L 11 R 3604/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1487/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3604/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2009 hinaus.

Der am 02.01.1960 geborene Kläger brach eine Lehre zum Kfz-Mechaniker ab und übte von 1977 bis 1980 eine Tätigkeit als Lackierer aus. Anschließend war er bis 2001 als Maschinenarbeiter (zuletzt mehrjährig als Vorarbeiter) beschäftigt. Danach war der Kläger arbeitslos. Vom 08.03.2003 bis zum 31.01.2004 übte er eine zweimonatige Beschäftigung als CNC-Dreher aus, welche durch Insolvenz des Arbeitgebers beendet wurde. Der Kläger bezog bis zum 30.09.2004 Krankengeld und vom 01.10.2004 bis zum 28.03.2005 Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Ab dem 01.04.2005 befand sich der Kläger im Leistungsbezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II.

Der Kläger beantragte am 20.06.2006 erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte die Gewährung einer Rente nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens durch Dr. R. mit ambulanter Untersuchung am 09.08.2006 (Bl. 116 bis 143 der Verwaltungsakte) und eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens durch den Diplommediziner G. mit ambulanter Untersuchung am 22.03.2007 (Bl. 215 bis 227 der Verwaltungsakte) mit Bescheid vom 05.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2007 ab. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit dem Aktenzeichen S 3 R 2222/07 kam Dr. D. in einem von Amts wegen eingeholten neurologisch - psychiatrischen Gutachten aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 14.03.2008 zum Ergebnis, dass eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine zusätzliche Konversionsstörung in Form einer dissoziativen Empfindungsstörung der rechten Körperseite und anamnestisch eine einfache Migräne bei familiärer Vorbelastung vorliege. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin im Rahmen eines Vergleichsvorschlages eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 ausgehend von einem am 20.06.2006 eingetretenen Leistungsfall (Bescheid vom 31.07.2008 Bl. 512 a der Verwaltungsakte).

Der Kläger reichte am 17.08.2009 einen Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. sowie der Orthopäden Dr. J. und Dr. S. ein (Bl. 581 bis 595 sowie Bl. 601 bis 623 der Verwaltungsakte) und beantragte am 01.09.2009 die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 31.12.2009 hinaus.

Die Beklagte veranlasste eine chirurgisch-orthopädische Begutachtung mit ambulanter Untersuchung am 18.11.2009 bei Dr. W ... Dieser kam in seinem Gutachten vom 01.12.2009 zum Ergebnis, dass eine nicht zu objektivierende Cervikobrachialgie beidseits, eine mäßige Spondylose/ Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenschaden im Segment L 5/S 1 mit rezidivierenden Lumboischialgien und leichter Progressionstendenz ein mäßiger Hallux rigidus rechts mit noch guter passiver Beweglichkeit der Großzehe, eine Plattfußbildung beidseits mit Knickfußbildung zusätzlich links, eine angeborene Syndaktylie D I, D II linker Vorfuß sowie eine ausgeprägte Zehennagelmykose vorliege. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten auch im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr verrichtet werden.

Die Beklagte ließ den Kläger des weiteren neurologisch-psychiatrisch begutachten. Dr. B. kam in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 18.11.2009 erstellten Gutachten zur Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in unscharfem Übergang zur gleichzeitig deutlichen tendenziösen Krankheitsverhalten vor dem Hintergrund von Versorgungswünschen bei vorbestehender Persönlichkeitsakzentuierung mit histrionischen und dependenden Zügen sowie Wirbelsäulen und Gelenksbeschwerden ohne sozialmedizinisch wirklich richtungsweisende Ausfälle. Der Kläger könne aus nervenärztlicher Sicht zumindest leichte Tätigkeiten in zeitlichem Umfang von sechs Stunden und mehr verrichten.

Medizinaldirektor L. führte in einem internistischem Gutachten aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 18.11.2009 aus, dass auf internistischem Fachgebiet ein unbefriedigend eingestellter Bluthochdruck, Hinweise für eine periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a, eine gering fermentaktive Fettleber vorlägen. Unter Einbeziehung der Gutachten auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet sei davon auszugehen, dass der Kläger ab Januar 2010 leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in zeitlichem Umfang von sechs Stunden und mehr verrichten könne.

