L 4 R 2782/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 5195/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2782/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 bei der Beigeladenen zu 1) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig beschäftigt war.

Gegenstand des Unternehmens der 2004 gegründeten Beigeladenen zu 1) ist die Produktion und der Vertrieb medizintechnischer Geräte zur Behandlung und Diagnose in der Energiemedizin, der Vertrieb von Therapeutischen Praxiseinrichtungen und der Vertrieb von Ernährungsergänzungsprodukten (Gesellschafterbeschlüsse vom 28. Dezember 2005 und 24. Juli 2006). Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) war bis 2007 die Firma M. Limited (im Folgenden M Ltd) in Australien und ab 2008 die Fitnessstudiokette A. Wellness Ltd in Australien (im Folgenden A Ltd), die die Firma M Ltd übernommen hatte. Das Stammkapital der Beigeladenen zu 1) in Höhe von EUR 25.000,00 übernahmen jeweils die Gesellschafter (Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2004). Mit Gesellschafterbeschluss vom 19. Februar 2009 teilte die A Ltd ihren Geschäftsanteil in zwei Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils EUR 10.000,00 und einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von EUR 5.000,00. Sie verkaufte und übertrug die Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils EUR 10.000,00 zum Einen an die Firma M. International PTY Ltd. in Australien, vertreten durch J. P. (im Folgenden P.), und zum Anderen an den Kläger sowie den Geschäftsanteil im Nennbetrag von EUR 5.000,00 an P. (Geschäftsanteilsabtretung und Handelsregisteranmeldung vom 19. Februar 2009).

Nach § 5 des Gesellschaftsvertrags vom 30. Juni 2004 hat die Beigeladene zu 1) einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft alleine. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft von zwei Geschäftsführern gemeinschaftlich oder einen Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem Prokuristen vertreten. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann einem oder mehreren Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis erteilt werden und sie können von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit werden. Die Geschäftsführer sind an diejenigen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis gebunden, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus einer von der Gesellschafterversammlung erlassenen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ergeben. Die Geschäftsführer unterliegen einem Wettbewerbsverbot. Gesellschafterbeschlüsse werden nach § 7 des Gesellschaftsvertrags mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz und dieser Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmen. Je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Beschlüsse, die die Änderung des Gesellschaftsvertrags oder die Auflösung der Gesellschaft zum Gegenstand haben, bedürfen der Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen. Jede Verfügung über Geschäftsanteile oder Teile von solchen oder deren Verpfändung ist nur mit Zustimmung der Gesellschafter aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung zulässig (§ 8 des Gesellschaftsvertrags). Der Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) und, soweit gesetzlich erforderlich, der Lagebericht ist von der Geschäftsführung innerhalb der gesetzlichen Frist für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Der aufgestellte Jahresabschluss sowie der gegebenenfalls zu erstellende Lagebericht sind den Gesellschaftern unverzüglich zur Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen. Über die Ergebnisverwendung beschließt jeweils die Gesellschafterversammlung (§ 13 des Gesellschaftsvertrags). Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) waren zunächst die in Österreich wohnhafte Manuela Fiala (im Folgenden F.) und der in Österreich gemeldete, nach Angaben des Klägers jedoch in Australien ansässige P., der nach Angaben des Klägers Heilpraktiker ist. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. Dezember 2005 wurde der Kläger ab 1. Januar 2006 zum weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Gleichzeitig wurde er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Seit 19. Februar 2009 ist F. nicht mehr Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1).

