Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KO 730/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 KO 4491/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur Plausibilitätsprüfung der Vergütungsabrechnung von Sachverständigen (grundlegend Beschlüsse vom 22.09.2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118 und vom 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A - juris) grundsätzlich fest, modifiziert allerdings die für die Prüfung des erforderlichen Zeitaufwands bei „Routinegutachten“ heranzuziehenden Erfahrungswerte für die Aktendurchsicht sowie für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen.
2. Für die Durchsicht der Akten einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts ist für bis zu 150 Aktenseiten mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil 1 Stunde anzusetzen.
3. Für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen ist von 1 Stunde für 1,5 Standardseiten auszugehen.
4. Der Senat hält auch daran fest, dass neben der Plausibilitätsprüfung ggfs. - insbesondere vor einer Kürzung des geltend gemachten Zeitaufwands - eine inhaltliche Prüfung zu erfolgen hat.
2. Für die Durchsicht der Akten einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts ist für bis zu 150 Aktenseiten mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil 1 Stunde anzusetzen.
3. Für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen ist von 1 Stunde für 1,5 Standardseiten auszugehen.
4. Der Senat hält auch daran fest, dass neben der Plausibilitätsprüfung ggfs. - insbesondere vor einer Kürzung des geltend gemachten Zeitaufwands - eine inhaltliche Prüfung zu erfolgen hat.
Die Vergütung der Antragstellerin für das Gutachten vom 17.12.2011 wird auf 1.649,25 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht (SG) H. anhängig gewesenen Klageverfahren S 5 U 4190/10 ging es um die Anerkennung einer Berufskrankheit des Klägers. Das SG ernannte im Zuge der medizinischen Beweisaufnahme mit Schreiben vom 21.09.2011 die Antragstellerin auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Sachverständigen und bat um Erstattung eines schriftlichen Gutachtens nach ambulanter Untersuchung. Beigefügt waren 399 Blatt Akten. Die Antragstellerin legte das schriftliche Gutachten vom 17.12.2011 vor. Das Gutachten umfasst 42 Seiten, davon 13 Seiten Wiedergabe des Akteninhalts (S. 3 bis 16), 11,5 Seiten Anamnese und Befunde einschließlich psychometrische Testverfahren (S. 16 bis 28), und 12,5 Seiten Zusammenfassung und Beurteilung sowie Beantwortung der Beweisfragen (S. 28 bis 40). Die Zahl der Anschläge beträgt insgesamt 52.759.
Mit Schreiben vom 23.01.2012 hat die Antragstellerin dafür insgesamt 2.228,30 EUR abgerechnet. Sie hat dabei einen Zeitaufwand von 25 Stunden á 85,- EUR angesetzt, im einzelnen: Aktenstudium 4 Stunden, Erhebung der Vorgeschichte und körperliche Untersuchung 4 Stunden, testpsychologische Untersuchung (6 Tests) 3 Stunden, Ausarbeitung 7 Stunden, Diktat und Korrektur 7 Stunden. Dazu kommen 6,90 EUR für Porto und 96,40 EUR Schreibgebühren.
Die Kostenbeamtin hat anstelle des geltend gemachten Betrages die Vergütung mit insgesamt 1.521,75 EUR festgestellt (Schreiben vom 30.01.2012). Sie hat einen Zeitaufwand von 15,5 Stunden á 85,- EUR zugrundgelegt, einen Zuschlag von 10 % hinzugerechnet und ist so auf 17 zu vergütende Stunden gekommen (= 17 x 85,- EUR = 1.445,- EUR). Ferner hat sie für Porto 6,90 EUR und für Schreibgebühren und Mehrfertigungen 69,85 EUR angesetzt.
Die Antragstellerin hat richterliche Festsetzung beantragt. Sie hat sich auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) berufen. Demnach seien die Maßstäbe beim Aktenstudium eine Stunde für 100 Blatt, bei der Ausarbeitung des Gutachtens eine Stunde für sechs Seiten und bei Diktat und Korrektur ebenfalls eine Stunde für sechs Seiten, sodass für ihr 42-seitiges Gutachten jeweils 7 Stunden zu vergüten seien. Dem Bayerischen LSG zufolge könnten für jede testpsychologische Untersuchung 0,5 Stunden angesetzt werden.
Der Bezirksrevisor hat mit Schreiben vom 27.03.2012 einen zu vergütenden Zeitaufwand von insgesamt 19 Stunden angenommen. Nach Plausibilitätsprüfung komme man zwar lediglich auf 13,5 Stunden. Nach der inhaltlichen Prüfung könnten indessen für das Aktenstudium 4 Stunden und für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen sechs Stunden anerkannt werden. Hinzu kämen für Diktat von Anamnese und Befunden eine Stunde, für die Untersuchung und die testpsychologischen Untersuchungen sechs Stunden (es seien acht testpsychologische Untersuchungen in der Rechnung angegeben, für die jeweils 15 Minuten vergütet werden könnten) und für die abschließende Korrektur und Durchsicht 1,6 Stunden.
