L 8 SB 4821/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 1812/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4821/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10.08.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger seit dem 07.10.2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 zuzuerkennen ist.

Der 1953 geborene Kläger war von 1990 bis 2010 als Mechaniker abhängig beschäftigt. Im Juni 2010 ist er - gegen Zahlung einer Abfindung - in den "Vorruhestand" gegangen, seither ist er arbeitslos, zuletzt war er arbeitsunfähig geschrieben. Am 21.08.2010 erlitt der Kläger einen akuten Hinterwandinfarkt bei koronarer 1-Gefäßerkrankung. Noch am selben Tag erfolgte im O. A. eine RCA-PTCA und DE-Stentimplantation.

Nach Entlassung aus dem Krankenhaus (26.8.2010) gewährte die Deutsche Rentenversicherung B.-W. vom 08.09.2010 bis 06.10.2010 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik S. in I.-N. (zum Entlassbericht vom 06.10.2010 vgl. Blatt 5 bis 9 der Verwaltungsakte des Beklagten).

Am 07.10.2010 beantragte der Kläger beim Landratsamt H. (im Folgenden LRA) erstmals die Feststellung eines GdB (Blatt 1 bis 4 der Verwaltungsakte des Beklagten). Zu diesem Antrag verwies er auf den Hinterwandinfarkt vom 21.08.2010 sowie Diabetes mellitus Typ II (2009) und einen Zustand nach Meniskus-Operationen (1986, 1998, 2000).

Das LRA erhob Beweis durch Beiziehung des Entlassungsberichts vom 06.10.2010 der S. K. (Blatt 5 bis 9 der Verwaltungsakte des Beklagten) und Einholung einer Auskunft des behandelnden Arztes für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. C. (Blatt 13 der Verwaltungsakte des Beklagten). Dr. C. teilte die Diagnose einer ausgeprägten Varusgonarthrose beidseits (rechts schmerzhafter als links; Extension/Flexion Kniegelenke rechts: 0/0/110, links: 0/0/120) mit. Des Weiteren holte das LRA eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 02.11.2010 (Blatt 14, 15 der Verwaltungsakte des Beklagten) ein.

Mit Bescheid vom 17.11.2010 (Blatt 16, 17 der Verwaltungsakte des Beklagten) stellte das LRA einen GdB von 20 fest (zugrundeliegende Funktionsbeeinträchtigungen: Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Teil-GdB: 20); koronare Herzerkrankung, Stentimplantation, abgelaufener Hinterwandinfarkt (Teil-GdB 10)).

Hiergegen erhob der Kläger am 02.12.2010 Widerspruch, mit dem er geltend machte, der GdB betrage mindestens 50. Weiter leide er unter einer schwergradigen obstruktiven Schlafapnoe, die dauerhaft mit einer nächtlichen Beatmungstherapie (CPAP-Therapie) behandelt werden müsse. Außerdem seien die laut Reha-Bericht gesicherten Diagnosen nicht genügend gewürdigt worden (Blatt 18, 20 der Verwaltungsakte des Beklagten).

Das LRA erhob nun Beweis durch Einholung einer Auskunft der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. O ... Diese teilte in ihrer Auskunft vom 01.03.2011 die Diagnose eines schwergradigen Schlafapnoe-Syndroms sowie den Hinterwandinfarkt vom August 2010 mit (Blatt 23 der Verwaltungsakte des Beklagten). Zudem legte Dr. O. den Entlassungsbericht des O. A. vom 26.08.2010 (Blatt 24 bis 26 der Verwaltungsakte des Beklagten) sowie den Bericht des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B. vom 20.12.2010 (Blatt 27, 28 der Verwaltungsakte des Beklagten) vor.

Unter Berücksichtigung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2011 von Dr. Z. (Blatt 30, 31 der Verwaltungsakte des Beklagten), stellte der Beklagte durch das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 (Blatt 33 bis 35 der Verwaltungsakte des Beklagten) die zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung eines Schlafapnoe-Syndroms (Teil-GdB 20) fest, und wies den Widerspruch zurück. Auch die weitere Funktionsstörung führe zu keiner wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und damit zu keinem höheren Gesamt-GdB als 20.

