L 8 SB 2244/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 3359/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2244/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10.04.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ab dem 23.06.2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 zuzuerkennen ist.

Der 1963 geborene Kläger ist in Vollzeit - zuletzt - im Innendienst beschäftigt. Das Landratsamt R. (im Folgenden: LRA) stellte mit Bescheid vom 20.01.2009 (Blatt 71, 72 der Verwaltungsakte des Beklagten) einen GdB von 40 fest (zugrundeliegende Funktionsbeeinträchtigungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks: Teil-GdB 20; psychovegetative Störungen, Depression, Kopfschmerzsyndrom: Teil-GdB 20; Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit: Teil-GdB 20).

Am 23.06.2010 beantragte der Kläger, den GdB höher festzustellen (Blatt 78, 79 der Verwaltungsakte des Beklagten). Das LRA zog eine Auskunft und Unterlagen der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. Schn./Schm. bei (dazu vgl. Blatt 83 bis 118 der Verwaltungsakte des Beklagten). In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.09.2010 (Blatt 119, 120 der Verwaltungsakte des Beklagten) schlug Dr. E. eine Tenoraktualisierung unter zusätzlicher Berücksichtigung von Knorpelschäden am rechten Kniegelenk mit einem Teil-GdB von 10 vor. Dem folgend erweiterte das LRA mit Bescheid vom 15.10.2010 (Blatt 121, 122 der Verwaltungsakte des Beklagten) die benannten Funktionsbeeinträchtigungen um "Knorpelschäden am rechten Kniegelenk" mit einem Teil-GdB von 10, lehnte aber die höhere Neufeststellung des Gesamt-GdB ab.

Mit seinem am 17.11.2010 erhobenen Widerspruch (Blatt 124 der Verwaltungsakte des Beklagten) machte der Kläger u.a. geltend (Blatt 131 bis 134 der Verwaltungsakte des Beklagten), die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet hätten nicht zusammengefasst werden dürfen und die Behinderung der Wirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von 30, des Kniegelenks mit einem Teil-GdB von 20 sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks mit einem Teil-GdB zu bewerten. Auch seien die Behinderungen auf psychischem Gebiet nicht ausreichend bewertet.

Das LRA holte eine Auskunft des Facharztes für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. Ba. (Auskunft vom 10.02.2011, Blatt 140 der Verwaltungsakte des Beklagten) sowie von Dres. Schn./Schm. (Auskunft vom 17.07.2011, Blatt 156 der Verwaltungsakte des Beklagten) ein. Dr. Schl. antwortete nicht auf die Anfrage des LRA, dafür legte der Kläger ärztliche Berichte - des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Schl. vom 09.02.2010 (Blatt 151 der Verwaltungsakte des Beklagten), - der St. V.-Kliniken K. vom 01.12.2010 (Blatt 152, 153 der Verwaltungsakte des Beklagten) und - des Facharztes für Gastroenterologie Dr. Hö. vom 27.06.2011 (Blatt 154 der Verwaltungsakte des Beklagten) vor.

Unter Berücksichtigung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.08.2011 von Dr. We. (Blatt 159 der Verwaltungsakte des Beklagten) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2011 zurück.

Am 30.09.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben.

Am 06.10.2011 beantragte der Kläger wiederum die höhere Feststellung des GdB. Hierzu legte er Unterlagen (dazu vgl (Blatt 167 bis 182 der Verwaltungsakte des Beklagten) von - Dr. Ko. , Facharzt für Urologie, vom 10.01.2011, - Dr. Ha. , Kardiologe, vom 25.05.2011, - Dr. Hö. , Gastroenterologe, vom 27.06.2011, - Dr. Si. von der Klinik S. , vom 05.07.2011, - Dr. Ban. vom St.- J krankenhaus (Operationsbericht) vom 12.08.2011, - Assistenzärztin Ki. (St. J krankenhaus) vom 16.08.2011, - Dres. Scha. -J./J., Fachärzte für Psychiatrie, vom 23.09.2011 und - Dres. Schn./Schm. , Fachärzte für Allgemeinmedizin, "Laufzettel" vor. Das LRA holte daraufhin eine Auskunft der behandelnden Dres. Schn./Schm. ein (Auskunft vom 01.06.2013, Blatt 193 bis 200 der Verwaltungsakte des Beklagten).