Der 1971 geborene Kläger gründete im Juli 1991 ein Einzelunternehmen, das er im Jahr 2001 in L-Tec Consulting änderte. Unter dieser Firma stattete er nach seinen Angaben Diskotheken aus und betrieb auch selbst Diskotheken. Nach der Bundeswehr war er als LKW-Fahrer beschäftigt und studierte von März 1996 bis September 1997 im dualen Studium Elektrotechnik, Er war nach seinen Angaben für die Firma Me., die medizinische Geräte entwickelt, produziert und vertreibt, von Mai 1996 bis Dezember 1999 als "freier Mitarbeiter", danach bis März 2001 als Angestellter tätig. Im Jahr 2001 gründete der Kläger nach seinen Angaben zur Produktion und zum Vertrieb medizinischer Geräte mit P. die S. Holding (im Folgenden S Holding). Im Jahr 2003 wurde die Firma L. Holding (im Folgenden L Holding), die den Vertrieb der Geräte übernahm, gegründet. Die S Holding und L Holding waren unselbstständige Zweigniederlassungen der M. International. Die L Holding, die zuletzt von F. geführt wurde, ging im Jahr 2004 in der Beigeladenen zu 1) auf. Die deutsche Niederlassung der S Holding verkaufte und übertrug mit Wirkung zum 2. Januar 2006 sämtliche in der Bilanz zum 31. Dezember 2005/1. Januar 2006 enthaltenen Wirtschaftsgüter an die Beigeladene zu 1) zu einem Kaufpreis von EUR 120.000,00. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) erhielt er beim Übergang der S Holding auf die Beigeladene zu 1) vom vereinbarten Kaufpreis in Höhe von EUR 300.000,00 nur EUR 80.000,00, der Restbetrag verblieb als Verbindlichkeit der Beigeladenen zu 1). Am 2. Januar 2006 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) auf. Ein Anstellungs- oder Geschäftsführervertrag zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) wurde nicht abgeschlossen. Der Kläger gab im Feststellungsbogen vom 4. Dezember 2008 an, er verfüge als einziger Geschäftsführer über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Geschäftsführerin F. sei ausschließlich für den Vertrieb im Raum Österreich zuständig gewesen, P. als Geschäftsführer schon lange nicht mehr aktiv, er werde für den Fall seiner, des Klägers, Erkrankung als Springer eingesetzt. Die Arbeitszeit richte sich nach Arbeitsanfall und Notwendigkeit, wobei die 40-Stundenwoche überschritten werde. Einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) unterliege er weder mit Blick auf Zeit, Ort noch Art der Beschäftigung. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und könne selbstständig das gesamte Personal einstellen und/oder entlassen. Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Die Frage, ob die Abberufung/Kündigung zu jeder Zeit bzw. nur aus wichtigem Grund möglich sei, verneinte er, eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Im Falle seiner Arbeitsunfähigkeit werde seine Vergütung nicht weitergezahlt, bei Arbeitsunfähigkeit stehe der Betrieb still. Er erhalte eine kalenderjährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von EUR 75.000,00 mit Anpassungsklausel von derzeit 5 v.H. Steigerungsrate pro Jahr. Im Jahr 2007 habe er EUR 78.750,00 und im Jahr 2008 EUR 82.687,00 erhalten, die Verbuchung der Vergütung erfolge als Betriebsausgabe. Zusätzlich erhalte er auch noch eine Prämie. Für die Beigeladene zu 1) habe er eine Bürgschaft in Höhe von EUR 30.000,00 übernommen. Der Kläger rechnete mit der Beigeladenen zu 1) über die Firma L-Tec Consulting für die Jahre 2006 und 2007 monatlich jeweils zum Ende des Monats eine "Vergütung laut Vertrag", "Honorar laut Vertrag" oder "Honorar gemäß Vereinbarung" in Höhe von EUR 6.250,00 und darüber hinaus Reisekosten und Spesen sowie im August 2006 Beträge für "Tuev RE, Google RE und Telefon Vodafone" in Höhe von insgesamt EUR 415,81, unter dem 28. Dezember 2006 "Prämie 2006" in Höhe von EUR 8.433,60 und im Februar 2007 einen Betrag "Reinigung D. Nottebaum" ab. Unter dem 31. März 2006 stellte der Kläger der Beigeladenen zu 1) außerdem "Tantieme 2005" in Höhe von EUR 18.166,25 in Rechnung. Der Kläger versteuerte seine Einnahmen ausweislich der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung wurden nicht abgeführt. Mit Vollmacht ohne Datum bevollmächtigten die Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) den Kläger, die Änderungen gemäß dem Gesellschafterbeschluss vom 28. Dezember 2005 (Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer und Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen zu 1)) vor dem Notariat durchführen zu lassen. Am 24. Juli 2006 ließ der Kläger den Gesellschafterbeschluss bezüglich der Änderung des Gesellschaftsvertrags notariell beurkunden.