Das SG hat durch Beschluss vom 27.09.2012 die Vergütung der Antragstellerin auf 1.394,25 EUR festgesetzt. In Übereinstimmung mit der Kostenbeamtin hat es einen zu vergütenden Zeitaufwand von 15,5 Stunden angenommen. Ein Zuschlag von 10 % komme nicht in Betracht. Aus dem Gutachten selbst und unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwands ergäben sich keine Gründe für eine Erhöhung. Die Antragstellerin habe auch ihren tatsächlichen Zeitaufwand gar nicht angegeben, sondern lediglich eine Berechnung nach den Entschädigungsgrundsätzen des Bayerischen LSG vorgenommen, ohne eine weitere Begründung zu geben.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 19.10.2012 (Eingang beim SG) Beschwerde eingelegt. Sie wendet sich gegen die Kürzung des zu vergütenden Zeitaufwands und beruft sich erneut auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der Akten des SG H. S 5 U 4190/10 Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet nach § 4 Abs. 7 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) in voller Besetzung, nachdem der Einzelrichter das Verfahren wegen teilweiser grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen hat.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
Grundlage des hier zu beurteilenden Vergütungsanspruchs sind die §§ 8, 9 JVEG (hier anzuwenden in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung). Handelt es sich wie hier um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich aufgewendete Zeit gewährt, § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG. Die "erforderliche" Zeit ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (s. z. B. Meyer/Bach/Höver, JVEG, 25. Auflage 2011, § 8 Rdnr. 8.48 mit zahlreichen Nachweisen). Erforderlich ist die Zeit, die bei sachgerechter Abwägung von erfahrenen Sachverständigen in durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt wird. Hierbei geht die Rechtsprechung vielfach von Erfahrungssätzen aus, die aus einer Vielzahl von Gutachten ermittelt worden sind und die im Interesse einer Gleichbehandlung aller Sachverständigen notwendige objektive Beurteilung ermöglichen. Hieraus leitet sich auch die Kompetenz zur Überprüfung von Entschädigungsansprüchen ab, die mithin mit keinerlei Wertung hinsichtlich der Gutachten und ihrer Bearbeitung verbunden ist.
Grundsätzlich ist von der Richtigkeit der Angaben eines Sachverständigen zu seinem tatsächlichen Zeitaufwand auszugehen. Die Überprüfung zur Ermittlung der nach dem JVEG nur vergütungsfähigen erforderlichen Zeit erfolgt in der Regel mittels der vom Senat entwickelten Plausibilitätskriterien (grundlegend Beschluss des Senats vom 22.09.2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118, sowie in Juris).
Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung des Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung (mehr als geringfügig, d. h. um mehr als 10 %), ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und gegebenenfalls vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige zum einen seinen tatsächlichen Zeitaufwand angibt und zum anderen - jedenfalls bei Routinegutachten ohne Besonderheiten - die Kostenrechnung entsprechend den Vorgaben verfasst, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung entwickelt hat und wie sie dem Sachverständigen im Hinweisblatt zusammen mit dem Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind, also insbesondere gegliedert nach den Arbeitsschritten: Aktendurchsicht einschließlich Diktat der Aktenlage; Untersuchung (gegebenenfalls einschließlich Diktat von Anamnese und Befunden); Diktat von Anamnese und Befunden (soweit nicht während der Untersuchung diktiert); Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat; Korrektur (siehe zu dieser Aufteilung Beschluss des Senats vom 22.09.2004, a.a.O.).
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung grundsätzlich fest, modifiziert sie allerdings im Bereich der bei der Plausibilitätsprüfung für Routinegutachten heranzuziehenden Erfahrungswerte für die Aktendurchsicht sowie für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen.
Für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts hat der Senat bisher bei Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung für bis zu 200 Aktenseiten mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil eine Stunde angesetzt. Der Senat hat dabei Erfahrungswerte aus dem richterlichen Bereich zugrundegelegt. Abgesehen davon, dass sich daraus von vornherein keine exakt nachweisbaren Werte ergeben, muss berücksichtigt werden, dass ein mit der täglichen Durcharbeitung von Gerichts- und Verwaltungsakten vielfach nicht vertrauter Sachverständiger hierfür vielfach längere Zeit benötigt als ein in dieser Tätigkeit geübter Richter, vor allem aber auch, dass ein medizinischer Sachverständiger dabei andere Schwerpunkte hat. Letztlich kann der nach einem objektiven Maßstab erforderliche Zeitaufwand für das Aktenstudium nur geschätzt werden. Der Senat berücksichtigt deshalb auch die in der Rechtsprechung der Kostensenate anderer Landessozialgerichte verwendeten Erfahrungswerte. Diese sind nicht einheitlich. Überwiegend wird ein Durchschnittswert von 100 Seiten pro Stunde zugrundegelegt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B -, Juris, m.w.N.), allerdings findet man auch sowohl niedrigere als auch höhere Werte, darüber hinaus ist die Berücksichtigung des Anteils medizinischer Unterlagen ebenso unterschiedlich wie der Grad der Annäherung an eine Pauschale (siehe z. B. Bayerisches LSG, Beschluss vom 30.11.2011 - L 15 SF 97/11 -, Juris, Rdnrn. 31 und 37: Maßstab für das Aktenstudium seien 100 Blatt in einer Stunde bei mindestens 25 % medizinisch gutachtensrelevantem Inhalt; in allen anderen Fällen seien 150 bis 200 Blatt pro Stunde angemessen; eine "Abweichung von den pauschalierenden Vorgaben für die Ermittlung des Zeitaufwands ist nicht möglich"). Gleichwohl hält der Senat, da der von ihm bisher angesetzte Erfahrungswert sehr deutlich über dem überwiegend verwendeten Richtwert von 100 Blatt pro Stunde liegt, eine Annäherung an die Werte der anderen Bundesländer für angezeigt. Er hält es nach erneuter Überprüfung für angemessen, beim Aktenstudium für 150 Aktenseiten (anstatt bisher 200 Aktenseiten) mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil einen erforderlichen Zeitaufwand von einer Stunde anzunehmen. Damit bewegt sich der Senat, wenn auch nicht vollständig und mit Unterschieden im Detail, in einem ähnlichen Bereich wie etwa das Schleswig-Holsteinische LSG (Beschluss vom 08.10.2012 - L 5 SF 93/11 KO - NZS 2013, 279: 100 bis 150 Blatt je Stunde als Anhaltspunkt).
