Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3484/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2459/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin ist ausgebildete Konditorin und war nach der Ausbildung im Zeitraum von Juli 1980 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im März 2010 versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Gesamtkontospiegel vom 21. Mai 2010 verwiesen.
Den Rentenantrag vom 14. Mai 2010, den die Klägerin mit seelischen Beschwerden sowie Gelenk-, Hüft-, Knie- und Rückenbeschwerden begründete, deretwegen sie sich seit Januar 2008 für erwerbsgemindert hielt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2010 und - nach Widerspruch der Klägerin, die im Wesentlichen orthopädische, internistische und psychiatrische Störungen geltend machte - Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2010 ab, da die Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidung war - neben Berichten behandelnder Ärzte und weiterer ärztlicher Äußerungen, die ausgewertet wurden - das Gutachten der Dr. He., Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin, vom 12. Juli 2010 (Diagnosen [D]: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtige depressive Episode bei Arbeitsplatzproblematik, leichte Funktionsminderung linkes Bein bei Z.n. komplizierter Unterschenkel[US]-Fraktur [Januar 2001] mit zahlreichen Operationen und Peronaeusparese links, leichte Hüftgelenksarthrose rechts mit leichter Bewegungseinschränkung, Fehlstatik der Wirbelsäule [WS], bei Beinverkürzung links mit leichter Bewegungseinschränkung medikamentös eingestellter Bluthochdruck, leichtes Übergewicht, leichte Aufbraucherscheinungen des linken Kniegelenkes; leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Nachtschicht, übermäßigen Zeitdruck, häufige und länger andauernde Zwangshaltungen der WS, häufiges Knien/Hocken, Ersteigen von Treppen und Leitern sowie Gehen auf unebenem Untergrund - überwiegend im Sitzen, seien über sechs Stunden arbeitstäglich möglich). Weitere Grundlage war eine ärztliche Stellungnahme der Internistin Dr. Messerschmidt, die sich Dr. He. nach nochmaliger Prüfung auf den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen anschloss.
Deswegen hat die Klägerin am 28. Oktober 2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Dr. Zu. am 9. Dezember 2010 (an nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen lägen eine Pronaeusparese links mit Unfähigkeit der Fußhebung und eine Angstdepression vor, die Erwerbsfähigkeit sei auf unter drei bis sechs Stunden gesunken) und der Orthopäde Dr. Ha. am 15. Januar 2011 berichtet.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Orthopäden, Chirurgen und Sportmediziners Dr. Pf. vom 29. April 2011 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. We. vom 5. März 2012 (mit ergänzender Stellungnahme vom 5. September 2012) sowie - von Amts wegen - des Orthopäden, Unfallchirurgen und Sozialmediziners Dr. Kn. vom 28. September 2011 und des Facharztes für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Innere Medizin, Dr. Gr. vom 4. Februar 2013 (mit ergänzender Stellungnahme vom 15. März 2013) eingeholt.
Dr. Pf. hat an Gesundheitsstörungen eine Gehstörung nach US-Fraktur links und Peronaeusparese nach sechsmaligem operativem Eingriff, eine Körperdysbalance infolge des durch die Peronaeusparese ausgelösten asymmetrischen Gangbildes, eine pseudoradikuläre Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule (LWS) bei Osteochondrose und Facettenarthrose (Bandscheiben- und Wirbelgelenksabnutzung), eine schmerzhafte Bewegungsstörung der Brustwirbelsäule (BWS) infolge kyphotischer Fehlhaltung (Rundrücken in Fehlform), eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) mit radikulärer Ausstrahlung in den rechten Arm und Spannungsaufbau in der rechten Schulterhöhe, eine Belastungsminderung und endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes infolge Spannungsaufbau der Schulterhöhenmuskulatur, eine Bewegungseinschränkung und ein Kapselmuster (Leisten-/Trochanterschmerz) des rechten Hüftgelenks bei Arthrose, eine schmerzhafte Belastungsstörung des linken mehr als des rechten Kniegelenks infolge asymmetrischem Gangbild und Chondropathia patellae sowie eine Depression angegeben. Die Klägerin könne ("zum jetzigen Zeitpunkt") unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auch leichte Arbeiten nur unter drei Stunden verrichten, wobei durch Heilmaßnahmen im psychotherapeutischen und physiotherapeutischen Sinne mit stationären Maßnahmen in einem Zeitraum von zwei Jahren eine Besserung möglich sei. Die Leistungseinschränkung sei seit "03.03.2000 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit)" nachweisbar. Die Klägerin könne viermal täglich 500 m arbeitstäglich in jeweils 15 bis 20 Minuten zurücklegen.
