Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5235/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 781/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2010 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1. Oktober 1955 geborene türkischstämmige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und reiste im September 1971 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem er von Oktober 1971 bis September 1972 erfolgreich eine Ausbildung zum Bäcker absolvierte, war er als solcher bis Dezember 1981 versicherungspflichtig beschäftigt. Im Zeitraum vom Januar 1982 bis Dezember 1998 war der Kläger als Landschaftsgärtner, und von Februar 1989 bis Januar 1991 als Reifenmonteur, danach bis März 1997 als Bauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog der Kläger Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe; seit 2005 erhält der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger beantragte im Oktober 2005 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung führte er aus, seit 1997 an Wirbelsäulenbeschwerden, mehreren Bandscheibenvorfällen und hieraus resultierender Folgeerkrankungen zu leiden. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. R ... In seinem Gutachten vom 25. Januar 2006 führte dieser aus, der Kläger leide an einer angeborenen Fusion C6/7, einer kranial vorgelagerter Spondylosis deformans mit Osteochondrose, einer Dorsalgie ohne Ausfälle sowie an einer Spondylosis deformans L4 bis S1. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, überwiegend gebückte Tätigkeiten, solche mit seitlicher Rumpffehlbelastung sowie Trage- und Hebebelastungen von mehr als 15 kg auszuüben. Seine zuletzt ausgeübte Beschäftigung sowie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der von der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss ohne Durchführung weiterer sozialmedizinischer Ermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2006 zurück. Im anschließenden, vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) geführten Klageverfahren (S 12 R 2844/06) holte das SG von Amts wegen ein fachorthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. H. und ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten des Dr. D. ein. Dr. H. legte in seinem Gutachten vom 13. März 2007 dar, die auf seinem Fachgebiet durchgeführte Untersuchung und Begutachtung habe beim Kläger altersentsprechende Verhältnisse ergeben. Die vom Kläger geklagten Beschwerden könnten nicht auf die klinischen und röntgenologischen Befunde zurückgeführt werden. Es bestünden weder an den oberen noch an den unteren Extremitäten neurologische Reiz- oder Ausfallsymptome. Auch seien keine wesentlichen Funktionseinschränkungen der Gelenke, der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule erkennbar. Die bereits vorab festgestellte angeborene Fusion der Halswirbelkörper (HWK) 5 und 6 mit mäßigem kyphotischen Knick hätten sich kernspintomographisch nachweisen lassen. An der Lendenwirbelsäule sei eine Osteochondrose im Segment L4/5 zu erkennen. Die Spondylose sei so gestaltet, dass sie auch als altersentsprechend gewertet werden müsse. Unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen sei der Kläger sowohl in der Lage, seiner bisherigen Tätigkeit als Bauhelfer nachzugehen, als auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Letztlich stimme er dem von Dr. R. gefertigten Gutachten inhaltlich zu. Dr. D. führte in seinem Gutachten vom 26. Juli 2007 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Diese sei allenfalls mittelschwer ausgeprägt. Unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen sah er den Kläger noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes acht Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche auszuüben. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfer sei ihm jedoch aufgrund seiner Wirbelsäulenbeschwerden infolge der zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen nicht mehr möglich. Im November 2007 nahm der Kläger daraufhin seine Klage zurück.
Letztmals beantragte der Kläger am 4. März 2009 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er halte sich aufgrund bestehender Schmerzstörungen, einer Lumboischialgie, einer cervicalen Spinalkanalstenose und einem aufgetretenen Tinnitus seit März 1997 für erwerbsgemindert. Zur Begründung seines Antrags legte er diverse Befundberichte der ihn behandelnden Ärzte vor (u.a. Arztbrief des Dr. D. vom 23. Februar 2008 und vom 22. Januar 2009: Somatoforme Schmerzstörung bei schlechter Schmerzprognose; Berichte des Orthopäden Dr. H. vom 9. Januar 2009, 7. November 2008 und vom 20. Januar 2009: Degeneratives Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom, Zustand nach Nukleus pulposus-Prolaps (NPP) L5/S1, Haltungsfehler, chronische somatoforme Schmerzstörung; Arztbericht des Chefarztes des Klinikums N., Neurologe Dr. Ha. vom 11. Dezember 2008: Stationäre neurologische Behandlung vom 19. November 2008 bis 5. Dezember 2008: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Lumboischialgie rechts mit pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik bei Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1, cervicale Spinalkanalstenose HWK5/6, Spannungskopfschmerzen, Tinnitus).
Neurologe und Psychiater Go., Beratungsarzt der Beklagten, legte am 7. April 2009 dar, der Kläger leide an einer somatoformen Schmerzstörung, bekannten kleinen medialen Bandscheibenvorfällen LWK5/SWK1 mit pseudoradikulärer Symptomatik, einer cervicalen Spinalkanalstenose HWK5/6, einem degenerativen LWS-Syndrom, Spannungskopfschmerzen und einem Tinnitus. Einer Beschäftigung als Bauhelfer könne er wegen seines auf unter drei Stunden täglich gesunkenen Leistungsvermögens nicht mehr nachgehen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen noch über sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 16. April 2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger am 3. Mai 2009 unter Hinweis auf eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, insbesondere im Hinblick auf die bei ihm bestehende Schmerzstörung, Widerspruch ein. Die Beklagte veranlasste daraufhin erneut eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. R ... Unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Befundberichte führte Dr. R. in seinem Gutachten vom 27. Juli 2009 aus, im Vergleich zu den erhobenen orthopädischen und neurologischen Befunden sowie den vorliegenden Gutachten sei eine maßgebliche Befundverschlechterung nicht eingetreten. Neu hinzugekommen sei ein Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, der aber klinisch keine radikuläre Ausfallsymptomatik verursache. Auch habe keine Schmerzschonhaltung bestanden. Hingegen seien deutliche Anzeichen von Aggravation vorhanden. Diese hätten sich in einer frühzeitigen Willküranspannung bei Funktionsprüfung der Wirbelsäule und im Bereich der Hüften gezeigt. Alle Bewegungen seien in unbeobachtetem Zustand frei, flüssig und nicht eingeschränkt gewesen. Qualitative Einschränkungen bestünden für ausschließlich gebückte Tätigkeiten, Trage- und Hebebelastungen von mehr als 15 kg und ausschließliche Tätigkeiten über Kopf. In der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Montagearbeiter bestehe damit ein quantitatives Leistungsvermögen von über sechs Stunden. Dies gelte auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, da er zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich ausüben könne. Auch genieße er keinen Berufsschutz, da die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung als Bauhelfer dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit sei daher nicht erforderlich.
Der Kläger erhob am 23. November 2009 erneut Klage beim SG. Zur Begründung legte er dar, aufgrund der weiteren Intensivierung der Schmerzstörung liege sein Leistungsvermögen nunmehr unter drei Stunden täglich. Dies werde durch die gerichtlicherseits durchgeführten Ermittlungen bestätigt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. He. vom 20. April 2010 vor.
Das SG hörte zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. Be. führte aus (Auskunft vom 8. März 2010), abgesehen von den radiologisch und bei orthopädischen Konsiliaruntersuchungen eindeutig nachweisbaren degenerativen Skelettveränderungen leide der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung. Das Schmerzerleben habe sich praktisch verselbstständigt und lasse sich allein mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten nicht behandeln, weshalb auch Antidepressiva erforderlich seien. Eine Überweisung an einen türkisch sprechenden Psychiater/Psychotherapeuten sei veranlasst worden; ob sich der Kläger tatsächlich vorgestellt habe, sei nicht bekannt. Die chronisch progrediente somatoforme Schmerzstörung habe sich im Laufe der Jahre deutlich verschlechtert. Eskaliert sei die Situation Anfang Februar 2010. Damals habe der Kläger einen Suizidversuch unternommen. Er sei nicht mehr in der Lage, auch nur drei Stunden täglich zu arbeiten. Vorgelegt wurde u.a. ein Arztbericht des Dr. Ha., Klinikum N., vom 16. April 2007, wo sich der Kläger im Zeitraum vom 30. Januar 2007 bis 16. Februar 2007 stationär zur neurologischen Behandlung befand. Dieser diagnostizierte dort eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden ausgeprägter degenerativer Wirbelsäulenveränderungen. Zudem habe ein episodischer Spannungskopfschmerz bestanden. Hintergrund der Symptomatik sei eine Migrationsproblematik mit langjähriger Arbeitslosigkeit. Weiter legte Dr. Be. den Entlassungsbericht des Dr. Ha. vom 11. Dezember 2008 über einen stationären Aufenthalt im Klinikum N. vom 19. November 2008 bis 5. Dezember 2008 vor. Anlass hierfür war ebenfalls die anhaltend somatoforme Schmerzstörung. Dr. Ha. führte darin aus, dass der Kläger ähnlich wie beim vorausgegangenen stationären Aufenthalt gleich nach Beginn der balneophysikalischen Maßnahme deutlich entlastet gewirkt habe. Er sei in das Konzept der multimodalen Schmerztherapie eingebunden gewesen und habe zusätzlich ein intensives krankengymnastisches und balneophysikalisches Therapieangebot erhalten. Auch die subjektive Einschätzung der Schmerzsymptomatik habe sich leicht rückläufig gezeigt. Der Kläger sei in deutlich gebessertem Zustand in die ambulante Weiterbetreuung entlassen worden. Dr. H. (Auskunft vom 11. März 2010) führte aus, den Kläger seit Juli 2005 zu behandeln. Im Laufe der Jahre habe sich keine wesentliche Veränderung der Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet ergeben. Es seien im Wesentlichen immer dieselben Schmerzzustände zu bemerken gewesen. Jegliche Therapie helfe ausweislich der Angaben des Klägers nicht. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sei keine Besserung zu erwarten. Leichte körperliche Tätigkeiten könne der Kläger jedoch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. Hau. (Auskunft vom 15. März 2010) legte dar, der Kläger habe sich lediglich einmalig im April 2008 wegen seit sieben Jahren bestehender Ohrgeräusche und einer Hörminderung in seine Behandlung begeben. Eine Beeinträchtigung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit resultiere hieraus nicht.
