L 8 AL 1885/13 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AL 6042/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1885/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 01.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 01.03.2013 ist zulässig. Die Berufung gegen dieses Urteil des SG ist nicht statthaft.

Die Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden und hier anzuwendenden Fassung). Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das Landessozialgericht entscheidet über die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden (§ 145 Abs. 4 SGG).

Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 01.03.2013 bedarf nach § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung. Gegenstand der Klage war der Bescheid der Beklagten 28.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2009, mit dem die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Aufgabe (fristlose Eigenkündigung) des erst zum 16.03.2009 aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses bei der Fa. C. H. GmbH zum 22.03.2009 vom 21.03.2009 bis zum 12.06.2009 eine Sperrzeit festgestellt und mitgeteilt hatte, nach Ablauf der Sperrzeit bestehe kein Arbeitslosengeldanspruch mehr. Die auf Aufhebung dieser Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Arbeitslosengeld für 28 Tage gerichtete Klage wurde vom SG mit Urteil vom 01.03.2013 abgewiesen. Der sich hieraus ergebende Wert des Beschwerdegegenstandes (Arbeitslosengeld für 28 Tage) übersteigt weder den Betrag von 750,00 EUR noch sind vorliegend wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Das SG hat die Berufung im Urteil vom 01.03.2013 zu Recht nicht zugelassen.

Zuzulassen ist die Berufung nur, wenn eine der in § 144 Abs. 2 SGG genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Keine dieser Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Klägerin hat gegen das Urteil vorgebracht, das SG habe ihren Tatsachenvortrag, wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen die begonnene Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können, nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie sei in der mündlichen Verhandlung lediglich gebeten worden, den vorgetragenen Sachverhalt erneut vorzutragen. Darin habe sie darauf hingewiesen, dass sie in den Tagen vor der Kündigung an Schlafstörungen und Magenschmerzen gelitten habe, die durch Überforderung durch die von der Arbeitgeberin übertragene Aufgabe verursacht worden seien. Diesen Vortrag habe das SG nicht zur Kenntnis genommen. Des Weiteren rügt die Klägerin, sie sei in der mündlichen Verhandlung nicht darüber unterrichtet worden, dass das Gericht die Klage für unbegründet halten könnte oder welche Anspruchsvoraussetzungen das Gericht ggf. noch für beweisbedürftig erachte. Insbesondere habe das SG nicht darauf hingewiesen, dass es von fehlenden gesundheitlichen Gründen ausgehe. Nachdem sie aber ihren Vortrag ersichtlich hierauf gestützt habe, habe sie nur davon ausgehen können, dass das Gericht seine Entscheidung nicht auf das Fehlen von krankheitsbedingten Gründen stütze. Durch dieses Verhalten des Gerichts habe sie auch keinen Beweisantrag stellen können.

Soweit die Klägerin in der Sache die materiell-rechtliche Fehlerhaftigkeit des Urteils geltend macht, als aus ihrer Sicht ein wichtiger Grund für die Aufgabe der Beschäftigung vorgelegen habe ("gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen Überforderung"), liegt ein Zulassungsgrund i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung ist nur dann anzunehmen, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 144 RdNr. 28). Eine Tatsachenfrage kann auch dann die Zulassung der Berufung nicht begründen, wenn ihre Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen haben kann (Leitherer, a. a. O., RdNr. 29, m. w. N.). Der vorliegende Rechtsstreit wirft keine solche klärungsbedürftigen Fragen auf. Denn der Rechtsstreit wird über die Voraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs bzw. die Voraussetzungen des Eintritts einer Sperrzeit geführt, wozu gesetzliche Regelungen und eine einschlägige Rechtsprechung bestehen. Die Klägerin hat keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung hierzu aufgezeigt, solche sind auch nicht zu erkennen. Die Rechtssache hat vorliegend keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Auch eine Divergenz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht ersichtlich, insbesondere konnte der Senat keinen vom SG formulierten, von einem Rechtssatz eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweichenden Rechtssatz feststellen; im Übrigen wird eine solche Divergenz von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Auch soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen einen wesentlichen Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG geltend macht, war die Berufung nicht zuzulassen. Das SG hat auf Seite 8 des Urteils ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht belegt seien, ein Arztbesuch aufgrund der Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht erforderlich gewesen sei (und nicht stattgefunden hatte) und nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen sei, die Beschäftigung fortzuführen. Damit hat sich das SG - entgegen dem Vortrag der Klägerin in ihrer Beschwerde - ausdrücklich mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt und diesen in seine Erwägungen einbezogen (dazu vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 62 RdNr. 7), weshalb der Vorwurf der Klägerin, nicht gehört worden zu sein bzw. das SG habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, nicht durchdringt. Im Übrigen ist rechtliches Gehör zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu gewähren; eine allgemeine Aufklärung über die Rechtslage ist nicht vorgesehen (Keller a.a.O. RdNr,. 8a). Das SG hat der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gegeben, ihre Sicht der Sach- und Rechtslage darzustellen. Die Klägerin hat durch den bevollmächtigten Ehemann von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und ihre Schlafstörungen und Magenschmerzen sowie die Überforderung dargestellt (vgl. Seite 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Das SG war - nachdem es der Klägerin die Möglichkeit gegeben hatte, sich zu äußern - auch nicht verpflichtet, auf seine von der Ansicht der Klägerin abweichende Ansicht zu einzelnen Rechtsfragen oder die in Aussicht genommene Würdigung der Beweise und des Tatsachenvorbringens hinzuweisen oder diese vor der Entscheidung mit den Beteiligten zu erörtern (Keller a.a.O. RdNr. 8a unter Hinweis auf BSG 21.06.2000 – B 5 RJ 24/00 BSozR 3-1500 § 112 Nr. 2 = NJW 2000, 3590 = juris); ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG. Denn das Gericht ist gemäß § 103 SGG bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht an das Vorbingen eines Beteiligten - sei es unwidersprochen oder widersprochen - gebunden. Daher bestand auch keine Pflicht, der Klägerin mitzuteilen, dass die Kammer des SG ihrer rechtlichen Beurteilung des von ihr vorgetragenen Sachverhalts nicht folgen will. Damit hat das SG aber die Klägerin auch nicht prozessrechtswidrig von der Stellung eines Beweisantrages abgehalten.

Das SG hat auch nicht gegen die Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 SGG) verstoßen. Es hat die Arbeitgeberin als Zeugin zu den Verhältnissen am Arbeitsplatz befragt und der Klägerin Gehör zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegeben. Der bevollmächtigte Ehemann der im Termin beim SG anwesenden Klägerin hat dort zu Protokoll erklärt, die Klägerin sei damals nicht beim Arzt gewesen. Er hat vielmehr die Schlafstörungen und Magenschmerzen sowie die Überforderung der Klägerin dargestellt (vgl. zum Ganzen Seite 2 des Protokolls sowie den hierzu ergangenen Ergänzungs-/Berichtigungsbeschluss vom 02.10.2013). Vor diesem Hintergrund musste sich das SG auch nicht gedrängt fühlen, in weitere Ermittlungen zu den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin einzutreten.

Damit konnte der Senat einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht feststellen.

Nach alledem war der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im angefochtenen Urteil der Erfolg zu versagen.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG vom 01.03.2013 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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