Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 EG 7459/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 4650/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.10.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Gewährung von Elterngeld für die Tochter der Klägerin.
Die im Jahr 1971 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter der 2010 in S./China geborenen Tochter E. S. X. H. Z ... Sie lebte vom 01.02.2008 bis 31.07.2011 mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Töchtern E. und P. in einem gemeinsamen Haushalt in S ... Die Klägerin ist während dieser Zeit ordnungsrechtlich in Deutschland gemeldet gewesen, die Eheleute sind in St. im Besitz einer Eigentumswohnung. Die Klägerin betreut und erzieht die Tochter E. seit ihrer Geburt. Zuvor war die Klägerin nicht beschäftigt und bezog kein Einkommen (vgl den Antrag auf Elterngeld Bl 5 Verwaltungsakte).
Am 12.08.2010 beantragte die Klägerin Elterngeld bei der Beklagten und legte in der Folge den "Expatriation Contract" vom 20.09.2007 ihres Ehemannes mit seiner deutschen Arbeitgeberin (D. Systems GmbH St.) und der (ab 01.02.2008) chinesischen Arbeitgeberin D. P. Systems Engineering (S.) Corp. Ltd. (D. China) vor (Bl 29 Verwaltungsakte). Im Vertrag war ua vereinbart, dass der Ehemann der Klägerin vom 01.02.2008 bis voraussichtlich 31.01.2011 als Senior Manager Mechanical Engineering in S./China beschäftigt werde. Die Gehaltszahlungen würden durch D. China geleistet. Unter Ziff 2 des Vertrages heißt es: "You will report to MD of D. China." Unter Ziff 10 heißt es: "We will take out a policy for health insurance for you and your family during the expatriation (B.)." Schließlich ist zum inländischen Arbeitsverhältnis unter Ziff 26 geregelt: "The existing domestic contract is dormant for the time of the expatriation."
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.09.2010 (Bl 38 Verwaltungsakte) den Antrag auf Elterngeld ab, da die Klägerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland habe. Auch sei ihr Ehemann kein entsandter Arbeitnehmer, der dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege.
Mit dem hiergegen am 12.10.2010 erhobenen Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie und ihre Familie in St. gemeldet seien und weiterhin die dortige Eigentumswohnung nutzen würden. Steuerrechtlich würden sie dem deutschen Recht unterliegen, auch wenn ihr Mann aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen China und Deutschland in China die Steuern zahle. Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte hätten Eheleute mit selbstgenutztem Haus oder Wohnung in Deutschland dort auch einen Wohnsitz, selbst wenn sie im Ausland gemeldet seien und die deutsche Wohnung deshalb das ganze Jahr über leer stehe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 zurück (Bl 49 Verwaltungsakte). Wer sich im Ausland aufhalte, behalte seinen Wohnsitz im Bundesgebiet nur dann bei, wenn die Wohnung auch bei vorzeitiger Rückkehr sofort wieder genutzt werden könne und der Auslandsaufenthalt ein Jahr nicht überschreite. Bei Auslandsaufenthalten, die wie vorliegend auf eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt seien, reiche die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung nicht aus. Die Klägerin habe den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse und den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland. Auch liege keine Entsendung vor, da sich laut Arbeitsvertrag der Arbeitsentgeltanspruch des Ehemannes der Klägerin nicht gegen den inländischen Arbeitgeber richte.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Es liege nur eine vorübergehende Auslandstätigkeit ihres Ehemannes vor. Ein ausreichender Bezug zur inländischen Arbeitswelt liege vor. Der Begriff des "Wohnsitzes" bzw "gewöhnlichen Aufenthalts" könne aufgrund wortidentischer Regelungen im Steuerrecht nicht abweichend ausgelegt werden. Dort komme es maßgeblich auf das Innehaben einer Wohnung und die Umstände an, die darauf schließen ließen, dass die Wohnung beibehalten und genutzt werde. Eine Wohnsitzaufgabe liege nur vor, wenn die Wohnung aufgelöst werde oder nicht nur vorübergehend nicht mehr benutzt werde. Im Fall eines Wegzugs ins Ausland liege eine Aufgabe nur vor, wenn die Wohnung für mehrere Jahre an Dritte vermietet und die Möbel eingelagert würden. Dies sei nicht der Fall. Die Eigentumswohnung der Klägerin in Deutschland sei voll eingerichtet und könne jederzeit bewohnt werden. Die Klägerin hat ua eine Bescheinigung nach dem deutsch-chinesischen Abkommen über Sozialversicherung vom 10.01.2008 vorgelegt (Bl 27 SG-Akte), in welchem es heißt, dass der Ehemann der Klägerin bei dem chinesischen Unternehmen "eine Beschäftigung ausüben wird" und das an dieser Stelle auch zur Auswahl stehende Feld "zu dem nachgenannten Unternehmen in China entsandt" nicht angekreuzt