L 10 U 4369/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1337/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4369/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.09.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der am 1948 geborene Kläger war als Tiefbau-Vorarbeiter bei der Fa. E. S. Bauge¬schäft GmbH in W.-T. beschäftigt gewesen. Am 13.11.2008 wollte er - kurz vor Arbeitsschluss und beim Aufräumen der Baustelle - eine Schubkarre auf einen Lkw verladen; dabei verdrehte er sich sein linkes Knie und fiel zu Boden (Bl. 34 VerwA). Im Durchgangsarztbericht am Tag nach dem Unfallereignis (Bl. 3 VerwA) diagnostizierte der Chirurg Dr. S. eine Distorsion des linken Knies, einen blutigen Gelenkerguss des linken Knies und einen Verdacht auf Außenmeniskopathie links. Röntgenaufnahmen des linken Kniegelenks ergaben einen unauffälligen, physiologischen Knochen- und Gelenkbefund ohne degenerative, entzündliche oder posttraumatische Veränderungen.

Nach Durchführung einer ersten Kernspintomographie (MRT) am 19.11.2008 äußerte sich Dr. V. , Leitende Ärztin des Instituts für Diagnostische Radiologie am Spital W. , im Rahmen ihrer Beurteilung dahingehend, beim Kläger bestünden ein mäßiggradiger Kniegelenkserguss mit Ausbildung einer sehr kleinen Baker-Zyste, eine Läsion des Kopfes und der Sehne des Musculus popliteus sowie des poplitealen Ligamentes und des lateralen, dorsalen Gelenkkapselanteiles, eine Teilläsion im proximalen Anteil des vorderen Kreuzbandes sowie am ehesten ein Kontusionsödem am laterodorsalen Tibia¬plateau bzw. des lateralen Femurkondylus mit V. a. subchondrale Impressionsfraktur des lateralen Femurkondylus (Bl. 21 VerwA).

Das von der Beklagten eingeholte Vorerkrankungsverzeichnis (für den Zeitraum Februar 1997 bis Dezember 2008) enthielt - mit Blick auf bereits vorher bestehende Kniebeschwerden des Klägers - außer einer Zerquetschung des Knies im April 2001 keine weiteren einschlägigen Eintragungen (Bl. 25 ff. VerwA).

Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. führte im März/April 2009 eine komplex-stationäre Rehabilitation durch (Bl. 133 ff. VerwA). Die dabei vorgenommene schnittbilddiagnostische Abklärung mittels einer Computertomographie (CT) und einer MRT-Untersu¬chung des linken Kniegelenks ergab eine Frakturlinie im Bereich des lateralen Femurkondylus mit subchondraler Fraktur (ohne Anhalt für eine Gelenkstufe) sowie einen Horizontalriss der Pars in¬termedia und des Außenmeniskushinterhorns mit geringgradigem Reizerguss (Bl. 136 VerwA). Die Durchführung einer weiteren kernspintomographischen Untersuchung am 13.07.2009 (Bl. 191 VerwA) zeigte eine osteochondrale Läsion Grad 1 am medialen Kondylus, einen Zustand nach vorderer Kreuzbanddistorsion mit indirekten Instabilitätszeichen sowie einen schräg und horizontal verlaufenden Riss in Pars intermedia und im Hinterhorn des Innenmeniskus bei stumpfem Zentralrand. Luxierte Meniskusfragmente waren nicht erkennbar, dafür eine kleine Baker-Zyste und kaum Erguss. Daran anschließend fand im August 2009 an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. eine Arthroskopie im linken Kniegelenk statt (Bl. 227 f. VerwA); dabei wurde eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk, eine Innenmeniskus¬hinterhornhori¬zontalrissbildung im Kniegelenk rechts (gemeint links), eine Chondromalazie im medialen Kompartiment sowie eine Chondromalazie retropatellar diagnostiziert. Anlässlich dieser Arthroskopie wurde eine Innen¬me¬niskus¬hinterhorn-Teilresektion sowie ein Needeling und eine Mikrofrakturierung im femuralen Ansatz des vorderen Kreuzbandes im linken Kniegelenk vorgenommen.

Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 29.04.2010 stellte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld zum 13.05.2010 ein.