Am 31.05.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und sein Begehren auf Feststellung eines GdB von 50 fortgeführt.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 15 bis 20, 22 bis 26 der SG-Akte Bezug genommen. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. O. hat in ihrer Auskunft vom 13.12.2011 unter Vorlage weiterer Arztbriefe ausgeführt, im Vordergrund stünde die ausgeprägte Depression, wohl auch zurückgeführt auf die geminderte Belastbarkeit durch die Insomnie und Schlafapnoe. Der Kläger habe seine Fußballtrainertätigkeit aufgegeben, was ihn nachhaltig treffe. Der Facharzt für Neurologie Dr. K. hat dem SG am 20.12.2011 geschrieben, der Kläger erhalte derzeit eine medikamentöse antidepressive Behandlung. Er hat auf seine Arztbriefe vom 20.12.2011 verwiesen.

Der Beklagte hat (Schriftsatz vom 22.02.2012, Blatt 28 bis 30 der SG-Akte) die Feststellung eines GdB von 40 sowie die Feststellung einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit seit 07.10.2010 im Wege des Vergleichs vorgeschlagen. Der Kläger hat das Vergleichsangebot nicht angenommen und ausgeführt, er leide an einer ausgeprägte Depression, die seit längerem medikamentös behandelt werden müsse. Auch sein Herzkreislaufleiden sei zu gering eingestuft worden.

Das SG hat mit Urteil vom 10.08.2012 den Bescheid vom 17.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 abgeändert, den Beklagten verurteilt, ab 07.10.2010 einen GdB von 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festzustellen und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Wie der Beklagte zutreffend vergleichsweise angeboten habe, habe der Kläger Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 bestehe nicht. Nach dem Bericht von Dr. C. bestehe eine ausgeprägte Varusgonarthrose beidseits, rechts schmerzhafter als links. Hierdurch bedingt bestehe eine erhebliche Belastungsminderung. Beim längeren Gehen oder Stehen komme es zu erheblichen Reizerscheinungen. Zudem habe Dr. C. eine geringgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks (0/0/110°) bei normaler Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (0/0/120°) sowie eine beginnende mediale Instabilität rechts festgestellt. Zwar seien beim Kläger keine Knorpelschäden diagnostiziert, jedoch erscheine unter Berücksichtigung der festgestellten Reizerscheinungen und der beginnenden medialen Instabilität rechts ein Teil-GdB von 20 gerechtfertigt, obwohl die geringe Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks für sich betrachtet keinen GdB begründe. Da beim Kläger unter regelmäßiger CPAP-Therapie eine gute Einstellung des Schlafapnoe-Syndroms erzielt sei und Folgeerscheinungen nicht beschrieben seien, sei ein Teil-GdB von 20 festzustellen. Für die Depression sei ein Teil-GdB von 20 anzusetzen. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit liege beim Kläger nicht vor. Nach den Befunderhebungen von Dr. K. bestehe eine Niedergeschlagenheit sowie eine reduzierte affektive Schwingungsfähigkeit. Anamnestisch habe der Kläger zudem von Gedankenkreisen, Grübeln, innerer Unruhe, Nervosität, Gereiztheit und Schlafstörungen berichtet. Eine medikamentöse Behandlung sei eingeleitet worden. Da aus den Befunden eine ausgeprägtere depressive Störung nicht abgeleitet werden könne, sei ein GdB von 20 für die leichtere psychische Störung angemessen. Für die koronare Herzerkrankung mit Stentimplantation sei ein Teil-GdB von 10 anzunehmen. Einschränkungen der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung selbst bei gewohnter stärkerer Belastung und ohne Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung seien mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten. Bereits während der Rehabilitationsmaßnahme sei der Kläger bei der Ergometer-Untersuchung bis 150 Watt belastbar gewesen. Eine Ausdauerbelastung sei bis 120 Watt auch bei Entlassung möglich gewesen. Auch im August 2011 habe der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. R. noch bis 160 Watt belastet werden können. Der Abbruch der Ergometrie sei jeweils nicht aus medizinischen Gründen, sondern wegen muskulärer Erschöpfung erfolgt. Angina pectoris sei nicht aufgetreten. Der von Dr. R. mitgeteilte Befund einer grenzwertig weiten Aortenwurzel und eines leicht hypertrophierten linken Ventrikels erlaube dagegen keinen Rückschluss auf das Leistungsvermögen, weshalb aufgrund der durchgehend sehr guten Herzleistung ein GdB von 10 anzusetzen sei. Der Diabetes mellitus sei medikamentös gut eingestellt und verursache keine Beeinträchtigungen in der Lebensführung. Für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers ist daher ein Gesamt-GdB von 40 angemessen und ausreichend.