Des Weiteren hat der Kläger am 28.08.2013 einen Neufeststellungsantrag gestellt und ärztliche Unterlagen von - Dr. Z. von den St. V.-Kliniken K. vom 19.07.2013, Dr. Sp. u.a. vom 08.07.2013, - Dr. Kr. , Fachärztin für Chirurgie, Thoraxchirurgie, vom 10.04.2013, - Assistenzärztin Ki. (St. J krankenhaus) vom 16.08.2011, - Dr. Ban. vom St.- J krankenhaus (Operationsbericht) vom 12.08.2011, - Dr. Kö. , Facharzt für Radiologie/diagnostische Radiologie, vom 08.03.2012, - Dr. Ra. , Facharzt für Radiologie/diagnostische Radiologie, vom 11.05.2012, - Prof. Dr. Schu. von den St. V.-Kliniken K. vom 01.12.2010 und - Dr. Li. , Fachärztin für Radiologie/diagnostische Radiologie, vom 23.08.2010, (dazu vgl. Blatt 62 bis 78 der Senatsakte) vorgelegt.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren sinngemäß wiederholt und darauf hingewiesen, auch seine Herzerkrankung sei nicht ausreichend bewertet worden.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 32 bis 83, 84, 85, 86 bis 103, 104, 105 106, 107 und 109 bis 112 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Schm. hat dem SG am 21.04.2012 geschrieben, insgesamt sei die Feststellung eines GdB von 50 "vertretbar", weil der Bluthochdruck mit den Folgeerscheinungen eines Fundus hypertonicus im Bereich des Augenhintergrunds und einer Proteinurie mit einem Teil-GdB von 20 und die Depression mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 zu berücksichtigen sei. Der Arzt für Orthopädie Dr. Ba. hat gegenüber dem SG angegeben (Auskunft vom 23.04.2012) zusätzlich zu den berücksichtigten Funktionsbeeinträchtigungen sei für ein Impingment-Syndrom der rechten Schulter ein zusätzlicher Teil-GdB von 10 anzusetzen. Der Kardiologe Dr. Ha. hat unter dem Datum des 13.10.2011, Eingang am 26.04.2012, über eine stabile koronare Herzkrankheit ohne Einschränkung des Allgemeinzustandes bei einer Belastbarkeit von 125 bis 150 Watt in der Belastungselektrokardiographie berichtet, die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Der Facharzt für Psychiatrie J. hat mitgeteilt (Auskunft vom 07.05.2012), auf psychiatrischem Fachgebiet sei wegen einer Depression ein GdB von 20 anzunehmen. Die Facharzt für Urologie Dr. R. hat dem SG am 18.05.2012 geschrieben, er habe den Kläger 2009 nur einmalig gesehen. Dr. Ko. , Arzt für Urologie, hat in seiner Auskunft vom 25.05.2012 ausgeführt, den Kläger letztmalig vor fast 18 Monaten gesehen zu haben, weshalb er den GdB nicht einschätzen könne. Der Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat dem SG am 15.08.2012 geschrieben, letztmalig sei der Kläger am 11.05.2010 von ihm behandelt worden. Rein für das orthopädische Fachgebiet sei ein GdB von 40 ausreichend.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 119 bis 146 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 25.02.2013 angegeben, beim Kläger bestünde ein Lendenwirbelsäulensyndrom bei mäßig degenerativen Veränderungen (nach Dekompressions- und Bandscheibenoperation L5/6 am 08.03.2010, ohne überdauernde Nervenwurzelreizerscheinungen), eine Schulterfunktionsstörung rechts mit aktiver Bewegungseinschränkung bei der Seitwärtsführung (passiv freie Beweglichkeit, ohne äußere Reizerscheinungen), eine beginnende Knorpelerweichung des rechten Kniegelenkes (ohne Bewegungseinschränkung, ohne Reizerscheinungen) und berichtete belastungsabhängige Ellbogenbeschwerden beidseitig (ohne Bewegungseinschränkung, ohne Reizerscheinungen, ohne objektivierbare Kraftminderung). Unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für Herz-Kreislauferkrankungen und von 20 auf psychiatrischem Fachgebiet sei der Gesamt-GdB mit 40 angemessen bewertet.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.04.2013 abgewiesen. Seit der letzten GdB-Feststellung im Bescheid vom 20.01.2009 habe sich der Behinderungszustand des Klägers nicht wesentlich verschlimmert. Der Gesamt-GdB sei weiterhin mit allenfalls 40 zu veranlagen. Die Behinderung der Lendenwirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von allenfalls 20 zu veranschlagen. Beim Kläger bestünden im Bereich der Lendenwirbelsäule allenfalls mittelgradige Funktionseinschränkungen; weder fänden sich eine überdauernde Nervenwurzelreizsymptomatik, noch Hinweise auf ein besonderes oder außergewöhnlich ausgeprägtes Schmerzsyndrom; eine Beschränkung der Beweglichkeit bestehe lediglich in mäßigem Umfang bei der Rumpfvorbeuge, jedoch nicht in anderen Wirbelsäulenabschnitten. Für die Funktionsstörung im Bereich der rechten Schulter sei allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen. Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks begründeten bei einer bis zu einem Bewegungsausschlag von 120 Grad eingeschränkten Armhebung mit einer entsprechenden Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen Teil-GdB von 10. Der Kläger könne seinen Arm nach vorn auf 170 Grad sicher anheben; beeinträchtig seien daneben nur das aktive seitliche Anheben des Armes und das Rückwärtsführen des Armes. Auch hinsichtlich des beginnenden Knorpelschadens am rechten Kniegelenk liege eine Behinderung mit einem GdB von lediglich 10 vor. Bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke einseitig ohne Bewegungseinschränkung sehe die GdB-Tabelle einen GdB von 10 bis 30 vor. Beim Kläger fänden sich allenfalls leichte Knorpelschäden ohne Bewegungseinschränkung und ohne Reizerscheinungen, wobei die kräftige Ausprägung der Beinmuskulatur auch nicht auf eine besondere Schonung des Kniegelenkes schließen lasse. Auf internistischem Fachgebiet bestehe ein GdB von 20, der aus der Zusammenschau der koronaren Herzkrankheit und des Bluthochdruckleidens zu bilden sei. Die koronare Herzkrankheit allein begründe noch keinen GdB von 20. Für Krankheiten des Herzens mit einer Einschränkung der Herzleistung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) sei ein GdB von 20 bis 40 zu veranschlagen. Eine solche Leistungsbeeinträchtigung liege beim Kläger nicht vor. Vielmehr bestehe eine elektrokardiographische Belastbarkeit ohne pathologische Messdaten in einer Leistungsstufe zwischen 125 bis 150 Watt (Auskunft des behandelnden Kardiologen Dr. Ha. ). In der Zusammenschau mit einem Bluthochdruckleiden an der Grenze zwischen einer leichten und mittelschweren Form mit einem GdB von 10 bis 20 ergebe sich auf internistischem Fachgebiet ein GdB von 20. Das Bluthochdruckleiden habe bislang lediglich zu einem erstgradigen Fundus hypertonicus und einer Proteinurie geführt, wobei keine funktionelle Leistungsbeeinträchtigung von den behandelnden Ärzten festgestellt worden seien. Auf urologischem Fachgebiet bestehe keine Behinderung, weil keine wesentliche dauerhafte Erkrankung in diesem Bereich vorlägen. Auf psychiatrischem Fachgebiet sei ein GdB von 20 zu veranschlagen, insofern folge das Gericht der Bewertung des behandelnden Arztes für Psychiatrie H. J ... Die diagnostizierte Depression begründe eine leichtere psychische Störung an der oberen Bewertungsgrenze mit einem GdB von 20, eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem Teil-GdB zwischen 30 und 40 (GdB-Tabelle 3.7) liege nicht vor. In der Gesamtschau sei der GdB von 40 großzügig einzustufen.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 19.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.05.2013 beim SG (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 27.05.2013) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG stehe ihm ein GdB von mindestens 50 zu. So ergebe sich aus einem Bericht des hausärztlichen Zentrums Ö. , dass sich seine Situation seit 2011 sehr wohl verschlechtert habe und ein Gesamt-GdB von 50 vertretbar sei. Die einzelnen Erkrankungen seien auch viel zu niedrig bewertet worden. Eine mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmende Bewertung sei wie folgt vorzunehmen: 1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks, die generative Veränderungen der Wirbelsäule, operierter Bandscheibenschaden, operierte Spinalkanalstenose (Teil-GdB 40), 2. psychovegetative Störungen, Depressionen, Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 30), 3. Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (Teil-GdB 30), 4. Knorpelschäden am rechten Kniegelenk (Teil-GdB 20). Dies führe zu einem Gesamt-GdB von 50. Aufgrund des Zusammenwirkens aller Erkrankungen verstärkten sich diese, was bis heute unberücksichtigt geblieben sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10.04.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids des Landratsamtes R. vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2011 zu verurteilen, bei ihm ab dem 23.06.2010 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Aus den vorliegenden Teil-GdB-Werten resultiere in der Gesamtschau kein höherer Gesamt-GdB als 40.