ist. Zum anderen hat die Klägerin eine Arbeitsbescheinigung der deutschen Arbeitgeberin vom 08.09.2011 vorgelegt, in der es heißt, dass der Ehemann der Klägerin vom 01.02.2008 bis 31.07.2011 "für einen Arbeitseinsatz zu unserer Tochtergesellschaft D. P. Engineering Corp. Ltd. nach China entsandt" worden sei. Die Klägerin legte außerdem eine Übersicht über Reisen ihres Ehemannes in die Bundesrepublik vor (Bl 102, 146 SG-Akte). Ihr Ehemann sei neben der Tätigkeit in China auch in den Betrieb des Arbeitgebers im Inland eingegliedert gewesen. Er habe in S. in der Projektleitung/Projektkoordinierung von Projekten, bei denen Anlageteile in Deutschland oder bei der Tochterfirma in Polen konstruiert und in China installiert worden seien, mitgearbeitet und das Bindeglied zwischen der in Deutschland ansässigen Abteilung und der Abwicklung im Ausland dargestellt. Noch im Jahr 2008 hätten zwei Reisen nach St. vom 25.06.2008 bis zum 14.07.2008 und ab dem 18.12.2008 stattgefunden. Auch in den Folgejahren hätten mehrere Reisen nach St., auch nach Polen und in die USA stattgefunden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ihre bisherigen Ausführungen vertieft. Der Ehemann der Klägerin habe nur noch ein für den Bezug von Elterngeld nicht ausreichendes Rumpfarbeitsverhältnis mit seiner deutschen Arbeitgeberin in Deutschland. Er sei organisatorisch in den Betrieb des ausländischen Arbeitgebers eingegliedert. Die Weisungsbefugnis habe die chinesische Arbeitgeberin. Der Vertrag mit der deutschen Arbeitgeberin sei explizit ruhend gestellt. Die Klägerin habe keine Bescheinigung der Einzugsstelle vorgelegt. Beim Ehemann der Klägerin liege freiwillige Renten- und Arbeitslosenversicherung vor und gerade keine Pflichtversicherung.
Mit Urteil vom 08.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Begriff des Wohnsitzes richte sich nach § 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Die steuerrechtliche Bewertung sei nicht maßgeblich. Maßgeblich sei, ob ein an objektiven Verhältnissen zu messender realisierbarer Wille vorhanden sei, an einem bestimmten Ort zu wohnen. Grundsätzlich stehe der Begründung eines Inlandwohnsitzes nicht entgegen, dass der Berechtigte einen weiteren Wohnsitz im Ausland halte. Es genüge jedoch nicht, wenn der Wohnsitz im Inland nur gelegentlich und vorübergehend, beispielsweise während des Urlaubs oder nur zu Erholungszwecken genutzt werden. So liege hier der Fall. Die Klägerin habe sich mit ihrer Familie weit überwiegend in China aufgehalten und sei nur kurzzeitig aus Besuchs- und Urlaubszwecken zurückgekehrt. Das Vorhalten der Wohnung und die ordnungsrechtliche Meldung des Wohnsitzes genügten nicht. Auch eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV liege nicht vor. Ruhten – wie hier – während der Dauer des Auslandsaufenthalts die Hauptpflichten aus dem inländischen Arbeitsverhältnis, so bestünde kein inländisches Beschäftigungsverhältnis mehr. Ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis reiche nicht aus. Der Ehemann sei nicht nach China entsandt, sondern versetzt worden. Die Kosten der Gehaltszahlungen trage die D. P. Engineering Corp. Limited. Gegenüber dieser habe der Ehemann die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er sei dort in die Organisation eingegliedert und unterliege dem dortigen Weisungsrecht der chinesischen Arbeitgeberin. Sein inländisches Arbeitsverhältnis mit der D. Systems GmbH ruhe und lebe erst nach seiner Rückkehr wieder auf. Er unterliege nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Es liege auch keine Bestätigung einer deutschen Krankenkasse nach § 4 SGB IV vor.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.11.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft sowie eine Auflistung über Flüge von ihr und den Töchtern nach St. vorgelegt (Bl 65 Senatsakte). Der Auslandsaufenthalt sei von vorneherein befristet gewesen und die Bindung an das inländische Arbeitsverhältnis sei erhalten geblieben. Es liege eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art 3 Grundgesetz (GG) vor, die nicht zu rechtfertigen sei. Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen einer Pflichtversicherung aufgrund einer Ausstrahlung nach § 4 Abs 1 SGB IV und einer Versicherungspflicht aufgrund einer Ausnahmegenehmigung bestehe nicht. In beiden Fällen müssten Beiträge in derselben Höhe abgeführt werden. Insofern sei die Benachteiligung der unter dem Schutz des Art 6 GG stehenden Familie der Klägerin nicht nachzuvollziehen. Es liege außerdem ein grundrechtsrelevanter Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die ersten zwölf Lebensmonate der am 27.05.2010 geborenen Tochter E. Z. Elterngeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, im möglichen Bezugszeitraum habe sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nur für ca fünf Wochen in Deutschland aufgehalten.
