L 13 AS 5108/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 4548/13 ER) wird zurückgewiesen.
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5108/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 19. November 2013 (Az.: S 3 AS 4548/13 ER) wird zurückgewiesen.

Weitere außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.

Gründe:

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 3 Ziff. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert regelmäßig eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).

Der Senat folgt hier der Einschätzung des SG, dass eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruchs vorliegend nicht möglich ist. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind offen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG wird Bezug genommen.

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit diese angemessen sind. Dabei ist die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Kosten des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft abstrakt angemessen sind, das heißt ob die Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist - wie sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ergibt - zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (st. Rechtsprechung des BSG, vgl zum Ganzen zuletzt Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - juris). Hinsichtlich der hier streitigen Heizkosten ist zudem im Sinne einer erweiterten Produkttheorie zu bedenken, dass auch objektiv unangemessene Heizkosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen sind, wenn die Unterkunftskosten entsprechend niedriger sind, so dass bei einer Gesamtbetrachtung (Unterkunfts- und Heizkosten) insgesamt von angemessenen Kosten ausgegangen werden kann. Dies kommt beispielsweise bei Altbauwohnungen mit schlechter Isolierung, aber niedriger Miete in Betracht (vgl. Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22, Rn. 105).

Vorliegend kann die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft insgesamt und insbesondere der Heizkosten nicht im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz geprüft werden, sondern die Angemessenheitsgrenze wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein.

Das SG hat zunächst zutreffend dargelegt, dass ein Heizen mit Strom im Bundesheizkostenspiegel nicht abgebildet wird, so dass dieser jedenfalls für die Festlegung der Angemessenheitsgrenzen vorliegend nicht geeignet erscheint (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. Februar 2013, Az.: L 11 AS 21/13 B ER, Juris). Welche Heizkosten in der sehr speziellen Wohnsituation des Antragstellers tatsächlich angemessen sind, wird daher - wie vom SG ausgeführt - ggf. durch ein Gutachten im Hauptsacheverfahren zu klären sein.

Auch die vom Senat im Hinweisschreiben vom 20. Dezember 2013 angestellten Überlegungen zur erweiterten Produkttheorie, vermögen vorliegend keinen Anordnungsanspruch zu begründen. Zwar hält der Senat daran fest, dass bei älterem und heizkostenintensivem Wohneigentum, eine Aufforderung des Grundsicherungsträgers die Heizkosten zu senken und diese anschließend nur anteilig zu übernehmen, nur dann möglich sein dürfte, wenn letztlich die Kosten für eine angemessene vergleichbare Mietwohnung (angemessene Kaltmiete zzgl. Nebenkosten) überschritten werden oder offenkundiges Einsparpotential durch unwirtschaftliches Heizverhalten besteht. Die insoweit anzustellende Vergleichsbetrachtung zwischen den Kosten für das tatsächlich bewohnte Eigentum und einer abstrakt angemessenen Mietwohnung kann jedoch vorliegend im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ebenfalls nicht abschließend durchgeführt werden. Der Antragsgegner hat auf den entsprechenden Hinweis des Senats zutreffend eingewandt, dass sich die Kosten für das bewohnte Eigentum vorliegend nicht auf die Nebenkosten beschränken, sondern nach eigenen Angaben des Antragstellers, möglicherweise auch noch eine Nutzungsentschädigung von 1.900 EUR (vgl. Bl. 2652 der Verwaltungsakte) bis 2.000 EUR (Bl. 294 der KdU Verwaltungsakte) an den Erwerber in der Zwangsversteigerung zu zahlen ist. Aktuell kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesamtkosten für das Wohneigentum unter den Kosten für eine angemessene vergleichbare Mietwohnung (angemessene Kaltmiete zzgl. Nebenkosten) liegen.

Des Weiteren kann nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Antragsteller auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken.

In Anbetracht der auf Grund der zuvor angestellten Erwägungen vollkommen offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache, ist auch die Rechtsfrage, ob ein anteiliges pauschales Herunterrechnen der tatsächlich für 73 qm anfallenden Heizkosten auf für zwei Personen angemessene 60 qm rechtlich zulässig ist, im Hauptsacheverfahren und nicht im vorliegenden Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz zu klären. Die Zulässigkeit dieser vom SG im angegriffenen Beschluss vorgenommene anteiligen Herabbemessung wird in der bisher zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung der Landessozialgerichte nicht einheitlich beurteilt. Während das Bayerische Landessozialgericht eine derartige Herabbemessung für problematisch erachtet (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. Februar 2013, Az.: L 11 AS 21/13 B ER, Juris), wurde ein derartiges Vorgehen jedenfalls im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz vom LSG Niedersachsen-Bremen als zulässig erachtet (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. November 2011, Az.: L 11 AS 1063/11 B ER).