Am 11. Dezember 2008 schlossen der Kläger als Treuhänder und die A Ltd als Treugeber unter Zustimmung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 14. November 2008 (beigefügt war dem der Beklagten eingereichten Vertrag ein entsprechender Beschluss vom 11. Dezember 2008) einen Treuhandvertrag. Nach Nr. 1 des Treuhandvertrags umfasst die Tätigkeit des Treuhänders die Geschäftsleitung mit allen Befugnissen ohne Weisungsgebundenheit für die Bereiche Produktkonzeption und Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb, Qualitätsmanagementbeauftragter, Sicherheitsbeauftragter gemäß § 31 Gesetz über Medizinprodukte (MPG), Personalwesen und Budgetplanung. Zum Treuhänder ernannte der Treugeber nach Nr. 2 des Treuhandvertrags den Kläger. Nach Nr. 3 des Treuhandvertrags besteht zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber Einvernehmen darüber, dass der Geschäftsanteil hinsichtlich aller Nutzungen dem Treugeber als wirtschaftlichem Inhaber zuzurechnen ist. Der Treugeber überträgt nach Nr. 4 des Treuhandvertrags dem Treuhänder 50 v.H. seiner ihm aus seiner Beteiligung zustehenden Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Der Treugeber erteilt dem Treuhänder widerruflich Vollmacht zur Ausübung der ihm übertragenen Stimmrechte aus dem Geschäftsanteil. Alle künftigen Gewinnansprüche sowie alle etwaigen Ansprüche auf Liquidationserlös, Abfindung, Rückzahlung von Stammeinlagen im Fall einer Kapitalherabsetzung, Rückzahlung von Nachschüssen, Einziehungsentgelten, Verkaufserlös bei Ausübung des Abtretungsrechts und dergleichen aus dem Geschäftsanteil im Wege einer stillen Vorausabtretung verbleiben beim Treugeber. Der Treuhänder wie auch der Treugeber sind nach Nr. 5 des Treuhandvertrags berechtigt, dieses Treuhandverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist schriftlich gegenüber dem Vertragspartner zu kündigen. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes - insbesondere Tod des Treugebers - kann das Treuhandverhältnis fristlos, jedoch nicht zur Unzeit gekündigt werden. Nach Nr. 6 des Treuhandvertrags fixiert der schriftliche Treuhandvertrag die bereits seit 2. Januar 2006 mündlich vereinbarten Regelungen zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder. Die in dem Vertrag dargestellten Sachverhalte entsprechen den bisher durchgeführten mündlichen Absprachen und stellen diese rückwirkend fest. Speziell wird darauf hingewiesen, dass ohne die Zustimmung des Treuhänders in der Vergangenheit keine Gesellschafterbeschlüsse gefasst wurden, die nicht von ihm mitgetragen wurden. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG war für die Übertragung der Anteile ein Kaufpreis von EUR 100.000,00 vereinbart sowie weiter, dass die Zahlung dieses Kaufpreises durch Verrechnung mit den alten Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ihm gegenüber verrechnet werden sollte und er auf den Restbetrag verzichte.

In der Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 21. August 2009 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2006 bis 1. Januar 2008 durch. Auf deren Anfrage teilte der Kläger im Laufe der Betriebsprüfung der Beklagten mit, der Treuhandvertrag sei aufgrund der räumlichen Distanz nicht notariell beurkundet worden, sowie die Steuerberatungsgesellschaft der Beigeladenen zu 1), die Übernahme von Anteilen an der Beigeladenen zu 1) habe sich so lange verzögert, da die Kaufpreisforderungen des Klägers aus früheren Anteilsverkäufen an die Muttergesellschaft bisher nicht beglichen gewesen seien. Die Anteilsübernahme sei bereits mit Bestellung zum Geschäftsführer besprochen und in die Planung genommen worden.

Nach erfolgter Anhörung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 2009 gegenüber der Beigeladenen zu 1) eine Nachforderung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung des Klägers zuzüglich Umlagen U 1 und U 2 in Höhe von insgesamt EUR 52.611,76 für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 fest, weil der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) in diesem Zeitraum versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Der Kläger habe bis zum Kauf der Anteile von 40 v.H. am 19. Februar 2009 grundsätzlich keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) gehabt. Der schriftlich nach Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens für rückwirkende Zeiträume fixierte Treuhandvertrag mit einer Stimmabtretung von 50 v.H. könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Darüber hinaus fehle es an einer erforderlichen notariellen Beurkundung des Treuhandvertrags. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 habe daher Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden. In der Kranken- und Pflegeversicherung habe Versicherungsfreiheit wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze bestanden. Der Berechnung der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Umlagen U 1 und U 2 legte die Beklagte ein jährliches Arbeitsentgelt von EUR 63.000,00 zugrunde.