Im Erörterungstermin am 12.12.2013 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und einer mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung vom 12.07.2001 (BGBl II 2002, 83) enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen. In Art 2 des Abkommens ist zum sachlichen Geltungsbereich geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung und die Arbeitsförderung bezieht. Eine Analogie verbietet sich, da es sich um völlig anders geartete Leistungen handelt. Die aufgezählten Leistungen sind mit einer Beitragsleistung verknüpft. Das Elterngeld stellt dagegen eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates ohne finanzielle Gegenleistung dar. Dies steht einer Übertragung des Abkommens auf das BEEG zwingend entgegen (vgl Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12).
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die genannten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar lebte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum mit der Tochter E. in einem Haushalt zusammen und erzog und betreute dieses Kind selbst. Die Klägerin hatte jedoch in den ersten zwölf Lebensmonaten von E. (27.05.2010 bis 26.05.2011) weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs 3 SGB I heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15a SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris Rn 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 Rn 14).
Nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12 mwN). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG 10. 12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt daher auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab (BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 10).
Ein Doppelwohnsitz im In- und Ausland bzw ein Auseinanderfallen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt soll nach der Rechtsprechung des BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich sein, erfordert jedoch hinreichend intensive Beziehungen zum Inland (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 Rn 41 unter Hinweis auf BSG 28.02.1980, 8b RKg 6/79, SozR 5870 § 1 Nr 7). Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allerdings reicht die Feststellung, dass ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer zeitlich befristeten Maßnahme dient und der Betroffene die Absicht hat, nach dem Abschluss der Maßnahme zurückzukehren, allein nicht aus, vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besagt grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet wird. Der Inlandswohnsitz wird in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfügt (zwei Wohnsitze) und einer davon am bisherigen Wohnort liegt (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36 zum Kindergeld). Dabei kann die Unterhaltung der Wohnung im Inland mit der jederzeitigen Möglichkeit der dauerhaften Rückkehr hierfür genügen (BSG 26.07.1979, 8b RKg 12/78, SozR 5870 § 1 Nr 4 zum Kindergeld).
Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allerdings allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36). Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, ändern daran nichts (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36 mwN). Ebenso sieht dies bei Überschreiten der Jahresgrenze die ständige steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl zum Wohnsitzbegriff des § 8 der Abgabenordnung BFH 23.11.2000, VI R 107/99, BFHE 193, 558, DStZ 2001, 243, juris Rn 20 unter Hinweis auf die zitierte BSG-Rechtsprechung BSG SozR 3-5870 § 2 Nr 36; BFH 20.11.2008, III R 53/05, FamRZ 2009, 602; 14.10.2011, III B 202/10, BFH/NV 2012, 226: "Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt wird ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken nicht beibehalten"). Es gibt insoweit, wie im Erörterungstermin am 12.12.2013 erläutert, keine Divergenz der finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hatte die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vom 27.05.2010 bis 26.05.2011 keinen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I. Die Klägerhin hielt sich seit Februar 2008 in S. auf, weil ihr Ehemann für die geplante Dauer von drei Jahren, nämlich bis 31.01.2011, später verlängert bis 31.07.2011 bei dem in China ansässigen Unternehmen D. P. Engineering Corp Ltd ... beschäftigt sein sollte. Die gesamte Familie hielt sich dort auf. Der Lebensmittelpunkt der Klägerin befand sich damit in S ... Das Ehepaar hatte zwar seine Eigentumswohnung in Deutschland nicht aufgegeben. Diese war vollständig eingerichtet und konnte genutzt werden. Der Ehemann der Klägerin war jedoch vertraglich in China gebunden und war nicht in der Lage, ohne Vertragsbruch frei über das Ende seines Auslandsaufenthalts zu entscheiden (anders in dem vom BSG am 26.07.1979 entschiedenen Fall, 8b RKg 12/78, SozR 5870 § 1 Nr 4 zum Kindergeld). Die Wohnung in Deutschland wurde auch lediglich für kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken von der Familie genutzt. Dies entnimmt der Senat dem eigenen Vortrag der Klägerin. Danach hat sie im streitigen Zeitraum im Zusammenhang mit Besuchen/Urlaubsaufenthalten nur vom 25.07.2010 bis 02.09.2010 die Wohnung in St. genutzt. Ihr Ehemann hielt sich ebenfalls nur für kurze Zeiträume in der Wohnung auf (25.07.2010 bis 22.08.2010, 27.03.2011 bis 01.04.2011). Dabei kommt es nicht darauf an, dass während des Aufenthalts in China Kontakte zur D. Systems GmbH und zu weiteren Familienmitgliedern und Freunden der Eheleute gepflegt wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass sich nicht nur die Klägerin, sondern ihre ganze Familie sich praktisch durchgehend in China aufhielten. Damit hatte die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt an den Einsatzort des Ehemannes in S./China verlagert.
Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Danach hat Anspruch auf Elterngeld auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr 3). Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Ehemann der Klägerin unterlag insbesondere nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1, Satz 2 BEEG).
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drucks 7/4122, 30; BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weiter geführt werden soll, weshalb § 4 Abs 1 SGB IV eine "im Voraus" feststehende zeitliche Begrenzung fordert (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Voraussetzung ist regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN).
Gemessen an diesen Voraussetzungen lag der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin in China. Eine echte Entsendung lag nicht vor. Die vorgelegte Bescheinigung der inländischen Arbeitgeberin vom 08.09.2011 enthält eine unzutreffende Beschreibung des Sachverhalts bzw verwendet den Begriff "entsendet" in einem "untechnischen" Sinn. Der Ehemann der Klägern war ab 01.02.2008 bei einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft beschäftigt. Das chinesische Unternehmen ist als "Limited", dh als Kapitalgesellschaft organsiert. Es führt eine eigene Bilanz- und Erfolgsrechnung und ist rechtlich selbständig. Schon dieser Umstand spricht gegen eine Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV (vgl BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1; Urteile des Senats vom 17.07.2012, L 11 EG 2929/10; 22.01.2013, L 11 EG 3335/12, juris). Kostenträger war das chinesische Unternehmen, das die Entgeltzahlungen in der eigenen Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen hatte. Mögliche konzerninterne Finanzausgleiche sind unerheblich (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1). Weiterhin unterlag der Ehemann der Klägerin den Weisungen seines Dienstvorgesetzten bei der D. P. Engineering Corp. Ltd. Er hatte die geschuldete Arbeitsleistung gegenüber diesem Unternehmen zu erbringen. Die Hauptleistungspflicht aus seinem Arbeitsvertrag mit der D. Systems GmbH war mithin suspendiert. In Deutschland bestand daher nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fort, das die Merkmale einer Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV nicht erfüllte (vgl Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12).
Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Für den Anspruch auf Elterngeld genügt es nach dem Willen des Gesetzgebers demnach nicht, dass nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht (zum BErzGG: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Ebenso reicht es nicht aus, dass aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts Sozialversicherungspflicht (in einzelnen Sozialversicherungszweigen) begründet wird. § 6 SGB IV findet keine Anwendung. Der Gesetzgeber hat die insoweit anders lautende Vorschrift des Bundeserziehungsgeldgesetzes (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG) gerade nicht übernommen. Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht (Buchner/Becker, BEEG, § 1 RdNr 18). Die vorliegende Zahlung freiwilliger Beiträge zur Sozialversicherung genügt nicht.
Ein Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG) kann hierin nicht gesehen werden. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher (zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu (zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
Der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) ist nicht betroffen. Die Eheleute konnten 2008 offensichtlich frei entscheiden, in welcher Form sie die nächsten Jahre das Zusammenleben gestalten. Auch die Berufsausübungsfreiheit (Art 12 GG) ist nicht verletzt. Es steht schon keine Grundrechtsverletzung der Klägerin in Frage. Dass der Ehemann der Klägerin 2008 frei entscheiden konnte, ob er nach China geht oder nicht, ist nach dem Sachverhalt unzweifelhaft und hat mit einem etwaigen Elterngeldbezug 2010/2011 offenbar nichts zu tun gehabt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit steht die Gewährung von Elterngeld für die Tochter der Klägerin.