Dr. Kn. hat ausgeführt, bei der Klägerin fänden sich wiederkehrende WS-Beschwerden bei leichter statischer Fehlhaltung, beginnenden vielsegmentalen degenerativen Veränderungen und Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen. Ferner bestünden beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, degenerative Veränderungen beider Kniegelenke ohne Reizzeichen mit freier Beweglichkeit, eine deutliche Restbeschwerdesymptomatik am linken US nach Mehrfach-OP-Sanierung einer US-Trümmerfraktur im Jahr 2001 mit bekannter Fußheberschwäche links, beginnende degenerative Veränderungen des linken Sprunggelenks, ein kleiner plantarer Fersensporn rechts und ein kleiner dorsaler Fersensporn beidseits sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks und Senkspreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen, beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, beider Daumensattelgelenke und diverser Langfingermittel- und -endgelenke beidseits sowie ferner Hinweise auf eine Knochendichteminderung ohne Hinweise auf Osteoporose. Ein Schultergelenksschaden sei auszuschließen. Hierzu hat der Sachverständige die bei der Untersuchung erhobenen Befunde dargelegt. Die Gesundheitsstörungen führten zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von zehn bis maximal 15 kg - ohne häufige Zwangshaltung, häufige Überkopfarbeit, Notwendigkeit des gehäuften Kletterns und/oder Steigens, Knien oder Hocken, Tätigkeiten mit Absturzgefahr und/oder gehäuftem Erklimmen von Leitern und/oder Gerüsten, dauerhafte Exposition gegenüber Nässe und Kälte sowie ständiges Stehen und/oder Gehen - im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Einschränkungen bestünden seit dem Unfall vom Januar 2001. Dr. Pf. könne er sich nicht anschließen. Dieser stelle erheblich auf muskuläre Dysbalancen und daraus resultierende Funktionsstörungen ab, weniger jedoch auf echte Funktionseinschränkungen. Die muskulären Dysbalancen seien mit Sicherheit durch eine konsequente ambulante Therapie neben einer Erwerbstätigkeit positiv zu beeinflussen. Die von Dr. Pf. beschriebenen Diagnosen ließen keinen Schluss auf eine quantitative Leistungsminderung zu.
Prof. Dr. We. hat ausgeführt, es fänden sich eine inkomplette Rückbildung einer Nervus Peronaeus-Läsion perioperativ links mit Zehen-, Fuß- und Großzehenheberparese und eingeschränktem Gangbild auf Grund der US-Trümmerfraktur links, eine medikamentös kontrollierte Hypertonie und eine Hypercholesterinämie, chronisch rezidivierende myotenditotische Beschwerden des gesamten Achsenskeletts entsprechend den orthopädisch gestellten Diagnosen sowie eine leicht- bis mittelgradige depressive Störung mit sozial-phobischer Komponente. Die Störungen könnten aus eigener Willensanstrengung bzw. mit Hilfe zumutbarer ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung innerhalb eines halben Jahres überwunden werden. Die Klägerin gebe einen erheblichen Schmerzmittelkonsum an, wobei sie auch angebe, täglich über eine Stunde zu schwimmen. Sie sei fähig, mindestens sechs Stunden arbeitstäglich Tätigkeiten auszuüben, vorausgesetzt, es erfolge eine therapeutische Bearbeitung mit Psychotherapie, Physiotherapie und eventuell auch eine berufliche Belastungserprobung im Rahmen eines Rehakonzepts. Die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe seit dem Unfall. Vom Gutachten des Dr. Kn. weiche er nicht relevant ab. Entgegen Dr. Pf. schätze er die Reha-Fähigkeit des Bewegungsapparates und der Myotendinosen positiver ein. In der auf Einwendungen der Klägerin abgegebenen ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige Prof. Dr. We. im Wesentlichen an seiner Einschätzung festgehalten, hinsichtlich der empfohlenen Reha-Behandlung jedoch nach nochmaliger Prüfung die Auffassung vertreten, die Klägerin könne auch ohne Reha-Behandlung ihre Schmerzen überwinden, vor allem im Hinblick auf ihre Alltagstätigkeit und auch die Fähigkeit, über eine Stunde zu schwimmen, ohne dass es zu myotendinotischen Beschwerden komme. Arbeiten mit Personen- oder Parteienverkehr seien nicht sinnvoll, aber durchaus zumutbar. Ferner könne die Klägerin viermal 500 m in jeweils 20 Minuten zurücklegen.