Auch beim Arbeitsschritt Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung den bisher angesetzten Erfahrungswert von einer Stunde für 2,5 Seiten (Standardseiten) für zu knapp bemessen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat sowohl nach eigener Einschätzung als auch nach einem Vergleich mit der Rechtsprechung der anderen Landessozialgerichte. Soweit die veröffentlichte Rechtsprechung dazu Erfahrungswerte zugrundelegt, wird für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen ganz überwiegend eine Stunde für eine Seite angesetzt (Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.05.2012 - L 15 SF 104/11 - NZS 2012, 959; LSG Hessen, Beschluss vom 11.04.2005 - L 2/9 SF 82/04 - , Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.11.2011 - L 5 PE 55/10 -, Juris; Schleswig-Holsteinisches LSG a.a.O.; eine Stunde für 1,5 Seiten: Thüringer LSG, Beschluss vom 03.04.2012 - L 6 SF 306/12 B -, Juris). Auch hier gibt es Unterschiede in den Einzelheiten. Vergleicht man mit dem vom Senat bisher angesetzten Erfahrungswert, ist zudem zu berücksichtigen: Bei der Bestimmung der maßgeblichen Seitenzahl lehnen die genannten Entscheidungen entweder eine Umrechnung in Standardseiten ab (Thüringer LSG, LSG Rheinland-Pfalz) oder setzen die Standardseite mit 1800 Anschlägen (Bayerisches LSG, LSG Hessen) oder 2000 Anschlägen (Schleswig Holsteinisches LSG) an; ferner wird das Diktat einem anderen Arbeitsschritt zugerechnet, d. h. extra vergütet. Der Senat hält deshalb auch hier eine gewisse Annäherung für gerechtfertigt und setzt - ohne Änderung seiner Rechtsprechung im übrigen - für 1,5 Standardseiten einen erforderlichen Zeitaufwand von einer Stunde an. Für eine darüber hinaus gehende Änderung seiner Rechtsprechung sieht der Senat keinen Anlass. Denn der Senat hat stets betont, dass eine pauschale Vergütung von Seitenzahlen nicht dem Gesetz entspricht, sondern dass es für den erforderlichen Zeitaufwand auf inhaltliche Kriterien ankommt und die Angaben des Sachverständigen zu dem von ihm benötigten Zeitaufwand dafür Indizwirkung haben. Wenn die über das Ergebnis der "reinen" Plausibilitätsprüfung hinaus gebotenen weiteren Prüfungsschritte es rechtfertigen, ist im Einzelfall ohne weiteres ein höherer objektiv erforderlicher Zeitaufwand anzuerkennen; gerade im Bereich der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen wird dies nicht selten in Betracht kommen.
Im vorliegenden Fall ist eine Überprüfung der von der Antragsstellerin vorgelegten Rechnung schon deshalb erschwert, weil die Gliederung nicht den in der Baden-Württembergischen Sozialgerichtsbarkeit üblichen Vorgaben (s.o.) entspricht und weil insbesondere die angegebenen Stunden nicht den tatsächlichen Zeitaufwand wiedergeben, sondern nach den von der Antragstellerin als üblich angesehenen Pauschalen berechnet worden sind. Sie hat ihre Rechnung u.a. in "Ausarbeitung" und in "Diktat und Korrektur" gegliedert und dafür jeweils sieben Stunden angesetzt. Für das Aktenstudium von 399 Blatt hat sie vier Stunden angesetzt. Gegen die Kürzung des Zeitaufwands durch die Kostenbeamtin hat sie (nur) vorgebracht, beim Aktenstudium werde eine Stunde für 100 Blatt angesetzt und für die Ausarbeitung eines Gutachtens sowie für dessen Diktat und Korrektur liege der "Maßstab" bzw. "Berechnungsmaßstab" bei sechs Seiten entsprechend einer Stunde, und hat dazu auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG hingewiesen. Nach diesem Schema seien die angesetzten Stundenzahlen für ihr 42 Seiten umfassendes Gutachten gerechtfertigt. Daraufhin hat bereits das SG in der Begründung seines Beschlusses vom 27.09.2012 ausgeführt, dass die Antragsstellerin ihren tatsächlichen Zeitaufwand gar nicht angebe, sondern lediglich eine Berechnung nach den Entschädigungsgrundsätzen des Bayerischen LSG vornehme. Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass die Antragsstellerin auch mit ihrer Beschwerde nichts zum tatsächlichen Zeitaufwand vorbringt, sondern sich wiederum nur auf die Maßstäbe des Bayerischen LSG von einer Stunde für sechs Seiten beruft. Die Zeitangaben der Antragstellerin können somit (abgesehen von der Untersuchung) nicht zugrundegelegt werden. Wie bereits ausgeführt, ist der tatsächliche Zeitaufwand des Sachverständigen regelmäßig ein wesentliches Indiz für die Prüfung der "erforderlichen" Zeit. Vermag aber der Sachverständige - wie hier - seinen tatsächlichen Zeitaufwand nicht anzugeben, entfällt diese Indizwirkung. Der erforderliche Zeitaufwand ist dann aufgrund der bestehenden Erfahrungen abzuschätzen. Hierzu sind die Kriterien der Plausibilitätsprüfung heranzuziehen und deren Ergebnisse gegebenenfalls im Hinblick auf den Inhalt des Gutachtens zu variieren (Beschluss des Senats vom 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A -, Juris). Die Beschwerdebegründung geht daher an den entscheidungserheblichen Gesichtspunkten vorbei (im Übrigen gibt sie auch die Rechtsprechung des Bayerischen LSG nicht zutreffend wieder: Dieses geht für die Abfassung der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen von einem Erfahrungswert von einer Stunde für eine Seite und für das Diktat und die Durchsicht des gesamten Gutachtens von dem Erfahrungswert von einer Stunde für sechs Seiten aus, z. B. Beschluss vom 30.11.2011 - L 15 SF 97/11 -, Juris).