Die Beklagte lehnte die Weitergewährung der Rente mit Bescheid vom 14.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 ab.

Der Kläger hat am 04.05.2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.

Das SG hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat am 25.06.2010 mitgeteilt, dass die periphere arterielle Verschlusskrankheit der Beine neu diagnostiziert worden sei. Nach den psychiatrischen Aussagen liege ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich eher nicht vor. Der Orthopäde Dr. S. hat am 15.07.2010 angegeben, dass sich seitens des orthopädischen Fachgebietes keine objektivierbaren Befunde oder sonstige Parameter mit Beweiskraft fänden, die gegen leichte Tätigkeiten im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden sprächen. Es liege jedoch ein chronifiziertes Schmerzbild mit erheblichen Somatisierungstendenzen und eine ausgeprägte depressive Störung vor. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. hat in seiner Stellungnahme vom 02.08.2010 ausgeführt, dass er im Laufe der Behandlung keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers festgestellt habe. Es liege eine schwere Depression vor.

Das SG hat Dr. S. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 13.12.2010 erstellten Gutachten hat Dr. S. ausgeführt, dass ein Restless-Leg-Syndrom, eine einfache Migräne, eine Angst- und depressive Störung gemischt sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorlägen und der Kläger noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen leichten Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.

Das SG hat Dr. S. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 23.08.2011 erstellten Gutachten hat Dr. S. ausgeführt dass das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich anzusetzen sei. Es lägen eine somatoforme Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine rezidivierende dissoziative Störung gemischt, eine Dysthymia, reizidivierende kurze depressive Episoden, eine Panikstörung, multiple phobische Störungen, eine weitgehende Chronifizierung und psychosoziale Desintegration, eine Migräne, ein Restless-Legsyndrom sowie eine "frühe" strukturelle Störung mit disfunktionalem Bewältigungsmodi vor.

Der Gutachter Dr. S. hat eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme am 27.04.2012 abgegeben (Bl. 147 bis 150 der SG-Akte).

Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2012 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.12.2009 hinaus bis zum 31.12.2012 zu gewähren. Das SG hat zur Begründung ausgeführt, dass das Gutachten von Dr. S. schlüssig und nachvollziehbar sei und der Beurteilung im Gutachten von Dr. D. im vorangegangenen Klageverfahren entspreche. Die bei den vorangegangenen Begutachtungen als Aggravation/Simulation gewerteten Verhaltensweisen des Klägers seien vor allem dadurch bedingt, dass er als bedrohlich erlebte Emotionen/Erlebniswelten nicht wahrzunehmen bzw. angemessen regulieren und kommunizieren könne. Unter Mitberücksichtigung des Gutachtens von Dr. D. sei davon auszugehen, dass eine Fortdauer und Chronifizierung bereits im Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. D. vorgelegen hätten. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Befundlage und das Leistungsvermögen des Klägers seither wesentlich gebessert hätten, bestünden nicht. Aus diesem Grund sei der Leistungseinschätzung von Dr. S. nicht zu folgen, da sich in den Verhältnissen seit der Begutachtung durch Dr. D. keine wesentliche Veränderung eingestellt habe. Da der Kläger jedoch im Anschluss an das Gutachten von Dr. D. keine ausreichenden Therapiebemühungen entfaltet habe, seien die diesbezüglichen Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, so dass die Rente weiterhin befristet zu gewähren sei.

Die Beklagte hat gegen das am 26.07.2012 zugestellte Urteil am 21.08.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das SG in seiner Urteilsbegründung nicht auf die Gutachten von Dr. W., Dr. B. und Medizinaldirektor L. eingegangen sei. Es lägen nur leichte psychische Funktionsstörungen vor, welche eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht rechtfertigten. Auch ließen sich den Akten sehr demonstrative aggravierende Verhaltensweisen entnehmen, welche eine hinreichend sichere Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorliegens einer Leistungsminderung verhinderten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.07.2012 abzuändern und dem Kläger eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung über den 31.12.2012 hinaus zu gewähren.