Gegen das ihm am 10.11.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.11.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Seine Leiden seien durch das SG nicht genügend gewürdigt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10.08.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids des Landratsamts H. vom 17.11.2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 zu verurteilen, bei ihm ab 07.10.2010 einen GdB von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 30, 31 sowie 32 bis 44 der Senatsakte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. C. hat dem Senat am 31.01.2013 mitgeteilt, bei der Konsultation am 05.03.2010 habe er Beschwerden der Sprunggelenke beidseits mit begleitendem Gichtanfall festgestellt. Die Beschwerden seien von chronischem Charakter. Eine medikamentöse Therapie sei eingeleitet. Bei der Konsultation am 06.04.2010 sei eine weitere medikamentöse Therapie erfolgt. Bei der Konsultation am 08.10.2010 habe er die Diagnose einer Kniearthrose beidseitig bestätigt. Über die Auswirkung auf das Berufsleben sei diskutiert worden. Bei der Konsultation am 09.12.2010 hätten Beschwerden der Nacken/Schulterregion Iinksbetont bestanden. Es handele sich dabei um eine Erkrankung von vorübergehender Natur, welche mit einer lokalen Infiltration behandelt worden sei. Die Konsultation am 09.01.2013 habe wegen anhaltender Knieschmerzen stattgefunden, eine Orthese sei verordnet worden. Der Facharzt für Neurologie Dr. K. hat dem Senat mit Schreiben vom 25.02.2013 mitgeteilt, der Kläger erhalte derzeit eine medikamentöse antidepressive Behandlung.

Der Beklagte hat hierzu (Schreiben vom 29.04.2013, Blatt 45 bis 48 der Senatsakte) eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 18.04.2013 vorgelegt, in der der Gesamt-GdB mit 40 als ausreichend angesehen wurde.

Die Sach- und Rechtlage wurde mit den Beteiligten in einem Termin am 09.08.2013 erörtert (zur Niederschrift vgl. Blatt 50/52 der Senatsakte).

Der Kläger hat daraufhin (Fax vom 21.08.2013, Blatt 54 bis 66 der Senatsakte) eine Entlassungsmitteilung der K.-Klinik vom 28.02.2012 (Blatt 55 der Senatsakte), einen Entlassbericht vom 06.03.2012 über die zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung B.-W. durchgeführte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der K.-Klinik (Blatt 56 bis 65 der Senatsakte) sowie das Deckblatt des Entlassberichts der Rehabilitation in der S.-Klinik vom 06.10.2010 (Blatt 66 der Senatsakte) vorgelegt.

Mit Fax vom 19.11.2013 hat der Kläger weitere Arztberichte vorgelegt (Blatt 68 bis 74 der Senatsakte: Bericht Dr. B., Arzt für Innere Medizin/Kardiologie, vom 11.11.2013 und Bericht Dr. B. vom 13.11.2013 über eine Herzkatheder-Untersuchung vom 12.11.2013) und darauf hingewiesen, dass eine arterielle Verschlusskrankheit, eine Herzleistungsminderung, eine koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, ein abgelaufener Herzinfarkt, eine Stentimplantation und eine Schilddrüsenerkrankung zu berücksichtigen seien.

