Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3108/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2890/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.05.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Klägerin werden Verschuldenskosten (Missbrauchskosten) in Höhe von 225 EUR auferlegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen wegen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - hier: hinsichtlich des Arbeitgeberanteils zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag - nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
Das AAG enthält (u.a.) folgende Regelungen:
§ 1 Erstattungsanspruch (1) Die Krankenkassen ... erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 %
1. des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2. der auf die Arbeitsentgelte nach der Nr. 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach § 172 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ...
§ 9 Satzung ... (2) Die Satzung (der Krankenkasse) kann 1. die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v.H. nicht unterschreiten, vorsehen. 2 ... Die Satzung der Beklagten enthält in § 35 (u.a.) folgende Regelung:
Nr. 2.2 Im Rahmen des U 1-Verfahrens erfolgt eine Erstattung in Höhe von 65 v.H. der Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG bis zum Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG sind hiermit ebenfalls abgegolten.
Nr. 2.2.1 Auf Antrag der Arbeitgeber(innen) wird der Erstattungssatz auf 80 v.H. erhöht oder auf 50 v.H. ermäßigt ...
Die Klägerin (eine als GbR verfasste Steuerberatungskanzlei) ist Arbeitgeberin der R. K.-S. Diese war am 15.5.2008 arbeitsunfähig erkrankt und erhielt für diesen Tag von der Klägerin Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Die Klägerin zahlte das (Brutto-)Arbeitsentgelt der R. K.-S. in Höhe von 53,67 EUR (Bruttomonatsgehalt 1.610 EUR) fort und führte den hierauf entfallenden Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 10,73 EUR ab.
Unter dem 16.5.2008 beantragte die Klägerin, ihr die Aufwendungen für die der R. K.-S. gewährte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einschließlich des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu 50 % (von der Klägerin gewählter Erstattungssatz) zu erstatten.
Mit Bescheid vom 16.6.2008 erstattete die Beklagte der Klägerin die Arbeitgeberaufwendungen für die Entgeltfortzahlung hinsichtlich des fortgezahlten (Brutto-)Arbeitsentgelts der R. K.-S. zur Hälfte (26,83 EUR). Die hälftige Erstattung (auch) des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (5,37 EUR) lehnte sie unter Hinweis auf die Ausschlussvorschrift in § 35 Nr. 2.2 ihrer Satzung ab.
Den gegen die Versagung von Erstattungszahlungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag eingelegten Widerspruch der Klägerin, die die Nichtigkeit des § 35 Nr. 2.2 der Satzung der Beklagten geltend gemacht hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2008 zurück, worauf die Klägerin am 18.9.2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhob. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Mit Urteil vom 13.5.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Regelung in § 35 Nr. 2.2 Satz 2 der Satzung der Beklagten (Abgeltung des Erstattungsanspruchs für Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch Erstattung von Aufwendungen für fortgezahltes Arbeitsentgelt) halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG. Danach könne die Höhe des Erstattungsbetrags durch Satzung beschränkt werden und es könnten verschiedene Erstattungssätze festgelegt werden, die allerdings einen Erstattungssatz von 40 % nicht unterschreiten dürften. Diese Untergrenze sei eingehalten. Der der Klägerin gezahlte Erstattungsbetrag von 26,83 EUR liege über dem Mindestbetrag von 25,76 EUR (Bruttoarbeitsentgelt von 53,67 EUR zzgl. Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 10,73 EUR = 64,40 EUR x 40 %). Das Sozialgericht ließ die Berufung gegen sein Urteil nicht zu.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 19.5.2009 zugestellten Urteil erhob die Klägerin am 19.6.2009 Nichtzulassungsbeschwerde. Mit Beschluss vom 10.12.2009 (- L 5 R 2798/09 NZB -) ließ der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zu.
