Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 4114/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5453/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls streitig.
Der im Jahr 1965 geborene Kläger erlitt am 15.08.2000 einen Arbeitsunfall. Er stürzte bei der Arbeit auf die linke Hand. Dabei zog er sich eine Verletzung der linken Hand zu (bei unterschiedlichen Diagnosen). Der Kläger wurde mit einer Ruhigstellung durch Unterarmgips versorgt.
In der Folgezeit befand sich der Kläger wegen chronischer Handgelenksschmerzen links und Beschwerden in weiterer ärztlicher Behandlung (Berichte der BG Unfallklinik L. vom 13.02.2001 und 30.10.2001, Nachschaubericht Dr. Ju. vom 18.04.2001, radiologischer Bericht der Gemeinschaftspraxis Professor Dr. Ri. vom 19.04.2001, Durchgangsarztberichte Dr. Be. vom 02.05.2001 und 05.07.2001 und Dr. T. vom 10.10.2001). Eine zur Diagnostik vorgeschlagene Arthroskopie lehnte der Kläger ab (Bericht der BG Unfallklinik L. vom 30.10.2001).
Die Tiefbau-Berufsgenossenschaft (eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, künftig Beklagte) holte das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. G. vom 03.07.2002 mit Ergänzung vom 07.01.2003 ein, der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um unter 10 v.H. annahm und wegen einer unspezifischen Schmerzsymptomatik empfahl, eine fachneurologische Untersuchung einzuleiten. Die Beklagte holte daraufhin das neurologische Zusatzgutachten des Dr. D. vom 25.11.2002 ein, der unfallbedingte Sensibilitätsstörungen mit einer MdE um unter 10 v.H. einschätzte.
Mit Bescheid vom 21.02.2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 15.08.2000 ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2003 zurückgewiesen. Eine hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) wurde nach Einholung des orthopädischen Gutachtens des Dr. Ja. vom 06.02.2004, der die unfallbedingte MdE auf 10 v.H. einschätzte, da eine vom Kläger angegebene massive Schmerzsymptomatik sich nicht ausreichend objektivieren lasse, mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2004 (S 14 U 2868/03) abgewiesen.
Am 23.05.2007 stellte der Kläger einen Antrag wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei (Berichte des Durchgangsarztes Rö. vom 29.08.2006, 02.07.2007 und 29.05.2008; BG Unfallklinik L. vom 08.03.2007 und 03.02.2009). Anschließend holte die Beklagte das neurologische Gutachten des Professor Dr. Ga. vom 07.04.2010 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, an ein komplexes regionales Schmerzsyndrom I ohne Nervenschädigung (früher Morbus Sudeck) könne gedacht werden, und der die MdE auf unter 10 v.H. einschätzte. Weiter ließ die Beklagte den Kläger durch Professor Dr. M. begutachten, der in seinem Gutachten vom 04.06.2010 zu der Beurteilung gelangte, aufgrund vorliegender subjektiver Beschwerden ohne adäquates morphologisches Korrelat werde die MdE auf 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 25.06.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Anspruch auf Rente weiterhin nicht bestehe. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers vom 20.07.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.09.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.09.2010 Klage beim SG. Er machte eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. geltend.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. C. vom 24.05.2011 ein. Dr. C. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, die vom Kläger geklagten Beschwerden ließen sich weder durch das Ergebnis der heutigen, noch den vorausgegangenen bildgebenden Untersuchungen erklären. Ungeklärt erscheine die extreme Schmerzsymptomatik. Eine CRPS Typ I (Complex Regional Pain Syndrom ohne Nervenschädigung) sei mehrmals in Erwägung gezogen, jedoch nie gesichert worden und könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Denkbar sei auch eine Schmerzverarbeitungsstörung. Dr. C. diagnostizierte an Gesundheitsstörungen Läsionen am linken Kopf- und Mondbein, einen Hinweis auf einen stattgehabten, angeheilten Ausriss aus dem linken Dreieckbein und eine fragliche Verletzung der linken Speiche, eine Unbeweglichkeit des linken Handgelenks und der Finger I-V mit Sensibilitätsstörungen, eine Muskelminderung am linken Ober- und Unterarm, eine Schwellung des linken Handrückens mit leichter Glanzhautbildung, eine Hyperhydrosis der linken Hohlhand und eine Umfangsminderung des linken Handgelenks. Wegen der auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen schätzte er die MdE auf allenfalls 10 v.H. ein und schlug die Einholung eines Gutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet vor.
Entsprechend dem Vorschlag des Dr. C. holte das SG (von Amts wegen) das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie PD Dr. Wö. vom 21.07.2011 ein. PD Dr. Wö. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, der Kläger sei von einem CRPS Typ I betroffen, das in den ersten Monaten und Jahren nach dem Unfall offenbar als solches nicht erkannt, jedoch mehrfach beschrieben worden sei. Dass die Schmerzsymptomatik auf den Unfall zurückgehe, stehe außerhalb jedes vernünftigen Zweifel. Im Zusammenhang mit der chronischen komplexen Schmerzkrankheit habe sich eine Dysthymie entwickelt. PD Dr. Wö. schätzte (gestützt auf die Versorgungsmedizinische Grundsätze) wegen des CRPS die unfallbedingte MdE auf mindestens 30 v.H. sowie wegen der Dysthymie die MdE auf 10 v.H. ein und hielt eine Gesamt-MdE um 20 bis 30 v.H. für angemessen.
Die Beklagte ist dem Gutachten des PD Dr. Wö. vom 21.07.2011 unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Professor Dr. S. vom 26.08.2011 entgegen getreten. Dem Gutachten könne nicht gefolgt werden, da es erhebliche formale und inhaltliche Mängel enthalte. Ein CRPS liege nicht vor und habe nicht vorgelegen. Die Diagnosekriterien für ein CRPS seien nicht beachtet worden. Vorbefunde, die gegen das Vorliegen eines CRPS sprächen, seien unberücksichtigt geblieben. Auf psychiatrischem Fachgebiet lägen keine (unfallbedingte) Gesundheitsstörungen vor. Die MdE-Einschätzung sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere bliebe eine immer wieder dokumentierte offensichtliche und ausgeprägte Beschwerdeausgestaltung (Aggravation) unberücksichtigt.
PD Dr. Wö. nahm in der vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 14.09.2011 zu den von Prof. Dr. S. erhobenen Einwendungen Stellung.
Mit Urteil vom 02.11.2011 wurde die Beklagte vom SG verurteilt, dem Kläger ab 23.05.2011 Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde, gestützt auf die Gutachten des Dr. C. und PD Dr. Wö. , ausgeführt, beim Kläger habe der Arbeitsunfall vom 15.08.2000 zu einer Ausbildung eines CRPS Typ I und in dessen Folge zur Entwicklung einer Dysthymie geführt. Die von Professor Dr. S. erhobenen Einwendungen rechtfertigten keine Zweifel. Ein Unfallzusammenhang des CRPS sei hinreichend wahrscheinlich. Verletztenrente für die Zeit vor dem 23.05.2011 sei abzuweisen, weil erstmals Dr. C. hinreichende Befunde für ein CRPS erhoben habe, die eine richterliche Überzeugungsbildung des Vorliegens einer MdE in rentenberechtigendem Ausmaß zulasse.