Dr. Gr. hat auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet die Diagnosen depressives Syndrom mäßiger Ausprägung (involutive, psychoreaktive Anteile) und Peronaeusparese links mit leichtem Steppergang bei reduzierter Hebeleistung des linken Fußes gestellt und einen V.a. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung geäußert. Außerhalb seines Fachgebietes hat er die Diagnosen medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, medikamentös behandelte mitgeteilte Hypercholesterinämie, Schulter-Arm-Syndrom rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung (orthopädisch behandelbar), HWS-Syndrom mit leichter Funktionseinschränkung, BWS-Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, LWS-Syndrom bei Beinverkürzung links und Dysbalance ohne gravierende Funktionseinschränkung, leichte Coxarthrose rechts und einen Z.n. US-Trümmerfraktur 2001 mit kompliziertem Verlauf und rezidivierenden operativen Eingriffen bei leichter Funktionsminderung und Peronaeusparese links aufgeführt. Die Klägerin könne einfache körperlich leichte gelegentlich auch mittelschweren Arbeiten - ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, häufige Zwangshaltungen, Akkord- und Nachtschicht, Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie mit Absturzgefahr - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten, ohne dass arbeitsunübliche Pausen erforderlich wären. Eine schwere Depression sei nicht nachweisbar. Die eher niederfrequente psychiatrische Behandlung und auch die Dosis des Antidepressivums sprächen eher dafür, dass auch von Behandlerseite kein zwingender Bedarf gesehen werde, die Behandlungsfrequenz wegen besonderer Schwere zu erhöhen. Die Klägerin sei auch in der Lage, ihren Haushalt zu führen und könne sich außer Haus betätigen und Freizeitbelangen nachgehen und sei auch befähigt, ein Fahrzeug zu führen. Eine ausreichende Rechtfertigung für eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens bestehe nicht. Den Einschätzungen von Dr. Zu. und Dr. Pf. könne er - aus näher dargelegten Gründen - nicht folgen. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. Gr. auf die Einwände der Klägerin an seiner Einschätzung mit näherer Begründung festgehalten.
Die Beklagte hat ärztliche Stellungnahmen vorgelegt und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden verrichten.
Mit Urteil vom 28. Mai 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente seien nicht erfüllt, da die Klägerin unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne, wenn gewisse qualitative Einschränkungen berücksichtigt seien. Dies ergebe sich aus den Gutachten des Dr. Kn., des Dr. Gr. und auch des Prof. Dr. We., die eine quantitative Leistungsminderung nicht festgestellt hätten. Soweit Dr. Pf. und Dr. Zu. von einer weitergehenden Einschränkung ausgegangen seien, fehle es an einer überzeugenden Begründung. Im Übrigen bestehe auch weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 7. Juni 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Juni 2013 Berufung eingelegt. Das SG habe einen unrichtigen Prüfungsmaßstab angelegt und hinsichtlich der Gutachten nicht geprüft, ob und inwieweit diese das Leistungsvermögen "ganzheitlich" wiedergäben. Das Gutachten von Dr. Pf. und dessen Leistungsbeurteilung sei schlüssig. Demgegenüber habe Dr. Kn. seine Ausführungen und Schlussfolgerungen nicht hinreichend dargelegt und begründet. Prof. Dr. We. habe u.a. den erheblichen Schmerzmittelkonsum nicht hinterfragt, auch nicht hinsichtlich dessen gesundheitlicher Zumutbarkeit. Das Gutachten von Dr. Gr. sei oberflächlich und widersprüchlich. Einzelne Gesundheitsstörungen bagatellisiere er. Für die Annahme von Erwerbsfähigkeit müsse sie in der Lage sein, neben der üblichen Hausarbeit eine sechsstündige Erwerbstätigkeit durchzuführen. Insoweit seien die Dysbalance und die Schmerzprobleme nicht hinreichend gewürdigt, weswegen eine erneute Begutachtung beantragt werde.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung bis 22. Oktober 2013 gegeben. Die Klägerin hat sich hierauf nicht mehr geäußert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Juli 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin, auch im Berufungsverfahren, sowie der vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Würdigung der vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen durch das SG nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt ihm in vollem Umfang. Wie sich aus den von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Kn. und Dr. Gr., aber auch aus dem auf Antrag der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. We. ergibt, führen die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen zu keinen rentenrechtlich erheblichen qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens und insbesondere auch nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Die Klägerin leidet aus orthopädischer Sicht im Wesentlichen unter wiederkehrenden WS-Beschwerden bei leichter statischer Fehlhaltung, beginnenden vielsegmentalen degenerativen Veränderungen und einer Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen. Ferner bestehen degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, degenerative Veränderungen beider Kniegelenke ohne Reizzeichen mit freier Beweglichkeit, eine deutliche Restbeschwerdesymptomatik am linken US nach Mehrfach-OP-Sanierung einer US-Trümmerfraktur mit bekannter Fußheberschwäche links, beginnende degenerative Veränderungen des linken Sprunggelenks, ein kleiner plantarer Fersensporn rechts und ein kleiner dorsaler Fersensporn beidseits sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks und Senkspreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen, beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, beider Daumensattelgelenke und diverser Langfingermittel- und -endgelenke beidseits sowie ferner Hinweise auf eine Knochendichteminderung ohne Hinweise auf Osteoporose. Ein Schultergelenksschaden ist auszuschließen. Dies ergibt sich schlüssig aus dem Sachverständigengutachten des Dr. Kn. und den dokumentierten Befunden. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht ergeben sich die inkomplette Rückbildung einer Nervus-Peronaeus-Läsion perioperativ links mit Zehen-, Fuß- und Großzehenheberparese und eingeschränktem Gangbild bei leichtem Steppergang und reduzierter Hebeleistung des linken Fußes nach US-Trümmerfraktur links, ein depressives Syndrom mäßiger Ausprägung (involutive, psychoreaktive Anteile), chronisch rezidivierende myotendinotische Beschwerden des gesamten Achsenskeletts und eine V.a. auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dies entnimmt der Senat den Sachverständigengutachten von Prof. Dr. We. und Dr. Gr. sowie den in den Akten enthaltenen Befunden. Außerdem bestehen eine medikamentös kontrollierte Hypertonie und eine Hypercholesterinämie (Dr. Gr.).
