L 8 SB 1237/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 SB 8289/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1237/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Bei dem 1966 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt S. mit Bescheid vom 09.01.2003 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden den GdB mit 20 fest.

Am 01.03.2007 und mit Vordruck des Beklagten am 16.03.2007 beantragte der Kläger beim Landratsamt B. - Versorgungsamt in S. - (VA) die Neufeststellung eines höheren GdB sowie die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "G", "aG" und "RF". Der Kläger legte ein ärztliches Attest des Dr. Bre. vom 05.02.2007 vor.

Das VA zog medizinische Unterlagen bei (Auszug aus den medizinischen Daten des Dr. Bre. für die Zeit vom 02.01.2007 bis 28.03.2007; Befundberichte Dr. Kre. vom 19.01.2007, Diagnose: depressiver Erschöpfungszustand; Dr. St. vom 21.05.2006 und 26.12.2006, Diagnosen: Diarrhoe und Sodbrennen; Professor Dr. S. vom 19.05.2006, Diagnosen: kein Helicobacter-Nachweis, keine Malignität; Dr. Fi. vom 08.02.2006, Diagnose: Lumboischialgie; Dr. G. vom 24.11.2005, Diagnose: Lumboischialgie bei erheblicher Osteochondrose sowie Dr. Fr. vom 22.03.2006) und ließ diese durch den ärztlichen Dienst auswerten. In der gutachtlichen Stellungnahme vom 30.05.2007 schlug Dr. Ko. den GdB weiterhin mit 20 vor. Mit Bescheid vom 20.06.2007 entsprach das VA dem Neufeststellungsantrag des Klägers nicht und lehnte die Feststellung der beantragten Merkzeichen ab.

Hiergegen legte der Kläger am 16.07.2007 Widerspruch ein, mit dem er die Erhöhung des GdB auf 50 geltend machte. Der Kläger legte Atteste des Dr. Fr. vom 09.07.2007, Dr. Bre. vom 05.07.2007, Dr. St. vom 30.03.2007 und Dr. W. vom 16.01.2007 vor. Das VA holte die weitere gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, Dr. C. vom 07.10.2007, ein, in der wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, chronischem Schmerzsyndrom und psychovegetativen Störungen (Teil-GdB 20) sowie einer Verdauungsstörung und Allergie (Teil-GdB 20) der Gesamt-GdB mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Teil-Abhilfebescheid vom 19.10.2007 stellte das VA daraufhin beim Kläger den GdB mit 30 seit 16.03.2007 neu sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz seit 10.03.2007 fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2007 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 15.11.2007 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG), mit dem Ziel, den GdB auf mindestens 60 festzusetzen. Allein die im Teil-Abhilfebescheid berücksichtigten Gesundheitsstörungen rechtfertigten einen GdB von mindestens 60. Zudem habe sich sein Gesundheitszustand dahin verschlechtert, dass er sein linkes Bein nicht mehr richtig bewegen könne und er Taubheitsgefühle sowie Krämpfe in den Fingern habe.

Das SG hörte den Facharzt für Psychiatrie Dr. G. , den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Fr. sowie den Internisten Dr. Ber. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. G. teilte in seiner Stellungnahme vom 10.01.2008 den Behandlungsverlauf, den erhobenen Befund und die Diagnosen (depressive Episode, HWS-Syndrom) mit. Er stimmte der Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten hinsichtlich der seelischen Störung (Teil-GdB 20) zu und schätzte den Gesamt-GdB auf 40 ein. Dr. Fr. teilte in seiner Stellungnahme vom 08.01.2008 unter Vorlage von medizinischen Befundberichten den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (Bandscheibenvorwölbungen Lendenwirbelsäule mit Wurzelreiz, Lumboischialgien links) mit und schätzte hierfür den GdB auf 20 ein. Dr. Ber. teilte in seiner Stellungnahme vom 28.01.2008 unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen den Behandlungsverlauf und die erhobenen Befunde mit. Er stimmte auf internistischem Gebiet der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten zu und erachtete wegen der Bandscheibenproblematik eine Höherbewertung des GdB für angemessen.

