Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3578/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5218/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.10.2011 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, die Aufwendungen der Klägerin zur Anschaffung der digitalen Hörgeräte laut Rechnung vom 07.12.2010 in Höhe von 4.340,00 EUR zu erstatten. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten zurück- und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin (zwei digitale Hörgeräte Modell K.epoq Ex XW titan/platin) in Höhe von 4.340 EUR.
Die im Jahr 1949 geborene Klägerin ist beim beklagten Rentenversicherungsträger renten- und seit 01.07.2008 bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer beidseitigen Hochtonschwerhörigkeit und trägt seit dem Jahr 2002 Hörgeräte. Eine einseitige oder beidseitige an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit besteht nicht. Seit Dezember 1991 ist sie als Einkaufssachbearbeiterin in der Hauptabteilung Einkauf und Materialwirtschaft des K. I. für T. (K.) tätig und dort zuständig für Einkaufsanfragen sowie Kontakte sowohl mit Lieferanten als auch mit internen Kunden und Anforderungsstellen. Die Kontakte erfolgen nach innen und außen neben dem üblichen Schriftverkehr in erster Linie telefonisch. Seit 1990 ist jeder Monat mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung belegt.
Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Kläger im Januar 2009 eine Hörhilfe rechts und links. Damit suchte die Klägerin einen Hörgeräteakustiker (Firma K. Hörgeräte) auf. Die Firma K. übersandte am 30.01.2009 eine Versorgungsanzeige über eine beidohrige Folgeversorgung an die Beigeladene. Diese bewilligte am 02.02.2009 zwei Hörgeräte zum Festbetrag abzüglich des Eigenanteils der Klägerin (20,00 EUR). Am 12.02.2009 fertigte der Hörgeräteakustiker ein Tonaudiogramm links und rechts sowie ein Sprachaudiogramm an und am 27.03.2009 wurden der Klägerin erstmals die von ihr dann später erworbenen Hörgeräte K.epoq Ex XW angepasst und von ihr bis November 2010 getestet. Die von der Firma K. zum Festbetrag angebotenen Hörgeräte K.assistsPro HS wurden lediglich am 04.05.2010 zur Durchführung von Sprachverständlichkeitsmessungen im Fachgeschäft der Firma K. ausprobiert (Hörprotokoll vom 04.05.2010).
Am 25.02.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag, die Kosten für die Anschaffung von Hörgeräten zu übernehmen, da sie ohne Hörgeräte ihren Arbeitsplatz verlieren würde. Dem Antrag fügte sie ein Tonaudiogramm vom 12.02.2009 bei. Auf Anforderung der Beklagten übersandte die Klägerin zwei Anpassberichte über die Anpassung der Hörgeräte K.assistaPro HS sowie K.epoq Ex XW titan/platin. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 06.05.2009 ab und führte zur Begründung aus, dass ein höherwertiges Hörgerät für besondere Höranforderungen im Berufsbild der Einkaufssachbearbeiterin nicht erforderlich sei. Zum Ausgleich der Hörminderung sei die Versorgung mit geeigneten Hörgeräten durch die Krankenversicherung ausreichend. Den hiergegen am 14.05.2009 eingereichten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 14.08.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.
Die Betriebsärzte des K. haben am 01.02.2010 auf Anforderung des SG eine Stellungnahme abgegeben. Darin haben Dr. List und Dr. S. ausgeführt, dass die Klägerin seit 2001 mit einem Hörgerät der Marke K. H 389 beige beidseits versorgt gewesen sei. Es habe sich um ein Hinter-dem-Ohr (HdO)-Gerät mit normalen Schallschlauch und angepasstem Ohrpassstück gehandelt. Die Verständlichkeit im Störschall (55dB) bei stereophoner Anpassung habe nach Abschluss der Versorgung 80 % im Vergleich zur einseitigen Anpassung (rechts) von 65 % betragen. Die Verständlichkeit ohne Hörgeräte habe bei 60 %, mit Hörgeräte bei 90 % betragen. Die Messung sei im schallgedämmten Raum erfolgt. Die Besonderheiten des Hörens bei der Tätigkeit der Klägerin wie Konzentration über lange Zeit, Verfremden von Stimmen am Telefon, gehäufte Rückkopplungen der Hörgeräte, schlechte Belüftung der Ohren sowie Umgebungs- und Störschall machten eine Versorgung mit Hörgeräten notwendig, die diesbezüglich besondere Ausstattungsmerkmale bieten. Das derzeit auf Probe getragene Hörgerät K.epoq Ex XW titan/platin beidseits mit offenem Hörschlauch zeige für diese Tätigkeit große Vorteile. Der Raumklang werde besser, der Verschlusseffekt falle weitgehend weg und die Nebengeräusche könnten vom Gehirn besser als Nebengeräusche erkannt und verdrängt werden. Auch seien die Geräte mit einer Telefonspule ausgestattet. Die Klägerin docke direkt am Telefon an. Der Schallweg werde verkürzt und die Hörqualität optimiert. Aufgrund einer deutlichen Hörverschlechterung betrage die Sprachverständlichkeit der Klägerin ohne Hörgeräte nur noch 20 %, jedoch mit dem neuen Hörgerät 95 %. Die Verständlichkeit im Störschall habe sich um 20 % gebessert. Sie habe direkt nach Anpassung bei 95 % gelegen. Im Verlauf sei die Klägerin auf 100 % gekommen. Die Klägerin arbeite in Vollzeit und die Versorgung mit den begehrten Geräten sei auch zur Vermeidung von Folgeerkrankungen in Anbetracht des Gesamthörverlustes notwendig. Für den privaten Bereich seien Hörgeräte mit dieser Ausstattung nicht zwingend notwendig.
Auf Anforderung des SG hat die Firma K. Hörgeräte Anpassberichte der Festbetragsgeräte mit und ohne Störschall übersandt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 26-29 der SG-Akte verwiesen.
Mit Beschluss vom 14.01.2011 hat das SG die gesetzliche Krankenkasse der Klägerin zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 30.03.2011 ausgeführt, dass nachweislich keine hochgradige bis an Taubheit grenzende Hörbehinderung vorliege. Sie sei daher als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V nur für die vertraglich festpreisgeregelte Hörgeräteversorgung zuständig. Da sie zu keinem Zeitpunkt über eine Versorgung mit Hörgeräten der Klägerin Kenntnis gehabt habe, sei eine Zusage über die kassenübliche Versorgung nicht möglich.
Am 30.11.2010 hat die Klägerin sowohl eine "Erklärung zu Mehrkosten" als auch eine "Empfangsbestätigung" über den Erhalt der streitgegenständlichen Hörgeräte unterschrieben. Die Firma K. stellte am 07.12.2010 eine Rechnung über die Hörgeräte (einschließlich Hörschlauch-System und Reparaturkostenpauschale) aus. Darin verlangt sie von der Klägerin abzüglich des von der Beigeladenen zu tragenden Festbetrags noch 4.373,20 EUR. Die Klägerin zahlte den von ihr geforderten Betrag von 4.373,20 EUR am 29.12.2010, die Beigeladene überwies ihren Anteil in Höhe von 1.192,80 EUR am 26.01.2011 an die Firma K ...