Der Kläger hat zur Berufungserwiderung ausgeführt, dass das angefochtene Urteil im Ergebnis rechtmäßig sei. Darüber hinaus stehe ihm die Rente auch über den 31.12.2012 hinaus zu. Dr. S. habe sich mit den vorangegangenen gutachterlichen Einschätzungen befasst und nachvollziehbar eine andere Auffassung gewonnen. Die Auffassung von Dr. S. werde auch durch den Entlassbrief von Privatdozent Dr. R. der R.Klinik vom 01.08.2012 bestätigt. Zusätzlich sei auch die Diagnose einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit gesichert. Da bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) Stadium II b eine Claudicatio bei einer Gehstrecke von weniger als 200 Meter auftrete, sei der Kläger nicht wegefähig. Auch habe der Kläger am 23.10.2012 eine Psychotherapie begonnen. Der Kläger hat ein Entlassbrief über eine stationäre Behandlung vom 18.07.2012 bis zum 02.08.2012 in der R.Klinik eingereicht (Bl. 19 bis 25 der Berufungsakte).

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger am 15.01.2013 mitgeteilt, dass bezüglich der pAVK nach Entlassung aus der R.Klinik keine weitere angiologische Abklärung stattgefunden habe.

Der Senat hat den Psychotherapeuten T. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt. Der Psychotherapeut T. hat mit Schreiben vom 25.01.2013 mitgeteilt, dass die von ihm erhobenen Befunde den Diagnosen von Dr. S. entsprächen. Der Kläger sei jetzt und in absehbarer Zeit nicht arbeitsfähig (vgl Bl 46 bis 47 der Berufungsakte).

Der Senat hat Prof. Dr. W. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In ihrem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 04.06.2013 erstellten Gutachten hat Prof. Dr. W. eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren eine vom Schwergrad nicht einzuordnende rezidivierende depressive Störung, eine Migräne, möglicherweise eine Persönlichkeitsstörung und ein Restless-Leg-Syndrom diagnostiziert. Eine Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich lasse sich nicht mit ausreichender Sicherheit belegen. Unter der Rubrik "Aktuelle Beschwerden" hat die Sachverständige die Angaben des Klägers wie folgt wiedergegeben: " ... aber das Auto sei nur auf ihn zugelassen, werde aber von seinen Söhnen benutzt. Er selbst benutze es nur, um seine Frau zum Einkaufen zu fahren und (wie er auf Nachfrage bejaht), um zu dem Psychotherapeuten zu fahren." Der Kläger hat mit Schreiben vom 07.07.2012 Einwände gegen die Einschätzung von Prof. Dr. W. erhoben (Bl. 96 bis 98 der Berufungsakte). Er hat ua darauf hingewiesen, das Auto gehöre nicht ihm, sondern seinem Sohn. Es sei lediglich auf seinen Namen angemeldet, aus versicherungstechnischen Gründen. Prof. Dr. W. hat hierauf mit Schreiben vom 05.09.2013 ergänzend Stellung genommen (Bl. 99 bis 103 der Berufungsakte) und keine Veranlassung gesehen, ihre gutachterliche Einschätzung zu ändern.

Der Kläger hat eine Kostenübernahmeerklärung für eine Langzeitpsychotherapie der AOK vom 02.08.2013 sowie ein Befundbericht des Krankenhauses F. vom 01.09.2013 sowie eine Stellungnahme des behandelnden Nervenarztes Prof. Dr. K. vom 01.10.2013 eingereicht (vgl. Bl. 105 bis 107, 110 bis 111 der Berufungsakte).