Entgegen der Auffassung des SG ergeben sich allerdings aus dem Inhalt des Gutachtens der Antragstellerin Anhaltspunkte für eine Abweichung von den Ergebnissen der "reinen" Plausibilitätsprüfung, im einzelnen:
- Aktenstudium (einschließlich Diktat der Aktenlage): Ausgehend von einem Wert für die Plausibilitätsprüfung von einer Stunde für 150 Aktenseiten (s. o.) ergeben sich rechnerisch 2,7 Stunden. Indessen hat hier bereits der Bezirksrevisor in seinem Schreiben vom 27.03.2012 einen "Anpassungsbedarf" gesehen, weil in den übersandten Akten neben umfangreichen medizinischen Unterlagen sechs zum Teil widersprüchliche Vorgutachten enthalten waren, die es zu berücksichtigen galt; vier Stunden könnten deshalb als notwendig erachtet werden. Der Senat hält das für zutreffend und setzt deshalb vier Stunden an, was im Ergebnis dem Ansatz der Antragstellerin entspricht.
- Untersuchung: Die Antragstellerin hat für die "Erhebung der Vorgeschichte und körperliche Untersuchung" vier Stunden angegeben. Es besteht kein Anlass, an dieser tatsächlichen Angabe zu zweifeln, allerdings mit der Einschränkung, dass diese vier Stunden die Durchführung testpsychologischer Untersuchungen einschließen (dazu sogleich). Ferner hat die Antragstellerin für "testpsychologische Untersuchung (sechs Tests)" drei Stunden abgerechnet. Dabei bezieht sie sich in ihrem Schreiben vom 11.06.2012 wiederum auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG, wonach je testpsychologischer Untersuchung 0,5 Stunden angesetzt werden können. Indessen kommt es auch hier grundsätzlich auf die erforderliche und tatsächlich aufgewandte Zeit an. Mangels dafür aussagekräftiger Angaben der Antragstellerin muss wiederum auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Auszugehen ist von sechs Tests; zwar sind in der Abrechnung der Antragstellerin vom 23.01.2012 acht Tests aufgelistet, andererseits führt das Gutachten nur fünf Tests auf, weshalb im Ergebnis nicht von mehr als den abgerechneten sechs Tests auszugehen ist. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen LSG in der Regel je durchgeführtem Test 0,5 Stunden angesetzt werden können, dies aber für die Durchführung und Auswertung (so ganz deutlich der Beschluss vom 09.01.2007 - L 16 R 133/02. Ko -, Juris: "in Bestätigung der ständigen Rechtsprechung je durchgeführtem Test 0,5 Stunden inklusive dessen Auswertung"). Im vorliegenden Fall ist aber die Durchführung der Tests bereits in der angegebenen Untersuchungszeit von vier Stunden enthalten (zur Auswertung hat die Antragsstellerin zwar nichts konkret angegebenen, jedoch geht der Senat zu ihren Gunsten davon aus, dass diese außerhalb der angegebenen vierstündigen Untersuchungszeit erfolgte). Denn die Antragstellerin hat dem Kläger des Verfahrens S 5 U 4190/10 in dessen Kostenerstattungsantrag bescheinigt, ihn am 18.10.2011 von 10.30 Uhr bis 14.30 Uhr untersucht zu haben. Über diese vier Stunden hinaus können somit nicht mehr als 15 Minuten pro Test für die Auswertung angesetzt werden, also zusätzlich 1,5 Stunden. Für die Untersuchung sind daher insgesamt 5,5 Stunden zu vergüten.
- Diktat von Anamnese und Befunden: Zugunsten der Antragstellerin wird davon ausgegangen, dass dieses außerhalb der Untersuchung erfolgt ist. Das Gutachten der Antragstellerin umfasst insgesamt 52.759 Zeichen, dies entspricht (ausgehend von 2.700 Anschlägen pro Seite) 19,5 Standardseiten. Nach der entsprechenden Umrechnung der hier zu berücksichtigenden Seiten des Gutachtens sind für das Diktat der Anamnese und der Befunde ca. 6 Standardseiten anzusetzen, was nach den Regeln der Plausibilitätsprüfung einem Zeitaufwand von einer Stunde entspricht.
- Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen: Der hier zu berücksichtigende Anteil des Gutachtens umfasst ca. 6,5 Standardseiten. Bei der Plausibilitätsprüfung ist von einem Zeitaufwand von einer Stunde für 1,5 Standardseiten auszugehen (s. o.). Dies ergibt 4,3 Stunden. Dieser Wert ist hier zu erhöhen. Bereits der Bezirksrevisor hat in seiner Stellungnahme vom 27.03.2012 ausgeführt, dass nach inhaltlicher Prüfung und im Hinblick auf die widersprüchlichen Vorgutachten mit einem erhöhten Zeitbedarf von sechs Stunden gerechnet werden kann. Der Senat hält dies für zutreffend und schließt sich dem an, d. h. es sind hier sechs Stunden zu vergüten.
- Korrektur: Nach den Grundsätzen der Plausibilitätsprüfung ist von einem Zeitaufwand von einer Stunde für etwa zwölf Seiten auszugehen, hier also von 1,6 Stunden. Besonderheiten sind nicht ersichtlich.