Das SG holte (von Amts wegen) das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. P. vom 03.11.2008 ein. Er diagnostizierte auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet Anpassungsstörungen mit depressiv-dysphorischen Verstimmungen und Somatisierungsstörungen bei chronischem Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche funktionelle neurologische Ausfälle (Teil-GdB 20), sowie - fachfremd - Verdauungsstörungen bei Sprue und Allergie (Teil-GdB 20). Auf neurologischem Gebiet bestünden bei aggravierender Beschwerdedarstellung keine wesentlichen - mit den Beschwerden korrelierenden - funktionellen Ausfälle. Die diesbezüglichen Klagen seien als Somatisierung im Rahmen einer depressiven Anpassungsstörung einzuschätzen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit von Krankheitswert liege nicht vor. Im Vordergrund stehende Schmerzen seitens des Bewegungsapparates seien im Rahmen der Somatisierung subsumiert. Dr. P. schätzte den Gesamt-GdB auf 30 seit März 2007 ein.

Der Kläger erhob gegen das Gutachten des Dr. P. Einwendungen (Schriftsatz vom 20.01.2009). Hierzu nahm Dr. P. ergänzend zu seinem Gutachten Stellung (Stellungnahme vom 16.02.2009).

Weiter holte das SG (von Amts wegen) das orthopädische Gutachten des Dr. D. vom 30.03.2009 ein. Er diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet eine ganz endgradig eingeschränkte Rechts-Dreh-Beweglichkeit der Halswirbelsäule, eine endgradig eingeschränkte Rück-Neig-Beweglichkeit der Brustwirbelsäule und eine aus der Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule resultierende endgradig eingeschränkte Beugung in den Hüft- und Kniegelenken (Teil-GdB 10). Hinsichtlich einer vom Kläger angegebenen Sensibilitätsstörung des gesamten linken Arms und der linken Hand könnten sensible oder motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens zervikaler Spinalnerven ausgeschlossen werden. Hinsichtlich der unteren Extremitäten ergebe sich kein Hinweis für sensible oder motorische Nervenwurzelreizerscheinungen seitens lumbaler Spinalnerven. Sämtliche Gelenke der oberen Extremitäten zeigten bei kräftig entwickelter Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit. Bis auf eine endgradig eingeschränkte Beugung in den Hüft- und Kniegelenken zeigten auch alle übrigen Gelenke der unteren Extremitäten bei kräftig entwickelter seitengleicher Muskelbemantelung eine freie Beweglichkeit. Unter Berücksichtigung fachfremder Gesundheitsstörungen schätzte Dr. D. den Gesamt-GdB auf 30 seit März 2007 ein.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. Gö. vom 02.06.2008 und Dr. Be. vom 04.02.2009 entgegen und legte weitere medizinische Befundunterlagen vor.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG weiter das orthopädische Gutachten des Professor Dr. K. von 21.07.2009 ein. Er diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet eine rezidivierende Lumboischialgie links ohne wesentliche Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L3/4 und L4/5 und Osteochondrose im Segment L5/S1 sowie Somatisierung der Beschwerden und depressive Verstimmungen (Teil-GdB 20), eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne klinische Manifestation (Teil-GdB 10), eine endgradig eingeschränkte Beugung in den Hüftgelenken durch die Schmerzsymptomatik im LWS-Bereich ohne klinische Relevanz. Es entstehe der Eindruck, dass die Symptome deutlich hoch gespielt würden. Unter Einbeziehung einer Verdauungsstörung und Allergie (Teil-GdB 20) schätzte Professor Dr. K. den Gesamt-GdB auf 30 seit dem Jahr 2007 ein.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.02.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der Bandscheibenschaden, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie psychovegetative Störungen seien zutreffend zu einem Funktionssystem zusammengefasst und mit einem Teil-GdB von 20 zutreffend in Ansatz gebracht worden. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit keinem höheren Teil-GdB als 20 in Ansatz zu bringen. Das Schmerzsyndrom rechtfertige keine Erhöhung des Teil-GdB, sondern sei in dem Teil-GdB von 20 hinreichend berücksichtigt. Für die depressive Verstimmung sei in der Gesamtschau mit den Wirbelsäulenbeschwerden ein Teil-GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Die Verdauungsstörungen bei Sprue sowie die Allergie seien mit einem Teil-GdB von 20 hinreichend berücksichtigt. Ausgehend von einem Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäulenerkrankung, den Bandscheibenschaden, das chronische Schmerzsyndrom und die psychovegetative Störung und einem Teil-GdB von 20 für die Verdauungsstörungen und Allergie ergebe sich kein höherer Gesamt-GdB als 30. Das SG stützt seine Entscheidung auf die im Klageverfahren eingeholten Gutachten. Der Einschätzung des Internisten Dr. Ber. sowie der Bewertung des Gesamt-GdB von 40 durch Dr. G. könne nicht gefolgt werden.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 12.03.2010 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung unter Bezug auf medizinische Befundunterlagen und Stellungnahmen der ihn behandelnden Ärzte ausgeführt, eine mehrfach operierte Leistenhernie beidseits führe zu Beeinträchtigungen, die mit einem Teil-GdB von mindestens 20 zu berücksichtigen seien. Für die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule sei ein Teil-GdB von mindestens 30 bis 40 gerechtfertigt. Die Sprue bewirke unkontrollierte Durchfälle und sei mit einem Teil-GdB von mindestens 30 zu bewerten. Weiterhin leide er unter einer chronischen Allergie gegenüber einer Reihe von Pollen und einer sich daraus entwickelnden allergischen Bronchitis. Zudem sei im September 2007 ein Harnleiterstein entfernt worden. Diese Erkrankungen seien zusätzlich zu berücksichtigen. Weiter leide er seit Jahren unter rezidivierenden Depressionen, die mit einem Teil-GdB von mindestens 30 zu bewerten seien. Aufgrund der bestehenden Leiden sei er im höchsten Maße in seiner Teilhabe am Gesellschaftsleben beeinträchtigt. Der Kläger hat Unterlagen vorgelegt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2010 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2007 in der Fassung des Teilabhilfebescheids vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2007 abzuändern und den Grad der Behinderung mit mindestens 70 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hat vorgetragen, eine vom Kläger geltend gemachte Beeinträchtigung seines Kräftezustandes durch Verdauungsstörungen sei nicht nachgewiesen und eine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes bei erheblichem Übergewicht liege nicht vor. Im Anschluss an die Leistenrevision im März 2006 sei der Kläger zum Zeitpunkt seiner Entlassung beschwerdefrei gewesen, nach Aktenlage liege hier keine messbare Funktionsbeeinträchtigung mehr vor. Eine relevante chronische Bronchitis sei nicht nachgewiesen. Eine Erklärung für angegebene Beschwerden nach der Entfernung eines Harnleitersteins sei nicht erkennbar. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei nicht zu beanstanden. Argumente, die einen höheren Gesamt-GdB als 30 begründen würden, seien in der Berufungsschrift nicht enthalten.