Das SG hat mit Urteil vom 12.10.2011 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Aufwendungen der Klägerin zur Anschaffung der digitalen Hörgeräte laut Rechnung vom 07.12.2010 in Höhe von 4.340 EUR zu erstatten und zur Begründung ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch § 15 Abs 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sei. Die Beklagte habe rechtswidrig gehandelt, als sie den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer höherwertigen Hörgeräteversorgung abgelehnt habe. Es habe sich bei der beantragten Leistung zwar nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 9 ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gehandelt, die Beklagte sei jedoch verpflichtet gewesen, die Leistung als erstangegangener Rehabilitationsträger nach den Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts zu erbringen. Die Versorgung mit dem digitalen Hörgerät sei aus beruflichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin benötige die digitalen Hörgeräte, da sie Verständigungsschwierigkeiten beim Telefonieren und bei Gruppengesprächen habe. Nach ihren Angaben traten diese Hörschwierigkeiten jedoch auch bei Telefonaten und Gruppengesprächen im privaten Bereich auf. Es habe somit keine Notwendigkeit bestanden, die Hörhilfe ausschließlich aus beruflichen Gründen anzuschaffen. Da die Beklagten den Antrag jedoch nicht innerhalb der zwei Wochenfrist an die Beigeladene weitergeleitet habe, sei sie verpflichtet gewesen, den Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen und somit auch nach Krankenversicherungsrecht zu prüfen. Nach § 12 Abs 2 SGB V erfülle die Krankenkasse ihre Leistungspflicht zwar mit dem Festbetrag, wenn hierfür einer festgesetzt worden sei. Es bestehe jedoch im vorliegenden Fall darüber hinaus ein Anspruch auf Erstattung der vollen Aufwendungen, da der Festbetrag die erforderliche Versorgung nicht abdecke. Die Versorgung mit dem geprüften Festbetragsgerät habe eine Verständlichkeit von lediglich 70 % ergeben, wohingegen das von der Klägerin angeschaffte Hörgerät eine Verständlichkeit von 95 % ermögliche. Der behinderungsbedingte Ausgleich werde somit nur über das zweitgenannte Hörgerät erreicht. Es habe sich auch nicht nur um eine geringfügige Verbesserung der Funktionalität gegenüber dem Festbetragshörgerät gehandelt. Weder die Beklagte noch die Beigeladene hätten ein alternatives Hörgerät zum Festpreis benennen können, das eine vergleichbare Hörverbesserung ermöglicht habe. Die Beigeladene habe selber zum Ausdruck gebracht, dass sämtliche Versicherte mit einer vergleichbaren Hörschädigung wie bei der Klägerin eine entsprechende Hörverbesserung nur mit digitalen Hörgeräten erreichen könnten.
Die Beklagte hat gegen das am 18.11.2011 zugestellte Urteil am 29.11.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass bei der Anwendung des § 14 SGB IX übersehen worden sei, dass es eine Entscheidung des zuständigen Trägers bereits gebe und dass andere Sozialleistungsträger diese Entscheidung mangels Überprüfungskompetenz immer übernehmen müssten. Die Beklagte habe daher als erstangegangener Träger nur über ihre eigene Leistungsverpflichtung zu befinden und ggfs eine Entscheidung der zuständigen Krankenkasse einzuholen. Diese inhaltliche Entscheidung der Beigeladenen liege vor und biete keine Grundlage, die Beklagte statt der Beigeladenen zu verurteilen. Das SG habe festgestellt, dass die Klägerin mit einem Festbetragshörgerät nicht ausreichend versorgt sei, sondern nur mit dem von ihr angeschafften Hörgerät. Die Beigeladene könne sich auf eine nicht ausreichende Festbetragsversorgung jedoch nicht zurückziehen, denn generell begrenze die Festbetragsversorgung nicht den individuellen Krankenversicherungsanspruch. Ob die Beigeladene im vorliegenden Fall ihre Leistungspflicht erfüllt habe, obliege nicht der Beurteilungskompetenz der Beklagten. Das vom SG erreichte Ergebnis in Form der Verurteilung des nicht zuständigen und nicht fehlerhaft handelnden Leistungsträgers für den aus Sicht des SG zuständigen fehlerhaft agierenden Trägers, trage nicht zur Transparenz der Leistungspflichten verschiedener Sozialleistungsträger bei, weil es eine rein formale zufällige Zuständigkeit nach Antragstellung der inhaltlichen Richtigkeit vorziehe und dies obwohl Sinn und Zweck des § 14 SGB IX eine schnelle Zuständigkeitserklärung nur am Anfang des Verfahrens für den Versicherten Vorteile bringen könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.10.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Beklagte Inhalt und Regelungsweg der Vorschrift des § 14 SGB IX verkenne. Es komme überhaupt nicht darauf an, warum sich die Klägerin an die Beklagte und nicht an die Beigeladene gewandt habe, da ein Antrag bei der Beklagten eingegangen sei. Der Vortrag der Beklagten, die Beigeladene habe eine ablehnende Entscheidung getroffen, sei unzutreffend, da es eine solche nicht gebe und die Beklagte hieran nicht gebunden sei. Im Rahmen des § 14 SGB IX bestehe daher für die Beklagte ein eigenes Bewertungsrecht, unabhängig von der Auffassung der Beigeladenen. Nachdem die Beklagte den Leistungsantrag auf Gewährung der Hörhilfe nicht innerhalb der Frist des § 14 SGB IX weitergeleitet habe, sei sie zum zuständigen Rehabilitationsträger nicht nur im Rahmen des SGB VI, sondern auch unter Berücksichtigung sämtlicher Leistungsnormen des Sozialgesetzbuches geworden. Schließlich habe die Beklagte auch einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen nach § 14 Abs 4 SGB IX. Auch sei es nicht Sinn und Zweck des § 14 SGB IX eine Transparenz darzustellen, sondern eine schnelle Zuständigkeitsklärung zu erhalten.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beigeladene hat mitgeteilt, dass sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt an sie gewandt habe. Der Beigeladenen sei lediglich eine Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers vom 30.01.2009 übersandt worden. Daraufhin sei am 02.02.2009 eine Versorgung in Höhe der Festbeträge von insgesamt 1.192,80 EUR genehmigt und an den Hörgeräteakustiker überwiesen worden. Ein Bescheid hierzu gebe es nicht. Da der Beigeladenen nicht bekannt gewesen sei, dass die Klägerin Hörgeräte über den Festbetrag hinaus beanspruche, habe insoweit keine Prüfung seitens der Beigeladenen stattgefunden.
Am 17.08.2012 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts stattgefunden. Die Klägerin hat dort erklärt, dass sie nach der Hörgeräte - Verordnung Anfang 2009 im wöchentlichen Rhythmus verschiedene Geräte, angefangen bei analogen Geräten bis hin zu dem jetzt getragenen und gekauften Gerät, getestet habe. Nachdem sie das jetzt getragene Gerät getestet habe, habe sie bemerkt, dass sie am Telefon, im Büro und bei Ansprachen alles gut verstehen könne. Mit den anderen Geräten bzw ohne Hörgerät habe sie am Telefon nicht alles verstanden und auch infolgedessen Fehler gemacht. Im Großraumbüro habe sie nicht gewusst, wann sie angesprochen werde. Mit den anderen Geräten habe sie auch Kopfschmerzen bekommen. Sie sei sich nicht sicher, ob sie ein digitales Gerät zum Festbetrag angeboten bekommen habe. Beim jetzigen Gerät spüre sie so gut wie nichts. Bei den anderen Geräten sei es vorgekommen, dass wenn die Einlage zu tief im Ohr drin war, sie Dinge gehört habe, die nicht vorhanden gewesen seien. Auch habe sie immer das Gefühl gehabt, einen dicken Kopf zu bekommen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 40 bis 41 der Berufungsakte verwiesen.
Die Firma K. Hörgeräte hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 21.09.2012 mitgeteilt, dass zum Festbetrag das digitale Hörgerät K.assistaPro HS getestet worden sei. Der bei der Klägerin vorliegende Hörverlust, insbesondere das Verstehen in größeren Räumen und bei Umgebungsgeräuschen könne auch mit Hörgeräten zum Festbetrag ausgeglichen werden. Die Möglichkeit, diese Situation mit Hörgeräten zum Festbetrag zu testen, sei von der Klägerin nicht wahrgenommen worden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 56-67 der Berufungsakte verwiesen.
Der Senat hat die behandelnde Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. D. M. als sachverständige Zeugin schriftlich vernommen. Dr. D. M. hat am 23.10.2012 mitgeteilt, dass die erste Hörgeräteversorgung 2002 erfolgt sei. Es liege eine beidseitige Hochtonschwerhörigkeit, jedoch keine einseitige bzw beidseitige an Taubheit grenzende Hörschädigung vor. Ein analoges Hörgerät genüge für die Versorgung der Klägerin nicht, da die analoge Versorgung nicht mehr den Hilfsmittelrichtlinien entspreche. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 76-80 der Berufungsakte verwiesen.
Die Firma K. Hörgeräte hat mit Datum vom 12.03.2013 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und ausgeführt, dass alle getesteten Hörgeräte geeignet seien, den vorliegenden Hörverlust in ausreichendem Maße auszugleichen.
