L 13 R 3164/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 1927/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3164/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen eines früheren Versicherungsfalles (10. Januar 1990) hat.

Der 1966 geborenen Kläger ist gelernter Holzmechaniker. In der Zeit von 1985 bis Ende 1988 arbeitete der Kläger in einer Glaserei. In der Zeit von Januar 1989 bis 10. Januar 1990 war der Kläger als Arbeiter bei der Firma Pu. GmbH in Ro. beschäftigt. Dort fehlte der Kläger gegen Ende 1989 am Arbeitsplatz, was am 10. Januar 1990 zur fristlosen Kündigung führte. Danach fiel er psychisch zunehmend auf und wurde am 6. Oktober 1990 vom Hausarzt J. Han. wegen Alkoholkrankheit und akuter Psychose (paranoid) mit Erregungszustand in das Psychiatrische Zentrum N. eingewiesen, wo ein Alkoholmissbrauch diagnostiziert wurde. Später ergab sich die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie. In der vom Hausarzt J. Han. am 6. Oktober 1990 ausgestellten "Verordnung zur Krankenhauspflege" wird (soweit lesbar) wörtlich ausgeführt: "Diagnose: Alkoholkrankheit, akute Psychose (paranoid) mit Erregungszustand Seit 15. Lj. Alkoholprobleme. Jan. 90 ..., trinkt nur noch, vermehrte Isolation, zum Gespräch mit der Familie nicht bereit; fühlt sich manchmal verfolgt und wurde verbal und körperlich aggressiv Z.Zt. Gefahr für sich und sein Umfeld, deshalb Unterbringung. (Zwangseinweisung)." Der Kläger befand sich vom 6. - 12. Oktober 1990 in stationärer Behandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus W ... Der Kläger gab gegenüber den behandelnden Ärzten an, dass er in den letzten 2 Jahren bis Juli 1990 fast keinen, danach verstärkt Alkohol getrunken habe. Die Ärzte diagnostizierten einen Alkoholmissbrauch (Bericht vom 22. Oktober 1990).

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 wandte sich der Kläger wegen Klärung und Sicherung einer Berufsunfähigkeitsrente an die Beklagte. Am 24. Januar 2002 teilte er telefonisch mit, dass das Schreiben als Rentenantrag gemeint gewesen sei. Am 8. Februar 2002 beantragte Kläger die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit dem hierfür vorgesehenen Vordruck. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. August 2002 mit der Begründung ab, der Kläger habe im maßgeblichen Zeitraum vom 8. Februar 1997 bis 7. Februar 2002 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und machte geltend, er sei seit etwa 1996 nicht mehr in der Lage, vollschichtig tätig zu sein. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lägen nur vor, wenn er bereits vor März 1992, aber nicht vor Mai 1989 erwerbsunfähig geworden wäre. Hierauf teilte der Kläger mit, er sei 1990 erstmals in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. aufgenommen worden; zu dieser Zeit sei er erwerbsunfähig geworden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Beweis, dass seit Oktober 1990 eine Erwerbsminderung eingetreten sei, sei nicht geführt (Widerspruchsbescheid vom 8. April 2003).

Auf die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit ab Januar 1990 begehrte, verurteilte das Sozialgericht Mannheim (SG) die Beklagte mit Urteil vom 5. Juli 2004 (S 10 RJ 1510/03), dem Kläger auf Grund seines Antrags vom 8. Februar 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 zu gewähren. Im Übrigen wies das SG die Klage ab. Das SG nahm bei seiner Entscheidung den Eintritt der Leistungsunfähigkeit spätestens am 31. Oktober 1990 an. Am 6. Oktober 1990 sei nämlich die Einweisung des Klägers in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. erfolgt. Das SG stützte sich bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf ein bei Dr. Schw., Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie 1 des Psychiatrischen Zentrums N., eingeholtes Gutachten vom 9. März 2004, nach dem rückblickend eine quantitative Einschränkung praktisch seit Ende 1989/Anfang 1990 bestehe, als die psychotische Erkrankung begonnen habe, sowie auch auf das Einweisungsschreiben des behandelnden Arztes J. Han. vom Oktober 1990. Wegen der Details wird auf die Entscheidungsgründe des Urteil Bezug genommen (Bl. 257 bis 259 der SG-Akten).