Hiervon ausgehend ist ihr Leistungsvermögen zwar eingeschränkt, allerdings nur in qualitativer Hinsicht. Die Klägerin kann zumindest leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zehn kg - ohne häufige Zwangshaltung, häufige Überkopfarbeit, Notwendigkeit des gehäuften Kletterns und/oder Steigens, Knien oder Hocken, Tätigkeiten mit Absturzgefahr und/oder gehäuftem Erklimmen von Leitern und/oder Gerüsten, dauerhafte Exposition gegenüber Nässe und Kälte sowie ständiges Stehen und/oder Gehen, häufige Zwangshaltungen, Akkord- und Nachtschicht, Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie mit Absturzgefahr - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten ohne dass arbeitsunüblicher Pausen erforderlich wären. Dies folgt für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus der Gesamtschau der Sachverständigengutachten von Dr. Kn., Prof. Dr. We. und Dr. Gr ... Deren Einschätzung steht auch im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahmen des Dr. Buchhöcker vom 1. Februar und 29. Juni 2011 sowie der Dr. El. vom 11. Juni 2012.
Dies steht auch in Übereinstimmung mit der Alltagstätigkeit, u.a. auch ihrer Fähigkeit, über eine Stunde zu schwimmen, ohne dass myotendinotische Beschwerden auftreten. Arbeiten mit Personen- oder Parteienverkehr sind auch zumutbar. Außerdem kann die Klägerin viermal 500 m in jeweils 20 Minuten für Wege zu und von der Arbeit zurücklegen.
Soweit hiervon abweichend Dr. Zu. und Dr. Pf. zu einer weitergehenden Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere auch in quantitativer Hinsicht gelangt sind, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung anhand konkreter Befunde, die deren Annahme rechtfertigen könnte. Weder Dr. Zu. als behandelnder Arzt und sachverständiger Zeuge, noch Dr. Pf. haben die Angaben der Klägerin kritisch hinterfragt und hinreichende objektive Belege für ihre Einschätzung dargelegt. Ihre Einschätzung ist im Übrigen auch durch die Sachverständigengutachten von Dr. Kn., Prof. Dr. We. und Dr. Gr. widerlegt.
Soweit die Klägerin die Auffassung geäußert hat, es sei ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, hat sie diesen Antrag auf den Hinweis des Berichterstatters, es sei beabsichtigt, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nicht mehr wiederholt. Der Senat sieht auch ansonsten keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen, da der Sachverhalt durch die vorliegenden Sachverständigengutachten umfassend geklärt ist. Allein der Umstand, dass die Sachverständigengutachten des Dr. Kn., des Prof. Dr. We. und des Dr. Gr. eine rentenrechtliche Leistungsminderung nicht belegen, sondern vielmehr schlüssig zum Ergebnis gelangt sind, dass keine wesentliche qualitative und keine quantitative Leistungseinschränkungen vorliegen, und Dr. Pf. eine hiervon abweichende Einschätzung abgegeben hat, gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Der Senat erachtet den Sachverhalt für vollständig geklärt, nachdem - zum Teil mehrere - Gutachten auf allen für die Beurteilung des Leistungsvermögen relevanten Gebieten vorliegen und diese auch ein Gesamtbild ergeben, das allerdings eine rentenrechtlich relevante Einschränkung nicht zu belegen vermag.
Da die Klägerin somit in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine außergewöhnlichen qualitativen Einschränkung bzw. schwere spezifische Einschränkung besteht und keine Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen vorliegt, ist die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einsatzfähig und nicht erwerbsgemindert, sodass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht.