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge die Gerichtsakte S 3 R 2222/07 sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig und in der Sache begründet. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.01.2010.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord- oder Fließbandarbeit, Wechselschichtarbeit und ohne Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Der Kläger leidet an einer Angst und depressiven Störung gemischt, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einem Restless - Legs - Syndrom sowie einer Migräne. Der Senat schließt dies aus den von Dr. S. und Prof. Dr. W. in ihren Gutachten erhobenen Befunden und Diagnosen. Soweit Prof. Dr. W. im Unterschied zu Dr. S. eine vom Schweregrad her nicht einzuordnende rezidivierende depressive Störung diagnostiziert, beruht dies auf einer unterschiedlichen Diagnosestellung ohne wesentliche Unterschiede in den erhobenen Befunden und Leistungsbeeinträchtigungen. Bei der ambulanten Untersuchung durch Dr. S. konnte eine nur leichtgradige psychische Funktionsstörung in Form einer missmutigen Herabgestimmtheit erhoben werden. Der Antrieb war nicht eingeschränkt. Diese Befunde reichen auch nach Überzeugung des Senats nicht für die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung aus. Insbesondere vermag der Senat sich nicht der Einschätzung des Gutachters Dr. S. anzuschließen, wonach der Fixierung des Klägers auf seine Erkrankung und das Rentenbegehren und die hierdurch hervortretenden Verdeutlichungstendenz durch eigene Willensanstrengungen nicht zu überwinden sind und somit Krankheitswert haben. Prof. Dr. W. weist nach Überzeugung des Senats zutreffend darauf hin, dass nach der gebotenen Konsistenzprüfung sich das Ausmaß der psychischen und körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln lässt, da der Anteil der als unecht empfundenen Angaben zu hoch und der körperliche Untersuchungsbefund ohne Auffälligkeiten gewesen ist. Der Senat verkennt nicht, dass die traumatischen Erfahrungen in der Kindheit und Jugend des Klägers und die schwierige wirtschaftliche Situation des Klägers sich ungünstig auf den Gesundheitszustand auswirken, jedoch lässt sich ohne entsprechende schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen die Annahme einer Erwerbsminderung nicht rechtfertigen. Insofern vermag die Leistungseinschätzung des Gutachters Dr. S. nicht zu überzeugen, wonach infolge der Chronifizierung, Symptomlast und Krankheitsdynamik ein unter dreistündiges Leistungsvermögen vorliegt. Die von Dr. S. gestellte Diagnose einer Dysthymia beinhaltet lediglich leichtgradige, einer therapeutischen oder medikamentösen Behandlung grundsätzlich zugängliche Funktionsbeeinträchtigungen und reicht für eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht aus. Insofern stellt es einen gewissen Widerspruch dar, dass angesichts der diagnostizierten Dysthymia von einer mittelgradigen bis schweren Auswirkung auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gesprochen wird. Einschränkungen in der Aufmerksamkeit, dem Durchhaltevermögen und der Konzentration konnte bei keiner Begutachtung erhoben werden. Die Beziehung zu den Söhnen und seinem Enkelkind wird bereits im Gutachten von Dr. B. und in den Folgegutachten als sehr gut beschrieben. Der Kläger verfügt noch über gute familiären Bindungen, so dass entgegen der Annahme von Dr. S. eine psychosoziale Desintegration nicht nachvollziehbar ist. Dem Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt in der Klinik Dr. R. vom 18.07.2012 bis zum 02.08.2012 sind trotz der Diagnose einer mittelgradigen depressiven Störung keine weiteren Hinweise auf weitere Behandlungsmaßnahmen zu entnehmen. Zu beurteilen ist auch nicht, ob eine Besserung im Vergleich zum Gutachten von Dr. D. eingetreten ist. Die daraufhin gewährte Erwerbsminderungsrente war bis zum 31.12.2009 befristet, so dass der Zeitraum ab dem 01.01.2010 unabhängig hiervon zu beurteilen ist.

Die rezidivierenden Lumboischalgien infolge der Spondylose und Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule bedingen nach ihrem Ausmaß lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat entnimmt dies den von Dr. W. in seinem Gutachten am 18.11.2009 erhobenen Befunden. Hierbei konnten keine objektivierbaren schwerwiegenden Lähmungserscheinungen, Bewegungseinschränkungen oder Nervenwurzelreizsymptome erhoben werden. Bezüglich der Schonhaltung der Halswirbelsäule und den demonstrierten Leistungsminderungen der Lendenwirbelsäule konnte kein entsprechendes objektives Korrelat in Form von degenerativen Veränderungen oder Myogelosen gefunden werden. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage auf orthopädischem Fachgebiet keine Einwände gegen ein Leistungsvermögen von sechs Stunden arbeitstäglich erhoben. Der von Med. Dir. L. in seinem Gutachten vom 18.11.2009 diagnostizierte, unbefriedigend eingestellt Bluthochdruck kann durch entsprechende Behandlungsmaßnahmen gebessert werden. Die im Bericht der Klinik Dr. R. diagnostizierte pAVK Typ IIb wurde bisher nicht weiter abgeklärt. Der Kläger hat diesbezüglich bei der Begutachtung bei Prof. Dr. W. die Beschwerden bei Laufen auf die Hüfte zurückgeführt und von einer weiteren diesbezüglichen Behandlung abgesehen. Weitere Befunde sind somit nicht vorhanden. Die fehlende Behandlung spricht jedoch gegen einen entsprechenden Leidensdruck.