Gegen das der Beklagten am 17.11.2011 zugestellte Urteil hat sie am 12.12.2011 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat zur Begründung unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Ha. vom 04.01.2012 sowie unter Bezug auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Professor Dr. S. ausgeführt, das von PD Dr. Wö. diagnostizierte CRPS werde durch die gutachtlichen Ausführungen nicht belegt. PD Dr. Wö. lege seiner Beurteilung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gültige Bewertungsmaßstäbe aus dem sozialen Entschädigungsrecht zu Grunde. Weiter stütze er sich allein auf die subjektiven Angaben des Klägers und Untersuchungsergebnisse, die entscheidend von der Mitarbeit des Klägers abhingen, obwohl die aktenkundigen Befunde zahlreiche Hinweise auf ausgeprägte Ausgestaltungstendenzen enthielten, die unberücksichtigt blieben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2011 aufzuheben und die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2010 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe objektiv messbare Unfallfolgen, die nicht simuliert werden könnten, festgestellt. Zudem habe das SG zutreffend festgestellt, dass sich keine ausreichenden Hinweise für eine Aggravation oder Simulation ergäben. Die Sachverständigen hätten objektive Befunde erhoben und psychosomatische Komponenten angesprochen, die typisch für ein CRPS seien, welches von PD Dr. Wö. in seinem ausführlichen Gutachten nachvollziehbar festgestellt worden sei.
Der Senat hat (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten der Professor Dr. Wi. vom 25.01.2013 eingeholt. Professor Dr. Wi. diagnostizierte in ihrem Gutachten als Folge des Unfalls vom 15.08.2000 ein CRPS Typ I der linken Hand sowie unfallunabhängig eine anhaltende wahnhafte Störung und schätzte die unfallbedingte MdE auf 30 v.H. ein.
Gegen das Gutachten von Professor Dr. Wi. hat die Beklagte unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Ha. vom 28.02.2013, 15.05.2013 und 08.07.2013 Einwendungen erhoben. Zu diesen Einwendungen hat Professor Dr. Wi. auf Veranlassung des Senates in ergänzenden Stellungnahmen vom 25.01.2013 und 16.06.2013 Stellung genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten des SG S 14 U 2868/03 sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG) ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht wegen des am 15.08.2000 erlittenen Arbeitsunfalls ein Anspruch die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. seit dem 23.05.2011 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 29.11.2011 B 2 U 23/10 R, Juris, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4 2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat der Kläger am 15.08.2000 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall erlitten, was die Beklagte (konkludent) mit ihrem Bescheid vom 21.02.2003 auch anerkannt hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Die verbliebenen Folgen dieses Arbeitsunfalls auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet rechtfertigen allerdings keine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, was zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Klageverfahren S 14 U 2863/03 eingeholten Gutachten des Dr. Ja. sowie die im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten des Professor Dr. M. vom 04.06.2010 und Dr. C. vom 24.05.2011 feststeht. Nach diesen überzeugenden Gutachten bedingen die auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet verbliebenen Unfallfolgen allenfalls eine MdE um 10 v.H.
Zusätzlich zu den auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet liegenden Unfallfolgen ist beim Kläger ein CRPS Typ I aufgetreten, das in rechtlich wesentlichen Zusammenhang zu dem am 15.08.2000 erlittenen Arbeitsunfall steht. Zu dieser Feststellung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens von Professor Dr. Wi. vom 25.01.2013 und ihren hierzu abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen vom 12.04.2013 und 16.06.2013.
Professor Dr. Wi. hat in ihrem Gutachten die für ein CRPS Typ I nach der medizinischen Wissenschaft anerkannten Diagnosekriterien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sowie der internationalen Gesellschaft zum Studium von Schmerzen dargestellt sowie unter differentialdiagnostischem Ausschluss anderer Krankheiten nachvollziehbar dargelegt, dass diese Diagnosekriterien beim Kläger erfüllt sind. Dieser überzeugenden Diagnose schließt sich der Senat an. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist zur Überzeugung des Senats beim Kläger das Bestehen eines CRPS Typ I mit dem erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Ihre Diagnose steht mit der diagnostischen Beurteilung von PD Dr. Wö. im Einklang.
Den auf die Ausführungen von Dr. Ha. gestützten Einwendungen der Beklagten vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Ansicht der Beklagten, beim Kläger sei ein CRPS 10 Jahre nicht nachweisbar gewesen, trifft zur Überzeugung des Senats nicht zu. Professor Dr. Wi. hat vielmehr in ihrem Gutachten und ihrer das Gutachten ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 auf der Grundlage der vorhandenen medizinischen Unterlagen zutreffend und nachvollziehbar dargelegt, dass Symptome eines CRPS bereits in nahem zeitlichen Zusammenhang zum Unfall belegt sind, die Anlass hätten geben müssen, ein CRPS zumindest als Differenzialdiagnose zu diskutieren. Dass dies erst im Jahr 2010 erfolgt ist, schließt die Diagnose eines CRPS nicht aus, wobei die näheren Umstände, die zu einer verzögerten Diagnose geführt haben, vorliegend rechtlich ohne Belang sind. Auch das Fehlen einer zu erwartenden spezifischen Behandlung des CRPS steht der - gemäß den Leitlinien klinisch zu treffenden - Diagnose eines CRPS Typ I nicht entgegen, wie Dr. Wi. in ihrer Stellungnahme vom 12.04.2013 weiter überzeugend ausgeführt hat. Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte bemängelt, typische Anzeichen des Krankheitsbildes, insbesondere "eine typische fleckige Entkalkung", seien durch mehrfache Röntgenaufnahmen sowie durch eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie beider Hände vom 19.04.2001 (Befundbericht Professor Dr. Ri. vom 19.04.2001) nicht belegt. Veränderungen des Knochen-Kalksalzgehaltes gehören nach den überzeugenden Ausführungen von Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 nicht zu den zu fordernden Diagnosekriterien eines CRPS, da die Sensivität sehr gering ist, was bedeutet, dass Veränderungen des Knochen-Kalksalzgehalts bei vielen Patienten mit CRPS nicht auftritt und sich nur bei ca. 30 bis 50 % aller Patienten typische Veränderungen, wie sie die Beklagte für notwendig hält, finden. Das Fehlen einer "typischen fleckige Entkalkung" kann deshalb nicht dazu herangezogen werden, ein CRPS auszuschließen wie Professor Dr. Wi. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10.06.2013 plausibel dargelegt hat. Unabhängig davon sind beim Kläger bereits ein gutes Jahr nach dem Unfall Veränderungen des Knochenstoffwechsels dokumentiert (Bericht der BG Unfallklinik L. vom 30.10.2001, Kalksalzminderung des linken Handgelenks), die auf eine dauernde Schonung des linken Handgelenks hinweisen. Dies gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch hinsichtlich des Vorliegens von trophischen und/oder autonomen Störungen, wie Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 dargelegt hat. Bereits im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 15.08.2000 ist das Vorliegen von Symptomen beim Kläger dokumentiert, die nach den von Prof. Dr. Wi. dargestellten Diagnosekriterien auf das Entstehen eines CRPS hindeuten. So gab der Kläger bereits unmittelbar nach dem Unfall erhebliche Schmerzen an (z.B. Nachschauberichte Dr. T. vom 28.09.2000 und 10.10.2001, Berichte der BG-Unfallklinik L. vom 13.02.2001 und 30.10.2001, Nachschaubericht Dr. Ju. vom 18.04.2001, Durchgangsarztbericht Dr. Be. vom 02.05.2001). Das Diagnosekriterium einer Schwellung wird am Unfalltag (Durchgangsarztbericht von Professor T. vom 16.08.2000) und zeitnah hierzu im weiteren Verlauf durch den Bericht von Dr. Ju. vom 15.01.2000 und durch den Bericht der BG-Unfallklinik L. vom 30.10.2001 dokumentiert. Dr. G. bestätigt in seinem Gutachten vom 03.07.2002 die Diagnosekriterien einer unspezifischen Schmerzsymptomatik und - in Übereinstimmung mit dem Bericht der BG-Klinik vom 30.10.2001 - einer Kalksalzminderung der linken Hand. Im neurologischen Gutachten von Dr. D. vom 25.11.2002 sind die Diagnosekriterien u.a. einer Hypalgesie und Hypästesie, eine Schwellung sowie eine leichte Lividfärbung der linken Hand (stärker als rechts) im Sinne einer vegetativ-trophischen Störung dokumentiert. Soweit Prof. Dr. S. darauf verweist, dass bei Untersuchungen von Dr. Ja. , Professor Dr. Ga. und Professor Dr. M. keine solche Symptomatik diagnostiziert werden konnte, stellte dies die Befunde der anderen genannten Ärzte bei den unterschiedlichen Untersuchungen verschiedener Ärzte nicht in Frage. Der Beklagten kann weiter auch nicht darin gefolgt werden, dass die erhobenen Befunde nur durch bewusste Aggravation oder Simulationstendenzen erklärbar seien. Nach dem Gutachten von Professor Dr. Wi. wurde von ihr eine Konsistenzprüfung durchgeführt. Sie hat auf der Grundlage der von ihr im Gutachten beschriebenen Prüfkriterien nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass beim Kläger tatsächlich ein Leiden an Schmerzen vorhanden ist und hat (schwere) Aggravation oder gar Simulation beim Kläger für nicht gegeben erachtet. Auch allein das Vorhandensein von körperlichen Symptomen, die organisch nicht erklärbar seien, belegt nicht zwingend das Vorliegen von Aggravation, sondern kann auch Ausdruck von Verdeutlichungstendenzen oder Symptom einer psychischen Störung sein. Die seit Jahren unterbliebene Behandlung der Schmerzen belegt entgegen der Auffassung von Dr. Ha. nicht, dass beim Kläger kein Leidensdruck besteht und eine Schmerzerkrankung tatsächlich nicht vorliegt. Gegen die Simulation oder erhebliche Aggravation sprechen die mehrfach erhobenen Schonungszeichen einer Muskelminderung und Kalksalzminderung. Zudem hat Professor Dr. Wi. für den Senat überzeugend dargelegt, dass im Fall des Klägers andere Gründe als fehlender Leidensdruck eine ausbleibende Behandlung erklären. Zum einen beruht dies auf den wahnhaften psychischen Problemen des Klägers, deren Beginn nicht eindeutig fest zu machen ist. Diese bestanden nach Professor Dr. Wi. aber sicher nicht bereits 2001, als der damalige Behandlungsabbruch aus Angst vor dem arthroskopischen Eingriff erfolgte, was nicht auf wahnhaften Überlegungen beruht (ergänzende Äußerung von Professor Dr. Wi. vom 12.04.2013). Außerdem wurde letztlich wohl aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers mit einer von Misstrauen geprägten Haltung und des eigentlich schmerz-/krankheitsbedingten "wenig kooperativen" Verhaltens von den Behandlern keine diagnostische oder therapeutische Anstrengung unternommen (Professor Dr. Wi. vom 12.04.2013), was der Kläger als frustran erlebt haben muss. Er ist nach 2001 einer Behandlung aus dem Weg gegangen, weil sie aus seiner Sicht keinen Zweck hatte, was Prof. Dr. Wi. in ihrem Gutachten einleuchtend darlegt; dies führte im Weiteren dann zur wahnhaften verzerrten Wahrnehmung mit Verstärkung der Behandlungsverweigerung. Weiter kommt es bei dem CRPS nicht selten zu einer Ausweitung der Beschwerden über den initial betroffenen Körperbereich hinaus, wie Professor Dr. Wi. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 weiter überzeugend dargelegt hat. Auch nach dem entstandenen Eindruck von dem einfach strukturierten und psychisch erkrankten Kläger, seinen konkreten und in Übereinstimmung mit den Angaben der behandelnden Ärzte gemachten Angaben sowie dem in der Untersuchungssituation gezeigten Verhalten (Nichtbewegen des linken Arms bei der körperlichen Untersuchung und im spontanen Verhalten, so z.B. das beobachtete heftige Gestikulieren mit dem rechten Arm bei psychischer Erregung unter Beibehaltung der Schonhaltung des linken Arms), gelangt Professor Dr. Wi. zu der den Senat überzeugenden gutachtlichen Bewertung, dass die vom Kläger angegebenen (subjektiven) Symptome nicht willkürlich aggraviert oder simuliert sind. Für das tatsächliche Vorliegen einer schmerzbedingten Beeinträchtigung der linken Hand spricht auch die deutliche Muskelverschmächtigung des linken Arms. Die von Dr. Ha. insbesondere in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.05.2013 geschilderten Hinweise für ein nicht-authentisches Verhalten des Klägers, wie auch die vergleichbaren Darlegungen von Professor Dr. S. , sind für den Senat im Hinblick auf das Ausgeführte nicht geeignet, die Bewertung von Prof. Dr. Wi. in Zweifel zu ziehen. Dem entsprechen auch die Vorgutachten, in denen das Bestehen von Aggravation oder gar Simulation durch den Kläger nicht thematisiert wurde, was aber hätte erwartet werden müssen, wenn bei den gutachtlichen Untersuchungen des Klägers sich Hinweise auf eine Aggravation oder Simulation gezeigt hätten. Die Diagnose eines CRPS Typ I kann auch nicht im Hinblick auf die beim Arbeitsunfall des Klägers erlittene Verletzung der rechten Hand (kleine Fissur im Os capitatum und Os lunatum) in Zweifel gezogen werden. Abgesehen davon, dass im Verlaufe der Behandlung des Klägers hinsichtlich der erlittenen Verletzung unterschiedliche (Verdachts-)Diagnosen gestellt worden sind, wie Dr. C. in seinem Gutachten vom 24.05.2011 zutreffend dargestellt hat, sind nach dem Gutachten von Professor Dr. Wi. nicht nur Knochenfrakturen, sondern auch geringfügige Verletzungen, z.B. des Bandapparats, geeignet, ein CRPS zu verursachen. Der konkreten Art und dem Ausmaß der vom Kläger beim Arbeitsunfall am 15.08.2000 erlittenen Verletzung kommt deshalb für die Diagnose eines CRPS Typ I keine entscheidende Bedeutung zu. Dass der Kläger eine Verletzung des linken Hand erlitten hat, steht fest und wird im Übrigen von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Die von Dr. Ha. in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 28.02.2013 und 15.05.2013 gegen das Gutachten von Prof. Dr. Wi. vom 25.01.2013 erhobenen Einwendungen sind für den Senat daher nicht stichhaltig, weshalb er dem Gutachten von Prof. Dr. Wi. folgt. Gegen die von Professor Dr. Wi. hinsichtlich der Diagnose des CRPS Typ I angewandten Diagnosekriterien hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.