Da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin ist ausgebildete Konditorin und war nach der Ausbildung im Zeitraum von Juli 1980 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im März 2010 versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Gesamtkontospiegel vom 21. Mai 2010 verwiesen.
Den Rentenantrag vom 14. Mai 2010, den die Klägerin mit seelischen Beschwerden sowie Gelenk-, Hüft-, Knie- und Rückenbeschwerden begründete, deretwegen sie sich seit Januar 2008 für erwerbsgemindert hielt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2010 und - nach Widerspruch der Klägerin, die im Wesentlichen orthopädische, internistische und psychiatrische Störungen geltend machte - Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2010 ab, da die Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidung war - neben Berichten behandelnder Ärzte und weiterer ärztlicher Äußerungen, die ausgewertet wurden - das Gutachten der Dr. He., Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin, vom 12. Juli 2010 (Diagnosen [D]: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtige depressive Episode bei Arbeitsplatzproblematik, leichte Funktionsminderung linkes Bein bei Z.n. komplizierter Unterschenkel[US]-Fraktur [Januar 2001] mit zahlreichen Operationen und Peronaeusparese links, leichte Hüftgelenksarthrose rechts mit leichter Bewegungseinschränkung, Fehlstatik der Wirbelsäule [WS], bei Beinverkürzung links mit leichter Bewegungseinschränkung medikamentös eingestellter Bluthochdruck, leichtes Übergewicht, leichte Aufbraucherscheinungen des linken Kniegelenkes; leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Nachtschicht, übermäßigen Zeitdruck, häufige und länger andauernde Zwangshaltungen der WS, häufiges Knien/Hocken, Ersteigen von Treppen und Leitern sowie Gehen auf unebenem Untergrund - überwiegend im Sitzen, seien über sechs Stunden arbeitstäglich möglich). Weitere Grundlage war eine ärztliche Stellungnahme der Internistin Dr. Messerschmidt, die sich Dr. He. nach nochmaliger Prüfung auf den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen anschloss.
Deswegen hat die Klägerin am 28. Oktober 2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Dr. Zu. am 9. Dezember 2010 (an nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen lägen eine Pronaeusparese links mit Unfähigkeit der Fußhebung und eine Angstdepression vor, die Erwerbsfähigkeit sei auf unter drei bis sechs Stunden gesunken) und der Orthopäde Dr. Ha. am 15. Januar 2011 berichtet.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Orthopäden, Chirurgen und Sportmediziners Dr. Pf. vom 29. April 2011 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. We. vom 5. März 2012 (mit ergänzender Stellungnahme vom 5. September 2012) sowie - von Amts wegen - des Orthopäden, Unfallchirurgen und Sozialmediziners Dr. Kn. vom 28. September 2011 und des Facharztes für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Innere Medizin, Dr. Gr. vom 4. Februar 2013 (mit ergänzender Stellungnahme vom 15. März 2013) eingeholt.
Dr. Pf. hat an Gesundheitsstörungen eine Gehstörung nach US-Fraktur links und Peronaeusparese nach sechsmaligem operativem Eingriff, eine Körperdysbalance infolge des durch die Peronaeusparese ausgelösten asymmetrischen Gangbildes, eine pseudoradikuläre Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule (LWS) bei Osteochondrose und Facettenarthrose (Bandscheiben- und Wirbelgelenksabnutzung), eine schmerzhafte Bewegungsstörung der Brustwirbelsäule (BWS) infolge kyphotischer Fehlhaltung (Rundrücken in Fehlform), eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) mit radikulärer Ausstrahlung in den rechten Arm und Spannungsaufbau in der rechten Schulterhöhe, eine Belastungsminderung und endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes infolge Spannungsaufbau der Schulterhöhenmuskulatur, eine Bewegungseinschränkung und ein Kapselmuster (Leisten-/Trochanterschmerz) des rechten Hüftgelenks bei Arthrose, eine schmerzhafte Belastungsstörung des linken mehr als des rechten Kniegelenks infolge asymmetrischem Gangbild und Chondropathia patellae sowie eine Depression angegeben. Die Klägerin könne ("zum jetzigen Zeitpunkt") unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen auch leichte Arbeiten nur unter drei Stunden verrichten, wobei durch Heilmaßnahmen im psychotherapeutischen und physiotherapeutischen Sinne mit stationären Maßnahmen in einem Zeitraum von zwei Jahren eine Besserung möglich sei. Die Leistungseinschränkung sei seit "03.03.2000 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit)" nachweisbar. Die Klägerin könne viermal täglich 500 m arbeitstäglich in jeweils 15 bis 20 Minuten zurücklegen.
