L 3 AL 2812/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 4914/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2812/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für die Zeit vom 10.05.2010 bis 13.06.2010 einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld hat.

Der 1967 geborene Kläger war seit dem 03.08.2009 bei der Firma H und T Großhandel versicherungspflichtig beschäftigt. Er bezog bis zur Aussteuerung am 10.03.2010 Krankengeld und sodann bis zum 16.04.2010 Lohnfortzahlung.

Am 06.05.2010 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Bei der Vorsprache am 06.05.2010 gab der Kläger ausweislich des Beratungsvermerks (Bl. 24 der SG-Akten) an, sein Arbeitsverhältnis bestehe derzeit ungekündigt fort, er sei noch arbeitsunfähig, habe jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld mehr, da er ausgesteuert sei. Es wurde ein Termin beim Vermittler zum 17.05.2010 vereinbart. Diesen nahm der Kläger nicht wahr.

Am 12.05.2010 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er sei ab dem 10.05.2010 unbefristet bei der H & T Großhandel beschäftigt.

Nachdem der Kläger den schriftlichen Antrag auf Arbeitslosengeld am 06.09.2010 bei der Beklagten eingereicht hatte, bewilligte ihm diese mit Bescheid vom 07.09.2010 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 06.05.2010 bis 09.05.2010 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 31,94 EUR.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.09.2010 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er sei ab dem 19.03.2010 krankgeschrieben gewesen. Nachdem ihm für sechs Wochen sein Lohn weitergezahlt worden sei, habe ihm seine Krankenkasse mitgeteilt, dass er ausgesteuert sei und er sich wegen Arbeitslosengeld bei der Agentur für Arbeit melden solle. Er habe dort am 06.05.2010 vorgesprochen, worauf hin ihm vom 06.05. bis 09.05.2010 Arbeitslosengeld bewilligt worden sei. Da er jedoch bis zum 13.06.2010 krankgeschrieben gewesen sei, hätte ihm auch bis zum 13.06.2010 Arbeitslosengeld bewilligt werden müssen. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass er mitgeteilt habe, er sei ab dem 10.05.2010 wieder gesund gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Kläger habe am 12.10.2010 telefonisch mitgeteilt, dass er ab 10.05.2010 wieder gesund sei und seine Tätigkeit an diesem Tage wieder aufgenommen habe. Daher sei die Wirkung der Arbeitslosmeldung zu diesem Zeitpunkt erloschen.

Hiergegen hat der Kläger am 24.09.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. Michalek vom 25.05.2011 vorgelegt. Dr. Michalek hat darin ausgeführt, der Kläger befinde sich seit 2008 in seiner nervenärztlichen Mitbehandlung. Er sei erneut am 19.03.2010 vom Hausarzt krankgeschrieben worden. Er - Dr. Michalek - habe den Kläger am 07.04. und 03.05.2010 gesehen. Am 03.05.2010 habe er einen Auszahlungsschein ausgestellt, d.h. die weitere Arbeitsunfähigkeit sei bestätigt und eine Endbescheinigung nicht ausgestellt worden, da er ihn noch weiter für arbeitsunfähig gehalten habe. Aus seiner Sicht sei der Kläger bis zum 13.06.2010 "krankgeschrieben" gewesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 29.05.2013 hat der Kläger angegeben, bei seiner Angabe im Antragsformular vom 06.05.2010, er sei nicht arbeitsunfähig krankgeschrieben, habe es sich um ein Versehen gehandelt. In der Zeit, in der er krankgeschrieben gewesen sei, sei er aufgrund seiner Depressionen zu nichts fähig gewesen.

Mit Urteil vom 29.05.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei im streitigen Zeitraum nicht verfügbar gewesen. Ein Anspruch nach § 125 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) alte Fassung (a.F.) bzw. § 145 SGB III in der ab dem 01.04.2012 geltenden neuen Fassung (n.F.), wonach die objektive Verfügbarkeit bei einer mehr als sechsmonatigen Minderung der Leistungsfähigkeit fingiert werde, liege nicht vor, da die Leistungsfähigkeit gerade nicht für mehr als sechs Monate, sondern nur vorübergehend für einen kürzeren Zeitraum gemindert gewesen sei.