Weiter hat Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten in Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und der von ihr erhobenen Befunde nachvollziehbar und den Senat überzeugend dargelegt, dass das chronisch gewordene CRPS Typ I - auch mehr als 11 Jahre nach dem erlittenen Arbeitsunfall - Unfallfolge ist. Auch dieser Bewertung folgt der Senat. Ebenso gelangt PD Dr. Wö. in seinem Gutachten vom 27.01.2011 zu der - mit Prof. Dr. Wi. übereinstimmenden - Bewertung, dass beim Kläger die typischen Symptome eines CRPS erfüllt sind und bejaht einen Zusammenhang zu dem erlittenen Arbeitsunfall vom 15.08.2000. Professor Dr. Wi. hat unter Hinweis auf die unfallnah erhobenen Befunde in ihrem Gutachten einleuchtend dargelegt, dass die die Symptomatik eines CRPS I belegenden Diagnosekriterien kontinuierlich seit dem Unfall vorgelegen haben. Die dagegen erhobenen Bedenken von Professor Dr. S. und Dr. Ha. sind nicht überzeugend. Die Schwellungen, Muskelminderungen und Hautverfärbungen am Handgelenk wurden teilweise als "diskret", "mäßig" oder "leicht" in den oben genannten Befunden beschrieben, was nahelegt, dass sie in anderen Untersuchungen auch leicht übersehen oder als nicht erwähnenswert eingestuft worden sein können. Außerdem hat Professor Dr. Wi. dargelegt, dass nach Studien häufig mit weitgehender Remission des CRPS I zu rechnen ist, aber bei komplizierenden Faktoren, wie späte Diagnose oder falsche Therapiewahl, ein chronischer Verlauf einsetzen kann, was zur Überzeugung des Senats auch eine vorübergehende Besserung mit erneuter Verschlechterung bei Fortwirken kontraindizierter Faktoren, wie fehlende angemessene Behandlung, beinhaltet. Eine andere Ursache oder andere allein wesentliche Mitursache der diagnostizierten CRPS I ist nach Prof. Dr. Wi. nicht zu erkennen und wird auch von anderen Ärzten nicht konkretisiert. Der Unfallzusammenhang ist daher zur Überzeugung des Senats hinreichend wahrscheinlich gegeben.
Die durch das CRPS Typ I beim Kläger seit dem 20.05.2011 bestehenden Beeinträchtigungen sind - entsprechend der Bewertung durch Professor Dr. Wi. und PD Dr. Wö. - zur Überzeugung des Senats mit einer MdE um 30 v.H. zu bewerten, wovon auch das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Nach den von Dr. C. in seinem Gutachten vom 24.05.2011 beschriebenen Befund der linken oberen Extremität des Klägers besteht eine sichtbare Verschmächtigung. Bei leichtem Kompressionsdruck auf den Oberarm gibt der Kläger eine Schmerzauslösung im linken distalen Unterarm bis zu den Fingern an. Das Beklopfen des linken ulnaren Oberarmknorrens löst ein kräftiges Zucken im linken Unterarm und der Hand aus, wobei der Kläger ein starkes elektrisierendes Gefühl an gibt, das er wie einen Stromschlag empfindet. Alle Bewegungen im linken Ellenbogen werden als schmerzhaft bezeichnet. Der Kläger hält den linken Arm in Streckstellung im Ellenbogen- und Handgelenk seitlich am Körper hängend, der beim Gehen weniger schwingt als der rechte Arm. Die Funktion der linken Schulter ist nach allen Richtungen eingeschränkt, nach Angaben des Klägers wegen Schmerzen, die durch die Bewegungsprüfung im linken Handgelenk und der Hand ausgelöst werden. Die Streckung/Beugung des linken Ellenbogens ist im Vergleich zum rechten Ellenbogen wegen - vom Kläger angegebenen - Schmerzen im linken Handgelenk eingeschränkt. Der linke Daumen und die Langfinger werden vom Kläger in einer inkompletten Streckstellung gehalten. Eine Fingerbeugung ist nicht möglich. Ebenso nicht der Faustschluss. Im Grunde sind das linke Handgelenk, der Daumen und die Langfinger des Klägers aktiv und passiv unbeweglich. Weiter bestehen nach Angaben des Klägers Sensibilitätsstörungen am linken Handgelenk, der Hand und an den Fingern. Dem entsprechen im Wesentlichen die von Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten vom 25.01.2013 und der ergänzenden Stellungnahme vom 10.06.2013 beschriebenen Befunde, die ebenfalls von einer Unbeweglichkeit des Handgelenks und der Finger I - V mit Sensibilitätsstörungen ausgeht. Dass diese Beeinträchtigungen vom Kläger aggraviert oder gar simuliert sind, ist nach dem oben Ausgeführten zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
Danach ist beim Kläger zur Überzeugung des Senats eine erhebliche Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand durch das unfallbedingte CRPS Typ I nachgewiesen. Eine außerdem von Prof. Dr. Wi. festgestellte paranoide Entwicklung des Klägers ist nach ihrem auch insoweit überzeugenden Gutachten zur Überzeugung des Senats unfallabhängig zu werten.
Die bestehende Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand des Klägers ist zur Überzeugung des Senats jedenfalls vergleichbar mit der Situation einer Versteifung des Handgelenks in Neutralstellung, die nach den von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätzen mit einer MdE um 25 v.H. zu bewerten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 544). Weiter besteht eine Gebrauchseinschränkung der Finger I - V, die integrierend jedenfalls eine MdE um 30 v.H. rechtfertigt.
Der abweichenden Ansicht der Beklagten, die eine MdE um 10 v.H. für angemessen hält, kann nicht gefolgt werden. Die Bewertung der MdE um 10 v.H. im Rahmen der orthopädischen Begutachtungen des Klägers durch Dr. Ja. und Dr. C. , worauf die Beklagte abstellt, lässt die durch das CRPS hervorgerufene Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand des Klägers völlig außer Ansatz. Dr. C. hat seine MdE-Bewertung von (allenfalls) 10 v.H. ausdrücklich auf das orthopädische Gebiet beschränkt. Auch Dr. Ja. hat in seinem im Verfahren S 14 U 2868/03 vom SG eingeholten Gutachten vom 06.02.2004 seine MdE-Bewertung von 10 v.H. ausschließlich auf den orthopädischen Befund einer Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk und linken Daumen gestützt, dem die durch das CRPS nunmehr hervorgerufene Beeinträchtigung der linken Hand des Klägers nicht (mehr) gerecht wird. Entsprechendes gilt auch für das neurologische Gutachten des Dr. Ga. vom 07.04.2010, der eine periphere Nervenschädigung verneint, den Verdacht auf ein CRPS Typ I geäußert und wegen (lediglich) Dauerschmerzen, einer Berührungsempfindlichkeit, einer geringen Hautschwellung und einem Taubheitsgefühl die MdE mit 10 v.H. bewertet hat.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls streitig.