Die Mitarbeiterin F. der Firma K. Hörgeräte hat in einer schriftlichen Zeugenvernehmung durch den Senat am 25.04.2013 mitgeteilt, dass die Klägerin die Hörgeräte K.epoq Ex XW und K.assistaPro HS getestet habe und dass beide Versorgungen geeignet gewesen seien, den damals vorhandenen Hörverlust ausreichend zu kompensieren.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Kosten für die Anschaffung der digitalen Hörgeräte in Höhe von 4.340 EUR zu übernehmen. Nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene war für die Versorgung der Klägerin als erstangegangener Rehabilitationsträger zuständig. Der Bescheid vom 06.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 ist daher wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig. Eine Verurteilung der Beigeladenen scheitert jedoch daran, dass ein über die bereits bewilligten Festbeträge hinausgehender Versorgungsanspruch der Klägerin nicht besteht.
I.
Der beklagte Rentenversicherungsträger ist nicht nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX erstangegangener Rehabilitationsträger und daher für die Prüfung des Leistungsanspruches der Klägerin nicht zuständig.
Werden gemäß § 14 Abs 1 SGB IX Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt.
Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs 2 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die in Satz 2 genannte Frist beginnt mit dem Eingang bei diesem Rehabilitationsträger. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Kann der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 sein, klärt er unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der Fristen nach den Sätzen 2 und 4 entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
Nach der Rechtsprechung des BSG (24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19) bleibt die Krankenkasse in dem Fall, in dem sie auf einen Leistungsantrag zur Hilfsmittelversorgung nur einen Festbetrag bewilligt, als erstangegangener Rehabilitationsträger verpflichtet zu prüfen, ob ein anderer Rehabilitationsträger die Mehrkosten zu übernehmen hat. Erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Bindungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsaktes abschließt (vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird.
Die Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteversorgung an den Hörgeräteakustiker und die Weiterleitung an die zuständige Krankenkasse ist als maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX anzusehen. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass die Versorgungsanzeige allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Kasse zur Gewährung einer Sachleistung ist, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt wird (vgl BSG aaO sowie Landessozialgericht Baden-Württemberg 20.08.2013, L 13 R 2607/10, juris). Dies gilt auch für den Fall, dass lediglich ein Datenauszug existiert, der - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles - die Bewilligung eines Hörgerätes zum Festbetrag dokumentiert.
Gemessen an diesen Vorgaben war im vorliegenden Fall nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 SGB IX. Die Firma K. Hörgeräte hat am 30.01.2009 der Beigeladenen eine Versorgungsanzeige übersandt. Die Beigeladene hat mit Datum vom 02.02.2009 eine Versorgung in Höhe der Festbeträge genehmigt. Dies geht aus der mit Datum vom 21.09.2012 von der Firma K. übersandten Versorgungsanzeige (Bl 58 der Berufungsakte) sowie der Stellungnahme der Beigeladenen vom 08.10.2012 gegenüber dem Senat hervor. Der Leistungsantrag bei der Beklagten ist jedoch nachweislich des Eingangsstempels auf dem Antragsschreiben vom 20.02.2009 erst am 25.02.2009 beim beklagten Rentenversicherungsträger gestellt worden.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Antragstellung auf die bestmögliche Hörgeräteversorgung gerichtet. Eine Aufspaltung in zwei separate Leistungsanträge (auf Bewilligung des Festbetrages und auf über den Festbetrag hinausgehende "Premium-Versorgung") scheidet danach aus. Die Beigeladene kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sich die Klägerin selbst zu keinem Zeitpunkt an sie gewandt habe. Das BSG (24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, aaO) hat hierzu ausgeführt, dass, wenn sich ein Rehabilitationsträger seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entziehe und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlasse, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil werde, er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V erfülle, noch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 12 Abs 1 und § 17 Abs 1 Satz 2 SGB V befolge. Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme nach § 16 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verweigere, könne sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Auch in der Fallgestaltung, die vom BSG entschieden wurde, konnten von der Beigeladenen bis auf den Datenauszug mit dem Bewilligungsvermerk keinerlei nachprüfbare Unterlagen hinsichtlich der Prüfung des Umfangs der begehrten und bewilligten Versorgung vorgelegt werden. Das BSG hat diese Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel erachtet. Es ist daher irrelevant, ob der Beigeladenen bekannt war, dass Hörgeräte über den Festbetrag hinaus erworben werden sollten und sie insoweit eine Prüfung nicht für erforderlich hielt. Die auch von der Beigeladenen im vorliegenden Fall praktizierte Handhabung genügt nicht der umfassenden Prüfung eines Leistungsanspruches, sodass die Beigeladene mit dem Einwand, dass lediglich der Festbetrag bei ihr beantragt worden sei, nicht durchzudringen vermag. Die Beigeladene ist als erstangegangener Rehabilitationsträger zur umfassenden Prüfung nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches insbesondere des SGB V und des SGB VI verpflichtet.
Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen. Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind. Die Beklagte war somit zur Entscheidung über den Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten als Leistung zur Teilhabe nicht mehr befugt. Der Bescheid vom 06.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 ist daher wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig (vgl hierzu auch BSG, 20.10.2009, B 5 R 5/07 R, juris). Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils hat in der Folge bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 06.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 Bestand, da die Bescheide - wenn auch aus einem anderen Grund als vom SG angenommen - rechtswidrig sind. Insoweit war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Da es in diesem Teil beim erstinstanzlichen Urteilsausspruch verbleibt, liegt keine der Beklagten nachteilige Änderung des SG - Urteils im Sinne eines Verstoßes gegen das Verbot der reformatio in peius (vgl hierzu Leitherer in Meyer - Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a) vor. Dieser Grundsatz ist nicht verletzt, wenn das LSG aufgrund einer vom SG abweichenden Einzelbewertung letztlich doch zum selben Ergebnis kommt (BSG, 30.04.1958, 10 RV 99/56, BSGE 7,178).
II.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beigeladene auf Erstattung der Kosten für die Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten über den bereits geleisteten Festbetrag hinaus. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Zuständigkeit der Beigeladenen als Krankenversicherungsträger gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V iVm § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V noch aus der Zuständigkeit der Beigeladenen als Rehabilitationsträger nach den § 15 Abs 1 SGB IX iVm §§ 9, 10, 11, 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1, Abs 2 Nr 6 und 31 SGB IX.
Einer Verurteilung der Beigeladenen steht nicht entgegen, dass die Klägerin sich gleich danach an die Beklagte gewandt hat. Stellt ein Versicherter unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Entscheidung der Krankenkasse, für ein beantragtes aufwendiges Hilfsmittel nur den Festbetrag zu zahlen, bei einem anderen Rehabilitationsträger einen gleichartigen Leistungsantrag, liegt darin in der Regel zugleich ein Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme der Mehrkosten, die die Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger zumindest dann gegen sich gelten lassen muss, wenn sie der Ablehnungsentscheidung keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat (BSG, 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Festbetrag gezahlt, ohne hierüber eine schriftliche Entscheidung gegenüber der Klägerin zu erlassen. Die Klägerin hat jedoch in Kenntnis der auf den Festbetrag begrenzten Bewilligung durch die Beigeladene, den darüber hinaus für die höherwertige Versorgung anfallenden Betrag bei der Beklagten beantragt. Ihr war daher bekannt, dass die Beigeladenen die Kosten nicht in voller Höhe übernimmt. Der Leistungsantrag bei der Rentenversicherung am 26.02.2009 ist insoweit als Widerspruch gegen die Begrenzung der Bewilligung der Zahlung auf den Festbetrag zu sehen. Es liegt ein einheitliches Verwaltungsverfahren vor, welches mit der Anzeige der Versorgung des Hörgeräteakustikers gegenüber der Krankenkasse begonnen hat und durch den Widerspruch in Form des Antrags der Klägerin beim beklagten Rentenversicherungsträger auf höherwertige Geräteversorgung noch nicht bestandskräftig abgeschlossen ist (vgl hierzu BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19 sowie LSG Baden-Württemberg 20.08.2013 L 13 R 2607/10, juris). Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen grundsätzlich nicht (vgl Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller-Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz 10. Auflage 2012, § 75 Rdnr 18b).