Der Beklagte hat hierzu durch seinen versorgungsärztlichen Dienst (Dr. R. vom 26.11.2013; Blatt 75 bis 77 der Senatsakte) Stellung genommen. In der Auskunft von Dr. C. werde über eine arthroskopische Operation am rechten Kniegelenk vom 10.05.2000 berichtet, dann erneut im Oktober 2010. Im aktuellen Entlassungsbericht werde bezüglich des rechten Kniegelenks eine endgradige Behinderung in der Beugung und ein diskretes Reibegeräusch hinter der Kniescheibe berichtet. Hierfür könne ein Teil-GdB 20, der einer Totalendoprothese des Kniegelenks entspreche, nicht abgeleitet werden, zumal auch keine Schwellung im Sinne von Reizerscheinungen oder eine Überwärmung nachweisbar sei. Im Rahmen der stationären Behandlung habe die Selbstwertproblematik gebessert und die ängstlich sozialen Rückzugstendenzen relativiert werden können. Auch wenn eine depressive Symptomatik weiterhin bestehe, so sei anhand des psychopathologischen Befundes eine dauerhaft stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in allen Lebensbereichen nicht abzuleiten. Von Dr. C. seien anhand von Röntgenbildern vom 08.10.2010 Knorpelschäden an beiden Kniegelenken im Sinne einer Arthrose beschrieben worden, jedoch kein GdB-relevantes Defizit, was selbst bei Belassung eines Teil-GdB von 20 diesen nicht mehr voll ausgefüllt erscheinen lasse, so dass der festgestellte Gesamt-GdB von 40 als wohlwollend anzunehmen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid des LRA vom 17.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 10.05.2011 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab dem 07.10.2010, weshalb er nicht in seinen Rechten verletzt ist. Auch das angefochtene Urteil entspricht dem geltenden Recht. Aus der vom SG und dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme hat sich kein Umstand ergeben, der einen höheren Gesamt-GdB als 40 begründen könnte. Die Berufung war daher zurückzuweisen. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 10.08.2012 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:

Die vom SG und dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger auf nervenärztlichem Fachgebiet an einer Depression leidet (vgl. Auskünfte Dr. K. gegenüber dem SG und dem Senat), die mit einer ausgeprägten Belastungsreaktion nach Herzinfarkt (vgl. Bericht der K.-Klinik) einhergeht. Jedoch konnte weder Dr. K. noch der vom Kläger vorgelegte Entlassbericht aus der vom 07.02.2012 bis 06.03.2012 durchgeführten Rehabilitation in der K.-Klinik eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) darlegen. Zwar musste der Kläger in Folge des Herzinfarkts seine Trainertätigkeit beenden, was ihn belastet, doch konnte ein sozialer Rückzug nicht festgestellt werden. Auch liegen weder wesentliche Konzentrationsstörungen noch Einschränkungen der mnestischen Funktionen oder der Denk- und Wahrnehmunsgfähigkeit vor. Der Antrieb war zwar vermindert und es bestand ein erheblicher Leidensdruck, doch konnte in der Rehabilitation die Selbstwertproblematik gebessert und die Rückzugstendenz relativiert werden. Dr. K. konnte in seinen, der Rehabilitation nachgehenden Berichten (dazu vgl. Blatt 33 bis 44 der Senatsakte) immer nur von einer psychisch belastenden Situation, einer Niedergeschlagenheit, Gedrücktheit des Klägers berichten sowie von reduzierter affektiver Schwingungsfähigkeit. Die Behandlung mit Citalopram wurde beibehalten. Aus diesen Berichten und Befunden konnte der Senat aber auch unter Berücksichtigung der fortgesetzten Medikation und der ca. zwei bis dreimonatlichen Besuche bei Dr. K. keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ableiten, sodass der Teil-GdB mit 20 entsprechend B Nr. 3.7 VG am oberen Ende des für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen vorgesehenen GdB-Rahmens zutreffend bemessen ist. Auch soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2014 darauf hinweisen ließ, es bestünden Grübelneigung, Ängste, Zukunftsängste und eine finanziell angespannte Situation, kann der Senat hieraus nicht auf einen höheren Teil-GdB schließen.