Der im Jahr 1965 geborene Kläger erlitt am 15.08.2000 einen Arbeitsunfall. Er stürzte bei der Arbeit auf die linke Hand. Dabei zog er sich eine Verletzung der linken Hand zu (bei unterschiedlichen Diagnosen). Der Kläger wurde mit einer Ruhigstellung durch Unterarmgips versorgt.
In der Folgezeit befand sich der Kläger wegen chronischer Handgelenksschmerzen links und Beschwerden in weiterer ärztlicher Behandlung (Berichte der BG Unfallklinik L. vom 13.02.2001 und 30.10.2001, Nachschaubericht Dr. Ju. vom 18.04.2001, radiologischer Bericht der Gemeinschaftspraxis Professor Dr. Ri. vom 19.04.2001, Durchgangsarztberichte Dr. Be. vom 02.05.2001 und 05.07.2001 und Dr. T. vom 10.10.2001). Eine zur Diagnostik vorgeschlagene Arthroskopie lehnte der Kläger ab (Bericht der BG Unfallklinik L. vom 30.10.2001).
Die Tiefbau-Berufsgenossenschaft (eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, künftig Beklagte) holte das handchirurgische Gutachten des Professor Dr. G. vom 03.07.2002 mit Ergänzung vom 07.01.2003 ein, der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um unter 10 v.H. annahm und wegen einer unspezifischen Schmerzsymptomatik empfahl, eine fachneurologische Untersuchung einzuleiten. Die Beklagte holte daraufhin das neurologische Zusatzgutachten des Dr. D. vom 25.11.2002 ein, der unfallbedingte Sensibilitätsstörungen mit einer MdE um unter 10 v.H. einschätzte.
Mit Bescheid vom 21.02.2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 15.08.2000 ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2003 zurückgewiesen. Eine hiergegen gerichtete Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) wurde nach Einholung des orthopädischen Gutachtens des Dr. Ja. vom 06.02.2004, der die unfallbedingte MdE auf 10 v.H. einschätzte, da eine vom Kläger angegebene massive Schmerzsymptomatik sich nicht ausreichend objektivieren lasse, mit Gerichtsbescheid vom 15.06.2004 (S 14 U 2868/03) abgewiesen.
Am 23.05.2007 stellte der Kläger einen Antrag wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei (Berichte des Durchgangsarztes Rö. vom 29.08.2006, 02.07.2007 und 29.05.2008; BG Unfallklinik L. vom 08.03.2007 und 03.02.2009). Anschließend holte die Beklagte das neurologische Gutachten des Professor Dr. Ga. vom 07.04.2010 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, an ein komplexes regionales Schmerzsyndrom I ohne Nervenschädigung (früher Morbus Sudeck) könne gedacht werden, und der die MdE auf unter 10 v.H. einschätzte. Weiter ließ die Beklagte den Kläger durch Professor Dr. M. begutachten, der in seinem Gutachten vom 04.06.2010 zu der Beurteilung gelangte, aufgrund vorliegender subjektiver Beschwerden ohne adäquates morphologisches Korrelat werde die MdE auf 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 25.06.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Anspruch auf Rente weiterhin nicht bestehe. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers vom 20.07.2010 wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 23.09.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.09.2010 Klage beim SG. Er machte eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. geltend.
Das SG holte auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. C. vom 24.05.2011 ein. Dr. C. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, die vom Kläger geklagten Beschwerden ließen sich weder durch das Ergebnis der heutigen, noch den vorausgegangenen bildgebenden Untersuchungen erklären. Ungeklärt erscheine die extreme Schmerzsymptomatik. Eine CRPS Typ I (Complex Regional Pain Syndrom ohne Nervenschädigung) sei mehrmals in Erwägung gezogen, jedoch nie gesichert worden und könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Denkbar sei auch eine Schmerzverarbeitungsstörung. Dr. C. diagnostizierte an Gesundheitsstörungen Läsionen am linken Kopf- und Mondbein, einen Hinweis auf einen stattgehabten, angeheilten Ausriss aus dem linken Dreieckbein und eine fragliche Verletzung der linken Speiche, eine Unbeweglichkeit des linken Handgelenks und der Finger I-V mit Sensibilitätsstörungen, eine Muskelminderung am linken Ober- und Unterarm, eine Schwellung des linken Handrückens mit leichter Glanzhautbildung, eine Hyperhydrosis der linken Hohlhand und eine Umfangsminderung des linken Handgelenks. Wegen der auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen schätzte er die MdE auf allenfalls 10 v.H. ein und schlug die Einholung eines Gutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet vor.
Entsprechend dem Vorschlag des Dr. C. holte das SG (von Amts wegen) das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie PD Dr. Wö. vom 21.07.2011 ein. PD Dr. Wö. gelangte in seinem Gutachten zu der Beurteilung, der Kläger sei von einem CRPS Typ I betroffen, das in den ersten Monaten und Jahren nach dem Unfall offenbar als solches nicht erkannt, jedoch mehrfach beschrieben worden sei. Dass die Schmerzsymptomatik auf den Unfall zurückgehe, stehe außerhalb jedes vernünftigen Zweifel. Im Zusammenhang mit der chronischen komplexen Schmerzkrankheit habe sich eine Dysthymie entwickelt. PD Dr. Wö. schätzte (gestützt auf die Versorgungsmedizinische Grundsätze) wegen des CRPS die unfallbedingte MdE auf mindestens 30 v.H. sowie wegen der Dysthymie die MdE auf 10 v.H. ein und hielt eine Gesamt-MdE um 20 bis 30 v.H. für angemessen.
Die Beklagte ist dem Gutachten des PD Dr. Wö. vom 21.07.2011 unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme von Professor Dr. S. vom 26.08.2011 entgegen getreten. Dem Gutachten könne nicht gefolgt werden, da es erhebliche formale und inhaltliche Mängel enthalte. Ein CRPS liege nicht vor und habe nicht vorgelegen. Die Diagnosekriterien für ein CRPS seien nicht beachtet worden. Vorbefunde, die gegen das Vorliegen eines CRPS sprächen, seien unberücksichtigt geblieben. Auf psychiatrischem Fachgebiet lägen keine (unfallbedingte) Gesundheitsstörungen vor. Die MdE-Einschätzung sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere bliebe eine immer wieder dokumentierte offensichtliche und ausgeprägte Beschwerdeausgestaltung (Aggravation) unberücksichtigt.
PD Dr. Wö. nahm in der vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 14.09.2011 zu den von Prof. Dr. S. erhobenen Einwendungen Stellung.
Mit Urteil vom 02.11.2011 wurde die Beklagte vom SG verurteilt, dem Kläger ab 23.05.2011 Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde, gestützt auf die Gutachten des Dr. C. und PD Dr. Wö. , ausgeführt, beim Kläger habe der Arbeitsunfall vom 15.08.2000 zu einer Ausbildung eines CRPS Typ I und in dessen Folge zur Entwicklung einer Dysthymie geführt. Die von Professor Dr. S. erhobenen Einwendungen rechtfertigten keine Zweifel. Ein Unfallzusammenhang des CRPS sei hinreichend wahrscheinlich. Verletztenrente für die Zeit vor dem 23.05.2011 sei abzuweisen, weil erstmals Dr. C. hinreichende Befunde für ein CRPS erhoben habe, die eine richterliche Überzeugungsbildung des Vorliegens einer MdE in rentenberechtigendem Ausmaß zulasse.