Dr. Kn. hat ausgeführt, bei der Klägerin fänden sich wiederkehrende WS-Beschwerden bei leichter statischer Fehlhaltung, beginnenden vielsegmentalen degenerativen Veränderungen und Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen. Ferner bestünden beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, degenerative Veränderungen beider Kniegelenke ohne Reizzeichen mit freier Beweglichkeit, eine deutliche Restbeschwerdesymptomatik am linken US nach Mehrfach-OP-Sanierung einer US-Trümmerfraktur im Jahr 2001 mit bekannter Fußheberschwäche links, beginnende degenerative Veränderungen des linken Sprunggelenks, ein kleiner plantarer Fersensporn rechts und ein kleiner dorsaler Fersensporn beidseits sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks und Senkspreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen, beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, beider Daumensattelgelenke und diverser Langfingermittel- und -endgelenke beidseits sowie ferner Hinweise auf eine Knochendichteminderung ohne Hinweise auf Osteoporose. Ein Schultergelenksschaden sei auszuschließen. Hierzu hat der Sachverständige die bei der Untersuchung erhobenen Befunde dargelegt. Die Gesundheitsstörungen führten zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von zehn bis maximal 15 kg - ohne häufige Zwangshaltung, häufige Überkopfarbeit, Notwendigkeit des gehäuften Kletterns und/oder Steigens, Knien oder Hocken, Tätigkeiten mit Absturzgefahr und/oder gehäuftem Erklimmen von Leitern und/oder Gerüsten, dauerhafte Exposition gegenüber Nässe und Kälte sowie ständiges Stehen und/oder Gehen - im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Einschränkungen bestünden seit dem Unfall vom Januar 2001. Dr. Pf. könne er sich nicht anschließen. Dieser stelle erheblich auf muskuläre Dysbalancen und daraus resultierende Funktionsstörungen ab, weniger jedoch auf echte Funktionseinschränkungen. Die muskulären Dysbalancen seien mit Sicherheit durch eine konsequente ambulante Therapie neben einer Erwerbstätigkeit positiv zu beeinflussen. Die von Dr. Pf. beschriebenen Diagnosen ließen keinen Schluss auf eine quantitative Leistungsminderung zu.
Prof. Dr. We. hat ausgeführt, es fänden sich eine inkomplette Rückbildung einer Nervus Peronaeus-Läsion perioperativ links mit Zehen-, Fuß- und Großzehenheberparese und eingeschränktem Gangbild auf Grund der US-Trümmerfraktur links, eine medikamentös kontrollierte Hypertonie und eine Hypercholesterinämie, chronisch rezidivierende myotenditotische Beschwerden des gesamten Achsenskeletts entsprechend den orthopädisch gestellten Diagnosen sowie eine leicht- bis mittelgradige depressive Störung mit sozial-phobischer Komponente. Die Störungen könnten aus eigener Willensanstrengung bzw. mit Hilfe zumutbarer ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung innerhalb eines halben Jahres überwunden werden. Die Klägerin gebe einen erheblichen Schmerzmittelkonsum an, wobei sie auch angebe, täglich über eine Stunde zu schwimmen. Sie sei fähig, mindestens sechs Stunden arbeitstäglich Tätigkeiten auszuüben, vorausgesetzt, es erfolge eine therapeutische Bearbeitung mit Psychotherapie, Physiotherapie und eventuell auch eine berufliche Belastungserprobung im Rahmen eines Rehakonzepts. Die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe seit dem Unfall. Vom Gutachten des Dr. Kn. weiche er nicht relevant ab. Entgegen Dr. Pf. schätze er die Reha-Fähigkeit des Bewegungsapparates und der Myotendinosen positiver ein. In der auf Einwendungen der Klägerin abgegebenen ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige Prof. Dr. We. im Wesentlichen an seiner Einschätzung festgehalten, hinsichtlich der empfohlenen Reha-Behandlung jedoch nach nochmaliger Prüfung die Auffassung vertreten, die Klägerin könne auch ohne Reha-Behandlung ihre Schmerzen überwinden, vor allem im Hinblick auf ihre Alltagstätigkeit und auch die Fähigkeit, über eine Stunde zu schwimmen, ohne dass es zu myotendinotischen Beschwerden komme. Arbeiten mit Personen- oder Parteienverkehr seien nicht sinnvoll, aber durchaus zumutbar. Ferner könne die Klägerin viermal 500 m in jeweils 20 Minuten zurücklegen.