Insgesamt ist damit ein Zeitaufwand von 18,1 Stunden für die Erstellung des Gutachtens anzusetzen. Aufgerundet (§ 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG) ergibt sich ein zu vergütender Zeitaufwand von 18,5 Stunden. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 85,- EUR, den hier bereits die Kostenbeamtin und das SG zu Recht angesetzt haben, errechnet sich ein Zeithonorar von 1.572,50 EUR.
Was das Porto (6,90 EUR) und die Schreibgebühren und Mehrfertigungen (69,58 EUR) betrifft, wird auf die zutreffenden Ausführungen der Kostenbeamtin und des SG Bezug genommen. Dagegen hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde auch keine Einwände erhoben. Die Vergütung ist somit insgesamt auf 1.649,25 EUR festzusetzen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht (SG) H. anhängig gewesenen Klageverfahren S 5 U 4190/10 ging es um die Anerkennung einer Berufskrankheit des Klägers. Das SG ernannte im Zuge der medizinischen Beweisaufnahme mit Schreiben vom 21.09.2011 die Antragstellerin auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Sachverständigen und bat um Erstattung eines schriftlichen Gutachtens nach ambulanter Untersuchung. Beigefügt waren 399 Blatt Akten. Die Antragstellerin legte das schriftliche Gutachten vom 17.12.2011 vor. Das Gutachten umfasst 42 Seiten, davon 13 Seiten Wiedergabe des Akteninhalts (S. 3 bis 16), 11,5 Seiten Anamnese und Befunde einschließlich psychometrische Testverfahren (S. 16 bis 28), und 12,5 Seiten Zusammenfassung und Beurteilung sowie Beantwortung der Beweisfragen (S. 28 bis 40). Die Zahl der Anschläge beträgt insgesamt 52.759.
Mit Schreiben vom 23.01.2012 hat die Antragstellerin dafür insgesamt 2.228,30 EUR abgerechnet. Sie hat dabei einen Zeitaufwand von 25 Stunden á 85,- EUR angesetzt, im einzelnen: Aktenstudium 4 Stunden, Erhebung der Vorgeschichte und körperliche Untersuchung 4 Stunden, testpsychologische Untersuchung (6 Tests) 3 Stunden, Ausarbeitung 7 Stunden, Diktat und Korrektur 7 Stunden. Dazu kommen 6,90 EUR für Porto und 96,40 EUR Schreibgebühren.
Die Kostenbeamtin hat anstelle des geltend gemachten Betrages die Vergütung mit insgesamt 1.521,75 EUR festgestellt (Schreiben vom 30.01.2012). Sie hat einen Zeitaufwand von 15,5 Stunden á 85,- EUR zugrundgelegt, einen Zuschlag von 10 % hinzugerechnet und ist so auf 17 zu vergütende Stunden gekommen (= 17 x 85,- EUR = 1.445,- EUR). Ferner hat sie für Porto 6,90 EUR und für Schreibgebühren und Mehrfertigungen 69,85 EUR angesetzt.
Die Antragstellerin hat richterliche Festsetzung beantragt. Sie hat sich auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) berufen. Demnach seien die Maßstäbe beim Aktenstudium eine Stunde für 100 Blatt, bei der Ausarbeitung des Gutachtens eine Stunde für sechs Seiten und bei Diktat und Korrektur ebenfalls eine Stunde für sechs Seiten, sodass für ihr 42-seitiges Gutachten jeweils 7 Stunden zu vergüten seien. Dem Bayerischen LSG zufolge könnten für jede testpsychologische Untersuchung 0,5 Stunden angesetzt werden.
Der Bezirksrevisor hat mit Schreiben vom 27.03.2012 einen zu vergütenden Zeitaufwand von insgesamt 19 Stunden angenommen. Nach Plausibilitätsprüfung komme man zwar lediglich auf 13,5 Stunden. Nach der inhaltlichen Prüfung könnten indessen für das Aktenstudium 4 Stunden und für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen sechs Stunden anerkannt werden. Hinzu kämen für Diktat von Anamnese und Befunden eine Stunde, für die Untersuchung und die testpsychologischen Untersuchungen sechs Stunden (es seien acht testpsychologische Untersuchungen in der Rechnung angegeben, für die jeweils 15 Minuten vergütet werden könnten) und für die abschließende Korrektur und Durchsicht 1,6 Stunden.
Das SG hat durch Beschluss vom 27.09.2012 die Vergütung der Antragstellerin auf 1.394,25 EUR festgesetzt. In Übereinstimmung mit der Kostenbeamtin hat es einen zu vergütenden Zeitaufwand von 15,5 Stunden angenommen. Ein Zuschlag von 10 % komme nicht in Betracht. Aus dem Gutachten selbst und unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwands ergäben sich keine Gründe für eine Erhöhung. Die Antragstellerin habe auch ihren tatsächlichen Zeitaufwand gar nicht angegeben, sondern lediglich eine Berechnung nach den Entschädigungsgrundsätzen des Bayerischen LSG vorgenommen, ohne eine weitere Begründung zu geben.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 19.10.2012 (Eingang beim SG) Beschwerde eingelegt. Sie wendet sich gegen die Kürzung des zu vergütenden Zeitaufwands und beruft sich erneut auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der Akten des SG H. S 5 U 4190/10 Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet nach § 4 Abs. 7 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) in voller Besetzung, nachdem der Einzelrichter das Verfahren wegen teilweiser grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen hat.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
Grundlage des hier zu beurteilenden Vergütungsanspruchs sind die §§ 8, 9 JVEG (hier anzuwenden in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung). Handelt es sich wie hier um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich aufgewendete Zeit gewährt, § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG. Die "erforderliche" Zeit ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (s. z. B. Meyer/Bach/Höver, JVEG, 25. Auflage 2011, § 8 Rdnr. 8.48 mit zahlreichen Nachweisen). Erforderlich ist die Zeit, die bei sachgerechter Abwägung von erfahrenen Sachverständigen in durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt wird. Hierbei geht die Rechtsprechung vielfach von Erfahrungssätzen aus, die aus einer Vielzahl von Gutachten ermittelt worden sind und die im Interesse einer Gleichbehandlung aller Sachverständigen notwendige objektive Beurteilung ermöglichen. Hieraus leitet sich auch die Kompetenz zur Überprüfung von Entschädigungsansprüchen ab, die mithin mit keinerlei Wertung hinsichtlich der Gutachten und ihrer Bearbeitung verbunden ist.