Auch die Voraussetzungen des § 126 Abs. 1 SGB III a.F. bzw. § 146 Abs. 1 SGB III n.F., wonach der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht dadurch entfalle, dass der Arbeitslose während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig werde, lägen nicht vor. Denn die in dieser Norm geregelte Leistungsfortzahlung für sechs Wochen greife nur ein, wenn im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit bei deren Nichteintritt Arbeitslosengeld zu zahlen und auch weiter zu zahlen wäre. Der Kläger sei jedoch bereits im Zeitpunkt der Beantragung von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig gewesen, so dass bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden habe. Die Frage der objektiven Verfügbarkeit müsse nicht abschließend geklärt werden, da der Kläger jedenfalls subjektiv nicht verfügbar gewesen sei. Nach seinem eigenen Vortrag sei er in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu keiner Arbeit im Stande gewesen. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen einer Falschberatung geltend gemacht werden. Offenbleiben könne, ob aus einer etwaigen Fehlberatung der Beklagten ein Schadensersatzanspruch des Klägers resultiere, da ein solcher gemäß Artikel 34 Satz 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 71 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ausschließlich vor dem Landgericht geltend zu machen sei.

Gegen das am 13.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.07.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte habe fehlerhaft gehandelt, da sie ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass für ihn im Krankheitsfall die kommunale Arbeitsförderung und nicht die Agentur für Arbeit zuständig sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2010 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 10. Mai 2010 bis 13. Juni 2010 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld habe im streitigen Zeitraum nicht bestanden, da der Kläger weder objektiv noch subjektiv verfügbar gewesen sei. Auch ein Beratungsfehler liege nicht vor. Zum einen habe der Kläger den schriftlichen Arbeitslosengeldantrag vom Mai 2010 erst im September 2010 abgegeben. Zum anderen habe sie aufgrund der telefonischen Mitteilung vom 12.05.2010 keinen Anlass gehabt, den Kläger auf eventuelle Ansprüche nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinzuweisen. Zwischen dem 12.05.2010 und einer erneuten Antragstellung Ende Juli 2010 habe der Kläger keinen weiteren Kontakt mit ihr aufgenommen, so dass sie von der Richtigkeit der Abmeldung zum 10.05.2010 habe ausgehen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten beider Rechtszüge sowie die Beklagtenakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, denn das vom Kläger geltend gemachte Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10.05.2010 bis 13.06.2010 mit einem Leistungssatz von täglich 31,94 EUR übersteigt den Betrag von 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Maßgeblich hierfür ist nicht allein die in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten genannte Begründung, der Kläger habe sich in Arbeit abgemeldet. Ein Anspruch auf die beantragte Leistung besteht vielmehr nur dann, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen - deren Vorliegen durch das Gericht zu prüfen ist - erfüllt sind.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III a.F. voraus, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Nach § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III a.F. steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Der Kläger war bereits im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 06.05.2010 arbeitsunfähig erkrankt. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus der von Dr. Michalek am 25.05.2011 ausgestellten Bescheinigung, wonach sich der Kläger bei diesem am 03.05.2010 vorgestellt hatte und Dr. Michalek daraufhin die weitere Arbeitsunfähigkeit bestätigt hatte. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bezog sich auch nicht nur auf seine zuletzt bei der Firma H & T Großhandel ausgeübte Tätigkeit, sondern auf alle für ihn in Betracht kommenden Tätigkeiten. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben, in den Zeiten, in denen er krankgeschrieben gewesen sei, sei er aufgrund seiner Depressionen zu nichts fähig gewesen.

Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe es schuldhaft unterlassen ihn darauf hinzuweisen, dass er Leistungen nach dem SGB II oder Sozialhilfe beantragen müsse, vermag dies den geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosengeld, über den im vorliegenden Verfahren ausschließlich zu entscheiden ist, nicht zu begründen. Denn auch eine unterlassene Beratung - für die vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben sind - vermag einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu begründen. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist vorliegend schon deshalb kein Raum, weil die fehlende objektive Verfügbarkeit des Klägers aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit auch bei einer zutreffenden Beratung vorgelegen und dem Anspruch auf Arbeitslosengeld entgegen gestanden hätte.

Ausweislich des Aktenvermerks über die Vorsprache des Klägers am 06.05.2010 hat dieser damals zwar mitgeteilt, er sei noch arbeitsunfähig. Nachdem er gesundheitliche Einschränkungen geltend gemacht hatte wurde ihm der Gesundheitsfragenbogen ausgehändigt, er wurde darauf hingewiesen, vollständige Angaben zu machen und den Fragebogen rechtzeitig zurückzugeben. Es wurde ein Termin beim Vermittler zum 17.05.2010 vereinbart. Selbst wenn der Kläger am 12.05.2010 mitgeteilt hätte, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei, hätte dies nicht unmittelbar die Verpflichtung der Beklagten begründet, den Kläger auf die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II hinzuweisen. Denn zu klären wäre zunächst gewesen, ob eine Leistungsgewährung im Wege der Gleichwohlgewährung nach § 125 SGB III a.F. in Betracht gekommen wäre. Eine entsprechende Abklärung war der Beklagten jedoch nicht mehr möglich, nachdem der Kläger die weiteren Termine bei der Beklagten nicht wahrgenommen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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