Durch die vom SG durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung des behandelnden Arztes Prof. Dr. K. wiederlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Soweit Prof. Dr. K. in seiner sachverständigen Zeugenaussage von einer schweren depressiven Störung spricht, vermag dies angesichts der in den fachärztlichen Gutachten erhobenen Befunden nicht zu überzeugen. Zudem wäre bei einer Störung von diesem Schweregrad die Einleitung engmaschiger Behandlungsmaßnahmen zu erwarten gewesen. Dies ist nicht erfolgt.

Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. W., Dr. B., Med. Dir. L., Dr. S. und Prof. Dr. W. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. W., Dr. B., Med. Dir. L., Dr. S. und Prof. Dr. W. an. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeine Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, mit häufigem Bücken und mit Überkopfarbeiten (Gutachten Dr. W.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. W., Dr. B., Med. Dir. L., Dr. S. und Prof. Dr. W. hervor. Überdies verfügt der Kläger über ein Kraftfahrzeug, das er jederzeit benutzen kann. Er ist seinen eigenen Angaben zufolge Halter dieses Kfz und besitzt deshalb auch die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug. Ist ein Arbeitsplatz auf andere Art als zu Fuß erreichbar, z.B. mit einem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR-2200 § 1247 RVO Nr. 10).

Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem 01.01.2010 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist am 02.01.1960 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Der Kläger hat zuletzt als Maschinenarbeiter gearbeitet. Die ab Juni 2003 für zwei Monate ausgeübte Tätigkeit als CNC - Dreher wurde nur für zwei Monate verrichtet und ist daher bei der Beurteilung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht zugrunde zu legen (vgl hierzu Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung August 2012, § 240 SGB VI, Rn 10). Die Tätigkeit als Maschinenarbeiter ist als ungelernte Tätigkeit einzustufen. Der Kläger kann daher auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ein Berufsschutz besteht nicht. Derartige leichte Tätigkeiten kann der Kläger, wie bereits ausgeführt, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten.

Selbst wenn der Kläger infolge der von ihm vorgetragenen langjährigen Tätigkeit als Vorarbeiter eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt haben sollte, könnte er zur Überzeugung des Senats auf die Tätigkeit eines Registrators verwiesen werden. Derartige Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang. Der Senat nimmt diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl Senatsurteil vom 13.11.2012, L 11 R 5240/10, juris sowie Urteil des 13. Senats, 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris) Bezug. Danach existiert allein im süddeutschen Raum im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen eine signifikante Anzahl an entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen jenseits der 500, die keine (spezifische) abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von maximal drei Monaten erfordern. Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl entsprechender Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt belegt im Übrigen auch die tarifvertragliche Erfassung dieser Tätigkeit im Änderungstarifvertrag Nr 4 vom 02.01.2012 zum TV-L. Gegenstand dieses Änderungstarifvertrages ist die Entgeltordnung zum TV-L, über welche sich die Tarifvertragsparteien am 10.03.2012 geeinigt haben. Diese sieht in ihrem Teil II "Tätigkeitsmerkmale für bestimmte Beschäftigtengruppen" Ziff 16 detaillierte Eingruppierungsregelungen für Beschäftigte in Registraturen vor, die sich über 8 Entgeltgruppen erstrecken. Vor dem Hintergrund der Einschätzungsprärogative, die den Tarifvertragsparteien bezüglich der Arbeitswirklichkeit zuzuerkennen ist (vgl BSG 12.09.1991, 5 RJ 34/90, SozR 3-2200 § 1246 Nr 17, juris Rn 22) dokumentiert bereits diese tarifvertragliche Erfassung die Existenz einer ausreichenden Anzahl an entsprechenden Arbeitsplätzen. Die Tätigkeit der Registratoren nach Entgeltgruppe 3 umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend geltenden Aktenplänen und -nummern, das Anlegen von Neuakten, das Beachten von Aktenordnungen sowie das Aussondern von Altakten. Dabei achten sie auf die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen. Um elektronische Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme, in denen Dokumente schnell wiedergefunden werden können. Sie speichern und verwalten digitale Dokumente mit spezieller Software. Im Bereich der Aktenhaltung und Registratur sind sie außerdem für die Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten verantwortlich (vgl dazu www.berufenet.de). Die hierzu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erwerben, auch wenn er eine verwaltungsnahe bzw kaufmännische Ausbildung nicht absolviert hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits über Kenntnisse im Umgang mit Computern verfügt. Denn von einem Facharbeiter kann jedenfalls erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben (Bayerisches LSG 08.02.2012, L 1 R 1005/09, juris Rn 50; LSG Niedersachsen-Bremen, 25.11.2009, L 10 R 269/08, juris Rn 24). Für die Erlernung der Tätigkeit eines Registrators bedarf es keiner besonderen Voraussetzungen, insbesondere keiner Fachkenntnisse, um innerhalb einer Anlernzeit von vier bis sechs Wochen bis maximal drei Monaten die erforderlichen Kenntnisse, darunter einfache PC-Kenntnisse, zu erwerben (vgl LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris Rn 33.).