Mit ihrem Widerspruch vom 23. Dezember 2009 machte die Beigeladene zu 1) geltend, dass eine abhängige Beschäftigung beim Kläger von vornherein ausgeschlossen sei. Der Kläger koordiniere seit der Bestellung zum Geschäftsführer sämtliche Abläufe im Unternehmen von der Planung, Beschaffung, Entwicklung, Administration über die Produktion und den Vertrieb bis zu den Finanzen, Qualitätsmanagement und Technik und sei Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte. Er sei kein typischer Fremdgeschäftsführer. Er sei Gesellschafter der S Holding Pty. Ltd gewesen. Erst deren Erwerb habe den Unternehmensgegenstand der Beigeladenen zu 1) ergeben. Er habe die gesamte Betriebsausstattung und das maßgebliche Knowhow innegehabt und sei von zentraler Bedeutung für die Beigeladene zu 1). Hätte er - aus welchem Grund auch immer - seine Tätigkeit nicht ausüben können, hätte der Betrieb stillgestanden. Tatsächlich habe er auch über die Rechtsmacht verfügt, Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1) herbeizuführen. Von dieser Rechtsmacht habe er auch Gebrauch gemacht und maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft genommen. Die Rechtsmacht dokumentiere sich in der sich aus dem Treuhandvertrag vom 11. Dezember 2008 ergebenden Stimmbindungsvereinbarung. Diese bedürfe keiner notariellen Beurkundung, da die Abtretung von Gesellschaftsanteilen oder ein dahingehender Treuhandvertrag gerade nicht Gegenstand der Vereinbarung sei, auch wenn aufgrund der gewählten Bezeichnungen zunächst ein derartiger Eindruck entstehen könne. Es bestehe deshalb nicht die Gefahr des freien Handels mit GmbH-Anteilen, dem das Formerfordernis des § 15 Abs. 4 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) entgegenwirken solle. Es handele sich auch nicht um ein Rechtsgeschäft, das "zwangsläufig - zumindest befristet oder bedingt - die Verpflichtung zur Geschäftsanteilsübertragung begründet." Rechtserheblicher Inhalt der Vereinbarung sei, dass die Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1), die A Ltd, keine Beschlüsse ohne Zustimmung des Klägers fassen werde und die Ausübung ihrer Stimmrechte an die Entscheidungen des Klägers binde. Dies sei seit Beginn der Zusammenarbeit vereinbart und nun in Form einer Urkunde dokumentiert. Ein Beschluss unter Missachtung der Stimmbindungsvereinbarung wäre wegen Treupflichtverletzung angreifbar. Stimmbindungsverträge, die nicht den Gesellschaftsvertrag änderten, seien formlos zulässig und auch gegenüber Nichtgesellschaftern anerkannt, insbesondere wenn es sich bei dem Berechtigten um einen späteren Erwerber von Gesellschaftsanteilen handele. Die A Ltd übe ihre Stimmrechte nur einheitlich mit dem Kläger aus, um damit die gemeinsame Führung des Unternehmens sicherzustellen und seiner Stellung im Unternehmen und seiner Bedeutung Rechnung zu tragen. Im Übrigen habe der Kläger Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und abgeführt, Lohnsteuer sei nicht angefallen. Die Rechnungsnummern seien nicht fortlaufend. Eine arbeitnehmervergleichbare Situation eines Auftraggebers sei nicht gegeben. Gleiches gelte für die übernommene Bürgschaft.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2010 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) gehe bei Fremdgeschäftsführern grundsätzlich von einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis aus (vgl. Urteile vom 22. August 1973 12 RK 24/72 - und 24. Juni 1982 - 12 RK 45/80 -, in juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG liege bei mitarbeitenden Gesellschaftern ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH nur dann vor, wenn der Gesellschafter funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhabe, für seine Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalte und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft seines Anteils am Stammkapital geltend machen könne. Schon mit Begründung des Treuhandverhältnisses, aufgrund dessen eine Person für einen Treugeber einen Geschäftsanteil erwirbt, werde - aufschiebend bedingt - die Verpflichtung zur Anteilsübertragung begründet, weil der Treuhänder diese Beteiligung aus dem Treuhandverhältnis erlangt habe und bei dessen Beendigung kraft Gesetzes (§ 667 BGB) zur Herausgabe verpflichtet sei. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe bereits entschieden, dass sich das Beurkundungserfordernis des § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nach seinem Sinn und Zweck auch auf solche Rechtsgeschäfte einschließlich aller Nebenabreden erstrecke (BGH, Urteile vom 27. Juni 2001 - VIII ZR 329/99 - und 19. April 1999 - II ZR 365/97 -, jeweils in juris). Dem Vortrag der Beigeladenen zu 1), dass der Kläger bereits seit Januar 2006 aufgrund der 50%-Stimmrechte sämtliche Abläufe im Unternehmen eigenverantwortlich und selbstbestimmend koordiniert habe, könne nicht gefolgt werden. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen habe der Kläger bei verschiedenen Gelegenheiten (z.B. Änderung des Unternehmensgegenstandes) eindeutig nicht mit eigenen Stimmrechten, sondern ausschließlich als Bevollmächtigter der Gesellschafter agiert. Über eine eigene Rechtsmacht - vergleichbar etwa mit einem Mitgesellschafter - habe er nicht verfügt. Der Argumentation, der vorgelegte Treuhandvertrag vom 11. Dezember 2008 sei tatsächlich eine Stimmrechtsvereinbarung, die keiner notariellen Form bedürfe und daher wirksam sei, könne nicht gefolgt werden. Zum einen sei der Treuhandvertrag der Form und dem Inhalt nach eindeutig eine Treuhandvereinbarung. Zum anderen hätte selbst die Annahme, dass es sich um eine Stimmrechtsvereinbarung handele, keine entscheidende Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung. Die Vereinbarung sei jederzeit widerruflich und somit sei keine auf Dauer angelegte Rechtsmacht übertragen worden. Darüber hinaus verblieben die wirtschaftlichen Vorteile und Risiken in jedem Fall bei den Gesellschaftern. Bis zur Übernahme der Geschäftsanteile am 19. Februar 2009 habe der Kläger somit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft gehabt und habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. Dezember 2010 Klage zum SG. Er beantragte die Feststellung, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 18. Februar 2009 nicht der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund einer abhängigen Beschäftigung unterlegen habe. Er sei alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Im streitgegenständlichen Zeitraum sei er daneben auch zur Ausübung der Gesellschaftsrechte bevollmächtigt gewesen. Dies habe in einer Vereinbarung vom 11. Dezember 2008, die als Treuhandvereinbarung bezeichnet worden sei und eine bereits seit dem 2. Januar 2006 bestehende Regelung dokumentiert habe, gemündet, in der die damalige alleinige Gesellschafterin ihm als Geschäftsführer ohne Weisungsgebundenheit die Stimmrechte in Höhe von 50 v.H. übertragen habe. Die Beteiligten hätten mithin nichts anderes dokumentiert, dass ohne ihn keine Beschlüsse hätten gefasst werden sollten. Hintergrund hierfür sei, dass er von zentraler Bedeutung für das Unternehmen gewesen sei und immer noch sei. Er habe das maßgebliche Knowhow und die Betriebsmittel eingebracht. Die Vereinbarung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung sei kein Treuhandvertrag, sondern eine Stimmrechtsvereinbarung. Eine "dauerhafte" Rechtsmachtübertragung könne nicht gefordert werden. Damit werde der Boden der Bewertung von Tatsachen zugunsten möglicher Alternativgeschehen, namentlich der Beendigung der Vereinbarung, verlassen. Eine solche stelle eine Veränderung des Sachverhalts dar, die eine Neubeurteilung im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nach sich ziehe. Der Einwand der Beklagten, er habe bei Gesellschafterbeschlüssen lediglich als Bevollmächtigter der Gesellschafter gehandelt, sei nicht geeignet, eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Ein Vertreter gebe eine eigene Willenserklärung ab. An Weisungen sei ein Vertreter nicht gebunden. Er habe lediglich in der Lage sein sollen, maßgeblichen Einfluss zu nehmen. Anteilsinhaber, der lediglich intern dem Treugeber verpflichtet sei, hätte er nicht sein sollen. Auch die typische Weisungsbindung des Treunehmers finde sich nicht. F. habe den Endkundenvertrieb gemacht, P., der einmal jährlich aus Australien nach Deutschland gekommen sei, habe als Heilpraktiker medizinische Überlegungen eingebracht für Produkte, die die Beigeladene zu 1) für die M Ltd oder A Ltd produziert habe. Zudem habe er nur Kontakt gehabt, um die Erfolge zu publizieren. Er selbst habe mit dem Vertrieb nicht so viel zu tun haben wollen. Es sei ihm ein Firmenwagen zugesagt worden, den er allerdings nicht in Anspruch genommen habe. Für Fall der Krankheit seien keine Abreden erfolgt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie wiederholte ihre Ausführungen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des - wie der Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 - am Stammkapital einer GmbH nicht beteiligten Geschäftsführers (Fremdgeschäftsführer) nach der Rechtsprechung des BSG. Indem sich der Kläger ausschließlich auf den Treuhandvertrag berufe, genüge er der ihm obliegenden Darlegungslast zur Widerlegung des Anscheinsbeweis der abhängigen Beschäftigung eines Fremdgeschäftsführers nicht. Eine rückwirkende Änderung sei bereits gesellschaftsrechtlich ausgeschlossen, da dem Vertrag ein Beschluss der Gesellschafterversammlung vorausgehen müsse. Der frühestmögliche Zeitpunkt für eine Neubeurteilung wäre damit die Beschlussfassung vom 14. November 2008. Im Übrigen fehle es weiterhin an einem Unternehmerrisiko oder der Übernahme von Haftungsrisiken durch den Kläger. Zudem sei der Treuhandvertrag ohne Angabe von Gründen nach seinem § 5 von beiden Seiten kündbar.