Dr. Gr. hat auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet die Diagnosen depressives Syndrom mäßiger Ausprägung (involutive, psychoreaktive Anteile) und Peronaeusparese links mit leichtem Steppergang bei reduzierter Hebeleistung des linken Fußes gestellt und einen V.a. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung geäußert. Außerhalb seines Fachgebietes hat er die Diagnosen medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, medikamentös behandelte mitgeteilte Hypercholesterinämie, Schulter-Arm-Syndrom rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung (orthopädisch behandelbar), HWS-Syndrom mit leichter Funktionseinschränkung, BWS-Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, LWS-Syndrom bei Beinverkürzung links und Dysbalance ohne gravierende Funktionseinschränkung, leichte Coxarthrose rechts und einen Z.n. US-Trümmerfraktur 2001 mit kompliziertem Verlauf und rezidivierenden operativen Eingriffen bei leichter Funktionsminderung und Peronaeusparese links aufgeführt. Die Klägerin könne einfache körperlich leichte gelegentlich auch mittelschweren Arbeiten - ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, häufige Zwangshaltungen, Akkord- und Nachtschicht, Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie mit Absturzgefahr - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten, ohne dass arbeitsunübliche Pausen erforderlich wären. Eine schwere Depression sei nicht nachweisbar. Die eher niederfrequente psychiatrische Behandlung und auch die Dosis des Antidepressivums sprächen eher dafür, dass auch von Behandlerseite kein zwingender Bedarf gesehen werde, die Behandlungsfrequenz wegen besonderer Schwere zu erhöhen. Die Klägerin sei auch in der Lage, ihren Haushalt zu führen und könne sich außer Haus betätigen und Freizeitbelangen nachgehen und sei auch befähigt, ein Fahrzeug zu führen. Eine ausreichende Rechtfertigung für eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens bestehe nicht. Den Einschätzungen von Dr. Zu. und Dr. Pf. könne er - aus näher dargelegten Gründen - nicht folgen. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. Gr. auf die Einwände der Klägerin an seiner Einschätzung mit näherer Begründung festgehalten.
Die Beklagte hat ärztliche Stellungnahmen vorgelegt und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden verrichten.
Mit Urteil vom 28. Mai 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente seien nicht erfüllt, da die Klägerin unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den üblichen Bedingungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne, wenn gewisse qualitative Einschränkungen berücksichtigt seien. Dies ergebe sich aus den Gutachten des Dr. Kn., des Dr. Gr. und auch des Prof. Dr. We., die eine quantitative Leistungsminderung nicht festgestellt hätten. Soweit Dr. Pf. und Dr. Zu. von einer weitergehenden Einschränkung ausgegangen seien, fehle es an einer überzeugenden Begründung. Im Übrigen bestehe auch weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 7. Juni 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Juni 2013 Berufung eingelegt. Das SG habe einen unrichtigen Prüfungsmaßstab angelegt und hinsichtlich der Gutachten nicht geprüft, ob und inwieweit diese das Leistungsvermögen "ganzheitlich" wiedergäben. Das Gutachten von Dr. Pf. und dessen Leistungsbeurteilung sei schlüssig. Demgegenüber habe Dr. Kn. seine Ausführungen und Schlussfolgerungen nicht hinreichend dargelegt und begründet. Prof. Dr. We. habe u.a. den erheblichen Schmerzmittelkonsum nicht hinterfragt, auch nicht hinsichtlich dessen gesundheitlicher Zumutbarkeit. Das Gutachten von Dr. Gr. sei oberflächlich und widersprüchlich. Einzelne Gesundheitsstörungen bagatellisiere er. Für die Annahme von Erwerbsfähigkeit müsse sie in der Lage sein, neben der üblichen Hausarbeit eine sechsstündige Erwerbstätigkeit durchzuführen. Insoweit seien die Dysbalance und die Schmerzprobleme nicht hinreichend gewürdigt, weswegen eine erneute Begutachtung beantragt werde.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung bis 22. Oktober 2013 gegeben. Die Klägerin hat sich hierauf nicht mehr geäußert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Juli 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin, auch im Berufungsverfahren, sowie der vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Würdigung der vorliegenden Gutachten und ärztlichen Äußerungen durch das SG nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt ihm in vollem Umfang. Wie sich aus den von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Kn. und Dr. Gr., aber auch aus dem auf Antrag der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. We. ergibt, führen die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen zu keinen rentenrechtlich erheblichen qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens und insbesondere auch nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung. Die Klägerin leidet aus orthopädischer Sicht im Wesentlichen unter wiederkehrenden WS-Beschwerden bei leichter statischer Fehlhaltung, beginnenden vielsegmentalen degenerativen Veränderungen und einer Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen. Ferner bestehen degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke, degenerative Veränderungen beider Kniegelenke ohne Reizzeichen mit freier Beweglichkeit, eine deutliche Restbeschwerdesymptomatik am linken US nach Mehrfach-OP-Sanierung einer US-Trümmerfraktur mit bekannter Fußheberschwäche links, beginnende degenerative Veränderungen des linken Sprunggelenks, ein kleiner plantarer Fersensporn rechts und ein kleiner dorsaler Fersensporn beidseits sowie eine Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenks und Senkspreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen, beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, beider Daumensattelgelenke und diverser Langfingermittel- und -endgelenke beidseits sowie ferner Hinweise auf eine Knochendichteminderung ohne Hinweise auf Osteoporose. Ein Schultergelenksschaden ist auszuschließen. Dies ergibt sich schlüssig aus dem Sachverständigengutachten des Dr. Kn. und den dokumentierten Befunden. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht ergeben sich die inkomplette Rückbildung einer Nervus-Peronaeus-Läsion perioperativ links mit Zehen-, Fuß- und Großzehenheberparese und eingeschränktem Gangbild bei leichtem Steppergang und reduzierter Hebeleistung des linken Fußes nach US-Trümmerfraktur links, ein depressives Syndrom mäßiger Ausprägung (involutive, psychoreaktive Anteile), chronisch rezidivierende myotendinotische Beschwerden des gesamten Achsenskeletts und eine V.a. auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dies entnimmt der Senat den Sachverständigengutachten von Prof. Dr. We. und Dr. Gr. sowie den in den Akten enthaltenen Befunden. Außerdem bestehen eine medikamentös kontrollierte Hypertonie und eine Hypercholesterinämie (Dr. Gr.).