Den Beteiligten ist der richterliche Hinweis vom 09.08.2013 erteilt worden. Darin hat der Berichterstatter unter Darlegung des derzeitigen Sachstands die Prüfung der Rücknahme des Rechtsmittels angeregt. Der Kläger hat an der Berufung festgehalten. Der Beklagte hat den am 28.08.2013 beim LRA gestellten Änderungsantrag des Klägers mit Arztbriefen vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte und die beigezogene Akte des SG sowie des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG) über die Berufung des Klägers entscheiden, nachdem die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid des LRA vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 05.09.2011 ist rechtmäßig. Der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X, die dazu berechtigen würde, von den bindenden Festsetzungen des Bescheid vom 20.01.2009 abzuweichen, liegt nicht vor. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 10.04.2013 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:

Der Senat entscheidet auf der Grundlage des aktuellen Sachstands zum Entscheidungszeitpunkt. Die während des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen der Neufeststellungsanträge des Klägers bei der Behörde vorgelegten Unterlagen sind, soweit sie vorgelegt und zum Verfahrensgegenstand gemacht worden sind, daher in der Entscheidung des Senats zu berücksichtigen.

Zutreffend hat der Kläger vorgebracht, dass eine integrierende, zusammenfassende Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen nur innerhalb eines Funktionssystems (vgl B Nr. 2 f VG) vorzunehmen ist. Daher war für die Schultergelenks- und Ellenbogenerkrankungen ein Teil-GdB zu prüfen, unabhängig von den Behinderungen der Wirbelsäule.