Die mit Beschluss des SG vom 5. Oktober 2011 Beigeladenen äußerten sich nicht und stellten keine Anträge.

Mit Urteil vom 24. Mai 2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, der Kläger sei als Drittbetroffener des gegenüber der Beigeladenen zu 1) ergangenen Bescheids klagebefugt. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Der Kläger sei in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) gestanden. Trotz des umfassenden Aufgabengebiets des Klägers und der freien Gestaltung seiner Tätigkeit und der Abrede über die Stimmrechtsausübung würden qualitativ die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, überwiegen. Es sei ein Jahresgehalt vereinbart worden. Wer nur ein festes Gehalt beziehe, habe keinen Anteil am unternehmerischen Erfolg und sei nicht als Selbstständiger anzusehen. Der Kläger habe einen Firmenwagen bekommen sollen, den er nicht in Anspruch genommen habe. Er habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Bis zur Anteilsübertragung am 18. Februar 2009 habe er keine Anteile an der Beigeladenen zu 1) gehabt. Die freie Gestaltung seiner Tätigkeit entspreche der typischerweise bei leitenden Angestellten vorliegenden funktionsgerecht dienenden Teilhabe. Die Tatsache, dass die in Australien ansässige Anteilseignerin M Ltd nur turnusmäßig über neue Kunden und neue Produkte informiert worden sei, aber nicht aktiv ins operative Geschäft eingegriffen habe, stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei, dass sie hierzu jederzeit die Rechtsmacht gehabt hätte, etwa wenn die Geschäfte nicht zu ihrer Zufriedenheit gelaufen wären. P. als Teilhaber der M Ltd bzw. A Ltd sei immerhin jährlich aus Australien nach Deutschland gekommen und habe nach dem Rechten gesehen. Der Treuhandvertrag über die Abtretung von Stimmrechten von GmbH-Anteilen vom 14.November 2008 ändere nichts hieran. Die Vollmacht zur Ausübung der übertragenen Stimmrechte aus dem Geschäftsanteil sei widerruflich erteilt worden und die Vereinbarung habe ein Kündigungsrecht vorgesehen. Damit habe sich die Anteilseignerin nicht ihrer Rechtsmacht begeben und der Kläger habe keine gesicherte, von ihrem Willen unabhängige Rechtsposition erhalten. Die ausstehende Kaufpreisforderung für die vom Kläger veräußerten Anteile an der S Holding begründeten kein unternehmerisches Risiko. Soweit eine Forderung bestanden habe, hätte der Kläger diese geltend machen können. Der Verzicht auf die Geltendmachung beeinflusse nicht seine Position in der Beigeladenen zu 1). Das Vorbringen des Klägers, er sei der einzige mit Branchenkenntnissen, führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Zum einen könne auch ein angestellter Geschäftsführer den technischen Bereich betreuen, zum anderen habe der Kläger eingeräumt, dass P. als ausgebildeter Heilpraktiker Einfluss auf die Gestaltung von Geräten genommen habe.