Der Senat hat die Entlassungsberichte des Klinikums N. - Psychiatrie und Psychotherapie - vom 17.05.2010 über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 11.03.2010 bis 15.03.2010 - in dem eine schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen diagnostiziert sind - sowie vom 11.11.2010 über eine stationäre Behandlung vom 27.09.2007 bis 30.09.2010 - in dem eine rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode ohne psychotische Symptome, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung impulsiver Typ, chronische Spannungskopfschmerzen sowie ein Zustand nach drei Bandscheibenvorfällen diagnostiziert sind, beigezogen.

Der Beklagte hat dem Kläger unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 04.05.2011 ein Vergleichsangebot dahingehend unterbreitet, wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden (Teil-GdB 20), Depression, chronischem Schmerzsyndrom und Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 20) sowie einer Verdauungsstörung bei Sprue und Allergie (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 ab dem 01.03.2007 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festzustellen (Schriftsatz vom 15.04.2011), das der Kläger nicht angenommen hat (Schriftsatz vom 17.05.2011).

Anschließend hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr. Kre. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. Kre. hat in seiner Stellungnahme vom 24.06.2011 den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mitgeteilt und auf psychiatrischem Gebiet den GdB auf 60 eingeschätzt. Der Beklagte ist der Stellungnahme des Dr. Kre. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Re. vom 02.11.2011 entgegengetreten und hat sein Vergleichsangebot aufrechterhalten (Schriftsatz vom 07.11.2011).