Die gegen das Urteil eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten wurden mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 25. Januar 2005 (L 9 RJ 2670/04) zurückgewiesen. Der 9. Senat des LSG hatte zuvor eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters Dr. Schw. vom 18. Oktober 2004 eingeholt, in der dieser u. a. zur Frage des Eintritts des Versicherungsfalls folgendes ausführte: "Zusammenfassend ist festzuhalten, dass von hiesiger Seite für den Zeitraum ab ca. 1989/Anfang 1990 das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeitserkrankung in Kombination mit einer schizophrenen Psychose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt wird. Eine vollschichtige Erwerbstätigkeit für Herrn E. zum in Rede stehenden Zeitraum von Ende Februar 1992 ist aus psychiatrischer Sicht nicht vorstellbar, da es hierzu an ausreichender kognitiver Dauerbelastbarkeit und ausreichendem Antriebsniveau fehlte." In der Begründung des Urteils legte der 9. Senat des LSG zum Eintritt des konkreten Versicherungsfalls dar: "Das zeitlich geminderte Leistungsvermögen bzw. die Unfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein, besteht seit Ende 1989 bzw. seit Anfang 1990. Zu dieser Überzeugung gelangte der Senat auf Grund des Gutachtens von Dr. Schw. vom 9. März 2004 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Oktober 2004. Ausgehend von einem Leistungsfall am 10. Januar 1990 (Verlust des Arbeitsplatzes wegen unentschuldigten Fehlens) hat der Kläger 43 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Auch bei einem Leistungsfall vom 6. Oktober 1990 (Aufnahme ins P.) hat der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Trotz eines Leistungsfalls von Januar 1990 bzw. Oktober 1990 steht dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab 1. Februar 2002 zu. " Wegen des genauen Inhalts des Urteils wird auf Bl. 107 bis 120 der LSG Akte Az.: L 9 RJ 2670/04 Bezug genommen. Eine hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG; B 13 RJ 47/05 B) nahm der Kläger wieder zurück.

Mit Bescheid vom 15. März 2005 gewährte die Beklagte auf Grund des Urteils des SG Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 in Höhe von monatlich 795,51 EUR brutto (also ohne Abzüge zur Kranken- und Pflegeversicherung), ausgehend von einem Versicherungsfall am 31. Oktober 1990 (Bl. 401 ff. der Verwaltungsakte der Beklagten).