Anschließend beauftragte das SG von Amts wegen den bereits zuvor tätigen Nervenfacharzt Dr. D. mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 5. August 2010 führte der Sachverständige aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmung. Im Rahmen der Untersuchung habe der Kläger angegeben, etwa einmal im Monat einen Orthopäden aufzusuchen, außerdem werde er von seinem Hausarzt betreut. In der Zeit seit der letzten Begutachtung sei er lediglich dreimal bei einem Neurologen in Behandlung gewesen. Er stehe zwischen 10:00 und 11:00 Uhr vormittags auf und mache nach dem Frühstück mit seiner Frau, die ebenfalls nicht berufstätig sei, einen halb- bis einstündigen Spaziergang. Anschließend lese er etwas Zeitung. Das aktive Fußballspielen habe er aufgegeben. Er sehe nur noch wenig fern. Zu Bett gehe er erst gegen Mitternacht, da er vorher sowieso kaum Schlaf finde. Inzwischen habe er nur noch Kontakt mit seiner Familie und seinen engeren Verwandten. Seit seinem Unfall Anfang des Jahres habe er kein Interesse mehr daran, andere zu treffen. Bei der körperlichen Untersuchung habe der Kläger vor allem bei der Prüfung der Motorik nur unbefriedigend mitgearbeitet und das mit einer starken Schmerzsymptomatik entschuldigt. In seiner Aufmerksamkeit sei der Kläger während der Untersuchung nicht eingeschränkt gewesen, Auffassungsstörungen seien nicht zu erkennen gewesen. Allerdings habe er immer wieder über im Alltag auftretende Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen geklagt. Dennoch sei er bei Schilderung seiner Vorgeschichte in der Lage gewesen, alle relevanten Daten weitgehend korrekt anzugeben und seine berufliche und private Biographie zeitlich geordnet in chronologischer richtiger Reihenfolge ohne Zeitgitterstörungen darzulegen. Lediglich seine Aussagen zum Therapieverlauf seien teilweise lückenhaft gewesen. Während der gesamten Untersuchung sei seine Konzentrationsfähigkeit dennoch erhalten geblieben. Suizidtendenzen seien vom Kläger verneint worden. Der bei der aktuellen Untersuchung erhobene klinisch-neurologische Untersuchungsbefund habe sich weitgehend mit dem neurologischen Status, der bei der ersten Begutachtung 2007 vorgelegen habe, gedeckt. Es hätten sich zahlreiche Hinweise auf eine psychische Überlagerung des Beschwerdebildes gezeigt. Im Gegensatz dazu sei der psychopathologische Untersuchungsbefund gegenüber 2007 teilweise verändert gewesen. Es sei eine stärkere affektive Mitbeteiligung mit depressiver Auslenkung aufgefallen. Der Kläger habe über einen Interessenverlust geklagt, über ein vermindertes Appetenzverhalten, habe gewisse kognitive Defizite beschrieben, wie sie laut Literatur im Verlauf langjähriger depressiver Verstimmungszustände auftreten könnten. Diese Defizite seien deshalb glaubwürdig und plausibel, auch wenn sie in der Untersuchungssituation bei der einfachen Exploration nicht deutlich geworden seien. Es sei nunmehr von der anhaltend depressiven Verstimmung auszugehen. In Ermangelung einer spezifischen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung sei eine Verschlechterung des psychischen Zustandes nicht verwunderlich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er daher lediglich noch drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Da der psychische Gesundheitszustand nicht mehr nennenswert stabilisiert werden könne, bestehe diese Leistungseinschränkung auch dauerhaft, und dies seit dem Verkehrsunfall im Februar 2010.
Dem Gutachten wurde ein "Kurzbrief" der Psychologischen Psychotherapeutin E., Klinikum N., vom 17. März 2010 beigefügt. Nach in Suizidabsicht verursachtem Verkehrsunfall am 4. Februar 2010 befand sich der Kläger bis 5. März 2010 in stationärer Behandlung in der dortigen Psychiatrischen Abteilung. Die den Kläger dort behandelnden Ärzte diagnostizierten eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode bei Impulskontrollstörung, eine Antrumgastritis, chronische Spannungskopfschmerzen, einen Tinnitus Aurium beidseits sowie chronische Rückenschmerzen (LWS) seit 1996. Da keine Suizidalität mehr bestanden habe, wurde der Kläger nach weiterer Behandlung vom 12. März 2010 bis 19. März 2010 mit weiterer antidepressiver Medikation entlassen.
Die Beklagte hielt das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. D. nicht für schlüssig und nachvollziehbar (vorgelegte Stellungnahme des Dr. He. vom 6. September 2010). Es hätten sich lediglich leichte Veränderungen zum psychopathologischen Untersuchungsbefund aus dem Jahre 2007 ergeben, die keine Reduzierung des Leistungsvermögens für leichte Arbeiten auf unter sechs Stunden begründen könnten. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger als sehr klagsam charakterisiert und stark beschwerdebezogen geschildert worden sei. Auch habe sich aus dem Kurzbrief des Klinikums N. vom 17. März 2010 im Vergleich zu den Ausführungen des Entlassungsberichts vom 16. April 2007 keine relevante Änderung ergeben.
Mit Urteil vom 15. Dezember 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Hinweis auf die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die depressive Verstimmung leichten bis mittelschweren Ausmaßes aus, das Leistungsvermögen des Klägers sei seit Februar 2010 auf einen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich abgesunken. Dies ergebe sich aus dem nachvollziehbaren Gutachten des Dr. D., der im Vergleich zur vorherigen Begutachtung im Jahre 2007 von einer Chronifizierung der Schmerzstörung ausgegangen sei und nunmehr eine anhaltende depressive Verstimmung annehme, die sich als therapieresistent erwiesen habe. Ob der Kläger als Bauhelfer weiterhin tätig sein könne, könne offenbleiben, da er als ungelernter Arbeiter im Rahmen des Mehrstufenschemas auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne und nachgewiesen sei, dass er diese Tätigkeiten auch lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben in der Lage sei.
Gegen das der Beklagten am 4. Februar 2011 zugegangene Urteil hat diese am 24. Februar 2011 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Unter Bezugnahme auf die weitere Stellungnahme des Dr. He. (Ärztlicher Dienst der Beklagten) vom 14. Februar 2011 legt sie dar, das Gutachten des Dr. D. sei nicht nachvollziehbar. Das SG habe sich zu Unrecht auf die Ausführungen des Sachverständigen in dessen Gutachten vom 5. August 2010 gestützt. Auch das gerichtlicherseits von Amts wegen eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Fr. könne keinen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen. Unter Berufung auf die ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie Dr. De. (Ärztlicher Dienst der Beklagten) vom 21. November 2012 macht sie geltend, es überrasche das völlige Fehlen einer nervenärztlichen Behandlung des Klägers seit dem Gutachtenszeitpunkt bei Dr. D ... Im Übrigen stünden einem höheren Ausprägungsgrad der von Dr. Fr. gestellten Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren die von ihm im Rahmen seines Fachgutachtens beschriebenen Verhaltensbeobachtungen des Klägers entgegen. Auch die Fähigkeit des Klägers, soziale Kontakte zu pflegen, spreche für keine höhergradige Beeinträchtigung auf funktioneller Ebene durch die Schmerzsymptomatik. Schließlich sei dem Gutachten zu entnehmen, dass das Genusserleben des Klägers durch seine Schmerzen nicht beeinträchtigt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2010 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte verkenne seine psychischen Probleme. Der von ihm im Februar 2010 unternommene Suizidversuch belege eine weitere Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Auch Dr. Fr. bestätige sein erstinstanzlich festgestelltes Leistungsvermögen.
Der Senat hat zunächst Nervenfacharzt Dr. Fr. mit der Erstattung eines Gutachtens von Amts wegen und anschließend - nach Erhebung einer sachverständigen Zeugenauskunft bei Dr. Be. sowie Durchführung eines Erörterungstermins der Berichterstatterin am 24. Januar 2013 - den Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. Sc., mit einem weiteren Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt.