Gegen das der Beklagten am 17.11.2011 zugestellte Urteil hat sie am 12.12.2011 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat zur Begründung unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Ha. vom 04.01.2012 sowie unter Bezug auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Professor Dr. S. ausgeführt, das von PD Dr. Wö. diagnostizierte CRPS werde durch die gutachtlichen Ausführungen nicht belegt. PD Dr. Wö. lege seiner Beurteilung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gültige Bewertungsmaßstäbe aus dem sozialen Entschädigungsrecht zu Grunde. Weiter stütze er sich allein auf die subjektiven Angaben des Klägers und Untersuchungsergebnisse, die entscheidend von der Mitarbeit des Klägers abhingen, obwohl die aktenkundigen Befunde zahlreiche Hinweise auf ausgeprägte Ausgestaltungstendenzen enthielten, die unberücksichtigt blieben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. November 2011 aufzuheben und die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2010 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe objektiv messbare Unfallfolgen, die nicht simuliert werden könnten, festgestellt. Zudem habe das SG zutreffend festgestellt, dass sich keine ausreichenden Hinweise für eine Aggravation oder Simulation ergäben. Die Sachverständigen hätten objektive Befunde erhoben und psychosomatische Komponenten angesprochen, die typisch für ein CRPS seien, welches von PD Dr. Wö. in seinem ausführlichen Gutachten nachvollziehbar festgestellt worden sei.
Der Senat hat (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten der Professor Dr. Wi. vom 25.01.2013 eingeholt. Professor Dr. Wi. diagnostizierte in ihrem Gutachten als Folge des Unfalls vom 15.08.2000 ein CRPS Typ I der linken Hand sowie unfallunabhängig eine anhaltende wahnhafte Störung und schätzte die unfallbedingte MdE auf 30 v.H. ein.
Gegen das Gutachten von Professor Dr. Wi. hat die Beklagte unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Ha. vom 28.02.2013, 15.05.2013 und 08.07.2013 Einwendungen erhoben. Zu diesen Einwendungen hat Professor Dr. Wi. auf Veranlassung des Senates in ergänzenden Stellungnahmen vom 25.01.2013 und 16.06.2013 Stellung genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten des SG S 14 U 2868/03 sowie auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG) ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht wegen des am 15.08.2000 erlittenen Arbeitsunfalls ein Anspruch die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. seit dem 23.05.2011 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 29.11.2011 B 2 U 23/10 R, Juris, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4 2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat der Kläger am 15.08.2000 in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit einen Arbeitsunfall erlitten, was die Beklagte (konkludent) mit ihrem Bescheid vom 21.02.2003 auch anerkannt hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Die verbliebenen Folgen dieses Arbeitsunfalls auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet rechtfertigen allerdings keine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, was zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Klageverfahren S 14 U 2863/03 eingeholten Gutachten des Dr. Ja. sowie die im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten des Professor Dr. M. vom 04.06.2010 und Dr. C. vom 24.05.2011 feststeht. Nach diesen überzeugenden Gutachten bedingen die auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet verbliebenen Unfallfolgen allenfalls eine MdE um 10 v.H.
Zusätzlich zu den auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet liegenden Unfallfolgen ist beim Kläger ein CRPS Typ I aufgetreten, das in rechtlich wesentlichen Zusammenhang zu dem am 15.08.2000 erlittenen Arbeitsunfall steht. Zu dieser Feststellung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens von Professor Dr. Wi. vom 25.01.2013 und ihren hierzu abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen vom 12.04.2013 und 16.06.2013.
Professor Dr. Wi. hat in ihrem Gutachten die für ein CRPS Typ I nach der medizinischen Wissenschaft anerkannten Diagnosekriterien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sowie der internationalen Gesellschaft zum Studium von Schmerzen dargestellt sowie unter differentialdiagnostischem Ausschluss anderer Krankheiten nachvollziehbar dargelegt, dass diese Diagnosekriterien beim Kläger erfüllt sind. Dieser überzeugenden Diagnose schließt sich der Senat an. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist zur Überzeugung des Senats beim Kläger das Bestehen eines CRPS Typ I mit dem erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Ihre Diagnose steht mit der diagnostischen Beurteilung von PD Dr. Wö. im Einklang.
Den auf die Ausführungen von Dr. Ha. gestützten Einwendungen der Beklagten vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Ansicht der Beklagten, beim Kläger sei ein CRPS 10 Jahre nicht nachweisbar gewesen, trifft zur Überzeugung des Senats nicht zu. Professor Dr. Wi. hat vielmehr in ihrem Gutachten und ihrer das Gutachten ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 auf der Grundlage der vorhandenen medizinischen Unterlagen zutreffend und nachvollziehbar dargelegt, dass Symptome eines CRPS bereits in nahem zeitlichen Zusammenhang zum Unfall belegt sind, die Anlass hätten geben müssen, ein CRPS zumindest als Differenzialdiagnose zu diskutieren. Dass dies erst im Jahr 2010 erfolgt ist, schließt die Diagnose eines CRPS nicht aus, wobei die näheren Umstände, die zu einer verzögerten Diagnose geführt haben, vorliegend rechtlich ohne Belang sind. Auch das Fehlen einer zu erwartenden spezifischen Behandlung des CRPS steht der - gemäß den Leitlinien klinisch zu treffenden - Diagnose eines CRPS Typ I nicht entgegen, wie Dr. Wi. in ihrer Stellungnahme vom 12.04.2013 weiter überzeugend ausgeführt hat. Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte bemängelt, typische Anzeichen des Krankheitsbildes, insbesondere "eine typische fleckige Entkalkung", seien durch mehrfache Röntgenaufnahmen sowie durch eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie beider Hände vom 19.04.2001 (Befundbericht Professor Dr. Ri. vom 19.04.2001) nicht belegt. Veränderungen des Knochen-Kalksalzgehaltes gehören nach den überzeugenden Ausführungen von Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 nicht zu den zu fordernden Diagnosekriterien eines CRPS, da die Sensivität sehr gering ist, was bedeutet, dass Veränderungen des Knochen-Kalksalzgehalts bei vielen Patienten mit CRPS nicht auftritt und sich nur bei ca. 30 bis 50 % aller Patienten typische Veränderungen, wie sie die Beklagte für notwendig hält, finden. Das Fehlen einer "typischen fleckige Entkalkung" kann deshalb nicht dazu herangezogen werden, ein CRPS auszuschließen wie Professor Dr. Wi. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10.06.2013 plausibel dargelegt hat. Unabhängig davon sind beim Kläger bereits ein gutes Jahr nach dem Unfall Veränderungen des Knochenstoffwechsels dokumentiert (Bericht der BG Unfallklinik L. vom 30.10.2001, Kalksalzminderung des linken Handgelenks), die auf eine dauernde Schonung des linken Handgelenks hinweisen. Dies gilt entgegen der Ansicht der Beklagten auch hinsichtlich des Vorliegens von trophischen und/oder autonomen Störungen, wie Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 dargelegt hat. Bereits im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 15.08.2000 ist das Vorliegen von Symptomen beim Kläger dokumentiert, die nach den von Prof. Dr. Wi. dargestellten Diagnosekriterien auf das Entstehen eines CRPS hindeuten. So gab der Kläger bereits unmittelbar nach dem Unfall erhebliche Schmerzen an (z.B. Nachschauberichte Dr. T. vom 28.09.2000 und 10.10.2001, Berichte der BG-Unfallklinik L. vom 13.02.2001 und 30.10.2001, Nachschaubericht Dr. Ju. vom 18.04.2001, Durchgangsarztbericht Dr. Be. vom 02.05.2001). Das Diagnosekriterium einer Schwellung wird am Unfalltag (Durchgangsarztbericht von Professor T. vom 16.08.2000) und zeitnah hierzu im weiteren Verlauf durch den Bericht von Dr. Ju. vom 15.01.2000 und durch den Bericht der BG-Unfallklinik L. vom 30.10.2001 dokumentiert. Dr. G. bestätigt in seinem Gutachten vom 03.07.2002 die Diagnosekriterien einer unspezifischen Schmerzsymptomatik und - in Übereinstimmung mit dem Bericht der BG-Klinik vom 30.10.2001 - einer Kalksalzminderung der linken Hand. Im neurologischen Gutachten von Dr. D. vom 25.11.2002 sind die Diagnosekriterien u.a. einer Hypalgesie und Hypästesie, eine Schwellung sowie eine leichte Lividfärbung der linken Hand (stärker als rechts) im Sinne einer vegetativ-trophischen Störung dokumentiert. Soweit Prof. Dr. S. darauf verweist, dass bei Untersuchungen von Dr. Ja. , Professor Dr. Ga. und Professor Dr. M. keine solche Symptomatik diagnostiziert werden konnte, stellte dies die Befunde der anderen genannten Ärzte bei den unterschiedlichen Untersuchungen verschiedener Ärzte nicht in Frage. Der Beklagten kann weiter auch nicht darin gefolgt werden, dass die erhobenen Befunde nur durch bewusste Aggravation oder Simulationstendenzen erklärbar seien. Nach dem Gutachten von Professor Dr. Wi. wurde von ihr eine Konsistenzprüfung durchgeführt. Sie hat auf der Grundlage der von ihr im Gutachten beschriebenen Prüfkriterien nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass beim Kläger tatsächlich ein Leiden an Schmerzen vorhanden ist und hat (schwere) Aggravation oder gar Simulation beim Kläger für nicht gegeben erachtet. Auch allein das Vorhandensein von körperlichen Symptomen, die organisch nicht erklärbar seien, belegt nicht zwingend das Vorliegen von Aggravation, sondern kann auch Ausdruck von Verdeutlichungstendenzen oder Symptom einer psychischen Störung sein. Die seit Jahren unterbliebene Behandlung der Schmerzen belegt entgegen der Auffassung von Dr. Ha. nicht, dass beim Kläger kein Leidensdruck besteht und eine Schmerzerkrankung tatsächlich nicht vorliegt. Gegen die Simulation oder erhebliche Aggravation sprechen die mehrfach erhobenen Schonungszeichen einer Muskelminderung und Kalksalzminderung. Zudem hat Professor Dr. Wi. für den Senat überzeugend dargelegt, dass im Fall des Klägers andere Gründe als fehlender Leidensdruck eine ausbleibende Behandlung erklären. Zum einen beruht dies auf den wahnhaften psychischen Problemen des Klägers, deren Beginn nicht eindeutig fest zu machen ist. Diese bestanden nach Professor Dr. Wi. aber sicher nicht bereits 2001, als der damalige Behandlungsabbruch aus Angst vor dem arthroskopischen Eingriff erfolgte, was nicht auf wahnhaften Überlegungen beruht (ergänzende Äußerung von Professor Dr. Wi. vom 12.04.2013). Außerdem wurde letztlich wohl aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers mit einer von Misstrauen geprägten Haltung und des eigentlich schmerz-/krankheitsbedingten "wenig kooperativen" Verhaltens von den Behandlern keine diagnostische oder therapeutische Anstrengung unternommen (Professor Dr. Wi. vom 12.04.2013), was der Kläger als frustran erlebt haben muss. Er ist nach 2001 einer Behandlung aus dem Weg gegangen, weil sie aus seiner Sicht keinen Zweck hatte, was Prof. Dr. Wi. in ihrem Gutachten einleuchtend darlegt; dies führte im Weiteren dann zur wahnhaften verzerrten Wahrnehmung mit Verstärkung der Behandlungsverweigerung. Weiter kommt es bei dem CRPS nicht selten zu einer Ausweitung der Beschwerden über den initial betroffenen Körperbereich hinaus, wie Professor Dr. Wi. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 weiter überzeugend dargelegt hat. Auch nach dem entstandenen Eindruck von dem einfach strukturierten und psychisch erkrankten Kläger, seinen konkreten und in Übereinstimmung mit den Angaben der behandelnden Ärzte gemachten Angaben sowie dem in der Untersuchungssituation gezeigten Verhalten (Nichtbewegen des linken Arms bei der körperlichen Untersuchung und im spontanen Verhalten, so z.B. das beobachtete heftige Gestikulieren mit dem rechten Arm bei psychischer Erregung unter Beibehaltung der Schonhaltung des linken Arms), gelangt Professor Dr. Wi. zu der den Senat überzeugenden gutachtlichen Bewertung, dass die vom Kläger angegebenen (subjektiven) Symptome nicht willkürlich aggraviert oder simuliert sind. Für das tatsächliche Vorliegen einer schmerzbedingten Beeinträchtigung der linken Hand spricht auch die deutliche Muskelverschmächtigung des linken Arms. Die von Dr. Ha. insbesondere in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.05.2013 geschilderten Hinweise für ein nicht-authentisches Verhalten des Klägers, wie auch die vergleichbaren Darlegungen von Professor Dr. S. , sind für den Senat im Hinblick auf das Ausgeführte nicht geeignet, die Bewertung von Prof. Dr. Wi. in Zweifel zu ziehen. Dem entsprechen auch die Vorgutachten, in denen das Bestehen von Aggravation oder gar Simulation durch den Kläger nicht thematisiert wurde, was aber hätte erwartet werden müssen, wenn bei den gutachtlichen Untersuchungen des Klägers sich Hinweise auf eine Aggravation oder Simulation gezeigt hätten. Die Diagnose eines CRPS Typ I kann auch nicht im Hinblick auf die beim Arbeitsunfall des Klägers erlittene Verletzung der rechten Hand (kleine Fissur im Os capitatum und Os lunatum) in Zweifel gezogen werden. Abgesehen davon, dass im Verlaufe der Behandlung des Klägers hinsichtlich der erlittenen Verletzung unterschiedliche (Verdachts-)Diagnosen gestellt worden sind, wie Dr. C. in seinem Gutachten vom 24.05.2011 zutreffend dargestellt hat, sind nach dem Gutachten von Professor Dr. Wi. nicht nur Knochenfrakturen, sondern auch geringfügige Verletzungen, z.B. des Bandapparats, geeignet, ein CRPS zu verursachen. Der konkreten Art und dem Ausmaß der vom Kläger beim Arbeitsunfall am 15.08.2000 erlittenen Verletzung kommt deshalb für die Diagnose eines CRPS Typ I keine entscheidende Bedeutung zu. Dass der Kläger eine Verletzung des linken Hand erlitten hat, steht fest und wird im Übrigen von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Die von Dr. Ha. in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 28.02.2013 und 15.05.2013 gegen das Gutachten von Prof. Dr. Wi. vom 25.01.2013 erhobenen Einwendungen sind für den Senat daher nicht stichhaltig, weshalb er dem Gutachten von Prof. Dr. Wi. folgt. Gegen die von Professor Dr. Wi. hinsichtlich der Diagnose des CRPS Typ I angewandten Diagnosekriterien hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.