Mit Beschluss vom 24.5.2011 wurde im Hinblick auf das beim BSG anhängige Revisionsverfahren gegen das Senatsurteil vom 25.8.2010 (- L 5 KR 5601/09 -) das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Nachdem die Revision gegen das genannte Senatsurteil in der mündlichen Verhandlung des BSG vom 13.12.2011 zurückgenommen worden war, hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen; es wird unter dem Aktenzeichen L 5 KR 2890/12 fortgeführt. Zur Begründung nimmt sie (u.a.) auf ihr bisheriges Vorbringen und auf das Senatsurteil vom 25.8.2010 (- L 5 KR 5601/09 -) Bezug. Ergänzend trägt sie vor, es sei nicht zulässig, in der Krankenkassensatzung die Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gestützt auf die Satzungsermächtigung in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG gänzlich auszuschließen. Mit seiner gegenteiligen Rechtsprechung (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) verletze das BSG das Gewaltenteilungsprinzip. Zulässig sei nur, den Erstattungsbetrag der Höhe nach zu begrenzen (vgl. BT-Drs. 16/39 S. 12 ff.) oder unterschiedliche Erstattungssätze vorzusehen. Der für das Arbeitsentgelt maßgebliche Erstattungssatz von 50 % sei auch für die Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.5.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2008 zu verurteilen, ihr die Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der auf das ihrer Arbeitnehmerin R. K.-S. für den 15.5.2008 im Wege der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gezahlte Arbeitsentgelt entfällt (10,73 EUR), zu 50 % zu erstatten (Erstattungsbetrag 5,37 EUR),
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch den Senat gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zusätzliche (hälftige) Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der auf das der Arbeitnehmerin R. K.-S. am 15.5.2008 nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes fortgezahlte Arbeitsentgelt entfällt.
Streitgegenstand ist allein die Erstattung von Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG; die Aufwendungen für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmerin R. K.-S. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG sind der Klägerin (unstreitig) erstattet worden.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung (auch) der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist durch die Regelung in § 35 Nr. 2.2 der Satzung der Beklagten ausgeschlossen. Danach erfolgt eine Erstattung im Rahmen des U 1-Verfahrens (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) in Höhe von 65 v.H. der Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG - also des fortgezahlten Arbeitsentgelts - bis zum Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (Satz 1). Damit sind die Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG (Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag) ebenfalls abgegolten (Satz 2); eine gesonderte (zusätzliche) Erstattung findet insoweit nicht mehr statt.
Die Regelungen in § 35 Nr. 2.2 der Satzung sind rechtsgültig. Der Senat schließt sich der - auch seiner Ansicht nach zutreffenden - Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) an. Danach steht eine Bestimmung in der Krankenkassensatzung mit höherrangigem Recht in Einklang, die einen Erstattungsanspruch für das im Wege der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fortgezahlte Arbeitsentgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG) vorsieht und die Erstattung der hierauf entfallenden Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als damit abgegolten erklärt, sofern nicht der Mindesterstattungssatz von 40 % (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG) unterschritten wird. Es genügt, bei Wahrung des Mindesterstattungssatzes, den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit mit einem Prozentsatz des fortgezahlten Entgelts festsetzen, ohne zusätzlich den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzugelten (BSG, a. a. O, Leitsatz). Der Mindesterstattungssatz von 40 % ist hier weder bei Anwendung des Regelerstattungssatzes von 65 % (§ 35 Nr. 2.2 Satz 1 der Satzung der Beklagten) noch bei Anwendung des ermäßigten Erstattungssatzes von 50 % (§ 35 Nr. 2.2.1 Satz 1 der Satzung der Beklagten) unterschritten.