Grundsätzlich ist von der Richtigkeit der Angaben eines Sachverständigen zu seinem tatsächlichen Zeitaufwand auszugehen. Die Überprüfung zur Ermittlung der nach dem JVEG nur vergütungsfähigen erforderlichen Zeit erfolgt in der Regel mittels der vom Senat entwickelten Plausibilitätskriterien (grundlegend Beschluss des Senats vom 22.09.2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118, sowie in Juris).
Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung des Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung (mehr als geringfügig, d. h. um mehr als 10 %), ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und gegebenenfalls vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige zum einen seinen tatsächlichen Zeitaufwand angibt und zum anderen - jedenfalls bei Routinegutachten ohne Besonderheiten - die Kostenrechnung entsprechend den Vorgaben verfasst, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung entwickelt hat und wie sie dem Sachverständigen im Hinweisblatt zusammen mit dem Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind, also insbesondere gegliedert nach den Arbeitsschritten: Aktendurchsicht einschließlich Diktat der Aktenlage; Untersuchung (gegebenenfalls einschließlich Diktat von Anamnese und Befunden); Diktat von Anamnese und Befunden (soweit nicht während der Untersuchung diktiert); Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat; Korrektur (siehe zu dieser Aufteilung Beschluss des Senats vom 22.09.2004, a.a.O.).
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung grundsätzlich fest, modifiziert sie allerdings im Bereich der bei der Plausibilitätsprüfung für Routinegutachten heranzuziehenden Erfahrungswerte für die Aktendurchsicht sowie für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen.
Für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts hat der Senat bisher bei Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung für bis zu 200 Aktenseiten mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil eine Stunde angesetzt. Der Senat hat dabei Erfahrungswerte aus dem richterlichen Bereich zugrundegelegt. Abgesehen davon, dass sich daraus von vornherein keine exakt nachweisbaren Werte ergeben, muss berücksichtigt werden, dass ein mit der täglichen Durcharbeitung von Gerichts- und Verwaltungsakten vielfach nicht vertrauter Sachverständiger hierfür vielfach längere Zeit benötigt als ein in dieser Tätigkeit geübter Richter, vor allem aber auch, dass ein medizinischer Sachverständiger dabei andere Schwerpunkte hat. Letztlich kann der nach einem objektiven Maßstab erforderliche Zeitaufwand für das Aktenstudium nur geschätzt werden. Der Senat berücksichtigt deshalb auch die in der Rechtsprechung der Kostensenate anderer Landessozialgerichte verwendeten Erfahrungswerte. Diese sind nicht einheitlich. Überwiegend wird ein Durchschnittswert von 100 Seiten pro Stunde zugrundegelegt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B -, Juris, m.w.N.), allerdings findet man auch sowohl niedrigere als auch höhere Werte, darüber hinaus ist die Berücksichtigung des Anteils medizinischer Unterlagen ebenso unterschiedlich wie der Grad der Annäherung an eine Pauschale (siehe z. B. Bayerisches LSG, Beschluss vom 30.11.2011 - L 15 SF 97/11 -, Juris, Rdnrn. 31 und 37: Maßstab für das Aktenstudium seien 100 Blatt in einer Stunde bei mindestens 25 % medizinisch gutachtensrelevantem Inhalt; in allen anderen Fällen seien 150 bis 200 Blatt pro Stunde angemessen; eine "Abweichung von den pauschalierenden Vorgaben für die Ermittlung des Zeitaufwands ist nicht möglich"). Gleichwohl hält der Senat, da der von ihm bisher angesetzte Erfahrungswert sehr deutlich über dem überwiegend verwendeten Richtwert von 100 Blatt pro Stunde liegt, eine Annäherung an die Werte der anderen Bundesländer für angezeigt. Er hält es nach erneuter Überprüfung für angemessen, beim Aktenstudium für 150 Aktenseiten (anstatt bisher 200 Aktenseiten) mit bis zu 50 % gutachtensrelevantem Anteil einen erforderlichen Zeitaufwand von einer Stunde anzunehmen. Damit bewegt sich der Senat, wenn auch nicht vollständig und mit Unterschieden im Detail, in einem ähnlichen Bereich wie etwa das Schleswig-Holsteinische LSG (Beschluss vom 08.10.2012 - L 5 SF 93/11 KO - NZS 2013, 279: 100 bis 150 Blatt je Stunde als Anhaltspunkt).