Die Beigeladene hat mit der Bewilligung einer beidseitigen Versorgung mit zum Festbetrag erhältlichen digitalen Hörgeräten in Höhe von 1.192,80 EUR den der Klägerin nach dem SGB V zustehenden Leistungsanspruch erfüllt.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Die in § 33 SGB V enthaltenen Ausnahmetatbestände ("soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind") sind hier nicht einschlägig. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge sind Hörgeräte grundsätzlich erforderlich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, weil es nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2). Begrenzt ist dieser Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes hat der Gesetzgeber auch im Bereich der Hilfsmittelversorgung mit § 36 SGB V eine Festbetragsregelung eingeführt. Dadurch wird die Leistungspflicht der Krankenkasse (und mittelbar auch des Rentenversicherungsträgers) begrenzt. Zwar muss die Krankenkasse nach § 33 Abs 7 SGB V die mit den Hörgeräteakustikern vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Für Hilfsmittel, für die - wie vorliegend für Hörgeräte - ein Festbetrag festgesetzt wurde, können jedoch nach § 127 Abs 4 SGB V vertraglich keine höheren Preise als die Festbeträge vereinbart werden. Eine Festbetragsfestsetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG nur dann nicht rechtmäßig, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Objektiv ausreichend ist der Festbetrag, wenn die Vergütung - von atypischen Ausnahmen abgesehen - die erforderliche Versorgung prinzipiell jedes betroffenen Versicherten abdeckt. Die Krankenkasse ist deshalb nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ausnahmsweise Anlass zur Versorgung mit Hilfsmitteln ohne Festbetragsbindung besteht (BSG 17.12.2009, aaO).
Die Klägerin leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Der Senat entnimmt dies der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. D. M. vom 23.10.2012. Es besteht damit kein Zweifel, dass die Klägerin eine Hörgeräteversorgung benötigt. Es liegt jedoch keine einseitige bzw beidseitige an Taubheit grenzende Hörschädigung vor.
Die Versorgung der Klägerin mit einem digitalen Hörgerät zum Festbetrag, vorliegend dem getesteten Gerät K.assistaPro HS, ist zum Ausgleich der Hörbehinderung ausreichend. Der Senat schließt dies aus der sachverständigen Zeugenaussage der Hörgeräteakustikerin F. sowie des Mitarbeiters O. der Firma K. Hörgeräte vom 12.03.2013. Durch die Versorgung mit dem digitalen Festbetragshörgerät konnte eine Verbesserung der Verständlichkeit des Sprachverstehens um 50 % erzielt werden. Die Verständlichkeit im Störfall konnte durch die Stereophone Versorgung um 10 % verbessert werden. Auch wenn sich mit dem von der Klägerin angeschafften Hörgerät K.epoq Ex XW möglicherweise noch optimalere Ergebnisse erzielen lassen, ist das digitale Hörgeräte zum Festbetrag nach den Aussagen der Hörgeräteakustikerin F. und des Mitarbeiters der Firma K. Ö. gleichermaßen geeignet, den Hörverlust in ausreichendem Maß auszugleichen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2) ist Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleiches hörbehinderter Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die nach dem Stand der Hörgerätetechnik jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Der so umrissene Anspruch ist jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V begrenzt. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwendige Versorgung dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens einem unverhältnismäßig einzuschätzenden Mehraufwand gegenübersteht.
Gemessen an diesen Kriterien hat die Beklagte vorliegend mit der Bewilligung des digitalen Hörgerätes zum Festbetrag ihrer Leistungspflicht auch im Hinblick auf den Behinderungsausgleich Genüge getan. Nach Aussage des Hörgeräteakustikers waren im vorliegenden Fall beide Hörgeräte gleichermaßen geeignet, den Hörverlust ausreichend auszugleichen. Die Klägerin hat im Erörterungstermin am 17.08.2012 ausgeführt, dass die Testungen mit analogen Geräten nicht zufriedenstellend verlaufen seien. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob ihr ein digitales Gerät zum Festbetrag angeboten wurde. Insofern ist nicht gesichert, dass sich die von ihr geschilderten Vorteile des angeschafften Geräts gegenüber den Festbetragsgeräten auch auf das digitale Festbetragsgerät beziehen. Angesichts der widersprüchlichen Aussage über die Frage, ob das Gerät K.assistaPro HS tatsächlich im gleichen Umfang und unter gleichen Bedingungen getestet wurde wie das angeschaffte Gerät, ist ein wesentlicher Gebrauchsvorteil des angeschafften Geräts K.epoq Ex XW gegenüber dem Festbetragsgerät K.assistaPro HS nicht unter allen Testbedingungen zur Überzeugung des Senats dargelegt. Zu beachten ist auch, dass die Aussage der Klägerin im Erörterungstermin vom 17.08.2012, dass sie bei dem angeschafften Gerät so gut wie nichts spüre und dies bei den anderen Geräten anders gewesen sei, in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung betreffen. Dies vermag jedoch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit dem höherwertigen Hörgerät nicht zu begründen.
Ein Anspruch der Klägerin auf ein Hörgerät ohne Festbetragsbindung als Leistung der medizinischen Rehabilitation nach den §§ 9, 10, 11, 15 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm §§ 26 Abs 1, Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX besteht nicht, da ein berufsbedingter Mehrbedarf, der über die allgemeine Hörgeräteversorgung hinausgeht, nicht vorhanden ist. Der Senat schließt dies aus der Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitgebers auf Bl 12 der Verwaltungsakte. Danach ist die Klägerin im K. in der Hauptabteilung Einkauf und Materialwirtschaft als Einkaufsassistentin eingesetzt. Sie ist mit der Abwicklung von Einkaufsfragen und Kontakten mit Lieferanten und internen Kunden beauftragt. Dies erfolgt in erster Linie neben dem üblichen Schriftverkehr durch Telefonate, weswegen der Arbeitgeber ein gutes und exaktes Hörvermögen dringend für erforderlich erachtet. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl 13.12.2011, L 11 R 5774/09, juris, anhängig BSG B 13 R 3/12 R) beinhalten jedoch Telefonate mit Lieferanten, Mitarbeitergespräche auch in Gruppen bzw Meetings sowie wichtige Kundengespräche keine Anforderung an das Hörvermögen, die nicht auch im privaten Alltag zu bewältigen sind. Die höherwertige Hörgeräteversorgung ist daher nicht ausschließlich infolge der beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen unerlässlich (vgl BSG, 21.08.2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 7; 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19). Eine besondere und ausschließlich berufliche Betroffenheit, welche einen weitergehenden Anspruch nach § 15 Abs 1 SGB IX iVm § 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6, 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX begründen könnte, besteht somit nicht.
Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (18.10.2012, Az 5 C 21/11, Sozialrecht aktuell 2013, 88-92) erfolgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts. Danach können in dem Fall, in dem eine Behörde nicht rechtzeitig oder nicht in einer der vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entscheidet, an deren Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden, nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Die Beigeladene hat zwar fehlerhaft den Prüfungsumfang des Leistungsanspruches der Klägerin verkannt. Ihr steht jedoch bezüglich des Leistungsumfanges nach dem SGB V kein derartiger, nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, sodass bereits aus diesem Grund die dargestellte Rechtsprechung nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist. Zudem kann die fehlerhafte Handhabung der Prüfung des Leistungsanspruches durch die Beigeladene nicht zu einer Ausweitung des gesetzlichen Leistungsspektrums führen.
Eine Verurteilung der Beigeladenen zur Übernahme der Kosten über den bewilligten Festbetrag hinaus kommt danach nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin (zwei digitale Hörgeräte Modell K.epoq Ex XW titan/platin) in Höhe von 4.340 EUR.
Die im Jahr 1949 geborene Klägerin ist beim beklagten Rentenversicherungsträger renten- und seit 01.07.2008 bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert. Sie leidet an einer beidseitigen Hochtonschwerhörigkeit und trägt seit dem Jahr 2002 Hörgeräte. Eine einseitige oder beidseitige an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit besteht nicht. Seit Dezember 1991 ist sie als Einkaufssachbearbeiterin in der Hauptabteilung Einkauf und Materialwirtschaft des K. I. für T. (K.) tätig und dort zuständig für Einkaufsanfragen sowie Kontakte sowohl mit Lieferanten als auch mit internen Kunden und Anforderungsstellen. Die Kontakte erfolgen nach innen und außen neben dem üblichen Schriftverkehr in erster Linie telefonisch. Seit 1990 ist jeder Monat mit Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung belegt.