Die Einwendungen der Klägerin gegen die Gültigkeit der genannten Satzungsbestimmungen sind nicht berechtigt. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG ermächtigt die Krankenkasse dazu, in der Satzung die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) zu beschränken und verschiedene Erstattungssätze von mindestens 40 % vorzusehen. Daraus folgt nach Auffassung des Senats (nur), dass die Krankenkassensatzung den in § 1 Abs. 1 AAG für die Arbeitgeberaufwendungen bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vorgesehenen gesetzlichen Erstattungssatz von 80 % höchstens auf einen Erstattungssatz von 40 % absenken darf. Das Gesetz legt so eine Untergrenze für den Gesamterstattungsbetrag bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fest. Festlegungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamterstattungsbetrags aus Teilerstattungsbeträgen für fortgezahltes Arbeitsentgelt und für darauf entfallende Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag trifft das Gesetz hingegen nicht. Die Maßgeblichkeit (allein) des Gesamterstattungsbetrags für satzungsrechtliche Beschränkungen der Aufwendungserstattung kommt im Gesetzeswortlaut dadurch zum Ausdruck, dass § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG hinsichtlich der Ermächtigung zur Beschränkung des Erstattungsanspruchs (insgesamt) auf § 1 Abs. 1 AAG Bezug nimmt und nicht eine nach den Aufwendungsarten der Nrn. 1 und 2 des § 1 Abs. 1 AAG unterscheidende Regelung trifft. Eine Satzungsregelung, die - wie § 35 Nr. 2.2 und Nr. 2.2.1 der Satzung der Beklagten - gewährleistet, dass dem Arbeitgeber bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mindestens 40 % seiner Gesamtaufwendungen aus fortgezahltem Arbeitsentgelt und dem hierauf entfallenden (weiterhin abgeführten) Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag erstattet werden, ist damit rechtsgültig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Im Hinblick auf die mit dem AAG errichtete Arbeitgeberversicherung ist die Klägerin Versicherte i. S. d. § 183 SGG, weshalb das Verfahren gerichtskostenfrei ist; § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist nicht anzuwenden (BSG, Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -). Soweit der Klägerin in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils aufgegeben ist, die Gerichtskosten zu tragen, geht dieser Ausspruch daher ins Leere.
Der Senat legt der Klägerin allerdings Verschuldenskosten (Missbrauchskosten) nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR (Mindestbetrag nach §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG) auf. Nachdem die streitige Rechtsfrage in der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) mittlerweile geklärt ist, erweist sich die weitere Rechtsverfolgung hinsichtlich eines Bagatellbetrags von 5,37 EUR als rechtsmissbräuchlich. Hierauf und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits ist die Klägerin vom Vorsitzenden hingewiesen worden.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG); die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind mittlerweile in der (neueren) Rechtsprechung des BSG (insbesondere Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) geklärt.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Klägerin werden Verschuldenskosten (Missbrauchskosten) in Höhe von 225 EUR auferlegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen wegen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - hier: hinsichtlich des Arbeitgeberanteils zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag - nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
Das AAG enthält (u.a.) folgende Regelungen:
§ 1 Erstattungsanspruch (1) Die Krankenkassen ... erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 %
1. des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2. der auf die Arbeitsentgelte nach der Nr. 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach § 172 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 des Fünften und nach § 61 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ...
§ 9 Satzung ... (2) Die Satzung (der Krankenkasse) kann 1. die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v.H. nicht unterschreiten, vorsehen. 2 ... Die Satzung der Beklagten enthält in § 35 (u.a.) folgende Regelung:
Nr. 2.2 Im Rahmen des U 1-Verfahrens erfolgt eine Erstattung in Höhe von 65 v.H. der Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG bis zum Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG sind hiermit ebenfalls abgegolten.
Nr. 2.2.1 Auf Antrag der Arbeitgeber(innen) wird der Erstattungssatz auf 80 v.H. erhöht oder auf 50 v.H. ermäßigt ...
Die Klägerin (eine als GbR verfasste Steuerberatungskanzlei) ist Arbeitgeberin der R. K.-S. Diese war am 15.5.2008 arbeitsunfähig erkrankt und erhielt für diesen Tag von der Klägerin Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Die Klägerin zahlte das (Brutto-)Arbeitsentgelt der R. K.-S. in Höhe von 53,67 EUR (Bruttomonatsgehalt 1.610 EUR) fort und führte den hierauf entfallenden Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 10,73 EUR ab.
Unter dem 16.5.2008 beantragte die Klägerin, ihr die Aufwendungen für die der R. K.-S. gewährte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einschließlich des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu 50 % (von der Klägerin gewählter Erstattungssatz) zu erstatten.
Mit Bescheid vom 16.6.2008 erstattete die Beklagte der Klägerin die Arbeitgeberaufwendungen für die Entgeltfortzahlung hinsichtlich des fortgezahlten (Brutto-)Arbeitsentgelts der R. K.-S. zur Hälfte (26,83 EUR). Die hälftige Erstattung (auch) des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (5,37 EUR) lehnte sie unter Hinweis auf die Ausschlussvorschrift in § 35 Nr. 2.2 ihrer Satzung ab.