Auf orthopädischem Fachgebiet hat der Gutachter Dr. W. die Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen umfassend und für den Senat überzeugend dargestellt. Der Kläger leidet hier zunächst an einem Lendenwirbelsäulensyndrom bei mäßig degenerativen Veränderungen (nach Dekompressions- und Bandscheibenoperation L5/6 am 08.03.2010, ohne überdauernde Nervenwurzelreizerscheinungen). Der Senat kann sich im Hinblick auf die von Dr. W. gemessenen Bewegungsausmaße Halswirbelsäule Vorneigen/Rückneigen in Grad (Norm: 35-45/45-70) 40/0/55 Seitneigung rechts/links in Grad (Norm: 45) 40/0/40 Drehen rechts/links in Grad (Norm: 60-80) 75/0/75 Brust- u. Lendenwirbelsäule: Streckung/Vorbeugung (Finger-Boden-Abstand) 34,5 cm Ott: Messstrecke Dornfortsatz-C7 30 cm caudal: 29/30/33 cm Schober: Messstrecke DF-S1 10 cm cranial: 9/10/12,5 cm Seitneigen rechts/links in Grad (Norm 30-40 Grad) 30/0/30 Seitdrehen rechts/links in Grad (Norm 30-40 Grad) 30/0/35 Finger-Zehen-Abstand im Langsitz: 14 cm nicht von einer wesentlichen Einschränkung der Funktion der Wirbelsäule überzeugen. Denn wie sich im Gutachten von Dr. W. gezeigt hat, ist lediglich bei der Vorneigung eine Entfaltungsstörung der unteren Lendenwirbelsäule L4 bis S1 feststellbar. Auch im Hinblick darauf, dass der Kläger nach Auskunft des behandelnden Orthopäden schon damals seit einigen Monaten nicht mehr in Behandlung war und auch keine besonderen Schmerzen berichtet wurden, konnte der Senat hierfür gemäß B Nr. 18.9 VG lediglich einen Teil-GdB von allenfalls 20 ansetzen. Die mit Änderungsantrag vom 28.08.2013 vorgelegten Arztbriefe ergeben keinen anderen Befund.

Die von Dr. W. im Februar 2013 beschriebene Schulterfunktionsstörung rechts mit aktiver Bewegungseinschränkung, die bei Spontanbewegung in diesem Umfang nicht vorlag, und passiv freier Beweglichkeit sowie ohne äußere Reizerscheinungen ist an sich mit keinem Teil-GdB zu bewerten. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, konnte der Kläger den Arm weit über das für einen Teil-GdB von 10 erforderliche Maß (120 Grad; beim Kläger möglich 170 Grad; dazu vgl. B Nr. 18.9 VG) heben. Wenn der Beklagte und Dr. W. einen Teil-GdB von 10 angenommen haben, so schließt sich der Senat dieser Beurteilung an. Aus dem Entlassungsbericht der St. V. Kliniken vom 19.07.2013 und dem Magnetresonanztomographie-Befund der linken Schulter vom 08.07.2013 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Einschätzung. Die Magnetresonanztomographie ergab eine intakte Rotatorenmanschette ohne Ruptur oder Teilruptur. Die Schultergelenke waren beide passiv frei beweglich. Aktiv bestand bei Bewegungsschmerzen noch Bewegungsfähigkeit bis 120° rechts bzw. 110° links (vgl. die Bewegungsmaße nach endoskopischer AC-Gelenkresektion links am 18.07.2013 im Bericht vom 19.07.2013). Es ist nicht vorgetragen, dass die Arthroskopie des linken Schultergelenks nicht erfolgreich war und die mitgeteilten Bewegungsmaße nicht mehr erreicht werden bzw. postoperativ eine weitere dauerhafte Verschlechterung eingetreten ist.

Die beginnende Knorpelerweichung des rechten Kniegelenkes ist ohne Bewegungseinschränkung und ohne Reizerscheinungen geblieben. B Nr. 18.14 VG setzen aber bei Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk schon im Ausmaß eines geringen Grades und einem Teil-GdB von 10 eine Einschränkung der Streckung/Beugung bis 0-0-90 Grad voraus. Für einen Teil-GdB von 10 für Knorpelschäden müssten diese aber das Maß ausgeprägterer Knorpelschäden (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II - IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen angenommen haben, was vorliegend aber ausweislich des Gutachtens von Dr. W. nicht der Fall ist. Auch im Hinblick auf die fehlende Behandlungsbedürftigkeit, fehlende ausgeprägtere Schmerzen und die noch mögliche Bewegungsfähigkeit kann sich der Senat allenfalls vom Vorliegen eines Teil-GdB von 10 überzeugen. Dieser Bewertung entgegenstehende Befunde sind nicht vorgelegt worden.