Der Senat hat (von Amts wegen) das Gutachten des Facharztes für Psychotherapie und Innere Medizin Dr. Kra. vom 14.06.2012 eingeholt. Er diagnostizierte auf psychiatrischem Gebiet ein sehr schweres depressiv-ängstliches Syndrom mit psychotischer Symptomatik sowie Somatisierung im Sinne eines generalisierten Schmerzsyndroms. Die seelische Erkrankung überschneide und vermische sich mit den festgestellten körperlichen Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und neurologischem Fachgebiet und verstärkte diese im Sinne einer Somatisierung bzw. larvierten Depression. Dr. Kra. bewertete die seelische Störung mit einem Teil-GdB von mindestens 80 sowie die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, chronisches Schmerzsyndrom und Verdauungsstörungen bei Sprue und Allergie mit einem Teil-GdB von 30. Insgesamt-GdB schätzte er den Gesamt-GdB auf 80 seit mindestens Anfang 2010.

Auf Anregung des Beklagten legte der Kläger den ärztlichen Entlassungsbericht an die Deutsche Rentenversicherung der M.-B. -Klinik K. vom 02.03.2012 über eine stationäre Behandlung vom 02.02.2012 bis 23.02.2012 vor, in dem eine mittelgradige depressive Episode, Zwangsgedanken und -handlungen gemischt, eine Somatisierungsstörung, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung impulsiver Typ und eine Spondylitis ankylosans diagnostiziert sind.

Der Beklagte unterbreitete dem Kläger unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Re. vom 22.08.2012 das erweiterte Vergleichsangebot dahin, wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden (Teil-GdB 20), einer Depression, chronischem Schmerzsyndrom, Kopfschmerzsyndrom und Persönlichkeitsstörung (Teil-GdB 30) sowie einer Verdauungsstörung bei Sprue und Allergie (Teil-GdB 20) den GdB mit 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ab 01.03.2007 und den GdB mit 50 ab 01.03.2010 festzustellen (Schriftsatz vom 23.08.2012). Auch dieses Vergleichsangebot hat der Kläger nicht angenommen (Schriftsatz vom 26.09.2012).

Anschließend hat der Senat (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten von Dr. Fi. vom 17.05.2013 eingeholt. Er gelangte zu der Beurteilung, auf internistischem Gebiet lägen bis auf eine Adipositas keine Funktionsbeeinträchtigungen vor. Auch auf neurologischem und orthopädischem Gebiet seien keine objektivierbaren Beeinträchtigungen nachzuweisen. Vom Kläger in unterschiedlichen Untersuchungen demonstrierte Beeinträchtigungen seien unter Ablenkung allesamt nicht mehr nachzuweisen gewesen. Bei der Untersuchung seien vermehrte zielgerichtete Täuschungsversuche sowie eine Aggravation von Symptomen und ein fehlendes Unrechtsempfinden auffällig gewesen. Hinweise auf das aktuelle Vorliegen einer depressiven Störung, wie sie in vorherigen Untersuchungen und Berichten beschrieben worden seien, hätten sich bei der aktuellen Untersuchung nicht ergeben. Auch wenn die Befunde während der kurzen stationären Aufenthalte in der Psychiatrie des Klinikums N. und des Aufenthalts in der M.-B. -Klinik berücksichtigt werden, bestehe in diesem Bereich kein Hinweis auf das Vorliegen einer Funktionsbeeinträchtigung nicht nur vorübergehender Art. Die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung/Somatisierung lasse sich nicht verifizieren. Körperliche Beschwerden seien (insbesondere unter Ablenkung) nicht nachvollziehbar gewesen. Auch die Kriterien zur Diagnose einer Anpassungsstörung seien nicht erfüllt und die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung sei nicht belegt. Beim Kläger liege sicher eine Störung zwischenmenschlicher Beziehungen sowie der Impulskontrolle vor, die so ausgeprägt sei, dass das Verhalten in vielen persönlichen und sozialen Situationen unangepasst und unflexibel sei. Ein persönlicher Leidensdruck bestehe hierdurch jedoch nicht; auch die genaue Dauer bzw. der Beginn der Störung lasse sich nicht festmachen. Insbesondere seien die Kriterien einer emotional-instabilen Persönlichkeit nicht erfüllt. Es bestehe kein Anhalt für das Vorliegen einer Behinderung auf psychiatrischem Fachgebiet. Auch die Aggravations- und Simulationsversuche ließen auf keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung schließen. Hinweise auf das Vorliegen einer orthopädisch bedingten Funktionseinschränkung hätten sich bei der durchgeführten Untersuchung nicht ergeben. Es ergebe sich keine Änderung im Zustand des Klägers seit dem 16.03.2007.