In seinem Gutachten vom 17. September 2012 führt Dr. Fr. aus, der Kläger leide an einem chronischen Spannungskopfschmerz, einer Dysthymia sowie einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Infolge einer weiteren Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers sei diesem lediglich eine weniger als drei Stunden in Anspruch nehmende leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich. Dies gelte auch für die zuletzt ausgeübte Beschäftigung im Bauhandwerk. Mit der Aufnahme einer leichten Tätigkeit könne allenfalls zu rechnen sein, wenn die therapeutische Vorgehensweise beschritten werde und eine Besserung eintrete. Insbesondere lasse sich unter Anlegung eines strengen Maßstabs und bei kritischer Würdigung ausschließen, dass die genannten Störungen vorgetäuscht bzw. simuliert würden. Allerdings seien aggravatorische Elemente anlässlich der Untersuchungssituation bei ihm und einiger Vorgutachter und Voruntersucher gefunden worden. Zur Frage sozialer Beziehungen des Klägers führte dieser im Rahmen der Anamnese aus, er treffe sich gelegentlich mit einem in Reutlingen lebenden Cousin und sitze zum Kaffeetrinken auch immer wieder mit einem Kumpel "im Städtchen" zusammen. Hieraus könne kein sozialer Rückzug abgeleitet werden. Auf dem zu ebener Erde zurückgelegten kurzen Weg über das Gelände sei der Kläger munter vorangeschritten, ohne dabei eine Gangstörung aufzuweisen oder über Schwindel zu klagen. Auch habe er sich ohne Schwierigkeiten entkleidet, sich ohne fremde Hilfe auf die Untersuchungsliege gelegt und diese später ohne Mühe wieder verlassen. Ferner habe der Kläger im Zuge seiner zweieinviertel Stunden dauernden Untersuchung eine gleichbleibende Attenz und Aufmerksamkeitshaltung an den Tag gelegt und objektiv keine Erschöpfungszeichen geboten, auch wenn er zuletzt anlässlich seiner Entlassung versichert habe, nun aber "schon müde" zu sein. Ferner sei das Konzentrationsvermögen nur dann grenzwertig, wenn er "konzentriert" ein Fußballspiel verfolge, auch noch ein wenig nach etwas längerer Zeitungslektüre, jedoch bei allen anderen Dingen, die er gerne mache, nicht. Ferner weist Dr. Fr. auf eine eigens während der Begutachtung gefertigte Randnotiz hin, wonach er "einen affektiv aufgelockerten und auch resonanten, mitunter spontan lachenden - dabei einige Male offensichtlich aus Verlegenheit - und in seinem Antriebsverhalten nicht gestörten Probanden" erlebt habe.
Dr. Be. (Auskunft vom 29. November 2012) hat unter Vorlage ihm zugegangener Arztbriefe über die vom 8. März bis 7. Juni 2010 (Wechsel des Hausarztes) erfolgte Behandlung berichtet. Diagnostiziert habe er ein LWS-Syndrom, eine Depression und eine somatoforme Störung. In diesem Zeitraum sei keine Veränderung im Zustand eingetreten.
Dr. Sc. hat in seinem Gutachten vom 12. Dezember 2013 ausgeführt, der Kläger leide an einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichtgradig depressive Episode, sowie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Es ergäben sich multiple Hinweise auf massive Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen. Hingegen seien die krankheitswerten Befunde und die auf dieser Basis zu diagnostizierenden Gesundheitsstörungen auch außerhalb von konkreten Untersuchungssituationen zu beobachten. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien behandelbar und spezifischen Therapien zugänglich. Ein fortlaufender Rentenrechtsstreit wie auch das wohlmeinende, objektiv jedoch dysfunktionale unterstützende Verhalten aus dem familiären Umfeld perpetuierten das Leiden. Die auf psychiatrischem-psychotherapeutischem Fachgebiet genannten Beeinträchtigungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung einhergingen, etwa durch erhöhten Zeitdruck oder durch unphysiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeit) seien für den Kläger nicht mehr zu erbringen. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder Tätigkeiten, die eine andauernd hohe Beanspruchung der Aufmerksamkeit verlangten (Kontrolltätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit unmittelbaren Eingreifens) seien ebenfalls auszuschließen. Ebenso sollten Tätigkeiten vermieden werden, die ein flexibles team- und kundenorientiertes Vorgehen verlangten. Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr seien damit auszuschließen. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei die Schmerzempfindlichkeit des Klägers erhöht. Vor diesem Hintergrund und den vorliegenden orthopädischen Leiden kämen somit Tätigkeiten nicht in Frage, die anhaltend schwere oder mittelschwere Belastungen bedingten. Grundsätzlich möglich seien dem Kläger jedoch leichte Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel bis etwa fünf kg einhergingen und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (bis maximal zehn kg). Hinweise auf quantitative Leistungsdefizite hätten sich hingegen nicht ergeben. Im Rahmen der Begutachtung hätten sich keine Störungen basaler Motivations- und Antriebsfunktionen gezeigt, die sich in primär gemindertem Antriebsniveau oder verstärkten Ermüdungszeichen in motorischer oder kognitiver Hinsicht gezeigt hätten. Der Kläger habe der mehr als fünfstündigen Sitzung mit begutachtungstypischen multiplen kognitiven wie auch psychischen Belastungen ohne erkennbare Beeinträchtigung folgen können. Er sei daher in der Lage, entsprechende Tätigkeiten vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Wochen auszuüben. Die festgestellten Minderungen der Leistungsfähigkeit dürften ab Anfang 2010 bestehen. Der Kläger befinde sich zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht in nervenärztlicher Behandlung. Er nehme Medikamente ein, wobei diese teilweise nicht zielführend eingesetzt werden könnten. Dies gelte beispielsweise für das Medikament Valproat. Dies sei ein Standard-Medikament gegen Epilepsie, wobei beim Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Epilepsie diagnostiziert worden sei. Auch sei die Tagesdosierung beim Körpervolumen des Klägers nicht dazu geeignet, einen relevanten Konzentrationsspiegel im Blut zu erzeugen, womit eine hinreichende Wirksamkeit nicht wahrscheinlich sei. Auch für die Einnahme des Opiats und Analgetikums Tilidin sei eine Indikation nicht zu erkennen. Letztlich seien die Angaben zur Einnahme von Medikamenten durch den Probanden nicht nachvollziehbar. Im Gutachten des Dr. Fr. finde sich keine kritische Auseinandersetzung mit der Frage möglicher negativer Antwortverzerrung und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen. Im Gegensatz zur Begutachtung bei Dr. Fr. habe sich bei seiner Begutachtung eine massive Neigung zu Verdeutlichungstendenzen feststellen lassen. Ferner habe Dr. Fr. eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens ohne explizite Begründung abgegeben. Insbesondere sei die massive quantitative Leistungsminderung mit den im Gutachten dokumentierten Befunden nicht in Einklang zu bringen. Der von Dr. De. genannten Diskrepanzen zwischen der im Gutachten von Dr. Fr. ausführlich dargestellten differenzierten Alltagsgestaltung und der quantitativen Leistungsminderung des Klägers schließe er sich an. Auch die von Dr. D. im Rahmen dessen Gutachten genannte Diagnose der mittelschweren depressiven Verstimmung sei mit den von diesem erhobenen Befunden nur teilweise in Einklang zu bringen. Es fehle jegliche strukturierte Beschwerdeerfassung mittels psychometrischer Verfahren oder strukturierter Fremdbeurteilung; ebenso wenig finde sich eine differenzierte Erörterung der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen. Auch liefere der Sachverständige keine Erläuterung für die Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist zulässig; insbesondere ist sie auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
II.
Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheids vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Soweit der Kläger ursprünglich auch die Gewährung einer Rente für Zeiten vom 1. März 2009 bis 31. August 2010 und ab 1. September 2013 beantragt hatte, ist das erstinstanzliche Urteil, mit dem die Klage im Übrigen abgewiesen wurde, rechtskräftig geworden, weil der Kläger das Urteil nicht mit der Berufung angegriffen hat.
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl. I, 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
a) Nach diesen Maßstäben war der Kläger in der streitgegenständlichen Zeit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Widerspruchsverfahren sowie der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies den bereits im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie dem im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstatteten Gutachten vom 12. Dezember 2013.
Der Schwerpunkt der Leiden des Klägers lag vorrangig auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Der Kläger leidet an einem Cervical-Syndrom bei angeborener Fusion C 6/7, einer Dorsalgie ohne radikuläre Ausfälle sowie einem Lendenwirbelsäulensyndrom bei NPP L 5/S 1 ohne radikuläre Ausfälle/Spondylosis deformans L 4/S 1. Zusätzlich leidet er an Spannungskopfschmerzen, Schwerhörigkeit, einem Tinnitus sowie einer rezidivierenden depressiven Störung (zuletzt leichtgradig depressive Episode) und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Dies entnimmt der Senat dem fachorthopädischem Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie dem nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das fachorthopädische Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie das nervenfachärztliche Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013.