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rente ein. Nachdem dieser von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde, begehrte der Kläger mit einer weiteren Klage vor dem SG (Az.: S 5 R 1683/05) eine höhere Rente. Diese Klage begründete er u.a. damit, dass als "Leistungsfall" der 10. Januar 1990 anzunehmen sei. Diese Klage wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 7. November 2005 ab. Hiergegen legte der Kläger erneut Berufung (Az.: L 10 R 4911/05) ein, mit der er u.a. den Eintritt des Versicherungsfalls am 10. Januar 1990 und die Auszahlung der Rente seit 1. Mai 1994 geltend machte. Während des laufenden Berufungsverfahrens lehnte die Beklagte auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 22. September 2005 mit Überprüfungsbescheid vom 14. Dezember 2005 eine Abänderung des Bescheids vom 15. März 2005 im Hinblick auf die Gewährung der Rente ab einem früheren Zeitpunkt ab. Im Berufungsverfahren (Az.: L 10 R 4911/05) befragte der 10. Senat des LSG nochmals den Gutachter Dr. Schw. Dr. Schw. äußerte sich im damaligen Verfahren gutachtlich nach Aktenlage dahingehend, dass die Datenlage begrenzt sei. Der Beklagten sei grundsätzlich beizupflichten, dass (aussagekräftige) ärztliche Unterlagen erst für die Zeit ab Oktober 1990 vorlägen. Zum Zeitpunkt der Einweisung des Klägers in das Psychiatrische Landeskrankenhaus N. habe beim Kläger eine psychotische Dekompensation vorgelegen, die in der überwiegenden Anzahl der Fälle bereits Jahre vorher manifeste krankhafte psychische Veränderungen zeige. Nicht nur die eigenen anamnestischen Angaben des Klägers, sondern auch das Einweisungsschreiben des Hausarztes Dr. Han. spreche für eine psychotische Symptomatik im längerfristigen Vorfeld der Einweisung. Er gehe weiterhin von einem Beginn der Erwerbsunfähigkeit ab Ende 1989/Anfang 1990 aus (Gutachten vom 28. Juni 2006). Der 10. Senat des LSG wies sodann mit Urteil vom 28. September 2006 die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. November 2005 zurück und wies die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 als unzulässig ab. Zur Begründung wird in den Urteilsgründen u.a. folgendes ausgeführt: "Zutreffend ist die Beklagte auch von einem Versicherungsfall im Oktober, also spätestens am 31. Oktober 1990 ausgegangen. Hierzu wurde sie mit dem Urteil des SG vom 5. Juli 2004 verurteilt, wobei sich der Versicherungsfall, also der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit (bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) ergibt, wenn man den Tenor anhand der Entscheidungsgründe auslegt (vgl. Bolay in: Lüdtke, SGG, 2. Aufl. 2006, § 136 Rdnr. 9 mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Daran ist durch das Urteil des LSG vom 25. Januar 2005 nichts geändert worden, denn dieses wies lediglich die Berufungen zurück. Zudem erfolgten die Ausführungen zu einem alternativen Versicherungsfall am 10. Januar 1990 allein im Rahmen der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und können nicht hinreichend deutlich auf die rentenrechtlichen Zeiten und damit die Rentenhöhe bezogen werden. Auch bei einer inhaltlichen Prüfung kann sich der Senat nicht von einem Versicherungsfall vor Oktober 1990 überzeugen. Der Kläger ist am 6. Oktober 1990 in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. eingeliefert worden. Frühestens für Oktober 1990 ist damit die paranoide Schizophrenie objektiv nachgewiesen. Wenn dies für die Zeit davor angenommen werden soll, begibt man sich in den Bereich der Spekulation. Zwar hat der behandelnde Arzt anlässlich der Einweisung einschlägige Symptome bereits im Januar 1990 ("Arbeitslosigkeit, trinkt nur noch, vermehrte Isolation, zum Gespräch mit der Familie nicht bereit") beschrieben. Auch ist nachvollziehbar, wenn Dr. Schw. in seiner ergänzenden Stellungnahme für den Senat ausführt, dass sich die Erkrankung des Klägers nicht plötzlich entwickelt, sondern einen gewissen Vorlauf benötigt hat. Wie sich die Erkrankung jedoch konkret im Einzelnen entwickelt hat und - hierauf ist besonders hinzuweisen - welche konkreten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit dies jeweils hatte, ist völlig unklar. Weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht, insbesondere scheidet eine ergänzende Befragung von Angehörigen des Klägers aus. Bei der hier entscheidungserheblichen Frage der Krankheitsentwicklung des Klägers sind medizinische Laien überfordert, aussagekräftige Erkenntnisse zu liefern. " Wegen des genauen Inhalts des Urteils wird auf Bl. 164 bis 172 der LSG Akte Az.: L 10 R 4911/05 Bezug genommen. Eine beim BSG hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des BSG vom 27. Dezember 2006 als unzulässig verworfen (B 13 R 484/06 B).

Nachdem der 10. Senat des LSG eine Einbeziehung des während des Berufungsverfahrens (Az.: L 10 R 4911/05) ergangenen Überprüfungsbescheides vom 14. Dezember 2005 in den damaligen Rechtsstreit abgelehnt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007 einen hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück, soweit er einen früheren Rentenbeginn begehrte; im Übrigen wurde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Hiergegen erhob der Kläger am 17. April 2007 wiederum Klage beim SG (Az.: S 3 R 1752/07), mit der er abermals die Zuerkennung einer Rente aufgrund eines am 10. Januar 1990 eingetretenen Versicherungsfalls begehrte. Das SG wies diese Klage mit Urteil vom 13. März 2008 ab. Wegen der genauen Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf Bl. 9 - 19 der LSG Akte L 10 R 2996/08 Bezug genommen. Eine hiergegen eingelegte abermalige Berufung (L 10 R 2996/08) wies der 10. Senat des LSG mit Beschluss vom 26. September 2008 zurück. Wegen des genauen Inhalts wird auf Bl. 33 - 40 der LSG Akte L 10 R 2996/08 Bezug genommen. Eine beim BSG hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 5 R 476/08 B) wurde mit Beschluss des BSG vom 23. März 2009 als unzulässig verworfen.

Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 11. September 2008 die Rente - wegen einer Änderung des Beitragssatzes der Krankenversicherung - neu berechnet hatte, legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und beantragte erneut, seine Rente ausgehend von einem Versicherungsfall am 10. Januar 1990 neu zu berechnen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2008 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 13. November 2008 Klage beim SG Mannheim, die das SG mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2010 abwies (Az.: S 12 R 3705/08). Die Klage auf Neuberechnung der Rente ausgehend von einem Versicherungsfall am 10. Januar 1990, sei im vorliegenden Verfahren unzulässig, im Übrigen aber unbegründet. Eine hiergegen erhobene Berufung (Az.: L 9 R 345/10) nahm der Kläger am 20. November 2012 zurück.