Der Kläger hat gegen das Gutachten des Dr. Fi. Einwendungen erhoben und hält das Gutachten des Dr. Kra. für überzeugend (Schriftsatz vom 04.07.2013). Zu den Einwendungen des Klägers hat Dr. Fi. in der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 27.08.2013 Stellung genommen und an seinen Bewertungen im Gutachten vom 17.05.2013 festgehalten.

Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Gö. vom 15.07.2013 seine Vergleichsangebote vom 06.05.2011 und 28.08.2012 nicht mehr aufrechterhalten und - ausgehend von einem Gesamt-GdB von 30 - an seinem Berufungsantrag festgehalten.

Einen im Verlauf des Berufungsverfahrens beim VA gestellten Antrag auf Neufeststellung des GdB hat der Kläger zurückgenommen (Schriftsatz vom 11.04.2011).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakten des SG und einen Band Verwaltungsakten des Beklagten sowie die angefallene Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Teilabhilfebescheid des Beklagten vom 19.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist die Feststellung von Merkzeichen. Soweit das VA mit Bescheid vom 20.06.2007 die Feststellung der beantragten Merkzeichen "G", "aG" und "RF" abgelehnt hat, hat der Kläger sich hiergegen nicht gewandt, weshalb der Bescheid insoweit (teilweise) bestandskräftig ist. Dem entspricht auch der Berufungsantrag des Klägers.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96-, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3 3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).

Nach diesen Kriterien steht dem Kläger kein GdB von mehr als 30 zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat. Der Beklagte hat einer - im Vergleich zum letzten bindenden Bescheid vom 09.01.2003 mit einem GdB von 20 berücksichtigten Gesundheitszustand des Klägers - eingetretenen Verschlimmerung im Teilabhilfebescheid vom 19.10.2007 mit der Neufeststellung des GdB mit 30 angemessen Rechnung getragen. Das SG hat gestützt auf die Gutachten des Dr. P. vom 03.11.2008 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.02.2009, von Dr. D. vom 30.03.2009 sowie dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Professor Dr. K. vom 21.07.2009 ausführlich und zutreffend begründet, dass die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der Bandscheibenschaden, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie psychovegetative Störungen zutreffend zu einem Funktionssystem zusammengefasst und mit einem Teil-GdB von 20 zutreffend in Ansatz gebracht worden sind. Die Funktionsbehinderungen für die Wirbelsäulenerkrankung ist mit keinem höheren Teil-GdB als 20 in Ansatz zu bringen. Das Schmerzsyndrom rechtfertigt keine Erhöhung des Teil-GdB, sondern ist in dem Teil-GdB von 20 hinreichend berücksichtigt. Für die seelische Erkrankung ist in Gesamtschau mit den Wirbelsäulenbeschwerden ein Teil-GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Die Verdauungsstörungen bei Sprue sowie die Allergie sind mit einem Teil-GdB von 20 hinreichend berücksichtigt. Ausgehend von einem Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäulenerkrankung, den Bandscheibenschaden, das chronische Schmerzsyndrom und die psychovegetative Störung und einem Teil-GdB von 20 für die Verdauungsstörungen und Allergie ergibt sich kein höherer Gesamt-GdB als 30. Der abweichenden Einschätzung des Internisten Dr. Ber. sowie der Bewertung des Gesamt-GdB von 40 durch Dr. G. kann nicht gefolgt werden. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zur Vermeidung von Wiederholungen voll zu eigen, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Eine eigenständige Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die nach den vom SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend dargestellten GdB-Bewertungs-Vorgaben der VG, die den Bewertungsvorgaben der AHP entsprechen, einen Teil-GdB von wenigstens 20 rechtfertigen, liegen nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des Dr. D. beim Kläger nicht vor. Allein das Vorliegen degenerativer Veränderungen (Bandscheibenschäden) ist für die Bewertung des Teil-GdB nicht ausschlaggebend. Maßgeblich sind vielmehr die damit einhergehenden Funktionseinschränkungen. Nach den vom SG zutreffend dargestellten Untersuchungsbefunden des Dr. D. und des Professor Dr. K. bestehen beim Kläger allenfalls leichte Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, die für sich genommen keinen Teil-GdB von 20 rechtfertigen. Nach dem Gutachten von Dr. P. sind vielmehr ein chronisches Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche funktionelle neurologische Ausfälle und vom Kläger geklagte Schmerzen seitens des Bewegungsapparats im Rahmen der Somatisierung zu subsumieren und damit nicht eigenständig bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Dr. P. und Dr. D. gelangen in ihren nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten übereinstimmend zu der Bewertung des Gesamt-GdB mit 30 seit März 2007. Zu diesen Bewertungen gelangt auch das vom SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Professor Dr. K.