Mit Bescheid vom 23.08.2010 (Bl. 347 f. VerwA) lehnte die Beklagte einen Anspruch des Kläger auf Verletztenrente wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls ab, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wegen der Unfallfolgen lediglich 10 v. H. betrage. Bei ihrer Beurteilung der MdE berücksichtigte die Beklagte als Unfallfolgen eine muskulär kompensierte, geringe vordere Instabilität des linken Kniegelenks nach mit Ausdünnung verheilter vorderer Kreuzbandteilruptur, eine Schädigung der Popliteussehne, eine Innenmeniskusschädigung sowie einen sub¬chondralen Stauchungsbruch des Oberschenkelkondylus. Als unfallunabhängig wurde eine Senkfußbildung beidseitig sowie eine Knorpelschädigung an der Oberschenkel¬kondyle retropatellar links bewertet. Grundlage dieses Bescheides war ein chirurgisches Gutachten, das Dr. P. , Chefarzt der Abteilung für Unfall-, Wiederherstellungs- und orthopädische Chirurgie des Spitals W. , nach Untersuchung des Klägers im Mai 2010 erstattete (Bl. 328 ff. VerwA). Dr. P. diagnostizierte eine geringe Instabilität bei mit Ausdünnung ausgeheilter vorderer Kreuzbandteilresektion, eine Chondropathie retropatellar und medial femural, eine Meniskusläsion operativ behandelt am medialen Meniskus, eine ausgeheilte latero/dorsale Kapselverletzung und eine ausgeheilte subchondrale Femurfraktur lateral (Bl. 335 VerwA). Vorbestehende Erkrankungen seien nicht zu beschreiben und zu erkennen (Bl. 336 VerwA). Nach Ansicht des Gutachters sind die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes, die dorso-laterale Kapselläsion mit subchondraler Femurkondylenfraktur als primäre Gesundheitsschäden und der ab Juli 2009 nachgewiesene Innenmeniskuseinriss - als Folge der geringen vorderen Instabilität des Kniegelenks - auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die "Knorpelschäden an der Femurkondyle retropatellar" seien hingegen nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen, da im Rahmen der Primärdiagnostik keinerlei Hinweise auf eine Kontusion oder Knorpelschädigung festgestellt worden seien (Bl. 337 VerwA). Angesichts der anterioren Instabilität des linken Kniegelenks und der Meniskusteilresektion medial ohne wesentliche Beschwerden liege eine MdE von maximal 10 v.H. vor (Bl. 338 VerwA). Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.08.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2011 und der Begründung zurück, die Unfallfolgen seien korrekt festgestellt und die Bewertung der bestehenden Unfallfolgen mit einer MdE von 10 v. H. sei nicht zu beanstanden (Bl. 370 VerwA).

Die hiergegen am 15.03.2011 erhobene Klage auf Feststellung von Unfallfolgen und Gewährung von Verletztenrente hat das Sozialgericht Freiburg mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2011 abgewiesen. Es hat sich in seiner Entscheidung im Wesentlichen auf das verwaltungsseitig veranlasste Gutachten des Dr. P. gestützt, dem sich der - den Kläger von Mai 2009 bis Mai 2010 behandelnde - Chirurg Dr. R. auf Nachfrage des Sozialgerichts in Befunderhebung und Schlussfolgerungen angeschlossen hat (Bl. 29 SG-Akte).

Hiergegen hat der Kläger am 07.10.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er meint, die zwischenzeitlich festgestellten Knorpelschäden seien nicht degenerativer Natur, schließlich habe er vor dem Arbeitsunfall keinerlei Beschwerden im Bereich des linken Knies gehabt.

Der Kläger beantragt (Bl. 80 LSG-Akte),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 08.09.2011 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 festzustellen, dass auch ein Horizontalriss der Pars intermedia und des Hinterhorns des Außenmeniskus sowie eine Knorpelschädigung an der Oberschenkelkondyle links Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.11.2008 sind, und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst - mit Blick auf die streitige Unfallabhängigkeit der Knorpelschäden des linken Kniegelenks und die MdE - ein Gutachten nach Aktenlage bei Dr. P. eingeholt (Bl. 19 ff. LSG-Akte). Dieser hat die MdE selbst unter Einbeziehung der - von ihm weiterhin als unfallunabhängig angesehenen (Bl. 22 LSG-Akte) - Knorpelschäden des linken Kniegelenks auf 10 v.H. geschätzt (Bl. 20 f. LSG-Akte).