Die im Jahr 1971 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter der 2010 in S./China geborenen Tochter E. S. X. H. Z ... Sie lebte vom 01.02.2008 bis 31.07.2011 mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Töchtern E. und P. in einem gemeinsamen Haushalt in S ... Die Klägerin ist während dieser Zeit ordnungsrechtlich in Deutschland gemeldet gewesen, die Eheleute sind in St. im Besitz einer Eigentumswohnung. Die Klägerin betreut und erzieht die Tochter E. seit ihrer Geburt. Zuvor war die Klägerin nicht beschäftigt und bezog kein Einkommen (vgl den Antrag auf Elterngeld Bl 5 Verwaltungsakte).
Am 12.08.2010 beantragte die Klägerin Elterngeld bei der Beklagten und legte in der Folge den "Expatriation Contract" vom 20.09.2007 ihres Ehemannes mit seiner deutschen Arbeitgeberin (D. Systems GmbH St.) und der (ab 01.02.2008) chinesischen Arbeitgeberin D. P. Systems Engineering (S.) Corp. Ltd. (D. China) vor (Bl 29 Verwaltungsakte). Im Vertrag war ua vereinbart, dass der Ehemann der Klägerin vom 01.02.2008 bis voraussichtlich 31.01.2011 als Senior Manager Mechanical Engineering in S./China beschäftigt werde. Die Gehaltszahlungen würden durch D. China geleistet. Unter Ziff 2 des Vertrages heißt es: "You will report to MD of D. China." Unter Ziff 10 heißt es: "We will take out a policy for health insurance for you and your family during the expatriation (B.)." Schließlich ist zum inländischen Arbeitsverhältnis unter Ziff 26 geregelt: "The existing domestic contract is dormant for the time of the expatriation."
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.09.2010 (Bl 38 Verwaltungsakte) den Antrag auf Elterngeld ab, da die Klägerin ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland habe. Auch sei ihr Ehemann kein entsandter Arbeitnehmer, der dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege.
Mit dem hiergegen am 12.10.2010 erhobenen Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie und ihre Familie in St. gemeldet seien und weiterhin die dortige Eigentumswohnung nutzen würden. Steuerrechtlich würden sie dem deutschen Recht unterliegen, auch wenn ihr Mann aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen China und Deutschland in China die Steuern zahle. Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte hätten Eheleute mit selbstgenutztem Haus oder Wohnung in Deutschland dort auch einen Wohnsitz, selbst wenn sie im Ausland gemeldet seien und die deutsche Wohnung deshalb das ganze Jahr über leer stehe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 zurück (Bl 49 Verwaltungsakte). Wer sich im Ausland aufhalte, behalte seinen Wohnsitz im Bundesgebiet nur dann bei, wenn die Wohnung auch bei vorzeitiger Rückkehr sofort wieder genutzt werden könne und der Auslandsaufenthalt ein Jahr nicht überschreite. Bei Auslandsaufenthalten, die wie vorliegend auf eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt seien, reiche die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung nicht aus. Die Klägerin habe den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse und den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland. Auch liege keine Entsendung vor, da sich laut Arbeitsvertrag der Arbeitsentgeltanspruch des Ehemannes der Klägerin nicht gegen den inländischen Arbeitgeber richte.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Es liege nur eine vorübergehende Auslandstätigkeit ihres Ehemannes vor. Ein ausreichender Bezug zur inländischen Arbeitswelt liege vor. Der Begriff des "Wohnsitzes" bzw "gewöhnlichen Aufenthalts" könne aufgrund wortidentischer Regelungen im Steuerrecht nicht abweichend ausgelegt werden. Dort komme es maßgeblich auf das Innehaben einer Wohnung und die Umstände an, die darauf schließen ließen, dass die Wohnung beibehalten und genutzt werde. Eine Wohnsitzaufgabe liege nur vor, wenn die Wohnung aufgelöst werde oder nicht nur vorübergehend nicht mehr benutzt werde. Im Fall eines Wegzugs ins Ausland liege eine Aufgabe nur vor, wenn die Wohnung für mehrere Jahre an Dritte vermietet und die Möbel eingelagert würden. Dies sei nicht der Fall. Die Eigentumswohnung der Klägerin in Deutschland sei voll eingerichtet und könne jederzeit bewohnt werden. Die Klägerin hat ua eine Bescheinigung nach dem deutsch-chinesischen Abkommen über Sozialversicherung vom 10.01.2008 vorgelegt (Bl 27 SG-Akte), in welchem es heißt, dass der Ehemann der Klägerin bei dem chinesischen Unternehmen "eine Beschäftigung ausüben wird" und das an dieser Stelle auch zur Auswahl stehende Feld "zu dem nachgenannten Unternehmen in China entsandt" nicht angekreuzt ist. Zum anderen hat die Klägerin eine Arbeitsbescheinigung der deutschen Arbeitgeberin vom 08.09.2011 vorgelegt, in der es heißt, dass der Ehemann der Klägerin