Am 21. November 2012 beantragte der Kläger erneut, seine Rente im Wege eines Überprüfungsbescheides unter Feststellung eines Leistungsfalles vom 10. Januar 1990 neu festzustellen (Bl. 1567 der Handakten der Beklagten). Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 ab (Bl. 1569 der Handakten der Beklagten). Einen hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2013 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Juni 2013 erneut Klage (Az.: S 5 R 1927/13) beim SG mit der Zielsetzung erhoben, ihm eine Rente auf Basis eines Versicherungsfalls vom 10. Januar 1990 zu gewähren. Er sei spätestens seit Januar 1990 so schwer erkrankt gewesen, dass er in vollkommener Isolation und ohne Kontakt gelebt habe. Dies ergebe sich aus dem Einweisungsschein seines Hausarztes J. Han. vom 6. Oktober 1990, der in den bisherigen Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Dieser habe ihn damals im Oktober 1990 zwangseingewiesen, so dass man von einer schweren psychischen Erkrankung spätestens seit Januar 1990 ausgehen müsse. Mit Gerichtsbescheid vom 25. Juli 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe eine Änderung des unanfechtbar gewordenen Bescheides vom 15. März 2005 zu Recht abgelehnt. Der Kläger habe keine neuen Erkenntnisse vorgetragen, die Anlass geben könnten, an der Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Rentenbescheides zu zweifeln.

Gegen den ihm am 1. August 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. August 2013 Berufung eingelegt. Der Kläger verwies in der Berufung nochmals auf die Ausführungen des Hausarztes J. Han. vom Oktober 1990.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Juli 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 13. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 zu verpflichten, den Rentenbewilligungsbescheid vom 15. März 2005 abzuändern und ihm eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung auf der Grundlage eines am 10. Januar 1990 eingetretenen Versicherungsfalles zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beklagte hat eine Probeberechnung ausgehend von einem Versicherungsfall am 10. Januar 1990 vorgelegt, wonach sich eine ca. 100 EUR höhere als die bewilligte Rente ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist aber nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15. März 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 ausgehend von einem Versicherungsfall am 31. Oktober 1990 bewilligt hat, streiten die Beteiligten vorliegend noch über die Höhe der bewilligten Rente, nicht aber über deren Beginn. Nach Auskunft der Beklagten würde die Annahme eines eingetretenen Versicherungsfalls am 10. Januar 1990 zu einer monatlich höheren Rente führen, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Begehrt der Kläger wie hier eine Leistungsgewährung durch die Beklagte unter Rücknahme bzw. Abänderung eines früheren, bestandskräftigen Bescheides, so ist die richtige Klageart eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage; in solchen Fällen kann nicht unmittelbar ohne Verpflichtungsantrag auf Leistung geklagt werden, weil sich aus § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nichts dafür ergibt, dass die gesetzlich vorgesehene, vom Beklagten zu treffende Rücknahmeentscheidung durch das Gericht ersetzt werden darf (Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl., § 54 Rdnr. 20c m.w.N.; str.).

Ausgangspunkt der Prüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 1. SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG durchbricht diese Regelung des Verfahrensrechts nicht nur die Bindungswirkung eines Bescheids, sondern auch die Rechtskraft einer diesen bestätigenden gerichtlichen Entscheidung. Auch wenn der Bescheid durch eine rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung bestätigt worden ist, ist die Beklagte danach verpflichtet, den belastenden Teil der vorgenannten Bescheide zurückzunehmen, sofern die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorliegen (BSG, Urteil vom 7. Dezember 1989 - 4 RA 110/88 -, veröffentlicht in Juris).

Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind vorliegend allerdings nicht gegeben, so dass die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist. Der Kläger macht sinngemäß geltend, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei. Ergibt sich jedoch im Rahmen eines Antrags auf Erlass eines Zugunstenbescheids nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen. Vorliegend hat der Kläger - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - keine neuen Erkenntnisse vorgetragen. Die vom Kläger zur Klagebegründung angeführte "Verordnung zur Krankenhauspflege" des damaligen Hausarztes J. Han. vom 6. Oktober 1990 war in sämtlichen vorausgegangenen sozialgerichtlichen Verfahren bekannt und wurde jeweils bei der Beweiswürdigung berücksichtigt. Diese wurde insbesondere auch im Urteil des SG vom 5. Juli 2004 berücksichtigt (Az.: S 10 RJ 1510/03) mit dem die Beklagte zur Leistung einer Rente ab dem 1. Februar 2002 auf Basis eines Versicherungsfalls vom 31. Oktober 1990 verurteilt wurde. Daran ist durch das anschließende Urteil des 9. Senats des LSG vom 25. Januar 2005, in dem bei der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen alternativ auch auf den Januar 1990 abgestellt wurde, nichts geändert worden, denn dieses wies lediglich die Berufung zurück. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte mit Erlass des zu überprüfenden Bewilligungsbescheides vom 15. März 2005 in nicht zu beanstandender Weise nachgekommen. Wie bereits der 10. Senat in seinem Urteil vom 28. September 2006 (Az.: L 10 R 4911/05) ausgeführt hat, ergibt sich der Versicherungsfall 31. Oktober 1990 bei entsprechender Auslegung des damaligen Tenors anhand der Entscheidungsgründe. Dem schließt sich der erkennende Senat vollumfänglich an. Es gibt daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 15. März 2005 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Vielmehr steht der Sachverhalt seit der ersten gerichtlichen Entscheidung des SG Mannheim vom 5. Juli 2004 unverändert fest.

Auch der erkennende Senat kann sich, ebenso wie der 10. Senat im Urteil vom 28. September 2006 und im Beschluss vom 26. September 2008, nicht von einem Versicherungsfall vor Oktober 1990 überzeugen. Allein, dass der behandelnde Arzt J. Han. anlässlich der Einweisung einschlägige Symptome bereits im Januar 1990 ("Arbeitslosigkeit, trinkt nur noch, vermehrte Isolation, zum Gespräch mit der Familie nicht bereit") beschrieben hat, kann den Eintritt des Leistungsfalls im Januar 1990 nicht zur vollen Überzeugung des Senats belegen, zumal der Kläger in der Verhandlung angegeben hat, dass der Arzt Han. sich in seinem Umfeld erkundigt habe, so dass seine Ausführungen in der Verordnung auch nicht aus eigener Beobachtung und Befunderhebung stammen können. Gegenüber den behandelnden Ärzten im Psychiatrischen Landeskrankenhaus W. hat der Kläger jedenfalls andere Angaben gemacht (s. Bericht vom 22. Oktober 1990). Schließlich hat auch der Kläger im ersten Widerspruchsverfahren den Versicherungsfall nicht vor Oktober 1990 geltend gemacht. Vom 10. Senat wurde in den genannten Entscheidungen zudem ebenfalls bereits berücksichtigt, dass die Darstellung des Dr. Schw., die Erkrankung des Klägers habe sich nicht plötzlich entwickelt, sondern habe einen gewissen Vorlauf benötigt, durchaus nachvollziehbar ist. Der erkennende Senat hält es vor diesem Hintergrund durchaus für wahrscheinlich, dass der Kläger bereits im Januar 1990 erkrankt war. Die volle Überzeugung von einer rentenrechtlich relevanten Erkrankung, die auf nicht absehbare Zeit (d.h. mindestens für sechs Monate) den Kläger hinderte, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 SGB VI), konnte der Senat jedoch nicht gewinnen. Maßgeblich sind insoweit allein die konkreten Auswirkungen der bestehenden Erkrankungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers. Zu dieser Frage gibt es jedoch keine ärztlichen Berichte aus der Zeit vor Oktober 1990. Der Senat teilt auch insoweit die vorausgegangene Bewertung des 10. Senats, dass sich die Entwicklung der Erkrankung des Klägers im Einzelnen und insbesondere deren konkreten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit in der Zeit von Ende 1989 bzw. Januar bis September 1990 nicht mit der erforderlichen Klarheit nachvollziehen lassen. Der Kläger ist am 6. Oktober 1990 erstmals in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. eingeliefert worden. Dieses nachgewiesene Ereignis stellt eine maßgebliche Zäsur dar, so dass es nicht zu beanstanden ist, wenn die Beklagte vor diesem Hintergrund den Eintritt des Versicherungsfalls im Oktober 1990 annimmt.

Sonstige Rechtsfehler des Bewilligungsbescheides 15. März 2005 sind nicht ersichtlich, so dass die Entscheidung der Beklagten rechtmäßig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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