Aufgrund der beim Kläger vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet lag eine Minderung der Stressbelastbarkeit vor. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung einhergehen, etwa durch erhöhten Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit) oder durch physiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeit) kamen für den Kläger nicht mehr in Frage. Auch Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder Tätigkeiten, die eine andauernd hohe Beanspruchung der Aufmerksamkeit verlangen (etwa Kontrolltätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit unmittelbaren Eingreifens) sollten ausgeschlossen werden. Dies galt auch für solche Beschäftigungen, die ein flexibles team- und kundenorientiertes Vorgehen verlangten. In der Folge waren Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr zu vermeiden. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung war die Schmerzempfindlichkeit des Klägers erhöht. Vor dem Hintergrund dieser Störung und den vorliegenden orthopädischen Leiden kamen Tätigkeiten nicht in Frage, die anhaltend schwere oder mittelschwere Belastungen bedingten. Grundsätzlich möglich waren jedoch körperlich leichte Tätigkeiten, die mit dem regelmäßigen Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel bis etwa fünf kg einhergingen und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (bis maximal zehn kg). Ebenfalls auszuschließen waren ausschließlich gebückte Tätigkeiten sowie ausschließliche Beschäftigungen über Kopf.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führten im im Berufungsverfahren streitigen Zeitraum jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; vielmehr war der Kläger in der Lage, zumindest leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das fachorthopädische Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 und das nervenfachärztliche Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013. Ferner wird die Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens durch den Orthopäden Dr. H. in dessen Auskunft vom 11. März 2010 bestätigt. Diese Leistungsbeurteilungen sind für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind grundsätzlich einer Versorgung durch Hilfsmittel bzw. einer medikamentösen Behandlung zugänglich, so dass sich deren Folgen nicht auf die quantitative Leistungsfähigkeit auswirken konnten. Dies ergibt sich auch aus der schriftlichen Zeugenauskunft des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. Hau. vom 15. März 2010. Dort hatte sich der Kläger lediglich einmalig wegen seit sieben Jahren bestehender Ohrgeräusche und einer Hörminderung vorgestellt.
Soweit die Sachverständigen Dr. D. und Dr. Fr. in ihren Gutachten ein drei- bis unter sechsstündiges bzw. unter dreistündiges Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen haben, so legen sie hierfür keine nachvollziehbare Begründung vor.
Die von Dr. D. neben der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung diagnostizierte mittelschwere depressive Verstimmung ist mit den vom ihm erhobenen Befunden nicht in Einklang zu bringen. So legt Dr. D. im Rahmen des psychischen Befundes seines Gutachtens dar, dass das Antriebsverhalten des Klägers verändert sei, eine Antriebshemmung "ist zu erfragen". Hieraus geht nicht hervor, ob der Antrieb des Klägers nun objektivierbar reduziert war oder nicht. Eine entsprechende Beschwerdeerfassung mittels psychometrischer Verfahren oder strukturierter Fremdbeurteilung ist dem Gutachten ebenso wenig zu entnehmen wie eine differenzierte Erörterung der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und der geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen. Auch aus der von ihm im Rahmen des Gutachtens abgegebenen Wertung war eine eingeschränkte Aufmerksamkeit des Klägers ebenso wenig zu entnehmen, wie entsprechende Auffassungsstörungen. Der formale Gedankengang des Klägers war unauffällig, nicht verlangsamt oder beschleunigt. Während der gesamten Untersuchung blieb seine Konzentrationsfähigkeit erhalten, die behaupteten kognitiven Defizite wurden aus der geschilderten Untersuchungssituation nicht deutlich. Die entsprechende quantitative Leistungsminderung wird lediglich behauptet, nicht jedoch begründet.
Auch der von Dr. Fr. in dessen Gutachten vom 17. September 2012 abgegebenen Leistungseinschätzung vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Dieser führte aus, der Kläger leide an einem chronischen Spannungskopfschmerz, einer Dysthymia und einer chronischem Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Bei Letzterer handelt es sich um keine ausschließlich seelisch bedingte Schmerzstörung, andererseits auch nicht um eine bloße Krankheitsvorstellung. Diese geringfügig andere Leistungseinschätzung als diejenige des Dr. Sc. beruht nach dessen nachvollziehbarer Darlegung auf einer unterschiedlichen Codierung der chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10-Codierung: F 45.41) und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10-Codierung: F 45.4). In diagnostischer Hinsicht besteht damit weitgehend Übereinstimmung zwischen den Einschätzungen des Dr. Fr. sowie derjenigen des Dr. Sc ... Bei Dr. Sc. wurde sogar noch eine geringgradig stärkere Depressivität angenommen als bei Dr. Fr ... Allerdings fand eine Bewertung der bei Dr. Fr. ebenfalls aufgetreten aggravatorischen Tendenzen im Rahmen der vom ihm abgegebenen Leistungsbeurteilung (der Annahme einer quantitativen Leistungsminderung von unter drei Stunden täglich) keinen Ausschlag. Im gesamten Gutachten fand keine kritische Auseinandersetzung mit der Frage möglicher negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen statt. So schilderte Dr. Fr., dass der Kläger auf dem ebenerdig zurückzulegenden kurzen Weg "munter voran" ging, ohne dabei eine Gangstörung aufzuweisen oder über Schwindel zu klagen, was im Rahmen der Untersuchung später behauptet wurde. Auch nach Aufforderung, sich weitgehend zu entkleiden, habe der Kläger keine Mühe gehabt und sich schließlich ohne fremde Hilfe auf die Untersuchungsliege begeben, die er später ebenso habe wieder verlassen können. Beobachtet habe Dr. Fr. auch, dass der Kläger im Zuge seiner 2 ¼ Stunden dauernden Untersuchung eine gleichbleibende Attenz und Aufmerksamkeitshaltung an den Tag gelegt habe, keine objektiven Erschöpfungszeichen geboten habe, auch wenn er anlässlich seiner Entlassung versichert habe, nun "schon müde" zu sein. Für die von ihm abgegebene quantitative Minderung des Leistungsvermögens lieferte der Sachverständige keine explizite Begründung. Die massive quantitative Leistungsminderung ist mit den im Gutachten dokumentierten Befunden nicht in Einklang zu bringen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausführungen des Dr. Fr. zu den sozialen Kontakten des Klägers. Der Kläger führte aus, seinen in Reutlingen lebenden Cousin gelegentlich zu treffen. Er sitze zum Kaffeetrinken immer wieder "mit einem Kumpel im Städtchen" zusammen. Explizit führt Dr. Fr. hierzu aus: "jedenfalls wird alles in allem kein sozialer Rückzug deutlich ...". Im Gespräch mit anderen Personen, gerade auch mit dem vorgenannten Kumpel "halte er sich keineswegs zurück ...". Auch ergibt sich, wie bereits von Dr. De. ausgeführt, nicht, dass sich das Genussleben des Klägers durch seine Schmerzen beeinträchtigt. So vermerkt Dr. Fr. beispielsweise in seinem Gutachten: " ... zu Beginn der zunächst freien und dann auf operationalen, also Checklisten-geleiteten Befragung und Exploration hat der Unterzeichner im Sinne einer kurzen Zwischenbilanz am Rand notiert, bislang einen affektiv aufgelockerten und auch resonanten mitunter spontan lachenden - dabei einige Male offensichtlich aus Verlegenheit - und in seinem Antriebsverhalten nicht gestörten Probanden vorgefunden zu haben.".
Im Hinblick auf die von Dr. Sc. im Rahmen seiner Untersuchungssituation festgestellten Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen, vermochte sich der Senat nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers zu überzeugen. Insoweit hatte Dr. Sc. als Beschwerdevalidierungsverfahren den Word Memory Test (WMT) eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eines der weltweit am besten untersuchten Verfahren zur Anstrengungsbereitschaft in Untersuchungssituationen mit hohen Sensitivitäts- und Spezifitätswerten. In einer PC-gestützten Testversion wird einem Probanden dort eine nur vordergründig schwierige Lernaufgabe (Wortpaare) gestellt. Die Lernleistung wird anschließend in unterschiedlichen Aufgabenstellungen abgerufen. Die Werte in den Untertests zur Messung der Anstrengungsbereitschaft waren massiv auffällig. Die hier gezeigten Leistungen lagen weit unter denen kooperationswilliger dementer Probanden oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden. In den einfachen Tests zur Messung der verbalen Gedächtnisleistung erzielte der Kläger erneut extrem niedrige Werte. Insgesamt wiesen die Testergebnisse auf eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung hin. Im Ergebnis ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. Sc. in dessen Gutachten vom 12. Dezember 2013 davon auszugehen, dass die in den Prüfungen des verbalen Gedächtnisses gezeigten Leistungen nicht den tatsächlichen Fähigkeiten des Probanden entsprachen.