Desgleichen stehen der Ausübung einer Tätigkeit als Registrator keine gesundheitlichen Umstände entgegen. Die Tätigkeit eines Registrators in der Entgeltgruppe 3 ist geprägt durch Arbeiten im Sitzen (vgl. www.berufenet.de), aber auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig; ggf muss mit Aktenstücken bis 10 kg Gewicht umgegangen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (vgl zu den körperlichen Anforderungen insgesamt: Bayerisches LSG 08.02.2012 aaO, juris Rn 48 und Urteil des 13. Senats aaO). Diesen Anforderungen kann der Kläger genügen. Es liegen nach dem Gutachten von Dr. W. keine schwerwiegenden orthopädischen Einschränkungen oder Einschränkungen, die die Gebrauchsfähigkeit der Hände betreffen, vor. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat den Kläger für leichte Tätigkeiten für sechs Stunden täglich leistungsfähig erachtet. Auch eine erhebliche Einschränkung des Sehfähigkeit ist nicht gegeben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch eine Registratorentätigkeit mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann.

Die Tätigkeit eines Registrators nach Entgeltgruppe 3 ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten. Geht man zugunsten des Klägers von einem Facharbeiterstatus aus, darf der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zu den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Diesen objektiv zumutbaren Verweisungstätigkeiten sind solche Berufe qualitativ gleichwertig, die von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag durch ihre tarifliche Einstufung in ihrem qualitativen Wert den Leitberufen gleichgestellt sind (BSG 12.09.1991 aaO juris Rn 22 mwN). Die tarifvertragliche Einstufung einer Tätigkeit ist deshalb in der Regel maßgebend für den qualitativen Wert dieser Tätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas, soweit die Einstufung nicht auf qualitätsfremden Merkmalen beruht (BSG aaO). Dies gilt nicht nur für die frühere Einstufung der Registratorentätigkeit in Tätigkeiten die Vergütungsgruppe VIII zum BAT, die als Verweisungstätigkeit grundsätzlich auch einem Facharbeiter zumutbar war (BSG aaO, juris Rn 23; BSG 27.11.1991, 5 RJ 91/89, juris Rn 15). Dies gilt vielmehr auch im Bereich des zum 01.10.2005 bzw 01.11.2006 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD bzw TV-L). Der entsprechenden Rechtsprechung des 13. Senats (aaO) und des 10. Senats des LSG Baden-Württemberg (19.07.2012, L 10 R 1780/11, nicht veröffentlicht) schließt sich der Senat an (ebenso Bayerisches LSG 17.04.2012, L 20 R 19/08, juris Rn 75).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. S. und Prof. Dr. W. in Verbindung mit den Verwaltungsgutachten von Dr. W., Dr. B. und Med. Dir. L. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Da der geltend gemachte Rentenanspruch ab dem 01.01.2010 nicht besteht, war auch die Anschlussberufung des Klägers auf Gewährung einer Rente über den 31.12.2012 hinaus zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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