Auch beim Arbeitsschritt Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung den bisher angesetzten Erfahrungswert von einer Stunde für 2,5 Seiten (Standardseiten) für zu knapp bemessen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat sowohl nach eigener Einschätzung als auch nach einem Vergleich mit der Rechtsprechung der anderen Landessozialgerichte. Soweit die veröffentlichte Rechtsprechung dazu Erfahrungswerte zugrundelegt, wird für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen ganz überwiegend eine Stunde für eine Seite angesetzt (Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.05.2012 - L 15 SF 104/11 - NZS 2012, 959; LSG Hessen, Beschluss vom 11.04.2005 - L 2/9 SF 82/04 - , Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.11.2011 - L 5 PE 55/10 -, Juris; Schleswig-Holsteinisches LSG a.a.O.; eine Stunde für 1,5 Seiten: Thüringer LSG, Beschluss vom 03.04.2012 - L 6 SF 306/12 B -, Juris). Auch hier gibt es Unterschiede in den Einzelheiten. Vergleicht man mit dem vom Senat bisher angesetzten Erfahrungswert, ist zudem zu berücksichtigen: Bei der Bestimmung der maßgeblichen Seitenzahl lehnen die genannten Entscheidungen entweder eine Umrechnung in Standardseiten ab (Thüringer LSG, LSG Rheinland-Pfalz) oder setzen die Standardseite mit 1800 Anschlägen (Bayerisches LSG, LSG Hessen) oder 2000 Anschlägen (Schleswig Holsteinisches LSG) an; ferner wird das Diktat einem anderen Arbeitsschritt zugerechnet, d. h. extra vergütet. Der Senat hält deshalb auch hier eine gewisse Annäherung für gerechtfertigt und setzt - ohne Änderung seiner Rechtsprechung im übrigen - für 1,5 Standardseiten einen erforderlichen Zeitaufwand von einer Stunde an. Für eine darüber hinaus gehende Änderung seiner Rechtsprechung sieht der Senat keinen Anlass. Denn der Senat hat stets betont, dass eine pauschale Vergütung von Seitenzahlen nicht dem Gesetz entspricht, sondern dass es für den erforderlichen Zeitaufwand auf inhaltliche Kriterien ankommt und die Angaben des Sachverständigen zu dem von ihm benötigten Zeitaufwand dafür Indizwirkung haben. Wenn die über das Ergebnis der "reinen" Plausibilitätsprüfung hinaus gebotenen weiteren Prüfungsschritte es rechtfertigen, ist im Einzelfall ohne weiteres ein höherer objektiv erforderlicher Zeitaufwand anzuerkennen; gerade im Bereich der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen wird dies nicht selten in Betracht kommen.
Im vorliegenden Fall ist eine Überprüfung der von der Antragsstellerin vorgelegten Rechnung schon deshalb erschwert, weil die Gliederung nicht den in der Baden-Württembergischen Sozialgerichtsbarkeit üblichen Vorgaben (s.o.) entspricht und weil insbesondere die angegebenen Stunden nicht den tatsächlichen Zeitaufwand wiedergeben, sondern nach den von der Antragstellerin als üblich angesehenen Pauschalen berechnet worden sind. Sie hat ihre Rechnung u.a. in "Ausarbeitung" und in "Diktat und Korrektur" gegliedert und dafür jeweils sieben Stunden angesetzt. Für das Aktenstudium von 399 Blatt hat sie vier Stunden angesetzt. Gegen die Kürzung des Zeitaufwands durch die Kostenbeamtin hat sie (nur) vorgebracht, beim Aktenstudium werde eine Stunde für 100 Blatt angesetzt und für die Ausarbeitung eines Gutachtens sowie für dessen Diktat und Korrektur liege der "Maßstab" bzw. "Berechnungsmaßstab" bei sechs Seiten entsprechend einer Stunde, und hat dazu auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG hingewiesen. Nach diesem Schema seien die angesetzten Stundenzahlen für ihr 42 Seiten umfassendes Gutachten gerechtfertigt. Daraufhin hat bereits das SG in der Begründung seines Beschlusses vom 27.09.2012 ausgeführt, dass die Antragsstellerin ihren tatsächlichen Zeitaufwand gar nicht angebe, sondern lediglich eine Berechnung nach den Entschädigungsgrundsätzen des Bayerischen LSG vornehme. Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass die Antragsstellerin auch mit ihrer Beschwerde nichts zum tatsächlichen Zeitaufwand vorbringt, sondern sich wiederum nur auf die Maßstäbe des Bayerischen LSG von einer Stunde für sechs Seiten beruft. Die Zeitangaben der Antragstellerin können somit (abgesehen von der Untersuchung) nicht zugrundegelegt werden. Wie bereits ausgeführt, ist der tatsächliche Zeitaufwand des Sachverständigen regelmäßig ein wesentliches Indiz für die Prüfung der "erforderlichen" Zeit. Vermag aber der Sachverständige - wie hier - seinen tatsächlichen Zeitaufwand nicht anzugeben, entfällt diese Indizwirkung. Der erforderliche Zeitaufwand ist dann aufgrund der bestehenden Erfahrungen abzuschätzen. Hierzu sind die Kriterien der Plausibilitätsprüfung heranzuziehen und deren Ergebnisse gegebenenfalls im Hinblick auf den Inhalt des Gutachtens zu variieren (Beschluss des Senats vom 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A -, Juris). Die Beschwerdebegründung geht daher an den entscheidungserheblichen Gesichtspunkten vorbei (im Übrigen gibt sie auch die Rechtsprechung des Bayerischen LSG nicht zutreffend wieder: Dieses geht für die Abfassung der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen von einem Erfahrungswert von einer Stunde für eine Seite und für das Diktat und die Durchsicht des gesamten Gutachtens von dem Erfahrungswert von einer Stunde für sechs Seiten aus, z. B. Beschluss vom 30.11.2011 - L 15 SF 97/11 -, Juris).