Der behandelnde Vertragsarzt verordnete der Kläger im Januar 2009 eine Hörhilfe rechts und links. Damit suchte die Klägerin einen Hörgeräteakustiker (Firma K. Hörgeräte) auf. Die Firma K. übersandte am 30.01.2009 eine Versorgungsanzeige über eine beidohrige Folgeversorgung an die Beigeladene. Diese bewilligte am 02.02.2009 zwei Hörgeräte zum Festbetrag abzüglich des Eigenanteils der Klägerin (20,00 EUR). Am 12.02.2009 fertigte der Hörgeräteakustiker ein Tonaudiogramm links und rechts sowie ein Sprachaudiogramm an und am 27.03.2009 wurden der Klägerin erstmals die von ihr dann später erworbenen Hörgeräte K.epoq Ex XW angepasst und von ihr bis November 2010 getestet. Die von der Firma K. zum Festbetrag angebotenen Hörgeräte K.assistsPro HS wurden lediglich am 04.05.2010 zur Durchführung von Sprachverständlichkeitsmessungen im Fachgeschäft der Firma K. ausprobiert (Hörprotokoll vom 04.05.2010).
Am 25.02.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag, die Kosten für die Anschaffung von Hörgeräten zu übernehmen, da sie ohne Hörgeräte ihren Arbeitsplatz verlieren würde. Dem Antrag fügte sie ein Tonaudiogramm vom 12.02.2009 bei. Auf Anforderung der Beklagten übersandte die Klägerin zwei Anpassberichte über die Anpassung der Hörgeräte K.assistaPro HS sowie K.epoq Ex XW titan/platin. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 06.05.2009 ab und führte zur Begründung aus, dass ein höherwertiges Hörgerät für besondere Höranforderungen im Berufsbild der Einkaufssachbearbeiterin nicht erforderlich sei. Zum Ausgleich der Hörminderung sei die Versorgung mit geeigneten Hörgeräten durch die Krankenversicherung ausreichend. Den hiergegen am 14.05.2009 eingereichten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2009 zurück.
Die Klägerin hat am 14.08.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.
Die Betriebsärzte des K. haben am 01.02.2010 auf Anforderung des SG eine Stellungnahme abgegeben. Darin haben Dr. List und Dr. S. ausgeführt, dass die Klägerin seit 2001 mit einem Hörgerät der Marke K. H 389 beige beidseits versorgt gewesen sei. Es habe sich um ein Hinter-dem-Ohr (HdO)-Gerät mit normalen Schallschlauch und angepasstem Ohrpassstück gehandelt. Die Verständlichkeit im Störschall (55dB) bei stereophoner Anpassung habe nach Abschluss der Versorgung 80 % im Vergleich zur einseitigen Anpassung (rechts) von 65 % betragen. Die Verständlichkeit ohne Hörgeräte habe bei 60 %, mit Hörgeräte bei 90 % betragen. Die Messung sei im schallgedämmten Raum erfolgt. Die Besonderheiten des Hörens bei der Tätigkeit der Klägerin wie Konzentration über lange Zeit, Verfremden von Stimmen am Telefon, gehäufte Rückkopplungen der Hörgeräte, schlechte Belüftung der Ohren sowie Umgebungs- und Störschall machten eine Versorgung mit Hörgeräten notwendig, die diesbezüglich besondere Ausstattungsmerkmale bieten. Das derzeit auf Probe getragene Hörgerät K.epoq Ex XW titan/platin beidseits mit offenem Hörschlauch zeige für diese Tätigkeit große Vorteile. Der Raumklang werde besser, der Verschlusseffekt falle weitgehend weg und die Nebengeräusche könnten vom Gehirn besser als Nebengeräusche erkannt und verdrängt werden. Auch seien die Geräte mit einer Telefonspule ausgestattet. Die Klägerin docke direkt am Telefon an. Der Schallweg werde verkürzt und die Hörqualität optimiert. Aufgrund einer deutlichen Hörverschlechterung betrage die Sprachverständlichkeit der Klägerin ohne Hörgeräte nur noch 20 %, jedoch mit dem neuen Hörgerät 95 %. Die Verständlichkeit im Störschall habe sich um 20 % gebessert. Sie habe direkt nach Anpassung bei 95 % gelegen. Im Verlauf sei die Klägerin auf 100 % gekommen. Die Klägerin arbeite in Vollzeit und die Versorgung mit den begehrten Geräten sei auch zur Vermeidung von Folgeerkrankungen in Anbetracht des Gesamthörverlustes notwendig. Für den privaten Bereich seien Hörgeräte mit dieser Ausstattung nicht zwingend notwendig.
Auf Anforderung des SG hat die Firma K. Hörgeräte Anpassberichte der Festbetragsgeräte mit und ohne Störschall übersandt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 26-29 der SG-Akte verwiesen.
Mit Beschluss vom 14.01.2011 hat das SG die gesetzliche Krankenkasse der Klägerin zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 30.03.2011 ausgeführt, dass nachweislich keine hochgradige bis an Taubheit grenzende Hörbehinderung vorliege. Sie sei daher als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V nur für die vertraglich festpreisgeregelte Hörgeräteversorgung zuständig. Da sie zu keinem Zeitpunkt über eine Versorgung mit Hörgeräten der Klägerin Kenntnis gehabt habe, sei eine Zusage über die kassenübliche Versorgung nicht möglich.
Am 30.11.2010 hat die Klägerin sowohl eine "Erklärung zu Mehrkosten" als auch eine "Empfangsbestätigung" über den Erhalt der streitgegenständlichen Hörgeräte unterschrieben. Die Firma K. stellte am 07.12.2010 eine Rechnung über die Hörgeräte (einschließlich Hörschlauch-System und Reparaturkostenpauschale) aus. Darin verlangt sie von der Klägerin abzüglich des von der Beigeladenen zu tragenden Festbetrags noch 4.373,20 EUR. Die Klägerin zahlte den von ihr geforderten Betrag von 4.373,20 EUR am 29.12.2010, die Beigeladene überwies ihren Anteil in Höhe von 1.192,80 EUR am 26.01.2011 an die Firma K ...
Das SG hat mit Urteil vom 12.10.2011 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Aufwendungen der Klägerin zur Anschaffung der digitalen Hörgeräte laut Rechnung vom 07.12.2010 in Höhe von 4.340 EUR zu erstatten und zur Begründung ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch § 15 Abs 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sei. Die Beklagte habe rechtswidrig gehandelt, als sie den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer höherwertigen Hörgeräteversorgung abgelehnt habe. Es habe sich bei der beantragten Leistung zwar nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 9 ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gehandelt, die Beklagte sei jedoch verpflichtet gewesen, die Leistung als erstangegangener Rehabilitationsträger nach den Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts zu erbringen. Die Versorgung mit dem digitalen Hörgerät sei aus beruflichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin benötige die digitalen Hörgeräte, da sie Verständigungsschwierigkeiten beim Telefonieren und bei Gruppengesprächen habe. Nach ihren Angaben traten diese Hörschwierigkeiten jedoch auch bei Telefonaten und Gruppengesprächen im privaten Bereich auf. Es habe somit keine Notwendigkeit bestanden, die Hörhilfe ausschließlich aus beruflichen Gründen anzuschaffen. Da die Beklagten den Antrag jedoch nicht innerhalb der zwei Wochenfrist an die Beigeladene weitergeleitet habe, sei sie verpflichtet gewesen, den Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen und somit auch nach Krankenversicherungsrecht zu prüfen. Nach § 12 Abs 2 SGB V erfülle die Krankenkasse ihre Leistungspflicht zwar mit dem Festbetrag, wenn hierfür einer festgesetzt worden sei. Es bestehe jedoch im vorliegenden Fall darüber hinaus ein Anspruch auf Erstattung der vollen Aufwendungen, da der Festbetrag die erforderliche Versorgung nicht abdecke. Die Versorgung mit dem geprüften Festbetragsgerät habe eine Verständlichkeit von lediglich 70 % ergeben, wohingegen das von der Klägerin angeschaffte Hörgerät eine Verständlichkeit von 95 % ermögliche. Der behinderungsbedingte Ausgleich werde somit nur über das zweitgenannte Hörgerät erreicht. Es habe sich auch nicht nur um eine geringfügige Verbesserung der Funktionalität gegenüber dem Festbetragshörgerät gehandelt. Weder die Beklagte noch die Beigeladene hätten ein alternatives Hörgerät zum Festpreis benennen können, das eine vergleichbare Hörverbesserung ermöglicht habe. Die Beigeladene habe selber zum Ausdruck gebracht, dass sämtliche Versicherte mit einer vergleichbaren Hörschädigung wie bei der Klägerin eine entsprechende Hörverbesserung nur mit digitalen Hörgeräten erreichen könnten.
