 61 Abs. 1 SGB III bei Auszubildenden, die - wie die Klägerin - während der Berufsausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils untergebracht sind, der jeweils geltende Bedarf für Studierende nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Berufsausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zugrunde gelegt; der sich im streitigen Zeitraum auf 348,00 EUR belief. Der Bedarf erhöht sich für die Unterkunft um 149,00 monatlich. Soweit Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten nachweislich 149,00 EUR übersteigen, erhöht sich der Bedarf um bis zu 75,00 EUR monatlich. Unter Zugrundelegung von § 61 Abs. 1 SGB III i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG hat die Beklagte im Falle der Klägerin zutreffend einen Bedarf für den Lebensunterhalt in Höhe von 572,00 EUR berücksichtigt. Als Bedarf für Fahrtkosten waren gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB III die Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (Pendelfahrten) in Höhe der Schülermonatskarte von 92,50 EUR zu berücksichtigen. Der Gesamtbedarf betrug damit 664,50 EUR.

Das anzurechnende Einkommen bestimmt sich nach § 67 Abs. 1 und Abs. 2 SGB III i. V. m. § 11 Abs. 4 BAföG sowie den Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG mit den hierzu ergangenen Rechtsvorschriften entsprechend. Die Beklagte hat das - voraussichtliche - Durchschnittseinkommen in dem Bewilligungszeitraums von 18 Monaten (§ 69 Abs. 1 Satz 2) unter Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes zugrunde gelegt und hiervon eine Sozialpauschale von 21,3 % (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 BAföG) in Abzug gebracht. Die Höhe des dann monatlich dann anzurechnenden Einkommens von 489,02 EUR wird auch durch die Klägerin zuletzt nicht mehr beanstandet.

Vom Gesamtbedarf in Höhe von 664,50 EUR ist das Gesamteinkommen in Höhe von 489,02 EUR in Abzug zu bringen, woraus sich ein ungedeckter Bedarf von 175,48 EUR errechnet. Unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift nach § 71 Satz 1 SGB III ergibt sich ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 175,00 EUR.

Die Berechnung der Beklagten ist unter Zugrundelegung der geltenden Gesetzeslage demnach nicht zu beanstanden.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage folgt auch nicht aus den seitens der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 61 SGB III i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG. Das SG weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es sich beim BAföG einerseits und dem SGB II andererseits um zwei unterschiedliche Ordnungsbereiche handelt, die eine jeweils eigene Systematik aufwiesen und durch den Gesetzgeber unterschiedlich geregelt werden können, ohne dass dies zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz führt. Allgemein steht dem Gesetzgeber im Sozialrecht und insbesondere bei der Finanzierung sozialer Sicherungssysteme ein weiter Gestaltungsspielraum offen. Möglich sind unterschiedliche Konzepte für unterschiedliche Gebiete (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rdnr. 54 m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber mit der Bundesausbildungsbeihilfe und dem SGB II unterschiedliche Leistungssysteme vorhält. Mit den Vorschriften zur Bundesausbildungsbeihilfe hat der Gesetzgeber ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen, das Möglichkeiten und Grenzen einer individuellen Förderung der Berufsausbildung durch den Staat grundsätzlich abschließend bestimmt. Seine Regelungen über die Förderungsvoraussetzungen sowie Art, Höhe und Dauer der Leistungen sind auf die besondere Lebenssituation der Studierenden zugeschnitten, die auf öffentliche Hilfe bei der Finanzierung ihrer Ausbildung angewiesen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1997, 1 BvL 5/93, Juris). Mit dem SGB II verfolgt der Gesetzgeber hingegen den Zweck, eine eigenständige soziale Leistung vorzusehen, die den grundlegenden Bedarf für den Lebensunterhalt sicherstellt. Diese Leistung ist bedarfsorientiert, greift also nur dann, wenn das eigene Einkommen und Vermögen der Leistungsberechtigten nicht ausreicht, um den Grundbedarf abzudecken. Zwischen Empfängern von Berufsausbildungsbeihilfe- und SGB II-Leistungsempfängern bestehen erhebliche Unterschiede, die es dem Gesetzgeber gerade vor dem Hintergrund seines weiten Gestaltungsspielraums in Fragen der Ausgestaltung sozialer Sicherungssysteme ermöglichen, Bedarfshöhen auch unterschiedlich festzulegen (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Unterschreitung des Bedarfs nach GSiG durch BAföG-Höchstfördersatz VG Göttingen, Urteil vom 30. Oktober 2003 - 4 A 12/03, Juris). Die unterschiedliche Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Erwerbstätige einerseits und für Studenten und Auszubildende, die nach dem BAföG oder dem SGB III förderungsfähig sind, andererseits, ist auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu beanstanden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 - B 11 AL 20/08 R, Juris, m.w.N.) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Ermittlung der Regelbedarfe im Rahmen des SGB II (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09), die die Klägerin zur Begründung ihrer Klage heranzieht, ist aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung und Zweckrichtung der Leistungen nach SGB II andererseits und dem SGB III andererseits, nicht auf die Berechnung der Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe übertragbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO).

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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