Am 29. Juni 2012 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 6. Juni 2012 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Über sein bisheriges Vorbringen hinaus hat er vorgetragen, dass die ungenau als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung einen doppelten Regelungsgehalt habe. Zum einen die Stimmrechtsübertragung, wonach sich die Alleingesellschafterin in der Ausübung der ihr zustehenden Stimmrechte an seine (des Klägers) Person gebunden habe, sodass nur gemeinsame, insoweit einstimmige Beschlüsse hätten gefasst werden können und tatsächlich auch gefasst worden seien, und daneben die ihm eingeräumte Vollmacht, das Stimmrecht in Höhe von 50 v.H. der Gesellschaftsanteile selbst auszuüben. Nur das Recht zur eigenständigen Ausübung der Stimmrechte sei einseitig widerruflich gewesen. Im Übrigen habe die Vereinbarung und die Stimmrechtsvollmacht im streitgegenständlichen Zeitraum ungekündigt und unwiderrufen bestanden. Er habe die Rechtsmacht, maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben, gehabt. Auf hypothetische Kausalverläufe dürfe nicht abgestellt werden. Das Sozialgericht Hamburg (S 9 R 167/11) habe ausgeführt, dass eine nicht gekündigte Stimmbindungsvereinbarung eine so starke Rechtsmacht vermittele, dass von einer selbstständigen Beschäftigung auszugehen sei. Damit liege das Sozialgericht Hamburg auf einer Linie mit dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 7. Mai 2012 - L 1 KR 338/10 -), wonach ab der Vereinbarung einer Stimmrechtsbindung von einer solchen Rechtsmacht ausgegangen werden könne, dass der Gesellschafter Beschlüsse gegen sich verhindern könne. Gleichermaßen geurteilt hätten das Sozialgericht München (S 56 R 3077/08) und Sozialgericht Leipzig (S 8 KR 331/10). Damit machten sich die Gerichte die herrschende Meinung in der Literatur sowie der Auffassung des BGH zur Möglichkeit, Wirksamkeit und Reichweite von Stimmbindungsvereinbarungen zu eigen. In einem vorgegebenen Rahmen sei er nicht tätig geworden, er habe diesen selbst bestimmt. Eine schriftliche Vereinbarung über seine Tätigkeit habe es nicht gegeben. Es sei mündlich vereinbart worden, dass er Geschäftsführer werde, auf Papier seien handschriftlich lediglich die Punkte zur Vergütung und Firmenwagen aufgelistet worden. Auch sei bei diesem Treffen der Kaufpreis für seinen Anteil an der S. limited (im Folgenden S Ltd) vereinbart worden. Hierbei sei auch vereinbart worden, dass alle Änderungen an Geräten oder technischen Neuerungen sowie die Ausrichtung der Beigeladenen zu 1) seiner Zustimmung bedurft hätten. Er habe die Geschicke der Beigeladenen zu 1) maßgeblich bestimmt. P. habe nur in dem Maße Einfluss genommen, wie jeder Kunde Einfluss nehme und seine eigenen Vorstellungen einbringe. Dem Urteil des BSG vom 18. Dezember 2001 (B 12 KR 10/01 R, in juris) habe keine Stimmrechtsvereinbarung zugrunde gelegen, sondern dem dortigen Kläger sei eine Vollmacht erteilt worden, die Stimmrechte der Gesellschafterin in der Gesellschafterversammlung auszuüben. Eine solche sei mit der Vereinbarung zur Stimmrechtsausübung nicht vergleichbar. Der Bevollmächtigte dürfe die "ihm übertragenen" Rechte nur nach Weisung des Vollmachtgebers ausüben. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien zwei formale Gesellschafterbeschlüsse gefasst worden und zwar die Beschlüsse vom 28. Dezember 2005 und 24. Juli 2006. Gegen eine beabsichtigte Einstellung eines Beraters zu seiner Unterstützung habe er sein Veto eingelegt, worauf dieser nicht eingestellt worden sei. Im Übrigen sei er schon immer selbstständig gewesen. Er habe auch der Beigeladenen zu 1) Honorarrechnungen über sein Unternehmen gestellt. Ca. 70 v.H. seiner Gesamteinnahmen habe er von der Beigeladenen zu 1) erzielt, die verbleibenden 30 v.H. durch Beratungsdienstleistungen gegenüber anderen Unternehmen. Der Kläger hat die Einkommenssteuerbescheide für 2006 und 2007 sowie einen Bericht des Finanzamts Ettlingen über die Außenprüfung bei ihm aus dem Jahr 2011 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Mai 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2010 aufzuheben und festzustellen, dass er in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 bei der Beigeladenen zu 1) nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig beschäftigt sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die umfassende und zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Urteils und weist ergänzend darauf hin, dass dem Vortrag des Klägers, wonach sich aus der Stimmrechtsvereinbarung bereits für die Zeit ab Januar 2006 ein maßgeblicher Einfluss des Klägers auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) ergäbe, nicht gefolgt werden könne. Zum einen sei die Vereinbarung erst am 11. Dezember 2008 - nach Beginn der Betriebsprüfung - schriftlich abgeschlossen worden. Einer zuvor angeblich mündlich geschlossenen Vereinbarung komme schon deswegen keine rechtliche Bedeutung zu, weil der tatsächlich konkrete Inhalt der Vereinbarung nicht nachvollziehbar sei. Im Übrigen sei nicht belegt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009 jemals an Beschlüssen der Beigeladenen zu 1) beteiligt gewesen wäre und insoweit das Stimmrecht tatsächlich ausgeübt hätte. Zum anderen gebe die Stimmrechtsvereinbarung dem Kläger (aufgrund der Kündigungsmöglichkeit) auch keine gesicherte, von dem Willen der Gesellschafterin unabhängige Rechtsposition. Sie habe nur dem Zweck gedient, die künftigen Rechte des Klägers als Gesellschafter der beigeladenen zu 1) abzusichern. Ferner habe das BSG mit Urteil vom 18. Dezember 2001 (B 12 KR 10/01 R, a.a.O.) im Falle eines (Fremd)Geschäftsführers einer GmbH bestätigt, dass eine Stimmrechtsvereinbarung, die im entschiedenen Fall sogar weitergehend gewesen sei als im Fall des Klägers keine entscheidende Bedeutung beizumessen sei. Dem Kläger obliege die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, da er sich darauf berufe, es liege ein Sonderfall vor und er habe als Fremdgeschäftsführer der Beigeladenen zu 1) aufgrund einer Stimmrechtsvereinbarung maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) ausüben können. Auch bei einer Übertragung von Stimmrechten habe es an einem Unternehmerrisiko des Klägers im Prüfzeitraum gefehlt. Für die Beteiligung an den früheren S Holding limited und L Holding habe der Kläger einen Kaufpreis erhalten und keine Anteile am Gesellschaftsvermögen der Beigeladenen zu 1), sodass die früheren Beteiligungen keine Auswirkungen auf die hier zu beurteilende Tätigkeit hätten. Zwar seien der Beigeladenen zu 1) Rechnungen seitens der vom Kläger betriebenen Firma L-Tec Consulting gestellt worden, jedoch sei der Kläger persönlich zur Geschäftsführung verpflichtet gewesen. Er habe unstreitig eine Position ausgeübt, die der eines Leitenden Angestellten entsprochen und - partiell - auch die Wahrnehmung von typischen Arbeitgeberfunktionen beinhaltet habe.