Die Beklagte hat gegen das am 18.11.2011 zugestellte Urteil am 29.11.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass bei der Anwendung des § 14 SGB IX übersehen worden sei, dass es eine Entscheidung des zuständigen Trägers bereits gebe und dass andere Sozialleistungsträger diese Entscheidung mangels Überprüfungskompetenz immer übernehmen müssten. Die Beklagte habe daher als erstangegangener Träger nur über ihre eigene Leistungsverpflichtung zu befinden und ggfs eine Entscheidung der zuständigen Krankenkasse einzuholen. Diese inhaltliche Entscheidung der Beigeladenen liege vor und biete keine Grundlage, die Beklagte statt der Beigeladenen zu verurteilen. Das SG habe festgestellt, dass die Klägerin mit einem Festbetragshörgerät nicht ausreichend versorgt sei, sondern nur mit dem von ihr angeschafften Hörgerät. Die Beigeladene könne sich auf eine nicht ausreichende Festbetragsversorgung jedoch nicht zurückziehen, denn generell begrenze die Festbetragsversorgung nicht den individuellen Krankenversicherungsanspruch. Ob die Beigeladene im vorliegenden Fall ihre Leistungspflicht erfüllt habe, obliege nicht der Beurteilungskompetenz der Beklagten. Das vom SG erreichte Ergebnis in Form der Verurteilung des nicht zuständigen und nicht fehlerhaft handelnden Leistungsträgers für den aus Sicht des SG zuständigen fehlerhaft agierenden Trägers, trage nicht zur Transparenz der Leistungspflichten verschiedener Sozialleistungsträger bei, weil es eine rein formale zufällige Zuständigkeit nach Antragstellung der inhaltlichen Richtigkeit vorziehe und dies obwohl Sinn und Zweck des § 14 SGB IX eine schnelle Zuständigkeitserklärung nur am Anfang des Verfahrens für den Versicherten Vorteile bringen könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.10.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Beklagte Inhalt und Regelungsweg der Vorschrift des § 14 SGB IX verkenne. Es komme überhaupt nicht darauf an, warum sich die Klägerin an die Beklagte und nicht an die Beigeladene gewandt habe, da ein Antrag bei der Beklagten eingegangen sei. Der Vortrag der Beklagten, die Beigeladene habe eine ablehnende Entscheidung getroffen, sei unzutreffend, da es eine solche nicht gebe und die Beklagte hieran nicht gebunden sei. Im Rahmen des § 14 SGB IX bestehe daher für die Beklagte ein eigenes Bewertungsrecht, unabhängig von der Auffassung der Beigeladenen. Nachdem die Beklagte den Leistungsantrag auf Gewährung der Hörhilfe nicht innerhalb der Frist des § 14 SGB IX weitergeleitet habe, sei sie zum zuständigen Rehabilitationsträger nicht nur im Rahmen des SGB VI, sondern auch unter Berücksichtigung sämtlicher Leistungsnormen des Sozialgesetzbuches geworden. Schließlich habe die Beklagte auch einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen nach § 14 Abs 4 SGB IX. Auch sei es nicht Sinn und Zweck des § 14 SGB IX eine Transparenz darzustellen, sondern eine schnelle Zuständigkeitsklärung zu erhalten.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beigeladene hat mitgeteilt, dass sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt an sie gewandt habe. Der Beigeladenen sei lediglich eine Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers vom 30.01.2009 übersandt worden. Daraufhin sei am 02.02.2009 eine Versorgung in Höhe der Festbeträge von insgesamt 1.192,80 EUR genehmigt und an den Hörgeräteakustiker überwiesen worden. Ein Bescheid hierzu gebe es nicht. Da der Beigeladenen nicht bekannt gewesen sei, dass die Klägerin Hörgeräte über den Festbetrag hinaus beanspruche, habe insoweit keine Prüfung seitens der Beigeladenen stattgefunden.
Am 17.08.2012 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts stattgefunden. Die Klägerin hat dort erklärt, dass sie nach der Hörgeräte - Verordnung Anfang 2009 im wöchentlichen Rhythmus verschiedene Geräte, angefangen bei analogen Geräten bis hin zu dem jetzt getragenen und gekauften Gerät, getestet habe. Nachdem sie das jetzt getragene Gerät getestet habe, habe sie bemerkt, dass sie am Telefon, im Büro und bei Ansprachen alles gut verstehen könne. Mit den anderen Geräten bzw ohne Hörgerät habe sie am Telefon nicht alles verstanden und auch infolgedessen Fehler gemacht. Im Großraumbüro habe sie nicht gewusst, wann sie angesprochen werde. Mit den anderen Geräten habe sie auch Kopfschmerzen bekommen. Sie sei sich nicht sicher, ob sie ein digitales Gerät zum Festbetrag angeboten bekommen habe. Beim jetzigen Gerät spüre sie so gut wie nichts. Bei den anderen Geräten sei es vorgekommen, dass wenn die Einlage zu tief im Ohr drin war, sie Dinge gehört habe, die nicht vorhanden gewesen seien. Auch habe sie immer das Gefühl gehabt, einen dicken Kopf zu bekommen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 40 bis 41 der Berufungsakte verwiesen.
Die Firma K. Hörgeräte hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 21.09.2012 mitgeteilt, dass zum Festbetrag das digitale Hörgerät K.assistaPro HS getestet worden sei. Der bei der Klägerin vorliegende Hörverlust, insbesondere das Verstehen in größeren Räumen und bei Umgebungsgeräuschen könne auch mit Hörgeräten zum Festbetrag ausgeglichen werden. Die Möglichkeit, diese Situation mit Hörgeräten zum Festbetrag zu testen, sei von der Klägerin nicht wahrgenommen worden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 56-67 der Berufungsakte verwiesen.
Der Senat hat die behandelnde Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. D. M. als sachverständige Zeugin schriftlich vernommen. Dr. D. M. hat am 23.10.2012 mitgeteilt, dass die erste Hörgeräteversorgung 2002 erfolgt sei. Es liege eine beidseitige Hochtonschwerhörigkeit, jedoch keine einseitige bzw beidseitige an Taubheit grenzende Hörschädigung vor. Ein analoges Hörgerät genüge für die Versorgung der Klägerin nicht, da die analoge Versorgung nicht mehr den Hilfsmittelrichtlinien entspreche. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 76-80 der Berufungsakte verwiesen.
Die Firma K. Hörgeräte hat mit Datum vom 12.03.2013 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und ausgeführt, dass alle getesteten Hörgeräte geeignet seien, den vorliegenden Hörverlust in ausreichendem Maße auszugleichen.
Die Mitarbeiterin F. der Firma K. Hörgeräte hat in einer schriftlichen Zeugenvernehmung durch den Senat am 25.04.2013 mitgeteilt, dass die Klägerin die Hörgeräte K.epoq Ex XW und K.assistaPro HS getestet habe und dass beide Versorgungen geeignet gewesen seien, den damals vorhandenen Hörverlust ausreichend zu kompensieren.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Kosten für die Anschaffung der digitalen Hörgeräte in Höhe von 4.340 EUR zu übernehmen. Nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene war für die Versorgung der Klägerin als erstangegangener Rehabilitationsträger zuständig. Der Bescheid vom 06.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 ist daher wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig. Eine Verurteilung der Beigeladenen scheitert jedoch daran, dass ein über die bereits bewilligten Festbeträge hinausgehender Versorgungsanspruch der Klägerin nicht besteht.
I.
Der beklagte Rentenversicherungsträger ist nicht nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX erstangegangener Rehabilitationsträger und daher für die Prüfung des Leistungsanspruches der Klägerin nicht zuständig.
Werden gemäß § 14 Abs 1 SGB IX Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt.
Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs 2 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Muss für diese Feststellung ein Gutachten nicht eingeholt werden, entscheidet der Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die in Satz 2 genannte Frist beginnt mit dem Eingang bei diesem Rehabilitationsträger. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Kann der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 sein, klärt er unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der Fristen nach den Sätzen 2 und 4 entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
Nach der Rechtsprechung des BSG (24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19) bleibt die Krankenkasse in dem Fall, in dem sie auf einen Leistungsantrag zur Hilfsmittelversorgung nur einen Festbetrag bewilligt, als erstangegangener Rehabilitationsträger verpflichtet zu prüfen, ob ein anderer Rehabilitationsträger die Mehrkosten zu übernehmen hat. Erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Bindungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsaktes abschließt (vgl § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird.
Die Übergabe der vertragsärztlichen Hörgeräteversorgung an den Hörgeräteakustiker und die Weiterleitung an die zuständige Krankenkasse ist als maßgebliche Antragstellung im Sinne des § 14 SGB IX anzusehen. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass die Versorgungsanzeige allein Bestandteil der Innenkommunikation zwischen Leistungserbringer und Kasse zur Gewährung einer Sachleistung ist, durch die im Wesentlichen die Mitgliedschaft des Versicherten geklärt wird (vgl BSG aaO sowie Landessozialgericht Baden-Württemberg 20.08.2013, L 13 R 2607/10, juris). Dies gilt auch für den Fall, dass lediglich ein Datenauszug existiert, der - ohne jede weitere Überprüfung des Leistungsfalles - die Bewilligung eines Hörgerätes zum Festbetrag dokumentiert.
Gemessen an diesen Vorgaben war im vorliegenden Fall nicht die Beklagte, sondern die Beigeladene erstangegangener Rehabilitationsträger nach § 14 SGB IX. Die Firma K. Hörgeräte hat am 30.01.2009 der Beigeladenen eine Versorgungsanzeige übersandt. Die Beigeladene hat mit Datum vom 02.02.2009 eine Versorgung in Höhe der Festbeträge genehmigt. Dies geht aus der mit Datum vom 21.09.2012 von der Firma K. übersandten Versorgungsanzeige (Bl 58 der Berufungsakte) sowie der Stellungnahme der Beigeladenen vom 08.10.2012 gegenüber dem Senat hervor. Der Leistungsantrag bei der Beklagten ist jedoch nachweislich des Eingangsstempels auf dem Antragsschreiben vom 20.02.2009 erst am 25.02.2009 beim beklagten Rentenversicherungsträger gestellt worden.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Antragstellung auf die bestmögliche Hörgeräteversorgung gerichtet. Eine Aufspaltung in zwei separate Leistungsanträge (auf Bewilligung des Festbetrages und auf über den Festbetrag hinausgehende "Premium-Versorgung") scheidet danach aus. Die Beigeladene kann sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sich die Klägerin selbst zu keinem Zeitpunkt an sie gewandt habe. Das BSG (24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, aaO) hat hierzu ausgeführt, dass, wenn sich ein Rehabilitationsträger seiner leistungsrechtlichen Verantwortung durch sog "Verträge zur Komplettversorgung" nahezu vollständig entziehe und dem Leistungserbringer quasi die Entscheidung darüber überlasse, ob dem Versicherten eine Teilhabeleistung (wenn auch nur zum Festbetrag) zu Teil werde, er weder seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Einzelfallprüfung nach § 33 SGB V erfülle, noch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 12 Abs 1 und § 17 Abs 1 Satz 2 SGB V befolge. Wer sich der Pflicht zur Antragsentgegennahme nach § 16 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verweigere, könne sich nicht darauf berufen, es sei bei ihm kein Antrag gestellt worden. Auch in der Fallgestaltung, die vom BSG entschieden wurde, konnten von der Beigeladenen bis auf den Datenauszug mit dem Bewilligungsvermerk keinerlei nachprüfbare Unterlagen hinsichtlich der Prüfung des Umfangs der begehrten und bewilligten Versorgung vorgelegt werden. Das BSG hat diese Praxis im Umgang mit dem Leistungsrecht des SGB V für nicht mehr akzeptabel erachtet. Es ist daher irrelevant, ob der Beigeladenen bekannt war, dass Hörgeräte über den Festbetrag hinaus erworben werden sollten und sie insoweit eine Prüfung nicht für erforderlich hielt. Die auch von der Beigeladenen im vorliegenden Fall praktizierte Handhabung genügt nicht der umfassenden Prüfung eines Leistungsanspruches, sodass die Beigeladene mit dem Einwand, dass lediglich der Festbetrag bei ihr beantragt worden sei, nicht durchzudringen vermag. Die Beigeladene ist als erstangegangener Rehabilitationsträger zur umfassenden Prüfung nach Maßgabe des Leistungsrechts des Sozialgesetzbuches insbesondere des SGB V und des SGB VI verpflichtet.
Nachdem die Beigeladene den Antrag der Klägerin nicht innerhalb von zwei Wochen ab dessen Eingang weitergeleitet hat, oblag es ihr, unverzüglich den Rehabilitationsbedarf der Klägerin festzustellen. Im Verhältnis zwischen dem erstangegangenen Träger und dem Leistungsberechtigten ist also der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen. Darüber hinaus verlieren alle anderen Träger innerhalb des durch den Leistungsantrag ausgelösten Verwaltungsverfahrens ihre Zuständigkeit für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen, was wiederum zur Folge hat, dass eventuell ergangene Bescheide wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben sind. Die Beklagte war somit zur Entscheidung über den Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten als Leistung zur Teilhabe nicht mehr befugt. Der Bescheid vom 06.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 ist daher wegen sachlicher Unzuständigkeit rechtswidrig (vgl hierzu auch BSG, 20.10.2009, B 5 R 5/07 R, juris). Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils hat in der Folge bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 06.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2009 Bestand, da die Bescheide - wenn auch aus einem anderen Grund als vom SG angenommen - rechtswidrig sind. Insoweit war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Da es in diesem Teil beim erstinstanzlichen Urteilsausspruch verbleibt, liegt keine der Beklagten nachteilige Änderung des SG - Urteils im Sinne eines Verstoßes gegen das Verbot der reformatio in peius (vgl hierzu Leitherer in Meyer - Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a) vor. Dieser Grundsatz ist nicht verletzt, wenn das LSG aufgrund einer vom SG abweichenden Einzelbewertung letztlich doch zum selben Ergebnis kommt (BSG, 30.04.1958, 10 RV 99/56, BSGE 7,178).
II.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beigeladene auf Erstattung der Kosten für die Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten über den bereits geleisteten Festbetrag hinaus. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus der Zuständigkeit der Beigeladenen als Krankenversicherungsträger gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V iVm § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V noch aus der Zuständigkeit der Beigeladenen als Rehabilitationsträger nach den § 15 Abs 1 SGB IX iVm §§ 9, 10, 11, 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 1, Abs 2 Nr 6 und 31 SGB IX.
Einer Verurteilung der Beigeladenen steht nicht entgegen, dass die Klägerin sich gleich danach an die Beklagte gewandt hat. Stellt ein Versicherter unmittelbar nach Kenntniserlangung von der Entscheidung der Krankenkasse, für ein beantragtes aufwendiges Hilfsmittel nur den Festbetrag zu zahlen, bei einem anderen Rehabilitationsträger einen gleichartigen Leistungsantrag, liegt darin in der Regel zugleich ein Widerspruch gegen die Ablehnung der Übernahme der Mehrkosten, die die Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger zumindest dann gegen sich gelten lassen muss, wenn sie der Ablehnungsentscheidung keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat (BSG, 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Festbetrag gezahlt, ohne hierüber eine schriftliche Entscheidung gegenüber der Klägerin zu erlassen. Die Klägerin hat jedoch in Kenntnis der auf den Festbetrag begrenzten Bewilligung durch die Beigeladene, den darüber hinaus für die höherwertige Versorgung anfallenden Betrag bei der Beklagten beantragt. Ihr war daher bekannt, dass die Beigeladenen die Kosten nicht in voller Höhe übernimmt. Der Leistungsantrag bei der Rentenversicherung am 26.02.2009 ist insoweit als Widerspruch gegen die Begrenzung der Bewilligung der Zahlung auf den Festbetrag zu sehen. Es liegt ein einheitliches Verwaltungsverfahren vor, welches mit der Anzeige der Versorgung des Hörgeräteakustikers gegenüber der Krankenkasse begonnen hat und durch den Widerspruch in Form des Antrags der Klägerin beim beklagten Rentenversicherungsträger auf höherwertige Geräteversorgung noch nicht bestandskräftig abgeschlossen ist (vgl hierzu BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19 sowie LSG Baden-Württemberg 20.08.2013 L 13 R 2607/10, juris). Der fehlende Abschluss des Widerspruchsverfahrens hindert eine Verurteilung der Beigeladenen grundsätzlich nicht (vgl Leitherer in Meyer/Ladewig/Keller-Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz 10. Auflage 2012, § 75 Rdnr 18b).