Weiter hat Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten in Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und der von ihr erhobenen Befunde nachvollziehbar und den Senat überzeugend dargelegt, dass das chronisch gewordene CRPS Typ I - auch mehr als 11 Jahre nach dem erlittenen Arbeitsunfall - Unfallfolge ist. Auch dieser Bewertung folgt der Senat. Ebenso gelangt PD Dr. Wö. in seinem Gutachten vom 27.01.2011 zu der - mit Prof. Dr. Wi. übereinstimmenden - Bewertung, dass beim Kläger die typischen Symptome eines CRPS erfüllt sind und bejaht einen Zusammenhang zu dem erlittenen Arbeitsunfall vom 15.08.2000. Professor Dr. Wi. hat unter Hinweis auf die unfallnah erhobenen Befunde in ihrem Gutachten einleuchtend dargelegt, dass die die Symptomatik eines CRPS I belegenden Diagnosekriterien kontinuierlich seit dem Unfall vorgelegen haben. Die dagegen erhobenen Bedenken von Professor Dr. S. und Dr. Ha. sind nicht überzeugend. Die Schwellungen, Muskelminderungen und Hautverfärbungen am Handgelenk wurden teilweise als "diskret", "mäßig" oder "leicht" in den oben genannten Befunden beschrieben, was nahelegt, dass sie in anderen Untersuchungen auch leicht übersehen oder als nicht erwähnenswert eingestuft worden sein können. Außerdem hat Professor Dr. Wi. dargelegt, dass nach Studien häufig mit weitgehender Remission des CRPS I zu rechnen ist, aber bei komplizierenden Faktoren, wie späte Diagnose oder falsche Therapiewahl, ein chronischer Verlauf einsetzen kann, was zur Überzeugung des Senats auch eine vorübergehende Besserung mit erneuter Verschlechterung bei Fortwirken kontraindizierter Faktoren, wie fehlende angemessene Behandlung, beinhaltet. Eine andere Ursache oder andere allein wesentliche Mitursache der diagnostizierten CRPS I ist nach Prof. Dr. Wi. nicht zu erkennen und wird auch von anderen Ärzten nicht konkretisiert. Der Unfallzusammenhang ist daher zur Überzeugung des Senats hinreichend wahrscheinlich gegeben.
Die durch das CRPS Typ I beim Kläger seit dem 20.05.2011 bestehenden Beeinträchtigungen sind - entsprechend der Bewertung durch Professor Dr. Wi. und PD Dr. Wö. - zur Überzeugung des Senats mit einer MdE um 30 v.H. zu bewerten, wovon auch das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Nach den von Dr. C. in seinem Gutachten vom 24.05.2011 beschriebenen Befund der linken oberen Extremität des Klägers besteht eine sichtbare Verschmächtigung. Bei leichtem Kompressionsdruck auf den Oberarm gibt der Kläger eine Schmerzauslösung im linken distalen Unterarm bis zu den Fingern an. Das Beklopfen des linken ulnaren Oberarmknorrens löst ein kräftiges Zucken im linken Unterarm und der Hand aus, wobei der Kläger ein starkes elektrisierendes Gefühl an gibt, das er wie einen Stromschlag empfindet. Alle Bewegungen im linken Ellenbogen werden als schmerzhaft bezeichnet. Der Kläger hält den linken Arm in Streckstellung im Ellenbogen- und Handgelenk seitlich am Körper hängend, der beim Gehen weniger schwingt als der rechte Arm. Die Funktion der linken Schulter ist nach allen Richtungen eingeschränkt, nach Angaben des Klägers wegen Schmerzen, die durch die Bewegungsprüfung im linken Handgelenk und der Hand ausgelöst werden. Die Streckung/Beugung des linken Ellenbogens ist im Vergleich zum rechten Ellenbogen wegen - vom Kläger angegebenen - Schmerzen im linken Handgelenk eingeschränkt. Der linke Daumen und die Langfinger werden vom Kläger in einer inkompletten Streckstellung gehalten. Eine Fingerbeugung ist nicht möglich. Ebenso nicht der Faustschluss. Im Grunde sind das linke Handgelenk, der Daumen und die Langfinger des Klägers aktiv und passiv unbeweglich. Weiter bestehen nach Angaben des Klägers Sensibilitätsstörungen am linken Handgelenk, der Hand und an den Fingern. Dem entsprechen im Wesentlichen die von Professor Dr. Wi. in ihrem Gutachten vom 25.01.2013 und der ergänzenden Stellungnahme vom 10.06.2013 beschriebenen Befunde, die ebenfalls von einer Unbeweglichkeit des Handgelenks und der Finger I - V mit Sensibilitätsstörungen ausgeht. Dass diese Beeinträchtigungen vom Kläger aggraviert oder gar simuliert sind, ist nach dem oben Ausgeführten zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
Danach ist beim Kläger zur Überzeugung des Senats eine erhebliche Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand durch das unfallbedingte CRPS Typ I nachgewiesen. Eine außerdem von Prof. Dr. Wi. festgestellte paranoide Entwicklung des Klägers ist nach ihrem auch insoweit überzeugenden Gutachten zur Überzeugung des Senats unfallabhängig zu werten.
Die bestehende Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand des Klägers ist zur Überzeugung des Senats jedenfalls vergleichbar mit der Situation einer Versteifung des Handgelenks in Neutralstellung, die nach den von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätzen mit einer MdE um 25 v.H. zu bewerten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 544). Weiter besteht eine Gebrauchseinschränkung der Finger I - V, die integrierend jedenfalls eine MdE um 30 v.H. rechtfertigt.
Der abweichenden Ansicht der Beklagten, die eine MdE um 10 v.H. für angemessen hält, kann nicht gefolgt werden. Die Bewertung der MdE um 10 v.H. im Rahmen der orthopädischen Begutachtungen des Klägers durch Dr. Ja. und Dr. C. , worauf die Beklagte abstellt, lässt die durch das CRPS hervorgerufene Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand des Klägers völlig außer Ansatz. Dr. C. hat seine MdE-Bewertung von (allenfalls) 10 v.H. ausdrücklich auf das orthopädische Gebiet beschränkt. Auch Dr. Ja. hat in seinem im Verfahren S 14 U 2868/03 vom SG eingeholten Gutachten vom 06.02.2004 seine MdE-Bewertung von 10 v.H. ausschließlich auf den orthopädischen Befund einer Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk und linken Daumen gestützt, dem die durch das CRPS nunmehr hervorgerufene Beeinträchtigung der linken Hand des Klägers nicht (mehr) gerecht wird. Entsprechendes gilt auch für das neurologische Gutachten des Dr. Ga. vom 07.04.2010, der eine periphere Nervenschädigung verneint, den Verdacht auf ein CRPS Typ I geäußert und wegen (lediglich) Dauerschmerzen, einer Berührungsempfindlichkeit, einer geringen Hautschwellung und einem Taubheitsgefühl die MdE mit 10 v.H. bewertet hat.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Aus
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