Die im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen des Senats führen zu keiner abweichenden Beurteilung.

Eine dauerhafte Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers auf psychiatrischem (-neurologischem) Fachgebiet, die eine Bewertung des Gesamt-GdB von über 30 rechtfertigt, ist (seit der Begutachtung durch Dr. P. ) zur Überzeugung des Senates nicht eingetreten. Zwar befand sich der Kläger in der Psychiatrie des Klinikums N. vom 11.03.2010 bis 15.03.2010 und vom 27.09.2010 bis 30.09.2010 unter den Diagnosen einer schweren depressiven Störung mit psychotischen Symptomen bzw. einer rezidivierenden depressiven Störung mittelgradiger Episode ohne psychotische Symptome und emotional instabiler Persönlichkeitsstörung impulsiver Typ sowie chronische Spannungskopfschmerzen in stationärer Behandlung (Entlassungsberichte vom 17.05.2010 und 11.11.2010). Eine dauerhafte Verschlimmerung einer seelischen Störung wird durch diese kurzzeitigen stationären Behandlungen, die auf Drängen des Klägers bzw. auf dessen eigenem Wunsch beendet wurden, zur Überzeugung des Senats jedoch nicht belegt. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer stationären Reha-Behandlung vom 02.02.2012 bis 23.02.2012 in der M.-B. -Klinik (Entlassungsbericht vom 02.03.2012). Dem steht das nachvollziehbare und überzeugende Gutachten des Dr. Fi. vom 17.05.2013 entgegen. Danach haben sich bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. Fi. keine Hinweise auf das Vorliegen einer depressiven Störung ergeben. Dr. Fi. hat insbesondere unter Berücksichtigung der stationären Aufenthalte in der Psychiatrie des Klinikums N. und in der M.-B. -Klinik keinen Hinweis auf das Vorliegen einer Funktionsbeeinträchtigung nicht nur vorübergehender Art gefunden. Die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung/Somatisierungsstörung lässt sich nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. Fi. in seinem Gutachten nicht verifizieren. Vom Kläger demonstrierte körperliche Beschwerden während der Untersuchung waren (insbesondere unter Ablenkung) nicht nachvollziehbar. Angegebene Beschwerden verschiedener Funktionsbereiche blieben in der genauen Beschreibung vage. Die Kriterien zur Diagnose einer Anpassungsstörung sind nach der überzeugenden Bewertung von Dr. Fi. nicht erfüllt. Auch die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung ist nicht belegt. Zwar liegt beim Kläger eine Störung zwischenmenschlicher Beziehungen sowie der Impulskontrolle vor, die so ausgeprägt ist, dass sein Verhalten in vielen persönlichen und sozialen Situationen unangepasst und unflexibel ist. Ein persönlicher Leidensdruck besteht hierdurch jedoch nicht. Die allgemeinen Kriterien zur Diagnosestellung einer Persönlichkeitsstörung sowie die Kriterien einer emotional-instabilen Persönlichkeit sind nicht erfüllt. Zudem lässt sich die genaue Dauer bzw. der Beginn der Störung nicht festmachen. Nach dem von Dr. Fi. beschriebenen psychopathologischen Befund gab der Kläger zu Beginn der Untersuchung meist nur zögerlich Antwort. Er war aber auf Nachfragen zur Person zeitlich und situativ gut orientiert. Die Auffassungsgabe war im Verlauf unauffällig. Ebenso das formale Denken bei bestimmten Themen. Ein eindeutiger Hinweis auf eine inhaltliche Denkstörung besteht nicht. Entsprechendes gilt hinsichtlich Kurz- und Langzeitgedächtnisstörungen. Hinsichtlich vom Kläger berichteten akustische und optische Halluzinationen bestehen erhebliche Zweifel an der Authentizität des Berichteten. Die Affektivität sowie der Antrieb und die Psychomotorik waren im Verlauf der Untersuchung unauffällig. Die Willensbildung und das Planungsvermögen waren uneingeschränkt und die Fähigkeit zu planvollem Handeln unbeeinträchtigt. Auffällig waren in der Untersuchung vermehrte zielgerichtete Täuschungsversuche sowie eine Aggravation von Symptomen und ein fehlendes Unrechtsempfinden. Der Kläger zeigte ein demonstratives Verhalten, pseudologische Äußerungen und bewusstseinsnahe Täuschungsversuche mit provokativem Verhalten. Dr. Fi. gelangt zu der für den Senat nachvollziehbaren und überzeugenden Schlussfolgerung, dass beim Kläger eine Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet, die Einfluss auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit hat, nicht vorliegt und die Aggravations- und Simulationsversuche des Klägers auf keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung schließen lassen. Dieser Bewertung folgt der Senat.

