L 3 AL 2230/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 998/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2230/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit dem im Tenor genannten Urteil hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die Klage der Klägerin gegen die beiden Bescheide der Beklagten vom 16.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.02.2012 abgewiesen.

Die Beklagte hatte darin zum einen den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für die Zeit vom 18.10.2011 bis zum 09.01.2012 festgestellt und zum anderen die bereits ergangene vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 29.10.2011 in Höhe von EUR 13,42 netto täglich abgeändert, für den Zeitraum der Sperrzeit kein Alg bewilligt und die Dauer des Alg-Anspruchs von ursprünglich 450 Tagen um 112 Tage gemindert. Hintergrund hierfür war, dass die Klägerin ihr langjähriges Teilzeit-Beschäftigungsverhältnis bei der B. GmbH am 15.08.2011 selbst zum 28.08.2011 gekündigt hatte. Sie hatte bereits vom 10.08. bis 26.08.2011 zusätzlich befristet geringfügig bei der A. GmbH gearbeitet. Am 29.08.2011 hatte sie eine Vereinbarung mit der A. geschlossen, wonach dieses Beschäftigungsverhältnis ab dem 29.08.2011 auf volle Wochenarbeitszeit aufgestockt und bis zum 16.10.2011 befristet wurde. Ab dem 17.10.2011 hatte die Klägerin zunächst Krankengeld bezogen, bevor sie sich dann zum 29.10.2011 arbeitslos gemeldet hatte. Während der Arbeitslosigkeit hatte sich die Klägerin in zwei Eingliederungsvereinbarungen den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nur für 20 Wochenstunden zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin hatte schon im Widerspruchsverfahren u. a. vorgetragen, sie habe bei der B. gekündigt, weil der Arbeitsplatz bei der A. näher an ihrem Wohnort gelegen habe. Dass das neue Beschäftigungsverhältnisses mit der A. befristet gewesen sei, sei ihr nicht aufgefallen, da sie den Arbeitsvertrag nicht gelesen habe. Nachdem sie "nachträglich von der Befristung erfahren habe", habe sie gehofft und ihr sei von der A. auch "in Aussicht gestellt" worden, dass das neue Beschäftigungsverhältnis über den 16.10.2011 hinaus, ggfs. unbefristet, verlängert werde. Hierzu hatte eine Mitarbeiterin der A. bei einem Telefonat am 17.01.2012 der Beklagten mitgeteilt, es sei keinesfalls eine Zusage auf eine Dauerstelle gemacht worden, dies zeige sich schon an der sehr kurzen Befristung, denn normalerweise würden nur auf sechs Monate befristete Arbeitsverhältnisse später verlängert oder in unbefristete umgewandelt.

Im Klageverfahren hat die Klägerin ihren Vortrag wiederholt. Das SG hat sie unter dem 25.07.2012 aufgefordert, Beweis für diese Behauptung anzutreten.

In dem angegriffenen Urteil hat das SG ausgeführt, die Klägerin habe durch die Kündigung bei der B. ihre spätere Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Zum Zeitpunkt der Kündigung sei sie bei der A. nur geringfügig und befristet beschäftigt gewesen. Ihrem Vortrag, die A. habe ihr zugesichert, sie werde dort dauerhaft übernommen, stehe die Aussage der Mitarbeiterin dieser Firma gegenüber der Beklagten vom 17.01.2012 entgegen. Die Klägerin habe allenfalls eine vage Hoffnung auf eine weitere Beschäftigung dort gehabt. Ebenso habe die Klägerin keinen wichtigen Grund für ihre Kündigung gehabt. Zwar müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen ein wichtiger Grund auch anerkannt werden, wenn ein Versicherter aus einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis wechsle. Dies gelte, wenn hiermit ein Wechsel in ein anderes Berufsfeld verbunden sei und deshalb zusätzliche Fertigkeiten erlangt würden. Es müsse jedoch zumindest eine konkrete Aussicht auf eine unbefristete Verlängerung des zunächst befristeten neuen Arbeitsverhältnisses bestehen. Nach diesen Maßstäben habe der Klägerin ein anderes Verhalten zugemutet werden können. Der Wechsel zur A. sei nicht mit einem beruflichen Aufstieg verbunden gewesen. Allein der kürzere Anfahrtsweg könne vor dem Hintergrund des über zehn Jahre dauernden Beschäftigungsverhältnisses bei der B. keinen wichtigen Grund begründen. Der Vortrag der Klägerin, sie habe endlich in ein Vollzeitarbeitsverhältnis wechseln wollen, sei wenig glaubwürdig, da sie sich in den Eingliederungsvereinbarungen vom 15.11. und 20.12.2011 der Beklagten wiederum nur für 20 Wochenstunden zur Verfügung gestellt habe.

Mit ihrer am 07.05.2013 eingelegten Berufung hat die Klägerin ihren Vortrag wiederholt. Sie hat behauptet, es sei ausdrücklich erklärt worden, dass man sie übernehmen werde, wenn während der Erprobungsphase festgestellt werde, dass sie ordentlich arbeite.