Nach alledem stellt sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als vollkommen offen dar. Es fehlt allerdings an der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Eilbedürftigkeit. Der Senat hält insoweit die vom SG einstweilig zugesprochenen Leistungen unter Berücksichtigung eines Heizkostenbedarfs in Höhe von 387,96 EUR für ausreichend, um gravierende Nachteile für den Antragsteller zu vermeiden, so dass durch die Entscheidung des SG keine Eilbedürftigkeit mehr besteht. Durch die Nichtübernahme der tatsächlichen Miet- und Heizkosten muss der Antragsteller schlechtesten falls einen Teil der ungedeckten Kosten durch einen Teil der Regelleistung begleichen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Differenz zwischen den bis 31. Dezember 2013 gezahlten (und vom Antragsteller akzeptierten) Heizkosten in Höhe von 472,02 EUR und den durch Beschluss des SG angeordneten zu berücksichtigenden Heizkosten in Höhe von 387,96 EUR für die gesamte Bedarfsgemeinschaft auf 84,06 EUR beschränkt, d.h. anteilig für den Antragsteller sogar nur auf 42,03 EUR. Der vom Antragsgegner bislang nicht berücksichtigte Anteil der Kosten für Heizung ist daher im Vergleich zu den nach Beschluss des SG mit Bescheid vom 27. November 2013 (Bl. 3197 der Verwaltungsakte) bewilligten Gesamtleistungen in Höhe von 1.191,20 EUR für die Bedarfsgemeinschaft bzw. 595,60 EUR für den Antragsteller verhältnismäßig gering. Erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Antragsteller sind damit vorliegend nicht zu erwarten, zumal die geltend gemachten Leistungen im Falle des Obsiegens in der Hauptsache nachgezahlt würden. Hierbei hat der Senat zudem maßgeblich berücksichtigt, dass nach eigenen Angaben des Antragstellers im Schreiben vom 2. November 2013 (Bl. 49 - 50 der SG Akte) nach derzeitigen Stand davon auszugehen ist, dass von den Abschlagszahlungen "ein guter Anteil durch Einsparungen an" den Antragsgegner "zurückgereicht" werden könne. Er selbst gehe von "guten 1.000 EUR" aus. D.h. der Antragsteller geht selbst nicht davon aus, dass die vollen Abschlagszahlungen als Heizkosten anfallen werden. Nach Auffassung des Senats ist es in einer solchen Situation jedoch vorrangig, dass sich der Antragsteller bei seinem Energielieferanten um eine geringere monatliche Abschlagszahlung bemüht. Eine über die vom SG zugesprochen hinausgehende einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners erachtet der Senat in einer solchen Situation nicht für geboten. Die vorliegende maximale Bedarfsunterdeckung von monatlich 42,03 EUR ist dem Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zuzumuten, so dass keine Eilbedürftigkeit gegeben ist.

Der Senat konnte über die Beschwerden trotz diverser Ablehnungsgesuche des Antragstellers in anderen Verfahren in geschäftsverteilungsplanmäßiger Besetzung entscheiden. Die diesbezüglichen Gesuche sind offensichtlich unzulässig. Nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein zulässiges Ablehnungsgesuch setzt voraus, dass ein Ablehnungsgrund angeführt wird. Einem fehlenden Ablehnungsgrund steht es gleich, wenn pauschal, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, alle Mitglieder eines Spruchkörpers abgelehnt werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 60 Rdnr. 10b, m.w.N.). Der Antragsteller hat keine nachvollziehbaren Tatsachen vorgebracht, sondern lediglich pauschal ausgeführt, die Richter des 13. Senats seien "wegen nachgewiesener Rechtsbeugung, Strafvereitelung im Amt, Datenschutzverletzung, Prozessbetrug und schwerer Menschenrechtsverletzung abgelehnt".

Der Senat ist auch nicht verpflichtet dem Antragsteller - wie in einer Vielzahl anderer Verfahren beantragt - einen Verfahrenspfleger beizuordnen. Der Antragsteller ist - wie in der Vielzahl der vor dem Senat geführten Verfahren klar zum Ausdruck kommt - in ausreichendem Maße in der Lage, seine Interessen wahrzunehmen und verständliche Anträge zu stellen, so dass der Senat keine konkreten Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit hat. Nach der amtlichen Auskunft des Landgerichts Waldshut (LG) vom 10. September 2013 gegenüber dem 3. Senat in dem Verfahren L 3 AS 2944/13, die am 28. Oktober 2013 gegenüber dem Senat nochmals bestätigt worden ist, ist dem Antragsteller auch in dem dort anhängigen - von ihm selbst eingeleiteten - Betreuungsverfahren bislang weder ein Betreuer bestellt noch ein Einwilligungsvorbehalt für prozessrechtlich relevante Erklärungen angeordnet worden. Nach Auskunft des LG liegen dort - aufgrund der fehlenden Mitwirkung - keine medizinischen Hinweise für eine Prozessunfähigkeit vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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