Außerdem hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem Orthopäden PD Dr. N. in Auftrag gegeben (Bl. 43 ff. LSG-Akte). PD Dr. N. hat eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes mit persistierender muskulär partiell kompensierter zweitgradiger anteriorer Instabilität des linken Kniegelenkes, eine geringgradige laterale Restinstabilität nach Verletzung des posterolateralen Gelenkecks am linken Kniegelenk, ein Beugedefizit von 5°, eine Innenmeniskus¬hinterhornverletzung linksseitig bei einem Zustand nach arthroskopischer Teilresektion am linken Kniegelenk, eine Knorpelschädigung der medialen Femurkondyle und der Patellarückfläche am linken Kniegelenk, eine subchondrale Impaktion der lateralen Femurkondyle am linken Kniegelenk sowie eine geringgradig beginnende Gonarthrose am linken Kniegelenk diagnostiziert (Bl. 56 LSG-Akte). Er hat sich in seiner Einschätzung sowohl hinsichtlich der Unfallfolgen als auch der MdE ausdrücklich den vorausgehenden Stellungnahmen und Untersuchungen angeschlossen (Bl. 59, 66 LSG-Akte). Die vorliegend objektivierbaren und auf den Arbeitsunfall zurückzuführenden Funktionseinschränkungen rechtfertigten auch aus seiner Sicht eine MdE von 10 v. H. (Bl. 60 f. LSG-Akte). Für die vom Kläger als fortbestehend beklagte Schmerzsymptomatik im Sinne von belastungsabhängigen Beschwerden seien eher die - auch von ihm als unfall¬unabhängig beurteilten - Knorpelschädigungen im Bereich der medialen Femurkondyle und der Patella¬rückfläche ursächlich (Bl. 61 f. LSG-Akte); eine richtungsweisende Verschlimmerung der Knorpelschäden durch das Unfallereignis liege bereits deshalb nicht vor, da die Knorpelschäden vor dem Unfall nicht symptomatisch gewesen seien (Bl. 62 f. LSG-Akte).

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht Freiburg hat die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) gegen den Bescheid vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.02.2011 zu Recht abgewiesen. Es sind weder Unfallfolgen festzustellen noch hat der Kläger anlässlich des am 13.11.2008 erlittenen Arbeitsunfalls Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Prozessuale Grundlage für das Begehren auf Feststellung von Unfallfolgen ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann mit einer sozialgerichtlichen Klage u.a. die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Das Ereignis vom 13.11.2008, bei dem der Kläger anlässlich des Verladens einer Schubkarre auf einen Lkw stürzte und ein Verdrehtrauma des linken Knies erlitt, ist ein Arbeitsunfall in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat dieses Ereignis in dem angefochtenen Bescheid vom 23.08.2010 selbst als Arbeitsunfall bezeichnet und als Folgen hiervon eine muskulär kompensierte, geringe vordere Instabilität des linken Kniegelenks nach mit Ausdünnung verheilter vorderer Kreuzbandteilruptur, eine Schädigung der Popliteussehne, eine Innenmeniskusschädigung sowie einen sub¬chondralen Stauchungsbruch des Oberschen-kelkondylus aufgeführt. Streitig ist zwischen den Beteiligten aber, ob durch das Unfallereignis über die genannten Unfallfolgen hinaus weitere Gesundheitsstörungen aufgetreten sind - nach Auffassung des Klägers eine Außenmeniskus- und Knorpelschädigung im linken Kniegelenk - und hierdurch seine Erwerbsfähigkeit im rentenberechtigenden Ausmaß eingeschränkt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Nach Maßgabe dieser rechtlichen Grundlagen ist keine Feststellung eines "Horizontalrisses der Pars intermedia und des Hinterhorns des Außenmeniskus" als Unfallfolge zu treffen. Denn ein derartiger Gesundheitsschaden ist nicht nachgewiesen. Zwar wurde - nachdem bereits der Durchgangsarzt Dr. S. am Tag nach dem Unfall einen "Verdacht auf Außenmeniskopathie" geäußert hatte - im Befund- und Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. über den stationären Aufenthalt des Klägers im März/April 2009 nach Durchführung eines MRT ein "Horizontalriss der Pars intermedia und des Hinterhorns des Außenmeniskus" diagnostiziert (Bl. 133, 136 VerwA). Auch hat der im Verfahren vor dem Sozialgericht Freiburg als sachverständiger Zeuge gehörte Dr. R. - diesmal unter Bezugnahme auf eine MRT-Aufnahme vom 29.06.2009 - auf eine "Zunahme der Ausdehnung des Horizontalrisses am Außenmeniskus" hingewiesen (Bl. 27 SG-Akte).