d) Ob dem Kläger in der Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 ein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage war, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein konnte, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R -; in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies war im streitigen Zeitraum nicht der Fall. Bei dem Kläger lagen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese waren jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren sollte etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lag nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrte. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 B 5 R 68/11 R -, in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen war bei dem Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger war im Zeitraum vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger zuletzt als Bauhelfer zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, konnte er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 ; in juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1. Oktober 1955 geborene türkischstämmige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und reiste im September 1971 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem er von Oktober 1971 bis September 1972 erfolgreich eine Ausbildung zum Bäcker absolvierte, war er als solcher bis Dezember 1981 versicherungspflichtig beschäftigt. Im Zeitraum vom Januar 1982 bis Dezember 1998 war der Kläger als Landschaftsgärtner, und von Februar 1989 bis Januar 1991 als Reifenmonteur, danach bis März 1997 als Bauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog der Kläger Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe; seit 2005 erhält der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger beantragte im Oktober 2005 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung führte er aus, seit 1997 an Wirbelsäulenbeschwerden, mehreren Bandscheibenvorfällen und hieraus resultierender Folgeerkrankungen zu leiden. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. R ... In seinem Gutachten vom 25. Januar 2006 führte dieser aus, der Kläger leide an einer angeborenen Fusion C6/7, einer kranial vorgelagerter Spondylosis deformans mit Osteochondrose, einer Dorsalgie ohne Ausfälle sowie an einer Spondylosis deformans L4 bis S1. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, überwiegend gebückte Tätigkeiten, solche mit seitlicher Rumpffehlbelastung sowie Trage- und Hebebelastungen von mehr als 15 kg auszuüben. Seine zuletzt ausgeübte Beschäftigung sowie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der von der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss ohne Durchführung weiterer sozialmedizinischer Ermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2006 zurück. Im anschließenden, vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) geführten Klageverfahren (S 12 R 2844/06) holte das SG von Amts wegen ein fachorthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. H. und ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten des Dr. D. ein. Dr. H. legte in seinem Gutachten vom 13. März 2007 dar, die auf seinem Fachgebiet durchgeführte Untersuchung und Begutachtung habe beim Kläger altersentsprechende Verhältnisse ergeben. Die vom Kläger geklagten Beschwerden könnten nicht auf die klinischen und röntgenologischen Befunde zurückgeführt werden. Es bestünden weder an den oberen noch an den unteren Extremitäten neurologische Reiz- oder Ausfallsymptome. Auch seien keine wesentlichen Funktionseinschränkungen der Gelenke, der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule erkennbar. Die bereits vorab festgestellte angeborene Fusion der Halswirbelkörper (HWK) 5 und 6 mit mäßigem kyphotischen Knick hätten sich kernspintomographisch nachweisen lassen. An der Lendenwirbelsäule sei eine Osteochondrose im Segment L4/5 zu erkennen. Die Spondylose sei so gestaltet, dass sie auch als altersentsprechend gewertet werden müsse. Unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen sei der Kläger sowohl in der Lage, seiner bisherigen Tätigkeit als Bauhelfer nachzugehen, als auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Letztlich stimme er dem von Dr. R. gefertigten Gutachten inhaltlich zu. Dr. D. führte in seinem Gutachten vom 26. Juli 2007 aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Diese sei allenfalls mittelschwer ausgeprägt. Unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen sah er den Kläger noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes acht Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche auszuüben. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfer sei ihm jedoch aufgrund seiner Wirbelsäulenbeschwerden infolge der zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen nicht mehr möglich. Im November 2007 nahm der Kläger daraufhin seine Klage zurück.
Letztmals beantragte der Kläger am 4. März 2009 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er halte sich aufgrund bestehender Schmerzstörungen, einer Lumboischialgie, einer cervicalen Spinalkanalstenose und einem aufgetretenen Tinnitus seit März 1997 für erwerbsgemindert. Zur Begründung seines Antrags legte er diverse Befundberichte der ihn behandelnden Ärzte vor (u.a. Arztbrief des Dr. D. vom 23. Februar 2008 und vom 22. Januar 2009: Somatoforme Schmerzstörung bei schlechter Schmerzprognose; Berichte des Orthopäden Dr. H. vom 9. Januar 2009, 7. November 2008 und vom 20. Januar 2009: Degeneratives Lendenwirbelsäulen (LWS)-Syndrom, Zustand nach Nukleus pulposus-Prolaps (NPP) L5/S1, Haltungsfehler, chronische somatoforme Schmerzstörung; Arztbericht des Chefarztes des Klinikums N., Neurologe Dr. Ha. vom 11. Dezember 2008: Stationäre neurologische Behandlung vom 19. November 2008 bis 5. Dezember 2008: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Lumboischialgie rechts mit pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik bei Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1, cervicale Spinalkanalstenose HWK5/6, Spannungskopfschmerzen, Tinnitus).
Neurologe und Psychiater Go., Beratungsarzt der Beklagten, legte am 7. April 2009 dar, der Kläger leide an einer somatoformen Schmerzstörung, bekannten kleinen medialen Bandscheibenvorfällen LWK5/SWK1 mit pseudoradikulärer Symptomatik, einer cervicalen Spinalkanalstenose HWK5/6, einem degenerativen LWS-Syndrom, Spannungskopfschmerzen und einem Tinnitus. Einer Beschäftigung als Bauhelfer könne er wegen seines auf unter drei Stunden täglich gesunkenen Leistungsvermögens nicht mehr nachgehen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen noch über sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 16. April 2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger am 3. Mai 2009 unter Hinweis auf eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, insbesondere im Hinblick auf die bei ihm bestehende Schmerzstörung, Widerspruch ein. Die Beklagte veranlasste daraufhin erneut eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. R ... Unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Befundberichte führte Dr. R. in seinem Gutachten vom 27. Juli 2009 aus, im Vergleich zu den erhobenen orthopädischen und neurologischen Befunden sowie den vorliegenden Gutachten sei eine maßgebliche Befundverschlechterung nicht eingetreten. Neu hinzugekommen sei ein Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1, der aber klinisch keine radikuläre Ausfallsymptomatik verursache. Auch habe keine Schmerzschonhaltung bestanden. Hingegen seien deutliche Anzeichen von Aggravation vorhanden. Diese hätten sich in einer frühzeitigen Willküranspannung bei Funktionsprüfung der Wirbelsäule und im Bereich der Hüften gezeigt. Alle Bewegungen seien in unbeobachtetem Zustand frei, flüssig und nicht eingeschränkt gewesen. Qualitative Einschränkungen bestünden für ausschließlich gebückte Tätigkeiten, Trage- und Hebebelastungen von mehr als 15 kg und ausschließliche Tätigkeiten über Kopf. In der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Montagearbeiter bestehe damit ein quantitatives Leistungsvermögen von über sechs Stunden. Dies gelte auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, da er zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich ausüben könne. Auch genieße er keinen Berufsschutz, da die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung als Bauhelfer dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit sei daher nicht erforderlich.
Der Kläger erhob am 23. November 2009 erneut Klage beim SG. Zur Begründung legte er dar, aufgrund der weiteren Intensivierung der Schmerzstörung liege sein Leistungsvermögen nunmehr unter drei Stunden täglich. Dies werde durch die gerichtlicherseits durchgeführten Ermittlungen bestätigt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. He. vom 20. April 2010 vor.
Das SG hörte zunächst die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin Dr. Be. führte aus (Auskunft vom 8. März 2010), abgesehen von den radiologisch und bei orthopädischen Konsiliaruntersuchungen eindeutig nachweisbaren degenerativen Skelettveränderungen leide der Kläger an einer somatoformen Schmerzstörung. Das Schmerzerleben habe sich praktisch verselbstständigt und lasse sich allein mit entzündungshemmenden und schmerzstillenden Medikamenten nicht behandeln, weshalb auch Antidepressiva erforderlich seien. Eine Überweisung an einen türkisch sprechenden Psychiater/Psychotherapeuten sei veranlasst worden; ob sich der Kläger tatsächlich vorgestellt habe, sei nicht bekannt. Die chronisch progrediente somatoforme Schmerzstörung habe sich im Laufe der Jahre deutlich verschlechtert. Eskaliert sei die Situation Anfang Februar 2010. Damals habe der Kläger einen Suizidversuch unternommen. Er sei nicht mehr in der Lage, auch nur drei Stunden täglich zu arbeiten. Vorgelegt wurde u.a. ein Arztbericht des Dr. Ha., Klinikum N., vom 16. April 2007, wo sich der Kläger im Zeitraum vom 30. Januar 2007 bis 16. Februar 2007 stationär zur neurologischen Behandlung befand. Dieser diagnostizierte dort eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden ausgeprägter degenerativer Wirbelsäulenveränderungen. Zudem habe ein episodischer Spannungskopfschmerz bestanden. Hintergrund der Symptomatik sei eine Migrationsproblematik mit langjähriger Arbeitslosigkeit. Weiter legte Dr. Be. den Entlassungsbericht des Dr. Ha. vom 11. Dezember 2008 über einen stationären Aufenthalt im Klinikum N. vom 19. November 2008 bis 5. Dezember 2008 vor. Anlass hierfür war ebenfalls die anhaltend somatoforme Schmerzstörung. Dr. Ha. führte darin aus, dass der Kläger ähnlich wie beim vorausgegangenen stationären Aufenthalt gleich nach Beginn der balneophysikalischen Maßnahme deutlich entlastet gewirkt habe. Er sei in das Konzept der multimodalen Schmerztherapie eingebunden gewesen und habe zusätzlich ein intensives krankengymnastisches und balneophysikalisches Therapieangebot erhalten. Auch die subjektive Einschätzung der Schmerzsymptomatik habe sich leicht rückläufig gezeigt. Der Kläger sei in deutlich gebessertem Zustand in die ambulante Weiterbetreuung entlassen worden. Dr. H. (Auskunft vom 11. März 2010) führte aus, den Kläger seit Juli 2005 zu behandeln. Im Laufe der Jahre habe sich keine wesentliche Veränderung der Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet ergeben. Es seien im Wesentlichen immer dieselben Schmerzzustände zu bemerken gewesen. Jegliche Therapie helfe ausweislich der Angaben des Klägers nicht. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sei keine Besserung zu erwarten. Leichte körperliche Tätigkeiten könne der Kläger jedoch mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. Hau. (Auskunft vom 15. März 2010) legte dar, der Kläger habe sich lediglich einmalig im April 2008 wegen seit sieben Jahren bestehender Ohrgeräusche und einer Hörminderung in seine Behandlung begeben. Eine Beeinträchtigung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit resultiere hieraus nicht.