vom 01.02.2008 bis 31.07.2011 "für einen Arbeitseinsatz zu unserer Tochtergesellschaft D. P. Engineering Corp. Ltd. nach China entsandt" worden sei. Die Klägerin legte außerdem eine Übersicht über Reisen ihres Ehemannes in die Bundesrepublik vor (Bl 102, 146 SG-Akte). Ihr Ehemann sei neben der Tätigkeit in China auch in den Betrieb des Arbeitgebers im Inland eingegliedert gewesen. Er habe in S. in der Projektleitung/Projektkoordinierung von Projekten, bei denen Anlageteile in Deutschland oder bei der Tochterfirma in Polen konstruiert und in China installiert worden seien, mitgearbeitet und das Bindeglied zwischen der in Deutschland ansässigen Abteilung und der Abwicklung im Ausland dargestellt. Noch im Jahr 2008 hätten zwei Reisen nach St. vom 25.06.2008 bis zum 14.07.2008 und ab dem 18.12.2008 stattgefunden. Auch in den Folgejahren hätten mehrere Reisen nach St., auch nach Polen und in die USA stattgefunden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ihre bisherigen Ausführungen vertieft. Der Ehemann der Klägerin habe nur noch ein für den Bezug von Elterngeld nicht ausreichendes Rumpfarbeitsverhältnis mit seiner deutschen Arbeitgeberin in Deutschland. Er sei organisatorisch in den Betrieb des ausländischen Arbeitgebers eingegliedert. Die Weisungsbefugnis habe die chinesische Arbeitgeberin. Der Vertrag mit der deutschen Arbeitgeberin sei explizit ruhend gestellt. Die Klägerin habe keine Bescheinigung der Einzugsstelle vorgelegt. Beim Ehemann der Klägerin liege freiwillige Renten- und Arbeitslosenversicherung vor und gerade keine Pflichtversicherung.
Mit Urteil vom 08.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Begriff des Wohnsitzes richte sich nach § 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Die steuerrechtliche Bewertung sei nicht maßgeblich. Maßgeblich sei, ob ein an objektiven Verhältnissen zu messender realisierbarer Wille vorhanden sei, an einem bestimmten Ort zu wohnen. Grundsätzlich stehe der Begründung eines Inlandwohnsitzes nicht entgegen, dass der Berechtigte einen weiteren Wohnsitz im Ausland halte. Es genüge jedoch nicht, wenn der Wohnsitz im Inland nur gelegentlich und vorübergehend, beispielsweise während des Urlaubs oder nur zu Erholungszwecken genutzt werden. So liege hier der Fall. Die Klägerin habe sich mit ihrer Familie weit überwiegend in China aufgehalten und sei nur kurzzeitig aus Besuchs- und Urlaubszwecken zurückgekehrt. Das Vorhalten der Wohnung und die ordnungsrechtliche Meldung des Wohnsitzes genügten nicht. Auch eine Entsendung im Sinne des § 4 SGB IV liege nicht vor. Ruhten – wie hier – während der Dauer des Auslandsaufenthalts die Hauptpflichten aus dem inländischen Arbeitsverhältnis, so bestünde kein inländisches Beschäftigungsverhältnis mehr. Ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis reiche nicht aus. Der Ehemann sei nicht nach China entsandt, sondern versetzt worden. Die Kosten der Gehaltszahlungen trage die D. P. Engineering Corp. Limited. Gegenüber dieser habe der Ehemann die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er sei dort in die Organisation eingegliedert und unterliege dem dortigen Weisungsrecht der chinesischen Arbeitgeberin. Sein inländisches Arbeitsverhältnis mit der D. Systems GmbH ruhe und lebe erst nach seiner Rückkehr wieder auf. Er unterliege nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Es liege auch keine Bestätigung einer deutschen Krankenkasse nach § 4 SGB IV vor.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.10.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.11.2012 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft sowie eine Auflistung über Flüge von ihr und den Töchtern nach St. vorgelegt (Bl 65 Senatsakte). Der Auslandsaufenthalt sei von vorneherein befristet gewesen und die Bindung an das inländische Arbeitsverhältnis sei erhalten geblieben. Es liege eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art 3 Grundgesetz (GG) vor, die nicht zu rechtfertigen sei. Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen einer Pflichtversicherung aufgrund einer Ausstrahlung nach § 4 Abs 1 SGB IV und einer Versicherungspflicht aufgrund einer Ausnahmegenehmigung bestehe nicht. In beiden Fällen müssten Beiträge in derselben Höhe abgeführt werden. Insofern sei die Benachteiligung der unter dem Schutz des Art 6 GG stehenden Familie der Klägerin nicht nachzuvollziehen. Es liege außerdem ein grundrechtsrelevanter Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die ersten zwölf Lebensmonate der am 27.05.2010 geborenen Tochter E. Z. Elterngeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, im möglichen Bezugszeitraum habe sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nur für ca fünf Wochen in Deutschland aufgehalten.