Allerdings haben sich weder in der MRT-Aufnahme vom 19.11.2008 (Bl. 21 VerwA) noch in der MRT-Aufnahme vom 13.07.2009 Hinweise auf eine Schädigung des Außenmeniskus gefunden; in Letzterer waren lediglich Schädigungen des Innenmeniskus festgestellt worden (Bl. 191 VerwA). Entscheidend ist aber vor allem, dass sich eine Außenmeniskusschädigung im Rahmen der diagnostischen Arthroskopie am 12.08.2009 gerade nicht bestätigte; zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Arthroskopie zeitlich nach den MRT-Aufnahmen, die eine Schädigung des Außenmeniskus nahelegen, durchgeführt wurde. Bei der Arthroskopie wurde lediglich eine - vorliegend als Unfallfolge von der Beklagten bereits berücksichtigte - Horizontalrissbildung des In¬nenmeniskus¬hinter¬horns im Kniegelenk diagnostiziert, die dann im Rahmen der Arthroskopie des linken Kniegelenks auch zur einer Teilresektion des Innenmeniskus führte (Bl. 227 f. VerwA). Einen Nachweis der im Vorfeld geäußerten Schädigung des Außenmeniskus erbrachte die Operation gerade nicht. Folgerichtig haben bei der Untersuchung des Klägers durch den Sachverständigen PD Dr. N. im November 2012 beidseits nur negative Meniskuszeichen sowohl für den Innen- als auch für den Außenmeniskus imponiert (Bl. 53 LSG-Akte). Dementsprechend haben auch weder Dr. P. noch PD Dr. N. in ihren Gutachten Verletzungen des Außenmeniskus diagnostiziert.

Soweit der Kläger im Weiteren auch die Feststellung der Knorpelschäden seines linken Kniegelenks als weitere Unfallfolge begehrt, ist zwischen diesem strukturellen Schaden und dem Arbeitsunfall kein hinreichender ursächlicher Zusammenhang herzustellen. Denn die - erstmals im MRT vom 13.07.2009 beschriebenen (Bl. 191 Rs. VerwA: osteochondrale Läsion Grad 1 am medialen Kondylus) und auch im Rahmen der Arthroskopie am 12.08.2009 tatsächlich nachgewiesenen (Bl. 227 VerwA: Chondromalazie mediales Kompartiment und Chondromalazie retropatellar) - Knorpelschäden im linken Kniegelenk sind nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Bereits in seinem Gutachten gegenüber der Beklagten wies Dr. P. darauf hin, dass die Primärdiagnostik mit ihren fehlenden Hinweisen auf eine Kontusion oder Knorpelschädigung gegen einen wahrscheinlichen Unfallzusammenhang spricht (Bl. 337 VerwA). Dies wird auch im Durchgangsarztbericht des Dr. S. am Tag nach dem Arbeitsunfall bestätigt, wenn es dort heißt, Röntgenaufnahmen des linken Kniegelenks ergaben einen unauffälligen, physiologischen Knochen- und Gelenkbefund ohne degenerative, entzündliche oder posttraumatische Veränderungen (Bl. 3 VerwA). In seinem ergänzenden Aktengutachten gegenüber dem Senat hat Dr. P. seine früheren Feststellungen erneut aufgegriffen und weiter erläutert, dass sich für die Annahme eines Unfallzusammenhangs der Knorpelschäden bereits im ersten MRT vom 19.11.2008 ein Schaden des medialen Gelenkkompartiments hätte zeigen müssen. Dies war im Falle des Klägers gerade nicht der Fall. Ohne ein deutliches Knochenödem im MRT vom 19.11.2008 ist jedoch - so der Sachverständige Dr. P. auch nach Analyse des Unfallhergangs - davon auszugehen, dass das Ver¬drehtrauma keine unmittelbare Gewalteinwirkung auf den Knorpelbereich des verletzten Knies auslöste. Danach sind durch das Unfallereignis lediglich die äußeren Gelenkteile des Oberschenkel- und Unterschenkelknochens unter Druck gesetzt worden, nicht jedoch die inneren Teile des medialen Gelenkkompartiments (Bl. 22 LSG-Akte).