Anschließend beauftragte das SG von Amts wegen den bereits zuvor tätigen Nervenfacharzt Dr. D. mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 5. August 2010 führte der Sachverständige aus, der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmung. Im Rahmen der Untersuchung habe der Kläger angegeben, etwa einmal im Monat einen Orthopäden aufzusuchen, außerdem werde er von seinem Hausarzt betreut. In der Zeit seit der letzten Begutachtung sei er lediglich dreimal bei einem Neurologen in Behandlung gewesen. Er stehe zwischen 10:00 und 11:00 Uhr vormittags auf und mache nach dem Frühstück mit seiner Frau, die ebenfalls nicht berufstätig sei, einen halb- bis einstündigen Spaziergang. Anschließend lese er etwas Zeitung. Das aktive Fußballspielen habe er aufgegeben. Er sehe nur noch wenig fern. Zu Bett gehe er erst gegen Mitternacht, da er vorher sowieso kaum Schlaf finde. Inzwischen habe er nur noch Kontakt mit seiner Familie und seinen engeren Verwandten. Seit seinem Unfall Anfang des Jahres habe er kein Interesse mehr daran, andere zu treffen. Bei der körperlichen Untersuchung habe der Kläger vor allem bei der Prüfung der Motorik nur unbefriedigend mitgearbeitet und das mit einer starken Schmerzsymptomatik entschuldigt. In seiner Aufmerksamkeit sei der Kläger während der Untersuchung nicht eingeschränkt gewesen, Auffassungsstörungen seien nicht zu erkennen gewesen. Allerdings habe er immer wieder über im Alltag auftretende Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen geklagt. Dennoch sei er bei Schilderung seiner Vorgeschichte in der Lage gewesen, alle relevanten Daten weitgehend korrekt anzugeben und seine berufliche und private Biographie zeitlich geordnet in chronologischer richtiger Reihenfolge ohne Zeitgitterstörungen darzulegen. Lediglich seine Aussagen zum Therapieverlauf seien teilweise lückenhaft gewesen. Während der gesamten Untersuchung sei seine Konzentrationsfähigkeit dennoch erhalten geblieben. Suizidtendenzen seien vom Kläger verneint worden. Der bei der aktuellen Untersuchung erhobene klinisch-neurologische Untersuchungsbefund habe sich weitgehend mit dem neurologischen Status, der bei der ersten Begutachtung 2007 vorgelegen habe, gedeckt. Es hätten sich zahlreiche Hinweise auf eine psychische Überlagerung des Beschwerdebildes gezeigt. Im Gegensatz dazu sei der psychopathologische Untersuchungsbefund gegenüber 2007 teilweise verändert gewesen. Es sei eine stärkere affektive Mitbeteiligung mit depressiver Auslenkung aufgefallen. Der Kläger habe über einen Interessenverlust geklagt, über ein vermindertes Appetenzverhalten, habe gewisse kognitive Defizite beschrieben, wie sie laut Literatur im Verlauf langjähriger depressiver Verstimmungszustände auftreten könnten. Diese Defizite seien deshalb glaubwürdig und plausibel, auch wenn sie in der Untersuchungssituation bei der einfachen Exploration nicht deutlich geworden seien. Es sei nunmehr von der anhaltend depressiven Verstimmung auszugehen. In Ermangelung einer spezifischen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung sei eine Verschlechterung des psychischen Zustandes nicht verwunderlich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er daher lediglich noch drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Da der psychische Gesundheitszustand nicht mehr nennenswert stabilisiert werden könne, bestehe diese Leistungseinschränkung auch dauerhaft, und dies seit dem Verkehrsunfall im Februar 2010.
Dem Gutachten wurde ein "Kurzbrief" der Psychologischen Psychotherapeutin E., Klinikum N., vom 17. März 2010 beigefügt. Nach in Suizidabsicht verursachtem Verkehrsunfall am 4. Februar 2010 befand sich der Kläger bis 5. März 2010 in stationärer Behandlung in der dortigen Psychiatrischen Abteilung. Die den Kläger dort behandelnden Ärzte diagnostizierten eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode bei Impulskontrollstörung, eine Antrumgastritis, chronische Spannungskopfschmerzen, einen Tinnitus Aurium beidseits sowie chronische Rückenschmerzen (LWS) seit 1996. Da keine Suizidalität mehr bestanden habe, wurde der Kläger nach weiterer Behandlung vom 12. März 2010 bis 19. März 2010 mit weiterer antidepressiver Medikation entlassen.
Die Beklagte hielt das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. D. nicht für schlüssig und nachvollziehbar (vorgelegte Stellungnahme des Dr. He. vom 6. September 2010). Es hätten sich lediglich leichte Veränderungen zum psychopathologischen Untersuchungsbefund aus dem Jahre 2007 ergeben, die keine Reduzierung des Leistungsvermögens für leichte Arbeiten auf unter sechs Stunden begründen könnten. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger als sehr klagsam charakterisiert und stark beschwerdebezogen geschildert worden sei. Auch habe sich aus dem Kurzbrief des Klinikums N. vom 17. März 2010 im Vergleich zu den Ausführungen des Entlassungsberichts vom 16. April 2007 keine relevante Änderung ergeben.
Mit Urteil vom 15. Dezember 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Hinweis auf die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die depressive Verstimmung leichten bis mittelschweren Ausmaßes aus, das Leistungsvermögen des Klägers sei seit Februar 2010 auf einen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich abgesunken. Dies ergebe sich aus dem nachvollziehbaren Gutachten des Dr. D., der im Vergleich zur vorherigen Begutachtung im Jahre 2007 von einer Chronifizierung der Schmerzstörung ausgegangen sei und nunmehr eine anhaltende depressive Verstimmung annehme, die sich als therapieresistent erwiesen habe. Ob der Kläger als Bauhelfer weiterhin tätig sein könne, könne offenbleiben, da er als ungelernter Arbeiter im Rahmen des Mehrstufenschemas auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne und nachgewiesen sei, dass er diese Tätigkeiten auch lediglich drei bis unter sechs Stunden täglich auszuüben in der Lage sei.
Gegen das der Beklagten am 4. Februar 2011 zugegangene Urteil hat diese am 24. Februar 2011 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Unter Bezugnahme auf die weitere Stellungnahme des Dr. He. (Ärztlicher Dienst der Beklagten) vom 14. Februar 2011 legt sie dar, das Gutachten des Dr. D. sei nicht nachvollziehbar. Das SG habe sich zu Unrecht auf die Ausführungen des Sachverständigen in dessen Gutachten vom 5. August 2010 gestützt. Auch das gerichtlicherseits von Amts wegen eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Fr. könne keinen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen. Unter Berufung auf die ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie Dr. De. (Ärztlicher Dienst der Beklagten) vom 21. November 2012 macht sie geltend, es überrasche das völlige Fehlen einer nervenärztlichen Behandlung des Klägers seit dem Gutachtenszeitpunkt bei Dr. D ... Im Übrigen stünden einem höheren Ausprägungsgrad der von Dr. Fr. gestellten Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren die von ihm im Rahmen seines Fachgutachtens beschriebenen Verhaltensbeobachtungen des Klägers entgegen. Auch die Fähigkeit des Klägers, soziale Kontakte zu pflegen, spreche für keine höhergradige Beeinträchtigung auf funktioneller Ebene durch die Schmerzsymptomatik. Schließlich sei dem Gutachten zu entnehmen, dass das Genusserleben des Klägers durch seine Schmerzen nicht beeinträchtigt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2010 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte verkenne seine psychischen Probleme. Der von ihm im Februar 2010 unternommene Suizidversuch belege eine weitere Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Auch Dr. Fr. bestätige sein erstinstanzlich festgestelltes Leistungsvermögen.
Der Senat hat zunächst Nervenfacharzt Dr. Fr. mit der Erstattung eines Gutachtens von Amts wegen und anschließend - nach Erhebung einer sachverständigen Zeugenauskunft bei Dr. Be. sowie Durchführung eines Erörterungstermins der Berichterstatterin am 24. Januar 2013 - den Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. Sc., mit einem weiteren Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt.