Die gegen das Gutachten des Dr. Fi. vom Kläger erhobenen Einwendungen, dass verkannt worden sei, dass er während der gesamten Begutachtung unter Medikamenteneinfluss (3,0 mg Lorazepam) gestanden habe, weshalb seine Gesamtverfassung eine ganz andere sei, hat Dr. Fi. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 27.08.2013 überzeugend ausgeräumt. Dr. Fi. hat zu den Einwendungen des Klägers ausgeführt, der Kläger habe die zweimalige Frage, ob er Medikamente einnehme, jeweils verneint. Weiter haben sich bei der Begutachtung keinerlei Hinweise auf Nebenwirkungen ergeben, wie sie bei der Einnahme von Benzodiazepinen (zumal 3 mg Lorazepam) häufig zu beobachten sind. Dem ist der Kläger auch nicht weiter entgegengetreten.

Der abweichenden Bewertung von Dr. Kra. in seinem Gutachten vom 14.06.2012 kann - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht gefolgt werden. Der von Dr. Kra. sehr knapp beschriebene psychische Befund ist nicht nachvollziehbar. Entsprechendes gilt zum Vorliegen der Diagnosekriterien der von ihm gestellten Diagnosen. Auch die für die Bewertung des Teil-GdB relevante Alltagsbewältigung des Klägers ist nicht ausreichend nachvollziehbar, worauf Dr. Re. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.08.2012 zutreffend hinweist. Zudem entspricht der von Dr. Kra. angenommenen Teil-GdB von 80 einer schweren seelischen Störung mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten, was sich nach den zu den Akten gelangten sonstigen Befundunterlagen nicht feststellen lässt, worauf Dr. Re. außerdem zutreffend hinweist, und sich auch der Befundbeschreibung von Dr. Kra. in seinem Gutachten nicht entnehmen lässt. Zudem ist der von Dr. Kra. gewonnene Eindruck, dass der Kläger Beschwerden nicht aggraviert oder gar simuliert, zur Überzeugung des Senats durch das Gutachten des Dr. Fi. widerlegt. Auch Dr. P. und Prof. Dr. K. gehen von einer aggravierenden Beschwerdedarstellung des Klägers aus. Der Senat folgt deshalb dem überzeugenden Gutachten des Dr. Fi. , das den von Dr. Kra. in seinem Gutachten beschriebenen psychischen Befund und die von Dr. Kra. gestellten Diagnosen nicht bestätigt. Entsprechendes gilt für die abweichende Bewertung des Dr. Kre. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 24.06.2011.