Bestätigt wird diese medizinische Einschätzung Dr. P. s zur Unfallkausalität der Knorpelschäden des linken Kniegelenks auch dadurch, dass der Sachverständige PD Dr. N. , der als erster beide Kniegelenke röntgenologisch hat untersuchen lassen (Bl. 66 ff. LSG-Akte), eine beidseitig geringgradige mediale Gonarthrose festgestellt hat (Bl. 55 LSG-Akte). Aus dieser Bildgebung schließt er, dass Ursache der Knorpelschäden eine - unfallunabhängige - beidseitige symmetrische Überlastung und gerade keine einseitige traumatische Schädigung ist. Auf den Röntgenaufnahmen sind die Knorpelschäden im Bereich des - durch den Arbeitsunfall verletzten - linken Knies jedenfalls nicht stärker ausgeprägt gewesen als die auf der - unverletzten - rechten Seite, der Sachverständige spricht von geringgradigen degenerativen Veränderungen des inneren Gelenkabschnitts beidseitig und einer analogen Höhenminderung des medialen Kompartiments (Bl. 62 LSG-Akte).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Die MdE für die von Dr. P. und PD Dr. N. angenommenen Unfallfolgen - die Instabilität des linken Kniegelenks und die geringe Bewegungseinschränkung - bemisst sich somit nach den verbliebenen objektivierbaren Funktionseinschränkungen und rechtfertigt vorliegend keine höhere Bewertung als 10 v.H. Denn die - im Anschluss an die Einstellung der Verletztengeldzahlung zum 13.05.2010 (Bl. 324 VerwA) und damit zum frühest möglichen Beginn einer Verletztenrente (vgl. § 72 Abs. 1 SGB VII) - noch verbliebenen Funktionseinschränkungen beschränken sich im Falle des Klägers nach den Ausführungen des Sachverständigen PD Dr. N. im Wesentlichen auf eine Instabilität des linken Kniegelenks, die von ihm mit mittelgradig (Grad II) eingestuft wird (Bl. 60, 64 LSG-Akte), sowie eine geringgradige, im Toleranzbereich liegende Muskelminderung linksseitig (Bl. 54, 64 LSG-Akte). In ähnlicher Weise ist bereits Dr. P. von einer geringen vorderen Instabilität und einer Meniskusteilresektion medial ohne wesentliche Beschwerden ausgegangen (Bl. 335, 338 VerwA, Bl. 21 LSG-Akte). Dr. P. beschrieb links eine frei bewegliche Patella, ein negatives Zohlen-Zeichen sowie einen negativen Pivot-Shift-Test; gerade letzterer ist Zeichen dafür, dass eine gröbere Instabilität des linken Kniegelenks nicht besteht. Auch die bei der klinischen Prüfung durch Dr. P. festgestellte vordere Schublade ist Ausdruck einer nur geringen Restinstabilität bei einem ansonsten ausgeheilten vorderen Kreuzband (Bl. 334 VerwA, Bl. 21 LSG-Akte). Obwohl PD Dr. N. gegenüber Dr. P. eine höhergradige Instabilität des linken Kniegelenks (Grad II) feststellt, geht er dennoch davon aus, dass diese weitestgehend muskulär kompensiert ist (Bl. 60 LSG-Akte), nachdem auch die klinische Untersuchung nur eine leichte bis mittelgradige Instabilität gezeigt hat (Bl. 60 f. LSG-Akte). Beide Sachverständige gehen zudem übereinstimmend von einer regelrechten (Dr. P. Bl. 333 f.; 340 VerwA: 0/0/135 nach der Neutral-0-Methode) bzw. geringgradig eingeschränkten (PD Dr. N. Bl. 53 LSG-Akte: 5/0/130) Beweglichkeit in der Beugung des linken Kniegelenks aus und beide Sachverständigen bewerten die MdE mit lediglich 10 v.H. Dem schließt sich der Senat an. Misst man diese funktionellen Einschränkungen an den maßgebenden Vorgaben der sozialmedizinischen Literatur, dann ist die muskulär kompensierte Lockerung des Kniebandapparates und die allenfalls geringgradige Einschränkung der Beweglichkeit mit einer MdE von 10 v.H. angemessen bewertet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 654 f.).

Selbst bei Berücksichtigung sämtlicher beim Kläger am linken Kniegelenk bestehenden Beschwerden in Form von Belastungsbeschwerden, insbesondere beim Gehen und auf unebenem Boden, beim Treppensteigen und In-die-Hocke-gehen sowie schwerem Heben und Tragen (Angaben gegenüber PD Dr. N. ) kommt keine MdE in rentenberechtigendem Umfang von mindestens 20 v.H. in Betracht. Darauf weist Dr. P. in seinem Aktengutachten hin, der die Knorpelschädigung im linken Kniegelenk als minimal bezeichnet und eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ausdrücklich verneint hat (Bl. 23 LSG-Akte). PD Dr. N. hat sich am Ende seines Gutachtens diesen Ausführungen umfassend angeschlossen. Selbst wenn, wie der Kläger meint, diese Beschwerden i.S. einer "Verschlimmerung" (entgegen der Beurteilung von PD Dr. N. ) auf den Unfall zurückzuführen sein sollten, bestünde kein Anspruch auf Verletztenrente. Damit kann im Ergebnis die Frage nach dem Auslöser und der genauen Ursache dieser Beschwerden offen bleiben. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass der vom Kläger angegebene zeitliche Zusammenhang (Beschwerdefreiheit vor dem Unfall) für die Bejahung des Kausalzusammenhanges nicht ausreicht (vgl. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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