Den gegen die Versagung von Erstattungszahlungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag eingelegten Widerspruch der Klägerin, die die Nichtigkeit des § 35 Nr. 2.2 der Satzung der Beklagten geltend gemacht hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2008 zurück, worauf die Klägerin am 18.9.2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhob. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Mit Urteil vom 13.5.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Regelung in § 35 Nr. 2.2 Satz 2 der Satzung der Beklagten (Abgeltung des Erstattungsanspruchs für Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag durch Erstattung von Aufwendungen für fortgezahltes Arbeitsentgelt) halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG. Danach könne die Höhe des Erstattungsbetrags durch Satzung beschränkt werden und es könnten verschiedene Erstattungssätze festgelegt werden, die allerdings einen Erstattungssatz von 40 % nicht unterschreiten dürften. Diese Untergrenze sei eingehalten. Der der Klägerin gezahlte Erstattungsbetrag von 26,83 EUR liege über dem Mindestbetrag von 25,76 EUR (Bruttoarbeitsentgelt von 53,67 EUR zzgl. Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von 10,73 EUR = 64,40 EUR x 40 %). Das Sozialgericht ließ die Berufung gegen sein Urteil nicht zu.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 19.5.2009 zugestellten Urteil erhob die Klägerin am 19.6.2009 Nichtzulassungsbeschwerde. Mit Beschluss vom 10.12.2009 (- L 5 R 2798/09 NZB -) ließ der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zu.
Mit Beschluss vom 24.5.2011 wurde im Hinblick auf das beim BSG anhängige Revisionsverfahren gegen das Senatsurteil vom 25.8.2010 (- L 5 KR 5601/09 -) das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Nachdem die Revision gegen das genannte Senatsurteil in der mündlichen Verhandlung des BSG vom 13.12.2011 zurückgenommen worden war, hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen; es wird unter dem Aktenzeichen L 5 KR 2890/12 fortgeführt. Zur Begründung nimmt sie (u.a.) auf ihr bisheriges Vorbringen und auf das Senatsurteil vom 25.8.2010 (- L 5 KR 5601/09 -) Bezug. Ergänzend trägt sie vor, es sei nicht zulässig, in der Krankenkassensatzung die Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gestützt auf die Satzungsermächtigung in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG gänzlich auszuschließen. Mit seiner gegenteiligen Rechtsprechung (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) verletze das BSG das Gewaltenteilungsprinzip. Zulässig sei nur, den Erstattungsbetrag der Höhe nach zu begrenzen (vgl. BT-Drs. 16/39 S. 12 ff.) oder unterschiedliche Erstattungssätze vorzusehen. Der für das Arbeitsentgelt maßgebliche Erstattungssatz von 50 % sei auch für die Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.5.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.6.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2008 zu verurteilen, ihr die Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der auf das ihrer Arbeitnehmerin R. K.-S. für den 15.5.2008 im Wege der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gezahlte Arbeitsentgelt entfällt (10,73 EUR), zu 50 % zu erstatten (Erstattungsbetrag 5,37 EUR),
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch den Senat gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zusätzliche (hälftige) Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der auf das der Arbeitnehmerin R. K.-S. am 15.5.2008 nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes fortgezahlte Arbeitsentgelt entfällt.
Streitgegenstand ist allein die Erstattung von Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG; die Aufwendungen für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmerin R. K.-S. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG sind der Klägerin (unstreitig) erstattet worden.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung (auch) der Aufwendungen für den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist durch die Regelung in § 35 Nr. 2.2 der Satzung der Beklagten ausgeschlossen. Danach erfolgt eine Erstattung im Rahmen des U 1-Verfahrens (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) in Höhe von 65 v.H. der Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG - also des fortgezahlten Arbeitsentgelts - bis zum Betrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (Satz 1). Damit sind die Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AAG (Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag) ebenfalls abgegolten (Satz 2); eine gesonderte (zusätzliche) Erstattung findet insoweit nicht mehr statt.