Die Beigeladene hat mit der Bewilligung einer beidseitigen Versorgung mit zum Festbetrag erhältlichen digitalen Hörgeräten in Höhe von 1.192,80 EUR den der Klägerin nach dem SGB V zustehenden Leistungsanspruch erfüllt.
Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Die in § 33 SGB V enthaltenen Ausnahmetatbestände ("soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind") sind hier nicht einschlägig. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge sind Hörgeräte grundsätzlich erforderlich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, weil es nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2). Begrenzt ist dieser Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes hat der Gesetzgeber auch im Bereich der Hilfsmittelversorgung mit § 36 SGB V eine Festbetragsregelung eingeführt. Dadurch wird die Leistungspflicht der Krankenkasse (und mittelbar auch des Rentenversicherungsträgers) begrenzt. Zwar muss die Krankenkasse nach § 33 Abs 7 SGB V die mit den Hörgeräteakustikern vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Für Hilfsmittel, für die - wie vorliegend für Hörgeräte - ein Festbetrag festgesetzt wurde, können jedoch nach § 127 Abs 4 SGB V vertraglich keine höheren Preise als die Festbeträge vereinbart werden. Eine Festbetragsfestsetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG nur dann nicht rechtmäßig, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Objektiv ausreichend ist der Festbetrag, wenn die Vergütung - von atypischen Ausnahmen abgesehen - die erforderliche Versorgung prinzipiell jedes betroffenen Versicherten abdeckt. Die Krankenkasse ist deshalb nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ausnahmsweise Anlass zur Versorgung mit Hilfsmitteln ohne Festbetragsbindung besteht (BSG 17.12.2009, aaO).
Die Klägerin leidet an einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Der Senat entnimmt dies der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. D. M. vom 23.10.2012. Es besteht damit kein Zweifel, dass die Klägerin eine Hörgeräteversorgung benötigt. Es liegt jedoch keine einseitige bzw beidseitige an Taubheit grenzende Hörschädigung vor.
Die Versorgung der Klägerin mit einem digitalen Hörgerät zum Festbetrag, vorliegend dem getesteten Gerät K.assistaPro HS, ist zum Ausgleich der Hörbehinderung ausreichend. Der Senat schließt dies aus der sachverständigen Zeugenaussage der Hörgeräteakustikerin F. sowie des Mitarbeiters O. der Firma K. Hörgeräte vom 12.03.2013. Durch die Versorgung mit dem digitalen Festbetragshörgerät konnte eine Verbesserung der Verständlichkeit des Sprachverstehens um 50 % erzielt werden. Die Verständlichkeit im Störfall konnte durch die Stereophone Versorgung um 10 % verbessert werden. Auch wenn sich mit dem von der Klägerin angeschafften Hörgerät K.epoq Ex XW möglicherweise noch optimalere Ergebnisse erzielen lassen, ist das digitale Hörgeräte zum Festbetrag nach den Aussagen der Hörgeräteakustikerin F. und des Mitarbeiters der Firma K. Ö. gleichermaßen geeignet, den Hörverlust in ausreichendem Maß auszugleichen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2) ist Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleiches hörbehinderter Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die nach dem Stand der Hörgerätetechnik jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Der so umrissene Anspruch ist jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V begrenzt. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwendige Versorgung dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn eine nur geringfügige Verbesserung des Gebrauchsnutzens einem unverhältnismäßig einzuschätzenden Mehraufwand gegenübersteht.
Gemessen an diesen Kriterien hat die Beklagte vorliegend mit der Bewilligung des digitalen Hörgerätes zum Festbetrag ihrer Leistungspflicht auch im Hinblick auf den Behinderungsausgleich Genüge getan. Nach Aussage des Hörgeräteakustikers waren im vorliegenden Fall beide Hörgeräte gleichermaßen geeignet, den Hörverlust ausreichend auszugleichen. Die Klägerin hat im Erörterungstermin am 17.08.2012 ausgeführt, dass die Testungen mit analogen Geräten nicht zufriedenstellend verlaufen seien. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob ihr ein digitales Gerät zum Festbetrag angeboten wurde. Insofern ist nicht gesichert, dass sich die von ihr geschilderten Vorteile des angeschafften Geräts gegenüber den Festbetragsgeräten auch auf das digitale Festbetragsgerät beziehen. Angesichts der widersprüchlichen Aussage über die Frage, ob das Gerät K.assistaPro HS tatsächlich im gleichen Umfang und unter gleichen Bedingungen getestet wurde wie das angeschaffte Gerät, ist ein wesentlicher Gebrauchsvorteil des angeschafften Geräts K.epoq Ex XW gegenüber dem Festbetragsgerät K.assistaPro HS nicht unter allen Testbedingungen zur Überzeugung des Senats dargelegt. Zu beachten ist auch, dass die Aussage der Klägerin im Erörterungstermin vom 17.08.2012, dass sie bei dem angeschafften Gerät so gut wie nichts spüre und dies bei den anderen Geräten anders gewesen sei, in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung betreffen. Dies vermag jedoch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit dem höherwertigen Hörgerät nicht zu begründen.
Ein Anspruch der Klägerin auf ein Hörgerät ohne Festbetragsbindung als Leistung der medizinischen Rehabilitation nach den §§ 9, 10, 11, 15 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm §§ 26 Abs 1, Abs 2 Nr 6 und § 31 SGB IX besteht nicht, da ein berufsbedingter Mehrbedarf, der über die allgemeine Hörgeräteversorgung hinausgeht, nicht vorhanden ist. Der Senat schließt dies aus der Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitgebers auf Bl 12 der Verwaltungsakte. Danach ist die Klägerin im K. in der Hauptabteilung Einkauf und Materialwirtschaft als Einkaufsassistentin eingesetzt. Sie ist mit der Abwicklung von Einkaufsfragen und Kontakten mit Lieferanten und internen Kunden beauftragt. Dies erfolgt in erster Linie neben dem üblichen Schriftverkehr durch Telefonate, weswegen der Arbeitgeber ein gutes und exaktes Hörvermögen dringend für erforderlich erachtet. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl 13.12.2011, L 11 R 5774/09, juris, anhängig BSG B 13 R 3/12 R) beinhalten jedoch Telefonate mit Lieferanten, Mitarbeitergespräche auch in Gruppen bzw Meetings sowie wichtige Kundengespräche keine Anforderung an das Hörvermögen, die nicht auch im privaten Alltag zu bewältigen sind. Die höherwertige Hörgeräteversorgung ist daher nicht ausschließlich infolge der beruflichen Anforderungen an das Hörvermögen unerlässlich (vgl BSG, 21.08.2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 7; 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19). Eine besondere und ausschließlich berufliche Betroffenheit, welche einen weitergehenden Anspruch nach § 15 Abs 1 SGB IX iVm § 9, 15 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 6, 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX begründen könnte, besteht somit nicht.
Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (18.10.2012, Az 5 C 21/11, Sozialrecht aktuell 2013, 88-92) erfolgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts. Danach können in dem Fall, in dem eine Behörde nicht rechtzeitig oder nicht in einer der vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entscheidet, an deren Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden, nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Die Beigeladene hat zwar fehlerhaft den Prüfungsumfang des Leistungsanspruches der Klägerin verkannt. Ihr steht jedoch bezüglich des Leistungsumfanges nach dem SGB V kein derartiger, nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, sodass bereits aus diesem Grund die dargestellte Rechtsprechung nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist. Zudem kann die fehlerhafte Handhabung der Prüfung des Leistungsanspruches durch die Beigeladene nicht zu einer Ausweitung des gesetzlichen Leistungsspektrums führen.
Eine Verurteilung der Beigeladenen zur Übernahme der Kosten über den bewilligten Festbetrag hinaus kommt danach nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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