Auf orthopädischem Gebiet besteht beim Kläger lediglich hinsichtlich der Kniegelenke eine GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigung in Folge einer ausgeprägten Varusgonarthrose beidseits, rechts schmerzhafter als links. Dies verursacht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, eine erhebliche Belastungsminderung. Im Hinblick auf die Schmerzen, die Gehbehinderungen bei längerem Gehen oder Stehen, die zu erheblichen Reizerscheinungen führt, aber auch im Hinblick auf die nur geringgradigen Bewegungseinschränkungen des rechten Kniegelenks (0/0/110°) bei normaler Beweglichkeit des linken Kniegelenkes (0/0/120°) sowie einer beginnenden medialen Instabilität rechts konnte der Senat der Bewertung des SG mit einem Teil-GdB von 20 beitreten. Jedoch konnte der Senat dem Kläger nicht folgen, als dieser einen höheren Teil-GdB reklamiert hatte. Die derzeit noch beginnende Instabilität rechts ist noch nicht wesentlich ausgeprägt; die Bewegungseinschränkungen sind einseitig nur gering. Daher kommt ein höherer Teil-GdB als 20 für die Kniegelenke nicht in Betracht.

Weitere erhebliche Funktionsbeeinträchtigungen des orthopädischen Fachgebietes liegen nicht vor. Die von Dr. C. im Dezember 2010 angegebenen Beschwerden der Nacken-/Schulterregion Iinksbetont waren nur vorübergehender Art und bedingen daher keinen GdB (§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Dies wird auch durch die Befunde im Entlassbericht der K.-Klinik aus dem Jahr 2012 verdeutlicht, als dort an der Wirbelsäule kein Druck-/Klopfschmerz über den Dornfortsätzen, ein Finger-Boden-Abstand von 5 cm, ein Schober-Zeichen von 10/15 cm und beidseits negativem Lasègue mitgeteilt worden war; lediglich ein Muskelhartspann im Schulter-Nacken-Bereich war berichtet worden, was aber die Befunde von Dr. C. nur bestätigt.

Die von Dr. C. berichteten Beschwerden der Sprunggelenke beidseits mit begleitendem Gichtanfall, sind - obwohl von diesem als chronisch bezeichnet - unter medikamentöser Therapie nicht wieder aufgetreten, sodass ein Teil-GdB hier nicht festzusetzen war (dazu vgl. B Nr. 15.2 VG). Auch mit Blick auf die fehlenden Funktionsbeeinträchtigungen seitens der Gicht kommt die Feststellung eines Teil-GdB nicht in Betracht.

Der für das Schlafapnoe-Syndrom festgestellte Teil-GdB von 20 ist zutreffend bemessen. Gemäß B Nr. 8.7 VG ist für ein Schlafapnoe-Syndrom bei Nachweis im Schlaflabor ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung ein GdB-Rahmen von 0 bis 10, bei Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung ein GdB von 20 sowie bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung ein GdB von 50 vorgesehen. Der Kläger ist nach dem Bericht von Dr. B. vom 10.08.2011 (Blatt 18 der SG-Akte) mit der nCPAP-Therapie gut versorgt und gut eingestellt. Daher kommt angesichts der Vorgaben der VG lediglich die Zuerkennung eines Teil-GdB von 20 in Betracht.