Im Erörterungstermin am 12.12.2013 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und einer mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Das zwischenstaatliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung vom 12.07.2001 (BGBl II 2002, 83) enthält keine Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen. In Art 2 des Abkommens ist zum sachlichen Geltungsbereich geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung und die Arbeitsförderung bezieht. Eine Analogie verbietet sich, da es sich um völlig anders geartete Leistungen handelt. Die aufgezählten Leistungen sind mit einer Beitragsleistung verknüpft. Das Elterngeld stellt dagegen eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates ohne finanzielle Gegenleistung dar. Dies steht einer Übertragung des Abkommens auf das BEEG zwingend entgegen (vgl Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12).
Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die genannten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Zwar lebte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum mit der Tochter E. in einem Haushalt zusammen und erzog und betreute dieses Kind selbst. Die Klägerin hatte jedoch in den ersten zwölf Lebensmonaten von E. (27.05.2010 bis 26.05.2011) weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs 1 Nr 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs 3 SGB I heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15a SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris Rn 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 Rn 14).
Nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12 mwN). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG 10. 12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt daher auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab (BSG 03.12.2009, B 10 EG 6/08 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 10).
Ein Doppelwohnsitz im In- und Ausland bzw ein Auseinanderfallen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt soll nach der Rechtsprechung des BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich sein, erfordert jedoch hinreichend intensive Beziehungen zum Inland (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 Rn 41 unter Hinweis auf BSG 28.02.1980, 8b RKg 6/79, SozR 5870 § 1 Nr 7). Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allerdings reicht die Feststellung, dass ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer zeitlich befristeten Maßnahme dient und der Betroffene die Absicht hat, nach dem Abschluss der Maßnahme zurückzukehren, allein nicht aus, vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besagt grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet wird. Der Inlandswohnsitz wird in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Ort des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse verfügt (zwei Wohnsitze) und einer davon am bisherigen Wohnort liegt (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36 zum Kindergeld). Dabei kann die Unterhaltung der Wohnung im Inland mit der jederzeitigen Möglichkeit der dauerhaften Rückkehr hierfür genügen (BSG 26.07.1979, 8b RKg 12/78, SozR 5870 § 1 Nr 4 zum Kindergeld).
Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allerdings allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36). Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, ändern daran nichts (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36 mwN). Ebenso sieht dies bei Überschreiten der Jahresgrenze die ständige steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl zum Wohnsitzbegriff des § 8 der Abgabenordnung BFH 23.11.2000, VI R 107/99, BFHE 193, 558, DStZ 2001, 243, juris Rn 20 unter Hinweis auf die zitierte BSG-Rechtsprechung BSG SozR 3-5870 § 2 Nr 36; BFH 20.11.2008, III R 53/05, FamRZ 2009, 602; 14.10.2011, III B 202/10, BFH/NV 2012, 226: "Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt wird ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken nicht beibehalten"). Es gibt insoweit, wie im Erörterungstermin am 12.12.2013 erläutert, keine Divergenz der finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hatte die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vom 27.05.2010 bis 26.05.2011 keinen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I. Die Klägerhin hielt sich seit Februar 2008 in S. auf, weil ihr Ehemann für die geplante Dauer von drei Jahren, nämlich bis 31.01.2011, später verlängert bis 31.07.2011 bei dem in China ansässigen Unternehmen D. P. Engineering Corp Ltd ... beschäftigt sein sollte. Die gesamte Familie hielt sich dort auf. Der Lebensmittelpunkt der Klägerin befand sich damit in S ... Das Ehepaar hatte zwar seine Eigentumswohnung in Deutschland nicht aufgegeben. Diese war vollständig eingerichtet und konnte genutzt werden. Der Ehemann der Klägerin war jedoch vertraglich in China gebunden und war nicht in der Lage, ohne Vertragsbruch frei über das Ende seines Auslandsaufenthalts zu entscheiden (anders in dem vom BSG am 26.07.1979 entschiedenen Fall, 8b RKg 12/78, SozR 5870 § 1 Nr 4 zum Kindergeld). Die Wohnung in Deutschland wurde auch lediglich für kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken von der Familie genutzt. Dies entnimmt der Senat dem eigenen Vortrag der Klägerin. Danach hat sie im streitigen Zeitraum im Zusammenhang mit Besuchen/Urlaubsaufenthalten nur vom 25.07.2010 bis 02.09.2010 die Wohnung in St. genutzt. Ihr Ehemann hielt sich ebenfalls nur für kurze Zeiträume in der Wohnung auf (25.07.2010 bis 22.08.2010, 27.03.2011 bis 01.04.2011). Dabei kommt es nicht darauf an, dass während des Aufenthalts in China Kontakte zur D. Systems GmbH und zu weiteren Familienmitgliedern und Freunden der Eheleute gepflegt wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass sich nicht nur die Klägerin, sondern ihre ganze Familie sich praktisch durchgehend in China aufhielten. Damit hatte die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt an den Einsatzort des Ehemannes in S./China verlagert.
Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Danach hat Anspruch auf Elterngeld auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr 3). Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs 2 Satz 2 BEEG).
Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Ehemann der Klägerin unterlag insbesondere nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1, Satz 2 BEEG).
Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drucks 7/4122, 30; BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weiter geführt werden soll, weshalb § 4 Abs 1 SGB IV eine "im Voraus" feststehende zeitliche Begrenzung fordert (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Voraussetzung ist regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN).
Gemessen an diesen Voraussetzungen lag der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin in China. Eine echte Entsendung lag nicht vor. Die vorgelegte Bescheinigung der inländischen Arbeitgeberin vom 08.09.2011 enthält eine unzutreffende Beschreibung des Sachverhalts bzw verwendet den Begriff "entsendet" in einem "untechnischen" Sinn. Der Ehemann der Klägern war ab 01.02.2008 bei einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft beschäftigt. Das chinesische Unternehmen ist als "Limited", dh als Kapitalgesellschaft organsiert. Es führt eine eigene Bilanz- und Erfolgsrechnung und ist rechtlich selbständig. Schon dieser Umstand spricht gegen eine Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV (vgl BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1; Urteile des Senats vom 17.07.2012, L 11 EG 2929/10; 22.01.2013, L 11 EG 3335/12, juris). Kostenträger war das chinesische Unternehmen, das die Entgeltzahlungen in der eigenen Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen hatte. Mögliche konzerninterne Finanzausgleiche sind unerheblich (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1). Weiterhin unterlag der Ehemann der Klägerin den Weisungen seines Dienstvorgesetzten bei der D. P. Engineering Corp. Ltd. Er hatte die geschuldete Arbeitsleistung gegenüber diesem Unternehmen zu erbringen. Die Hauptleistungspflicht aus seinem Arbeitsvertrag mit der D. Systems GmbH war mithin suspendiert. In Deutschland bestand daher nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fort, das die Merkmale einer Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV nicht erfüllte (vgl Senatsurteil vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12).
Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Für den Anspruch auf Elterngeld genügt es nach dem Willen des Gesetzgebers demnach nicht, dass nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht (zum BErzGG: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Ebenso reicht es nicht aus, dass aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts Sozialversicherungspflicht (in einzelnen Sozialversicherungszweigen) begründet wird. § 6 SGB IV findet keine Anwendung. Der Gesetzgeber hat die insoweit anders lautende Vorschrift des Bundeserziehungsgeldgesetzes (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG) gerade nicht übernommen. Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht (Buchner/Becker, BEEG, § 1 RdNr 18). Die vorliegende Zahlung freiwilliger Beiträge zur Sozialversicherung genügt nicht.
Ein Verstoß gegen Art 3 Grundgesetz (GG) kann hierin nicht gesehen werden. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher (zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu (zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
Der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) ist nicht betroffen. Die Eheleute konnten 2008 offensichtlich frei entscheiden, in welcher Form sie die nächsten Jahre das Zusammenleben gestalten. Auch die Berufsausübungsfreiheit (Art 12 GG) ist nicht verletzt. Es steht schon keine Grundrechtsverletzung der Klägerin in Frage. Dass der Ehemann der Klägerin 2008 frei entscheiden konnte, ob er nach China geht oder nicht, ist nach dem Sachverhalt unzweifelhaft und hat mit einem etwaigen Elterngeldbezug 2010/2011 offenbar nichts zu tun gehabt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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