Belastungsabhängige Ellbogenbeschwerden beidseitig sind nicht nachgewiesen, lediglich vom Kläger berichtet, ohne Bewegungseinschränkung, ohne Reizerscheinungen und ohne objektivierbare Kraftminderung geblieben. Soweit der Beklagte diese Befunde zum Anlass genommen hat, sie im Rahmen des Funktionssystems der Wirbelsäule zu bewerten, entspricht dies nicht den Vorgaben der VG. Vielmehr ist dieses Leiden eigenständig zu bewerten. Da schon für geringgradige Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk nach B Nr. 18.13 VG, für die ein GdB-Rahmen von 0 bis 10 vorgesehen ist, Bewegungseinschränkungen erforderlich sind, diese aber nicht vorliegen bzw. nicht messbar sind (vgl. das Gutachten Dr. W. , Blatt 142 der SG-Akte = Seite 24 des Gutachtens), kann dieser Erkrankung - sofern sie vorliegt - kein eigenständiger Teil-GdB-Wert zuerkannt werden. Neue Befundunterlagen hierzu sind auch dem Neufeststellungsantrag vom 28.08.2013 nicht beigefügt worden.

Soweit Dr. S. "auf rein orthopädischem Fachgebiet" den GdB auf 40 eingeschätzt hat, kann der Senat dem angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht folgen. Die Bewertung der orthopädischen Erkrankungen mit Teil-GdB von 20 bzw. 10 ist nach Überzeugung des Senats zutreffend. Die im März 2012 diagnostizierte Gabelrippe der nach Sturz deformierten Rippen 1 und 2 links bei mäßiger Sternoclaviculargelenksarthrose (Befunde von Dr. Kö. vom 08.03.2012 und Dr. Ra. vom 11.05.2012) verursachen nach dem Gutachten von Dr. W. keine GdB-relevante Einschränkung; die akute, aktivierte Arthrose war als vorübergehende Erkrankung zudem einer GdB-Bewertung nicht zugänglich. Die operative Entfernung eines Ganglions am Mittelfinger rechts im April 2013 begründet keine dauerhafte Funktionseinschränkung (Arztbrief Dr. Kr. vom 10.04.2013).

Auf kardiologischem Fachgebiet hat Dr. Ha. den Teil-GdB von 20 als zutreffend eingeschätzt bestätigt. Keiner der Ärzte konnte eine wesentliche funktionelle Leistungsbeeinträchtigung des Herzens feststellen. So konnte der Kläger seit 2009 bis heute im Belastungs-EKG Leistungen von 125 bis 150 Watt abrufen (dazu vgl. die Berichte von Dr. Ha. auf Blatt 88 (150 Watt), 89 (125 Watt), 90 (150 Watt), 91 (150 Watt), 92 (150 Watt), 93 (125 Watt); zur GdB-Bemessung von Herzleistungsstörungen vgl. B Nr. 9.1.1; zur GdB-Bemessung von Hypertonie vgl. B Nr. 9.3). Auch haben weder Dr. Ha. noch andere Ärzte Befunde mitteilen können, die Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung geben könnten. Angesichts der noch erheblichen Herzleistung lässt sich ein Teil-GdB von 20 aus der Zusammenschau mit dem Bluthochdruckleiden, das bislang zu einem erstgradigen Fundus hypertonicus und einer Proteinurie geführt hat, begründen. Nach den VG ist für den GdB-Rahmen von 20 bis 40 (B Nr. 9.3 VG) eine mittelschwere Form des Bluthochdrucks mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) und ein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung erforderlich. Ein Bluthochdruck dieses Ausmaßes ist nicht dokumentiert, weshalb kein Teil-GdB von mehr als 20 festgestellt werden konnte.