Der Berichterstatter des Senats hat die Klägerin unter dem 25.07.2013 erneut und unter Hinweis auf eine mögliche Präklusion aufgefordert, Beweis für ihre Behauptung anzutreten, es habe eine konkrete Zusage für eine spätere unbefristete Übernahme in Vollzeit gegeben.

Nach Ablauf der Präklusionsfrist hat der Senat unter dem 04.10.2013 Hinweise zur Rechtslage gegeben und mit Beschluss vom 06.12.2013 den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Unter dem 10.12.2013 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31.12.2013 gegeben. Die Klägerin hat am 30.12.2013 eine Verlängerung der Stellungnahmefrist bis zum 17.01.2014 beantragt. Eine Stellungnahme der Klägerin ist bis zum Erlass des Beschlusses nicht erfolgt.

II.

1. Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

2. Die statthafte (§ 143 SGG), angesichts der Beschwer der Klägerin von EUR 1.503,04 (112 Tage mit je EUR 13,42) nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftige, und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) gegen den Sperrzeit- und den Änderungsbescheid vom 16.12.2011 abgewiesen. Die Bescheide sind rechtmäßig.

a) Die Feststellung der zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beruhte auf § 144 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (vgl. heute § 159 SGB III n.F.). Die damit verbundene Minderung der Dauer des Alg-Anspruchs der Klägerin um ein Viertel folgte aus § 128 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 SGB III a.F.

b) Das SG hat zu Recht eine grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit ab dem 29.10.2011 angenommen und einen wichtigen Grund für das Verhalten verneint. Zur Begründung verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).

c) Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:

Dass beide Beschäftigungsverhältnisse bei der A., vor allem das geringfügige, das bei der Eigenkündigung der Klägerin bei B. am 15.08.2011 noch lief, befristet waren, ergab sich deutlich aus den vorgelegten Arbeitsverträgen. Sofern der Vortrag der Klägerin zutrifft, sie habe diese Verträge nicht gelesen und daher von den Befristungen erst später erfahren, ggfs. erst nach der Kündigung bei der B., ist genau darin der Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet. Ebenso kann nicht dem Vortrag der Klägerin gefolgt werden, man habe ihr ein unbefristetes Anschlussarbeitsverhältnis zugesagt. Diese Zusage müsste bereits am 15.08.2011 vorgelegen haben, als die Klägerin ihre Beschäftigung bei B. kündigte. Dies hat die Klägerin selbst nicht behauptet, vielmehr hat sie trotz mehrerer Nachfragen kein konkretes Datum für die angebliche Zusage genannt. Der Senat konnte sich auch deswegen nicht von einer Zusage überzeugen, weil die Klägerin hierfür keinen Beweis angetreten hat. Es war aber ihre prozessuale Mitwirkungsobliegenheit, konkret vorzutragen, wann sie wie und vor allem mit welchem Mitarbeiter der A. gesprochen hat, nachdem die Beklagte das Unternehmen im Widerspruchsverfahren angehört und die gegenteilige Auskunft bekommen hatte. Ohne einen solchen Beweisantritt der Klägerin war dem Senat eine Beweisaufnahme, auch von Amts wegen, nicht möglich, sie wäre ins Blaue hinein gegangen.

Ebenso wie das SG vermag der Senat keinen wichtigen Grund für das Verhalten der Klägerin zu erkennen. Die hier notwendige Abwägung zwischen den Interessen des Versicherten, hier an beruflicher Veränderung, und jenen der Versichertengemeinschaft, die ggfs. für das Arbeitslosengeld aufkommen muss, geht zu Lasten der Klägerin aus. Sie hat insoweit nur auf den kürzeren Fahrweg zur Arbeitsstelle bei der A. verwiesen. Dieser Belang muss hier zurücktreten. Er wiegt nicht auf, dass die Klägerin auf der anderen Seite nur ein kurzes befristetes Beschäftigungsverhältnis eingegangen war, sodass die anschließende Arbeitslosigkeit nahezu sicher vorherzusehen war.

Gegen die Dauer und die Lage der Sperrzeit ist nichts zu erinnern. Das sperrzeitauslösende Ereignis (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.) war hier nicht die Kündigung am 15.08.2011, sondern - wie es § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F. deutlich formuliert, die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit. Diese ist hier erst am 29.10.2011 eingetreten. Wenn die Beklagte die Sperrzeit demgegenüber sogar schon mit dem 17.10.2011 hat beginnen lassen, dann ist der Klägerin dadurch kein Nachteil entstanden, weil sie in der Zeit vom 17. bis zum 28.10.2011 ohnehin kein Alg erhalten hätte, wobei sich diese zeitliche Verschiebung allerdings auf den Umfang der Anspruchsminderung nicht ausgewirkt hat.

Diese Minderung von einem Viertel des Anspruchs, der ursprünglich über 450 Tage ging, hat die Beklagte zutreffend mit 112 Tagen errechnet.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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