Die vom Beklagten berücksichtigte Verdauungsstörung bei Sprue rechtfertigt keine Erhöhung des Gesamt-GdB auf über 30. Nach dem vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 02.03.2012 besteht nach der dort beschriebenen vegetativen Anamnese ein regelmäßiger Stuhlgang mit Durchfallneigung bei sehr gutem Appetit. Der Allgemeinzustand wird als altersentsprechend gut und der Ernährungszustand als übergewichtig (112 kg bei einer Körpergröße von 172 cm) beschrieben. Danach kann allenfalls von einer leichten Beeinträchtigung durch eine Verdauungsstörung bei Sprue ausgegangen werden. Auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen lässt sich eine stärkere Beeinträchtigung durch eine Verdauungsstörung nicht entnehmen. Entsprechendes gilt für eine vom Beklagten außerdem berücksichtigte Allergie. Nach der im Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik beschriebenen vegetativen Anamnese besteht eine Kräuter-, Pollen- und Tierhaarallergie. Damit einhergehende Beeinträchtigungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend zu berücksichtigen sind, werden nicht beschrieben und lassen sich auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Der Facharzt für Psychotherapie und Innere Medizin Dr. Kra. hat in seinem Gutachten vom 14.06.2012 die Verdauungsstörungen bei Sprue und Allergie als nicht Gesamt-GdB-erhöhend gewertet. Auch Dr. Ber. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 28.01.2008 auf internistischem Gebiet die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten geteilt.

Eine seit März 2007 zu berücksichtigende Behinderung wegen einer Leistenhernie (beidseits) ist zur Überzeugung des Senats nicht belegt. Nach dem Bericht der Städtischen Kliniken S. vom 22.03.2006 erfolgte am 13.03.2006 eine Leistenrevision bei komplikationslosem postoperativem Verlauf; zum Zeitpunkt der Entlassung des Klägers war er beschwerdefrei. Nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen ist das Auftreten einer zusätzlich zu berücksichtigenden Behinderung wegen einer Leistenhernie nicht belegt, worauf der Beklagte in seiner Berufungserwiderungsschrift vom 15.04.2010 zutreffend hingewiesen hat. Nach dem Befundbericht des Klinikums S.-B. vom 07.11.2007 wird ein Rezidiv bei Annahme eines chronischen Leistenschmerz-Syndroms (als sicher) ausgeschlossen. Ein bestehendes Leistenschmerz-Syndrom ist im Rahmen der mit einem Teil-GdB von 20 bewerteten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet berücksichtigt und rechtfertigt deswegen keinen zusätzlichen Teil-GdB. Ebenso ist nicht belegt, dass der Kläger wegen der Entfernung eines Harnleitersteins an einer GdB-relevanten Behinderung leidet.

Ein bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend zu berücksichtigendes Karpaltunnelsyndrom beidseits liegt beim Kläger nicht vor. Zwar hat das Klinikum S.-B. ein Karpaltunnelsyndrom beidseits (rechts stärker als links) diagnostiziert, wie es der Senat aus dem vom Kläger vorgelegten Ambulanzbrief des Klinikums S. vom 04.01.2011 entnimmt. Nach den weiteren Mitteilungen im Ambulanzbrief war deswegen eine Operation beidseits am 13.01.2011 vorgesehen. Eine dauerhafte Funktionseinschränkung wegen des Karpaltunnelsyndroms ist damit nicht belegt. Eine solche Funktionseinschränkung lässt sich insbesondere dem Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 02.03.2012 nach der beschriebenen Erkrankungs- und Beschwerdenschilderung des Klägers sowie dem körperlichen Untersuchungsbefund nicht entnehmen.

Die vom Kläger in der Berufungsbegründungsschrift vom 25.03.2010 geltend gemachten Beschwerden durch eine beidseitige Leistenhernie, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, der Verdauungsstörung und Sprue, einer allergischen Bronchitis und rezidivierender Depression werden durch die vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen und eingeholten Gutachten nicht belegt und sind zur Überzeugung des Senats der belegten aggravierenden Beschwerdeschilderung des Klägers zuzurechnen.

Der Kläger kann eine Höherbewertung des Gesamt-GdB als 30 auch nicht wegen der vom Beklagten im Berufungsverfahren unterbreiteten Vergleichsangebote vom 06.05.2011 und 21.08.2012 beanspruchen. Der Kläger hat diese Vergleichsangebote abgelehnt, weshalb der Beklagte durch diese Vergleichsangebote rechtlich nicht mehr gebunden ist. Zudem hat der Beklagte seine Vergleichsangebote mit Schriftsatz vom 22.06.2013 ausdrücklich nicht mehr aufrechterhalten.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen geklärt. Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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