Die Herzerkrankung des Klägers bedingt einen Teil-GdB von 10. Dazu bestimmt B Nr. 9 VG, dass für die Bemessung des GdB weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich ist als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdB ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen. Elektrokardiographische Abweichungen allein gestatten keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße. Einschränkungen der Herzleistung rechtfertigen nach B Nr. 9.1.1 VG bei einem Erwachsenen erst dann einen GdB von 20, wenn eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten) bestehen. Dies konnte der Senat beim Kläger aber gerade nicht feststellen. Denn der behandelnde Kardiologe Dr. R. (Blatt 19, 20 der SG-Akte) hat unter stufenweiser Belastung eine Leistungsfähigkeit bis 160 Watt feststellen können. Der Abbruch erfolgte wegen muskulärer Erschöpfung, nicht wegen krankhafter Umstände. Auch die dabei beobachtete leichte Dyspnoe sowie einzelne supraventrikuläre Extrasystolen lassen nach Dr. R. nicht den Schluss auf eine Progression der Herzerkrankung zu. Auch aus dem zuletzt vom Kläger vorgelegten Bericht des Dr. B. vom 11.11.2013 (Blatt 69, 70 der Senatsakte) ergibt sich noch am 07.11.2013 eine Belastung bis 120 Watt, ohne Dyspnoe (Abbruch wegen muskulärer Erschöpfung). Die Herzkathederuntersuchung vom 13.11.2013 ergab aber ein gutes Langzeitergebnis und kleine interventionsbedürftigen Stenosen. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat einen höheren Teil-GdB als 10 für die Herzerkrankung des Klägers nicht annehmen; die psychischen Folgen sind bereits oben bei der Depression mitberücksichtigt.

Wie vom SG zutreffend ausgeführt, begründet der medikamentös eingestellte Diabetes mellitus Typ 2 keinen eigenständigen Teil-GdB. Auch löst die Behandlung keine Hypoglykämie aus noch wird die Lebensführung des Klägers durch die Erkrankung oder den Therapieaufwand beeinträchtigt (dazu vgl. B Nr. 15.1. VG).

Soweit der Kläger zuletzt (Blatt 68 der Senatsakte) Beschwerden der Schilddrüse geltend gemacht hat, konnte der Senat auch in dem von ihm vorgelegten Unterlagen hierzu keine GdB-relevanten Funktionsbeeinträchtigungen feststellen. Auch soweit Dr. B. im Bericht vom 11.11.2013 eine Dyslipoproteinämie angegeben hat, hat er hierzu keine Funktionsbeeinträchtigungen oder nähere Befunde mitteilen können.

Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die einen Teil-GdB von mindestens 10 bedingen, liegen bei dem Kläger nicht vor.

Der Senat ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und in Anbetracht der vorliegenden medizinischen Befunde samt der daraus resultierenden funktionellen Einschränkungen zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB allenfalls mit 40 zu bemessen ist. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Das ist bei dem Kläger aber nicht der Fall.

Unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 20 (für die aus der Depression resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen), - 20 (für die aus der Knieerkrankung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen). - 20 (für die aus der Schlafapnoe resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen) und - 10 (für die aus der Herzerkrankung folgenden Funktionsbeeinträchtigungen) mit 40 ausreichend bemessen ist. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Krankheitsbilder der Depressionen und des Schlafapnoe-Syndroms sowie der Herzerkrankung teilweise sich funktionell decken. Das wird gerade im Entlassbericht der K.-Klinik deutlich, als dort z.B. die Diagnose einer ausgeprägten Belastungsreaktion nach Herzinfarkt benannt wurde. Damit bestehen deutliche Überschneidungen bzw. Überlagerungen zwischen diesen Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen, die im Rahmen der Bemessung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen waren. Darüber hinaus lässt sich nach der Rechtsprechung des Senates (vgl. z.B Urteil vom 21.05.2010, L 8 SB 2171/08, unveröffentlicht, und vom 24.01.2014 - L 8 SB 211/13 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) aus der Feststellung mehrerer Teil-GdB-Werte von 20 ohne Vorliegen mindestens eines Teil-GdB-Werts von 30 regelmäßig kein Gesamt-GdB von 50 ableiten; Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall liegen hier aber nicht vor.

Der angefochtene Bescheid vom 17.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Darüber hinaus hat der Senat unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens davon abgesehen, dem Kläger Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen, obwohl die Berufung offensichtlich aussichtslos war.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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