Die im August 2011 operierte (perforierte Sigma-)Divertikulitis (dazu vgl. Berichte Dr. Ban. (z.B. Blatt 72, 73 der Senatsakte), Assistenzärztin Ki. (z.B. Blatt 70, 71 der Senatsakte) sowie die Berichte der behandelnden Hausärzte Dres. Schn./Schm. ergeben lediglich eine vorübergehende, wenige Wochen umfassende Symptomatik, die weder von ihrer Dauer (dazu vgl. § 2 Abs.1 Satz 1 SGB IX) noch ihrer Art und Schwere sowie unter Berücksichtigung der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes (dazu vgl. B Nr. 10.2 VG) die Zuweisung eines Teil-GdB rechtfertigt.

Auf urologischem Fachgebiet besteht keine Behinderung i.S.d. § 2 Abs.1 Satz 1 SGB IX. So konnten die den Kläger letztmals vor vielen Monaten behandelnden Ärzte über eine damals bestehende leichte Eichelentzündung bzw. eine abgeklungene Prostatavarizenblutung berichten. Diese Erkrankungen bedingen aber keinen Teil-GdB; funktionelle Auswirkungen, die einen Zeitraum von sechs Monaten überdauern (dazu vgl. § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX) sind auch nicht vorgetragen.

Auf psychiatrischem Fachgebiet folgt der Senat dem SG und dem behandelnden Arzt für Psychiatrie J ... Die diagnostizierte Depression begründet eine leichtere psychische Störung, die allenfalls zu Gunsten des Klägers als an der oberen Bewertungsgrenze mit einem GdB von 20 bewertet werden kann; eine stärker behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem Teil-GdB zwischen 30 und 40 (B Nr. 3.7 VG) liegt nicht vor. Der behandelnde Arzt hat lediglich eine mäßig gedrückte Stimmung und einen lediglich beginnenden Interessenverlust und sozialen Rückzug festgestellt, wobei dieser soziale Rückzug behinderungsunabhängig zumindest auch auf die zeitliche Inanspruchnahme durch die anstrengende Berufstätigkeit zurückzuführen ist. Zwar hat Herr J. eine schon länger andauernde Behandlung angegeben, doch hat er sich der Feststellung eines Teil-GdB von 20 für sein Fachgebiet angeschlossen. Dem entspricht auch, dass wesentliche, auf die nervenärztliche Erkrankung zurückzuführende Einschränkungen der Lebensführung nicht festgestellt werden konnten. So ist der Kläger vollumfänglich in der Lage, seinen Tagesablauf mit Haushalt, Familie und Arbeit zu organisieren und zu leisten. Dementsprechend konnte sich der Senat der Einschätzung des Hausarztes Dr. Schm. , der einen Teil-GdB von 30 bis 40 für das psychiatrische Fachgebiet angenommen hatte, nicht anschließen.

Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die einen Teil-GdB von mindestens 10 bedingen, liegen beim Kläger nicht vor.

Der Senat ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und in Anbetracht der vorliegenden medizinischen Befunde samt der daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB allenfalls mit 40 zu bemessen ist. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinde-rung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Das ist bei dem Kläger aber nicht der Fall.

Unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 20 (für die aus den Wirbelsäulenschäden resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen) - jeweils 10 (für die aus der Schulterfunktionsstörung und der Knieerkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen) - 20 (für die aus der Herzerkrankung/Bluthochruckerkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen) - 20 (für die aus den nervenärztlichen Erkrankungen resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen) mit 40 ausreichend bemessen ist. Dabei war zu berücksichtigen, dass - wie der Gutachter Dr. W. zutreffend ausgeführt hat - sich die psychovegetativen Störungen und die Depressionen sich nachteilig auf die Funktionsstörungen und Beschwerden am Bewegungsapparat, gerade an der Wirbelsäule, in erster Linie durch eine erhöhte Schmerzsensibilität, auswirken. Damit bestehen deutliche Überschneidungen bzw. Überlagerungen zwischen diesen Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen, die im Rahmen der Bemessung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen waren.

Der angefochtene Bescheid vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.09.2011 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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