Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3010/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1485/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.02.2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1972 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er wohnte zunächst ab 01.01.2005 in der M.straße in W. Aufgrund Wohnungskündigung beantragte der Kläger am 30.04.2012 die Zusicherung zur Übernahme der Kosten der Unterkunft für ein Wohnungsangebot "A V" in W. Mit Schreiben vom 02.05.2012 teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass die angemessene Kaltmiete bei einem 1-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² in W. bei 308,- EUR monatlich liege. Eine Zusicherung könne erst erteilt werden, wenn der noch nicht unterschriebene Mietvertrag vorliege.
Mit Schreiben vom 12.09.2012 beantragte der Kläger erneut die Zusicherung zur Übernahme der Kosten der Unterkunft, diesmal für eine Wohnung in der Dorfstraße in B.-B ...
Ebenfalls am 12.09.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II kein Mietvertrag hinzugefügt werden müsse.
Mit Urteil vom 13.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da es der Feststellungsklage zum einen bereits an einem vorher durchzuführenden Widerspruchsverfahren fehle und zum anderen trete die Feststellungsklage aus Gründen der Subsidiarität hinter grundsätzlich möglichen Gestaltungs- und Leistungsklagen zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 28.03.2013 eingelegten Berufung. Ausweislich der Angaben im Berufungsschriftsatz wohnt der Kläger derzeit in der D.str. in B-B.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.02.2013 aufzuheben und festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden muss.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist aber unbegründet. Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden muss. Vorliegend ist weder eine Fortsetzungsfeststellungsklage noch eine Feststellungsklage zulässig.
Gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes kommt eine direkte Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht. Bei Klagen, deren primäres Rechtsschutzbegehren sich nicht auf einen Verwaltungsakt (z.B. bei einer allgemeinen Leistungsklage oder Feststellungsklage) bezog, ist § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht, auch nicht analog anwendbar (vgl. Keller: in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 131 Rn. 7c). § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG ist nach Wortlaut und Systematik der Vorschrift auf Fälle begrenzt, in denen ein Verwaltungsakt betroffen ist. Für eine entsprechende Anwendung bei Leistungs- und Feststellungsklagen besteht kein Bedürfnis, da derselbe Zweck mit der Feststellungsklage des § 55 SGG zu erreichen ist, bei der im Falle eines Feststellungsinteresses auch vergangene Rechtsverhältnisse festgestellt werden können.
Aber auch eine Feststellungsklage nach § 55 SGG ist vorliegend unzulässig. Unabhängig von der Frage, ob vor Erhebung der Feststellungsklage die Durchführung eines Verwaltungs- und Vorverfahrens erforderlich ist (so die Argumentation des SG), ist bisher nicht dargetan, warum der Kläger hinsichtlich seines Feststellungsantrages ein Interesse an der baldigen Feststellung haben sollte, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden müsse. Nach der Adressangabe in der Berufungsschrift wohnt der Kläger mittlerweile nicht mehr im M.weg in W., sondern in der D.straße in B-B. Ausweislich der Verwaltungsakte dürfte der Kläger am 12.09.2012 zuletzt für diese Wohnung eine Zusicherung begehrt haben. Ein Umzug hat offenbar zwischenzeitlich stattgefunden. Es sind keine Anhaltspunkte für einen erneuten Umzug in naher Zukunft erkennbar. Entsprechendes trägt der Kläger auch nicht vor. Ein Antrag auf Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II liegt nicht vor und steht auch aktuell nicht im Raum. Daher bestehen bereits erhebliche Bedenken an einem berechtigten und baldigen Feststellungsinteresse. Allein die vom Kläger vorgetragene abstrakte Möglichkeit einer Wohnungskündigung aufgrund seines Leistungsbezuges reicht hierfür jedenfalls nicht.
Darüber hinaus handelt es sich vorliegend um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage (vgl. Keller: in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, a.a.O. § 55 Rn. 9; Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 55 Rn. 53). Zwar ist eine Feststellungsklage auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis möglich, aber keine Feststellungsklage wegen einzelner Elemente (z.B. Rechtsfragen, Tatfragen oder Verwaltungsgepflogenheiten). Sie ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, da durch diese vorliegend der Streit der Beteiligten im Ganzen nicht bereinigt werden kann. Die Klärung abstrakter Rechtsfragen kann nicht über die Feststellungsklage erreicht werden.
Ferner kann eine Feststellung auch deshalb nicht begehrt werden, soweit der Betroffene seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage). Bei der Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Gegenstand der Zusicherung ist die Übernahme der Unterkunftskosten für eine konkrete Unterkunft in konkreter Höhe. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 SGB II steht dem Kläger nach Durchführung des Verwaltungs- und Widerspruchverfahrens die Möglichkeit offen Verpflichtungsklage zu erheben. In dringenden Fällen besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1972 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er wohnte zunächst ab 01.01.2005 in der M.straße in W. Aufgrund Wohnungskündigung beantragte der Kläger am 30.04.2012 die Zusicherung zur Übernahme der Kosten der Unterkunft für ein Wohnungsangebot "A V" in W. Mit Schreiben vom 02.05.2012 teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass die angemessene Kaltmiete bei einem 1-Personen-Haushalt mit einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² in W. bei 308,- EUR monatlich liege. Eine Zusicherung könne erst erteilt werden, wenn der noch nicht unterschriebene Mietvertrag vorliege.