In seinem Gutachten vom 17. September 2012 führt Dr. Fr. aus, der Kläger leide an einem chronischen Spannungskopfschmerz, einer Dysthymia sowie einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Infolge einer weiteren Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Klägers sei diesem lediglich eine weniger als drei Stunden in Anspruch nehmende leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich. Dies gelte auch für die zuletzt ausgeübte Beschäftigung im Bauhandwerk. Mit der Aufnahme einer leichten Tätigkeit könne allenfalls zu rechnen sein, wenn die therapeutische Vorgehensweise beschritten werde und eine Besserung eintrete. Insbesondere lasse sich unter Anlegung eines strengen Maßstabs und bei kritischer Würdigung ausschließen, dass die genannten Störungen vorgetäuscht bzw. simuliert würden. Allerdings seien aggravatorische Elemente anlässlich der Untersuchungssituation bei ihm und einiger Vorgutachter und Voruntersucher gefunden worden. Zur Frage sozialer Beziehungen des Klägers führte dieser im Rahmen der Anamnese aus, er treffe sich gelegentlich mit einem in Reutlingen lebenden Cousin und sitze zum Kaffeetrinken auch immer wieder mit einem Kumpel "im Städtchen" zusammen. Hieraus könne kein sozialer Rückzug abgeleitet werden. Auf dem zu ebener Erde zurückgelegten kurzen Weg über das Gelände sei der Kläger munter vorangeschritten, ohne dabei eine Gangstörung aufzuweisen oder über Schwindel zu klagen. Auch habe er sich ohne Schwierigkeiten entkleidet, sich ohne fremde Hilfe auf die Untersuchungsliege gelegt und diese später ohne Mühe wieder verlassen. Ferner habe der Kläger im Zuge seiner zweieinviertel Stunden dauernden Untersuchung eine gleichbleibende Attenz und Aufmerksamkeitshaltung an den Tag gelegt und objektiv keine Erschöpfungszeichen geboten, auch wenn er zuletzt anlässlich seiner Entlassung versichert habe, nun aber "schon müde" zu sein. Ferner sei das Konzentrationsvermögen nur dann grenzwertig, wenn er "konzentriert" ein Fußballspiel verfolge, auch noch ein wenig nach etwas längerer Zeitungslektüre, jedoch bei allen anderen Dingen, die er gerne mache, nicht. Ferner weist Dr. Fr. auf eine eigens während der Begutachtung gefertigte Randnotiz hin, wonach er "einen affektiv aufgelockerten und auch resonanten, mitunter spontan lachenden - dabei einige Male offensichtlich aus Verlegenheit - und in seinem Antriebsverhalten nicht gestörten Probanden" erlebt habe.
Dr. Be. (Auskunft vom 29. November 2012) hat unter Vorlage ihm zugegangener Arztbriefe über die vom 8. März bis 7. Juni 2010 (Wechsel des Hausarztes) erfolgte Behandlung berichtet. Diagnostiziert habe er ein LWS-Syndrom, eine Depression und eine somatoforme Störung. In diesem Zeitraum sei keine Veränderung im Zustand eingetreten.
Dr. Sc. hat in seinem Gutachten vom 12. Dezember 2013 ausgeführt, der Kläger leide an einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichtgradig depressive Episode, sowie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Es ergäben sich multiple Hinweise auf massive Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen. Hingegen seien die krankheitswerten Befunde und die auf dieser Basis zu diagnostizierenden Gesundheitsstörungen auch außerhalb von konkreten Untersuchungssituationen zu beobachten. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien behandelbar und spezifischen Therapien zugänglich. Ein fortlaufender Rentenrechtsstreit wie auch das wohlmeinende, objektiv jedoch dysfunktionale unterstützende Verhalten aus dem familiären Umfeld perpetuierten das Leiden. Die auf psychiatrischem-psychotherapeutischem Fachgebiet genannten Beeinträchtigungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung einhergingen, etwa durch erhöhten Zeitdruck oder durch unphysiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeit) seien für den Kläger nicht mehr zu erbringen. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder Tätigkeiten, die eine andauernd hohe Beanspruchung der Aufmerksamkeit verlangten (Kontrolltätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit unmittelbaren Eingreifens) seien ebenfalls auszuschließen. Ebenso sollten Tätigkeiten vermieden werden, die ein flexibles team- und kundenorientiertes Vorgehen verlangten. Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr seien damit auszuschließen. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei die Schmerzempfindlichkeit des Klägers erhöht. Vor diesem Hintergrund und den vorliegenden orthopädischen Leiden kämen somit Tätigkeiten nicht in Frage, die anhaltend schwere oder mittelschwere Belastungen bedingten. Grundsätzlich möglich seien dem Kläger jedoch leichte Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel bis etwa fünf kg einhergingen und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (bis maximal zehn kg). Hinweise auf quantitative Leistungsdefizite hätten sich hingegen nicht ergeben. Im Rahmen der Begutachtung hätten sich keine Störungen basaler Motivations- und Antriebsfunktionen gezeigt, die sich in primär gemindertem Antriebsniveau oder verstärkten Ermüdungszeichen in motorischer oder kognitiver Hinsicht gezeigt hätten. Der Kläger habe der mehr als fünfstündigen Sitzung mit begutachtungstypischen multiplen kognitiven wie auch psychischen Belastungen ohne erkennbare Beeinträchtigung folgen können. Er sei daher in der Lage, entsprechende Tätigkeiten vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden an fünf Tagen pro Wochen auszuüben. Die festgestellten Minderungen der Leistungsfähigkeit dürften ab Anfang 2010 bestehen. Der Kläger befinde sich zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht in nervenärztlicher Behandlung. Er nehme Medikamente ein, wobei diese teilweise nicht zielführend eingesetzt werden könnten. Dies gelte beispielsweise für das Medikament Valproat. Dies sei ein Standard-Medikament gegen Epilepsie, wobei beim Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Epilepsie diagnostiziert worden sei. Auch sei die Tagesdosierung beim Körpervolumen des Klägers nicht dazu geeignet, einen relevanten Konzentrationsspiegel im Blut zu erzeugen, womit eine hinreichende Wirksamkeit nicht wahrscheinlich sei. Auch für die Einnahme des Opiats und Analgetikums Tilidin sei eine Indikation nicht zu erkennen. Letztlich seien die Angaben zur Einnahme von Medikamenten durch den Probanden nicht nachvollziehbar. Im Gutachten des Dr. Fr. finde sich keine kritische Auseinandersetzung mit der Frage möglicher negativer Antwortverzerrung und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen. Im Gegensatz zur Begutachtung bei Dr. Fr. habe sich bei seiner Begutachtung eine massive Neigung zu Verdeutlichungstendenzen feststellen lassen. Ferner habe Dr. Fr. eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens ohne explizite Begründung abgegeben. Insbesondere sei die massive quantitative Leistungsminderung mit den im Gutachten dokumentierten Befunden nicht in Einklang zu bringen. Der von Dr. De. genannten Diskrepanzen zwischen der im Gutachten von Dr. Fr. ausführlich dargestellten differenzierten Alltagsgestaltung und der quantitativen Leistungsminderung des Klägers schließe er sich an. Auch die von Dr. D. im Rahmen dessen Gutachten genannte Diagnose der mittelschweren depressiven Verstimmung sei mit den von diesem erhobenen Befunden nur teilweise in Einklang zu bringen. Es fehle jegliche strukturierte Beschwerdeerfassung mittels psychometrischer Verfahren oder strukturierter Fremdbeurteilung; ebenso wenig finde sich eine differenzierte Erörterung der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen. Auch liefere der Sachverständige keine Erläuterung für die Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) entschieden hat, ist zulässig; insbesondere ist sie auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
II.
Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheids vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Soweit der Kläger ursprünglich auch die Gewährung einer Rente für Zeiten vom 1. März 2009 bis 31. August 2010 und ab 1. September 2013 beantragt hatte, ist das erstinstanzliche Urteil, mit dem die Klage im Übrigen abgewiesen wurde, rechtskräftig geworden, weil der Kläger das Urteil nicht mit der Berufung angegriffen hat.
1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung vom 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl. I, 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
a) Nach diesen Maßstäben war der Kläger in der streitgegenständlichen Zeit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Widerspruchsverfahren sowie der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger in der Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies den bereits im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie dem im LSG-Verfahren von Dr. Sc. erstatteten Gutachten vom 12. Dezember 2013.
Der Schwerpunkt der Leiden des Klägers lag vorrangig auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Der Kläger leidet an einem Cervical-Syndrom bei angeborener Fusion C 6/7, einer Dorsalgie ohne radikuläre Ausfälle sowie einem Lendenwirbelsäulensyndrom bei NPP L 5/S 1 ohne radikuläre Ausfälle/Spondylosis deformans L 4/S 1. Zusätzlich leidet er an Spannungskopfschmerzen, Schwerhörigkeit, einem Tinnitus sowie einer rezidivierenden depressiven Störung (zuletzt leichtgradig depressive Episode) und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Dies entnimmt der Senat dem fachorthopädischem Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie dem nervenfachärztlichen Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013.
b) Aus den beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Ansicht des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das fachorthopädische Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 sowie das nervenfachärztliche Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013.