Hiervon ausgehend ist ihr Leistungsvermögen zwar eingeschränkt, allerdings nur in qualitativer Hinsicht. Die Klägerin kann zumindest leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zehn kg - ohne häufige Zwangshaltung, häufige Überkopfarbeit, Notwendigkeit des gehäuften Kletterns und/oder Steigens, Knien oder Hocken, Tätigkeiten mit Absturzgefahr und/oder gehäuftem Erklimmen von Leitern und/oder Gerüsten, dauerhafte Exposition gegenüber Nässe und Kälte sowie ständiges Stehen und/oder Gehen, häufige Zwangshaltungen, Akkord- und Nachtschicht, Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie mit Absturzgefahr - mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten ohne dass arbeitsunüblicher Pausen erforderlich wären. Dies folgt für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus der Gesamtschau der Sachverständigengutachten von Dr. Kn., Prof. Dr. We. und Dr. Gr ... Deren Einschätzung steht auch im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahmen des Dr. Buchhöcker vom 1. Februar und 29. Juni 2011 sowie der Dr. El. vom 11. Juni 2012.
Dies steht auch in Übereinstimmung mit der Alltagstätigkeit, u.a. auch ihrer Fähigkeit, über eine Stunde zu schwimmen, ohne dass myotendinotische Beschwerden auftreten. Arbeiten mit Personen- oder Parteienverkehr sind auch zumutbar. Außerdem kann die Klägerin viermal 500 m in jeweils 20 Minuten für Wege zu und von der Arbeit zurücklegen.
Soweit hiervon abweichend Dr. Zu. und Dr. Pf. zu einer weitergehenden Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere auch in quantitativer Hinsicht gelangt sind, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung anhand konkreter Befunde, die deren Annahme rechtfertigen könnte. Weder Dr. Zu. als behandelnder Arzt und sachverständiger Zeuge, noch Dr. Pf. haben die Angaben der Klägerin kritisch hinterfragt und hinreichende objektive Belege für ihre Einschätzung dargelegt. Ihre Einschätzung ist im Übrigen auch durch die Sachverständigengutachten von Dr. Kn., Prof. Dr. We. und Dr. Gr. widerlegt.
Soweit die Klägerin die Auffassung geäußert hat, es sei ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, hat sie diesen Antrag auf den Hinweis des Berichterstatters, es sei beabsichtigt, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, nicht mehr wiederholt. Der Senat sieht auch ansonsten keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen, da der Sachverhalt durch die vorliegenden Sachverständigengutachten umfassend geklärt ist. Allein der Umstand, dass die Sachverständigengutachten des Dr. Kn., des Prof. Dr. We. und des Dr. Gr. eine rentenrechtliche Leistungsminderung nicht belegen, sondern vielmehr schlüssig zum Ergebnis gelangt sind, dass keine wesentliche qualitative und keine quantitative Leistungseinschränkungen vorliegen, und Dr. Pf. eine hiervon abweichende Einschätzung abgegeben hat, gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Der Senat erachtet den Sachverhalt für vollständig geklärt, nachdem - zum Teil mehrere - Gutachten auf allen für die Beurteilung des Leistungsvermögen relevanten Gebieten vorliegen und diese auch ein Gesamtbild ergeben, das allerdings eine rentenrechtlich relevante Einschränkung nicht zu belegen vermag.
Da die Klägerin somit in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und auch keine außergewöhnlichen qualitativen Einschränkung bzw. schwere spezifische Einschränkung besteht und keine Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen vorliegt, ist die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einsatzfähig und nicht erwerbsgemindert, sodass ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht besteht.
Da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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