Mit Schreiben vom 12.09.2012 beantragte der Kläger erneut die Zusicherung zur Übernahme der Kosten der Unterkunft, diesmal für eine Wohnung in der Dorfstraße in B.-B ...
Ebenfalls am 12.09.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II kein Mietvertrag hinzugefügt werden müsse.
Mit Urteil vom 13.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da es der Feststellungsklage zum einen bereits an einem vorher durchzuführenden Widerspruchsverfahren fehle und zum anderen trete die Feststellungsklage aus Gründen der Subsidiarität hinter grundsätzlich möglichen Gestaltungs- und Leistungsklagen zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 28.03.2013 eingelegten Berufung. Ausweislich der Angaben im Berufungsschriftsatz wohnt der Kläger derzeit in der D.str. in B-B.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.02.2013 aufzuheben und festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden muss.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist aber unbegründet. Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers festzustellen, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden muss. Vorliegend ist weder eine Fortsetzungsfeststellungsklage noch eine Feststellungsklage zulässig.
Gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes kommt eine direkte Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht. Bei Klagen, deren primäres Rechtsschutzbegehren sich nicht auf einen Verwaltungsakt (z.B. bei einer allgemeinen Leistungsklage oder Feststellungsklage) bezog, ist § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht, auch nicht analog anwendbar (vgl. Keller: in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 131 Rn. 7c). § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG ist nach Wortlaut und Systematik der Vorschrift auf Fälle begrenzt, in denen ein Verwaltungsakt betroffen ist. Für eine entsprechende Anwendung bei Leistungs- und Feststellungsklagen besteht kein Bedürfnis, da derselbe Zweck mit der Feststellungsklage des § 55 SGG zu erreichen ist, bei der im Falle eines Feststellungsinteresses auch vergangene Rechtsverhältnisse festgestellt werden können.
Aber auch eine Feststellungsklage nach § 55 SGG ist vorliegend unzulässig. Unabhängig von der Frage, ob vor Erhebung der Feststellungsklage die Durchführung eines Verwaltungs- und Vorverfahrens erforderlich ist (so die Argumentation des SG), ist bisher nicht dargetan, warum der Kläger hinsichtlich seines Feststellungsantrages ein Interesse an der baldigen Feststellung haben sollte, dass einem Antrag auf Zusicherung kein Mietvertrag hinzugefügt werden müsse. Nach der Adressangabe in der Berufungsschrift wohnt der Kläger mittlerweile nicht mehr im M.weg in W., sondern in der D.straße in B-B. Ausweislich der Verwaltungsakte dürfte der Kläger am 12.09.2012 zuletzt für diese Wohnung eine Zusicherung begehrt haben. Ein Umzug hat offenbar zwischenzeitlich stattgefunden. Es sind keine Anhaltspunkte für einen erneuten Umzug in naher Zukunft erkennbar. Entsprechendes trägt der Kläger auch nicht vor. Ein Antrag auf Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II liegt nicht vor und steht auch aktuell nicht im Raum. Daher bestehen bereits erhebliche Bedenken an einem berechtigten und baldigen Feststellungsinteresse. Allein die vom Kläger vorgetragene abstrakte Möglichkeit einer Wohnungskündigung aufgrund seines Leistungsbezuges reicht hierfür jedenfalls nicht.
Darüber hinaus handelt es sich vorliegend um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage (vgl. Keller: in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, a.a.O. § 55 Rn. 9; Lüdtke, SGG, 4. Aufl. 2012, § 55 Rn. 53). Zwar ist eine Feststellungsklage auf Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis möglich, aber keine Feststellungsklage wegen einzelner Elemente (z.B. Rechtsfragen, Tatfragen oder Verwaltungsgepflogenheiten). Sie ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, da durch diese vorliegend der Streit der Beteiligten im Ganzen nicht bereinigt werden kann. Die Klärung abstrakter Rechtsfragen kann nicht über die Feststellungsklage erreicht werden.
Ferner kann eine Feststellung auch deshalb nicht begehrt werden, soweit der Betroffene seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage). Bei der Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Gegenstand der Zusicherung ist die Übernahme der Unterkunftskosten für eine konkrete Unterkunft in konkreter Höhe. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 SGB II steht dem Kläger nach Durchführung des Verwaltungs- und Widerspruchverfahrens die Möglichkeit offen Verpflichtungsklage zu erheben. In dringenden Fällen besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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