Aufgrund der beim Kläger vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet lag eine Minderung der Stressbelastbarkeit vor. Berufliche Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung einhergehen, etwa durch erhöhten Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit) oder durch physiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeit) kamen für den Kläger nicht mehr in Frage. Auch Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte oder Tätigkeiten, die eine andauernd hohe Beanspruchung der Aufmerksamkeit verlangen (etwa Kontrolltätigkeiten an gefährlichen laufenden Maschinen mit der Notwendigkeit unmittelbaren Eingreifens) sollten ausgeschlossen werden. Dies galt auch für solche Beschäftigungen, die ein flexibles team- und kundenorientiertes Vorgehen verlangten. In der Folge waren Tätigkeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr zu vermeiden. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung war die Schmerzempfindlichkeit des Klägers erhöht. Vor dem Hintergrund dieser Störung und den vorliegenden orthopädischen Leiden kamen Tätigkeiten nicht in Frage, die anhaltend schwere oder mittelschwere Belastungen bedingten. Grundsätzlich möglich waren jedoch körperlich leichte Tätigkeiten, die mit dem regelmäßigen Tragen, Heben und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel bis etwa fünf kg einhergingen und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (bis maximal zehn kg). Ebenfalls auszuschließen waren ausschließlich gebückte Tätigkeiten sowie ausschließliche Beschäftigungen über Kopf.
c) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führten im im Berufungsverfahren streitigen Zeitraum jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß; vielmehr war der Kläger in der Lage, zumindest leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das fachorthopädische Gutachten des Dr. R. vom 27. Juli 2009 und das nervenfachärztliche Gutachten des Dr. Sc. vom 12. Dezember 2013. Ferner wird die Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens durch den Orthopäden Dr. H. in dessen Auskunft vom 11. März 2010 bestätigt. Diese Leistungsbeurteilungen sind für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Die beim Kläger bestehende Schwerhörigkeit und der Tinnitus sind grundsätzlich einer Versorgung durch Hilfsmittel bzw. einer medikamentösen Behandlung zugänglich, so dass sich deren Folgen nicht auf die quantitative Leistungsfähigkeit auswirken konnten. Dies ergibt sich auch aus der schriftlichen Zeugenauskunft des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. Hau. vom 15. März 2010. Dort hatte sich der Kläger lediglich einmalig wegen seit sieben Jahren bestehender Ohrgeräusche und einer Hörminderung vorgestellt.
Soweit die Sachverständigen Dr. D. und Dr. Fr. in ihren Gutachten ein drei- bis unter sechsstündiges bzw. unter dreistündiges Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen haben, so legen sie hierfür keine nachvollziehbare Begründung vor.
Die von Dr. D. neben der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung diagnostizierte mittelschwere depressive Verstimmung ist mit den vom ihm erhobenen Befunden nicht in Einklang zu bringen. So legt Dr. D. im Rahmen des psychischen Befundes seines Gutachtens dar, dass das Antriebsverhalten des Klägers verändert sei, eine Antriebshemmung "ist zu erfragen". Hieraus geht nicht hervor, ob der Antrieb des Klägers nun objektivierbar reduziert war oder nicht. Eine entsprechende Beschwerdeerfassung mittels psychometrischer Verfahren oder strukturierter Fremdbeurteilung ist dem Gutachten ebenso wenig zu entnehmen wie eine differenzierte Erörterung der Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und der geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen. Auch aus der von ihm im Rahmen des Gutachtens abgegebenen Wertung war eine eingeschränkte Aufmerksamkeit des Klägers ebenso wenig zu entnehmen, wie entsprechende Auffassungsstörungen. Der formale Gedankengang des Klägers war unauffällig, nicht verlangsamt oder beschleunigt. Während der gesamten Untersuchung blieb seine Konzentrationsfähigkeit erhalten, die behaupteten kognitiven Defizite wurden aus der geschilderten Untersuchungssituation nicht deutlich. Die entsprechende quantitative Leistungsminderung wird lediglich behauptet, nicht jedoch begründet.
Auch der von Dr. Fr. in dessen Gutachten vom 17. September 2012 abgegebenen Leistungseinschätzung vermochte sich der Senat nicht anzuschließen. Dieser führte aus, der Kläger leide an einem chronischen Spannungskopfschmerz, einer Dysthymia und einer chronischem Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Bei Letzterer handelt es sich um keine ausschließlich seelisch bedingte Schmerzstörung, andererseits auch nicht um eine bloße Krankheitsvorstellung. Diese geringfügig andere Leistungseinschätzung als diejenige des Dr. Sc. beruht nach dessen nachvollziehbarer Darlegung auf einer unterschiedlichen Codierung der chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10-Codierung: F 45.41) und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10-Codierung: F 45.4). In diagnostischer Hinsicht besteht damit weitgehend Übereinstimmung zwischen den Einschätzungen des Dr. Fr. sowie derjenigen des Dr. Sc ... Bei Dr. Sc. wurde sogar noch eine geringgradig stärkere Depressivität angenommen als bei Dr. Fr ... Allerdings fand eine Bewertung der bei Dr. Fr. ebenfalls aufgetreten aggravatorischen Tendenzen im Rahmen der vom ihm abgegebenen Leistungsbeurteilung (der Annahme einer quantitativen Leistungsminderung von unter drei Stunden täglich) keinen Ausschlag. Im gesamten Gutachten fand keine kritische Auseinandersetzung mit der Frage möglicher negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen statt. So schilderte Dr. Fr., dass der Kläger auf dem ebenerdig zurückzulegenden kurzen Weg "munter voran" ging, ohne dabei eine Gangstörung aufzuweisen oder über Schwindel zu klagen, was im Rahmen der Untersuchung später behauptet wurde. Auch nach Aufforderung, sich weitgehend zu entkleiden, habe der Kläger keine Mühe gehabt und sich schließlich ohne fremde Hilfe auf die Untersuchungsliege begeben, die er später ebenso habe wieder verlassen können. Beobachtet habe Dr. Fr. auch, dass der Kläger im Zuge seiner 2 ¼ Stunden dauernden Untersuchung eine gleichbleibende Attenz und Aufmerksamkeitshaltung an den Tag gelegt habe, keine objektiven Erschöpfungszeichen geboten habe, auch wenn er anlässlich seiner Entlassung versichert habe, nun "schon müde" zu sein. Für die von ihm abgegebene quantitative Minderung des Leistungsvermögens lieferte der Sachverständige keine explizite Begründung. Die massive quantitative Leistungsminderung ist mit den im Gutachten dokumentierten Befunden nicht in Einklang zu bringen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausführungen des Dr. Fr. zu den sozialen Kontakten des Klägers. Der Kläger führte aus, seinen in Reutlingen lebenden Cousin gelegentlich zu treffen. Er sitze zum Kaffeetrinken immer wieder "mit einem Kumpel im Städtchen" zusammen. Explizit führt Dr. Fr. hierzu aus: "jedenfalls wird alles in allem kein sozialer Rückzug deutlich ...". Im Gespräch mit anderen Personen, gerade auch mit dem vorgenannten Kumpel "halte er sich keineswegs zurück ...". Auch ergibt sich, wie bereits von Dr. De. ausgeführt, nicht, dass sich das Genussleben des Klägers durch seine Schmerzen beeinträchtigt. So vermerkt Dr. Fr. beispielsweise in seinem Gutachten: " ... zu Beginn der zunächst freien und dann auf operationalen, also Checklisten-geleiteten Befragung und Exploration hat der Unterzeichner im Sinne einer kurzen Zwischenbilanz am Rand notiert, bislang einen affektiv aufgelockerten und auch resonanten mitunter spontan lachenden - dabei einige Male offensichtlich aus Verlegenheit - und in seinem Antriebsverhalten nicht gestörten Probanden vorgefunden zu haben.".
Im Hinblick auf die von Dr. Sc. im Rahmen seiner Untersuchungssituation festgestellten Verdeutlichungstendenzen im Sinne negativer Antwortverzerrungen und instruktionswidriger Anstrengungsminderleistungen, vermochte sich der Senat nicht von einem aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers zu überzeugen. Insoweit hatte Dr. Sc. als Beschwerdevalidierungsverfahren den Word Memory Test (WMT) eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eines der weltweit am besten untersuchten Verfahren zur Anstrengungsbereitschaft in Untersuchungssituationen mit hohen Sensitivitäts- und Spezifitätswerten. In einer PC-gestützten Testversion wird einem Probanden dort eine nur vordergründig schwierige Lernaufgabe (Wortpaare) gestellt. Die Lernleistung wird anschließend in unterschiedlichen Aufgabenstellungen abgerufen. Die Werte in den Untertests zur Messung der Anstrengungsbereitschaft waren massiv auffällig. Die hier gezeigten Leistungen lagen weit unter denen kooperationswilliger dementer Probanden oder von mittelgradig bis schwer hirnverletzten Probanden. In den einfachen Tests zur Messung der verbalen Gedächtnisleistung erzielte der Kläger erneut extrem niedrige Werte. Insgesamt wiesen die Testergebnisse auf eine instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung hin. Im Ergebnis ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. Sc. in dessen Gutachten vom 12. Dezember 2013 davon auszugehen, dass die in den Prüfungen des verbalen Gedächtnisses gezeigten Leistungen nicht den tatsächlichen Fähigkeiten des Probanden entsprachen.
d) Ob dem Kläger in der Zeit vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 ein Arbeitsplatz vermittelt werden konnte oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage war, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein konnte, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 13 R 78/09 R -; in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste dem Kläger nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies war im streitigen Zeitraum nicht der Fall. Bei dem Kläger lagen zwar mehrere qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese waren jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren sollte etwa jegliche Belastung durch Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten von vornherein vermieden oder zumindest stark eingeschränkt sein. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lag nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrte. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 B 5 R 68/11 R -, in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen war bei dem Kläger auch nur ansatzweise vorhanden.
2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger war im Zeitraum vom 1. September 2010 bis 31. August 2013 nicht berufsunfähig.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).
Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger zuletzt als Bauhelfer zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, konnte er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 ; in juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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