Entgegen der Auffassung des SG ergeben sich allerdings aus dem Inhalt des Gutachtens der Antragstellerin Anhaltspunkte für eine Abweichung von den Ergebnissen der "reinen" Plausibilitätsprüfung, im einzelnen:
- Aktenstudium (einschließlich Diktat der Aktenlage): Ausgehend von einem Wert für die Plausibilitätsprüfung von einer Stunde für 150 Aktenseiten (s. o.) ergeben sich rechnerisch 2,7 Stunden. Indessen hat hier bereits der Bezirksrevisor in seinem Schreiben vom 27.03.2012 einen "Anpassungsbedarf" gesehen, weil in den übersandten Akten neben umfangreichen medizinischen Unterlagen sechs zum Teil widersprüchliche Vorgutachten enthalten waren, die es zu berücksichtigen galt; vier Stunden könnten deshalb als notwendig erachtet werden. Der Senat hält das für zutreffend und setzt deshalb vier Stunden an, was im Ergebnis dem Ansatz der Antragstellerin entspricht.
- Untersuchung: Die Antragstellerin hat für die "Erhebung der Vorgeschichte und körperliche Untersuchung" vier Stunden angegeben. Es besteht kein Anlass, an dieser tatsächlichen Angabe zu zweifeln, allerdings mit der Einschränkung, dass diese vier Stunden die Durchführung testpsychologischer Untersuchungen einschließen (dazu sogleich). Ferner hat die Antragstellerin für "testpsychologische Untersuchung (sechs Tests)" drei Stunden abgerechnet. Dabei bezieht sie sich in ihrem Schreiben vom 11.06.2012 wiederum auf die Rechtsprechung des Bayerischen LSG, wonach je testpsychologischer Untersuchung 0,5 Stunden angesetzt werden können. Indessen kommt es auch hier grundsätzlich auf die erforderliche und tatsächlich aufgewandte Zeit an. Mangels dafür aussagekräftiger Angaben der Antragstellerin muss wiederum auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Auszugehen ist von sechs Tests; zwar sind in der Abrechnung der Antragstellerin vom 23.01.2012 acht Tests aufgelistet, andererseits führt das Gutachten nur fünf Tests auf, weshalb im Ergebnis nicht von mehr als den abgerechneten sechs Tests auszugehen ist. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen LSG in der Regel je durchgeführtem Test 0,5 Stunden angesetzt werden können, dies aber für die Durchführung und Auswertung (so ganz deutlich der Beschluss vom 09.01.2007 - L 16 R 133/02. Ko -, Juris: "in Bestätigung der ständigen Rechtsprechung je durchgeführtem Test 0,5 Stunden inklusive dessen Auswertung"). Im vorliegenden Fall ist aber die Durchführung der Tests bereits in der angegebenen Untersuchungszeit von vier Stunden enthalten (zur Auswertung hat die Antragsstellerin zwar nichts konkret angegebenen, jedoch geht der Senat zu ihren Gunsten davon aus, dass diese außerhalb der angegebenen vierstündigen Untersuchungszeit erfolgte). Denn die Antragstellerin hat dem Kläger des Verfahrens S 5 U 4190/10 in dessen Kostenerstattungsantrag bescheinigt, ihn am 18.10.2011 von 10.30 Uhr bis 14.30 Uhr untersucht zu haben. Über diese vier Stunden hinaus können somit nicht mehr als 15 Minuten pro Test für die Auswertung angesetzt werden, also zusätzlich 1,5 Stunden. Für die Untersuchung sind daher insgesamt 5,5 Stunden zu vergüten.
- Diktat von Anamnese und Befunden: Zugunsten der Antragstellerin wird davon ausgegangen, dass dieses außerhalb der Untersuchung erfolgt ist. Das Gutachten der Antragstellerin umfasst insgesamt 52.759 Zeichen, dies entspricht (ausgehend von 2.700 Anschlägen pro Seite) 19,5 Standardseiten. Nach der entsprechenden Umrechnung der hier zu berücksichtigenden Seiten des Gutachtens sind für das Diktat der Anamnese und der Befunde ca. 6 Standardseiten anzusetzen, was nach den Regeln der Plausibilitätsprüfung einem Zeitaufwand von einer Stunde entspricht.
- Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen: Der hier zu berücksichtigende Anteil des Gutachtens umfasst ca. 6,5 Standardseiten. Bei der Plausibilitätsprüfung ist von einem Zeitaufwand von einer Stunde für 1,5 Standardseiten auszugehen (s. o.). Dies ergibt 4,3 Stunden. Dieser Wert ist hier zu erhöhen. Bereits der Bezirksrevisor hat in seiner Stellungnahme vom 27.03.2012 ausgeführt, dass nach inhaltlicher Prüfung und im Hinblick auf die widersprüchlichen Vorgutachten mit einem erhöhten Zeitbedarf von sechs Stunden gerechnet werden kann. Der Senat hält dies für zutreffend und schließt sich dem an, d. h. es sind hier sechs Stunden zu vergüten.
- Korrektur: Nach den Grundsätzen der Plausibilitätsprüfung ist von einem Zeitaufwand von einer Stunde für etwa zwölf Seiten auszugehen, hier also von 1,6 Stunden. Besonderheiten sind nicht ersichtlich.
Insgesamt ist damit ein Zeitaufwand von 18,1 Stunden für die Erstellung des Gutachtens anzusetzen. Aufgerundet (§ 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG) ergibt sich ein zu vergütender Zeitaufwand von 18,5 Stunden. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 85,- EUR, den hier bereits die Kostenbeamtin und das SG zu Recht angesetzt haben, errechnet sich ein Zeithonorar von 1.572,50 EUR.
Was das Porto (6,90 EUR) und die Schreibgebühren und Mehrfertigungen (69,58 EUR) betrifft, wird auf die zutreffenden Ausführungen der Kostenbeamtin und des SG Bezug genommen. Dagegen hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde auch keine Einwände erhoben. Die Vergütung ist somit insgesamt auf 1.649,25 EUR festzusetzen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
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