Die Regelungen in § 35 Nr. 2.2 der Satzung sind rechtsgültig. Der Senat schließt sich der - auch seiner Ansicht nach zutreffenden - Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) an. Danach steht eine Bestimmung in der Krankenkassensatzung mit höherrangigem Recht in Einklang, die einen Erstattungsanspruch für das im Wege der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fortgezahlte Arbeitsentgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AAG) vorsieht und die Erstattung der hierauf entfallenden Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als damit abgegolten erklärt, sofern nicht der Mindesterstattungssatz von 40 % (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG) unterschritten wird. Es genügt, bei Wahrung des Mindesterstattungssatzes, den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit mit einem Prozentsatz des fortgezahlten Entgelts festsetzen, ohne zusätzlich den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag abzugelten (BSG, a. a. O, Leitsatz). Der Mindesterstattungssatz von 40 % ist hier weder bei Anwendung des Regelerstattungssatzes von 65 % (§ 35 Nr. 2.2 Satz 1 der Satzung der Beklagten) noch bei Anwendung des ermäßigten Erstattungssatzes von 50 % (§ 35 Nr. 2.2.1 Satz 1 der Satzung der Beklagten) unterschritten.
Die Einwendungen der Klägerin gegen die Gültigkeit der genannten Satzungsbestimmungen sind nicht berechtigt. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG ermächtigt die Krankenkasse dazu, in der Satzung die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) zu beschränken und verschiedene Erstattungssätze von mindestens 40 % vorzusehen. Daraus folgt nach Auffassung des Senats (nur), dass die Krankenkassensatzung den in § 1 Abs. 1 AAG für die Arbeitgeberaufwendungen bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vorgesehenen gesetzlichen Erstattungssatz von 80 % höchstens auf einen Erstattungssatz von 40 % absenken darf. Das Gesetz legt so eine Untergrenze für den Gesamterstattungsbetrag bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fest. Festlegungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamterstattungsbetrags aus Teilerstattungsbeträgen für fortgezahltes Arbeitsentgelt und für darauf entfallende Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag trifft das Gesetz hingegen nicht. Die Maßgeblichkeit (allein) des Gesamterstattungsbetrags für satzungsrechtliche Beschränkungen der Aufwendungserstattung kommt im Gesetzeswortlaut dadurch zum Ausdruck, dass § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG hinsichtlich der Ermächtigung zur Beschränkung des Erstattungsanspruchs (insgesamt) auf § 1 Abs. 1 AAG Bezug nimmt und nicht eine nach den Aufwendungsarten der Nrn. 1 und 2 des § 1 Abs. 1 AAG unterscheidende Regelung trifft. Eine Satzungsregelung, die - wie § 35 Nr. 2.2 und Nr. 2.2.1 der Satzung der Beklagten - gewährleistet, dass dem Arbeitgeber bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mindestens 40 % seiner Gesamtaufwendungen aus fortgezahltem Arbeitsentgelt und dem hierauf entfallenden (weiterhin abgeführten) Arbeitgeberanteil am Sozialversicherungsbeitrag erstattet werden, ist damit rechtsgültig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Im Hinblick auf die mit dem AAG errichtete Arbeitgeberversicherung ist die Klägerin Versicherte i. S. d. § 183 SGG, weshalb das Verfahren gerichtskostenfrei ist; § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist nicht anzuwenden (BSG, Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -). Soweit der Klägerin in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils aufgegeben ist, die Gerichtskosten zu tragen, geht dieser Ausspruch daher ins Leere.
Der Senat legt der Klägerin allerdings Verschuldenskosten (Missbrauchskosten) nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR (Mindestbetrag nach §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG) auf. Nachdem die streitige Rechtsfrage in der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) mittlerweile geklärt ist, erweist sich die weitere Rechtsverfolgung hinsichtlich eines Bagatellbetrags von 5,37 EUR als rechtsmissbräuchlich. Hierauf und auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits ist die Klägerin vom Vorsitzenden hingewiesen worden.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG); die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind mittlerweile in der (neueren) Rechtsprechung des BSG (insbesondere Urt. v. 13.12.2011, - B 1 KR 3/11 R -) geklärt.
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