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) zwischen dem 1. Januar 2006 und 18. Februar 2009 abhängig beschäftigt war und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

1. Obwohl der vom Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2010 gegenüber der Beigeladenen zu 1) erging, ist der Kläger klagebefugt. Nach § 54 Abs. 1 SGG kann durch eine Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden (Satz 1). Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (Satz 2). Beschwert im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG kann auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5). Nach dem eindeutigen Wortlaut kann im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherungsträger nur ein Bescheid gegenüber den Arbeitgebern, nicht aber gegenüber einem Arbeitnehmer oder einem beim Arbeitgebern Tätigen ergehen. Diese sind allerdings von den Feststellungen, die der prüfende Rentenversicherungsträger aufgrund der Betriebsprüfung trifft, betroffen, wenn ihr sozialversicherungsrechtlichen Status beurteilt wird, um - wie vorliegend - eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zu begründen. Insoweit greifen gegenüber dem Arbeitgeber erlassene Bescheide nicht nur rechtsgestaltend in die Rechtsphäre des Arbeitgebers ein, sondern auch in die des Arbeitnehmers bzw. Auftragnehmers als Drittbetroffener im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 1983 - 12 RK 73/82 - und unter Verweis auch dieses Urteil des BSG: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2005 - L 1 KR 66/02 -, beide in juris; Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV Rn. 139; anderer Ansicht: Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 8. April 2013 - S 8 R 411/11 -, in juris). Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Eine Entscheidung über die Rentenversicherungspflicht in einer Beschäftigung hat sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber rechtsgestaltende Wirkung (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2006 - B 12 KR 3/06 R -, in juris), weshalb bei einer Klage des Arbeitgebers der Arbeitnehmer und bei einer Klage des Arbeitnehmers der Arbeitgeber notwendig beizuladen ist (vgl. BSG, Urteile vom 18. August 1992 - 12 RK 35/92 - und 15. Juli 2009 - B 12 KR 1/09 R -, beide in juris).

Im Verwaltungsverfahren stellte der Kläger weder einen Antrag, zu dem Verfahren hinzugezogen zu werden, noch benachrichtigte ihn die Beklagte von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens. Dennoch liegt jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation kein Verfahrensfehler des Verwaltungsverfahrens vor, der die Aussetzung des Rechtsstreits erforderlich machen würde (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 4 RA 37/00 R -, in juris). Denn dem Kläger war als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) das Verwaltungsverfahren der Betriebsprüfung bekannt und er war als deren Geschäftsführer auch eingebunden. Ebenso konnte er von dem Bescheid vom 3. Dezember 2009 und dem Widerspruchsbescheid vom 9. November 2010 Kenntnis nehmen, weil beide Bescheide in der Anrede den Kläger nannten.

2. Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen zuletzt BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R - sowie vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, jeweils m.w.N., alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris).

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zuletzt BSG Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R - sowie vom 30. April 2013 - B 12 KR 25/10 R - m.w.N., a.a.O.).

a) Der Geschäftsführer einer GmbH, der am Stammkapital der Gesellschaft nicht beteiligt ist (Fremdgeschäftsführer), ist grundsätzlich abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -, a.a.O. m.w.N.,). Der Kläger war im streitigen Zeitraum (1. Januar 2006 bis 18. Februar 2009) Fremdgeschäftsführer, weil er nicht Gesellschafter der Beigeladene zu 1) war. Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) war allein die A Ltd. An dieser war der Kläger ebenfalls nicht beteiligt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Treuhandvertrags über die Abtretung von Stimmrechten von GmbH-Anteilen vom 14. November 2008. Mit dem Treuhandvertrag übertrug der Treugeber dem Treuhänder 50 v.H. seiner ihm aus seiner Beteiligung zustehenden Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Hieraus folgt, dass ein Teil der Beteiligung, mithin ein Gesellschaftsanteil von 50 v.H., übertragen wurde. Diese Übertragung war nicht wirksam, weil eine notarielle Beurkundung des Abtretungsvertrags nicht erfolgte. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG bedarf eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Gesellschaftsanteils begründet wird, der notariellen Form. Hier wurde ein Teil des Gesellschaftsanteils, nämlich das Stimmrecht, übertragen. Nr. 4 Satz 1 des Treuhandvertrags regelt ausdrücklich eine Übertragung von Stimmrechten. Der Kläger sollte im Hinblick auf die sich abzeichnende Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in eine Position gebracht werden, in der er nicht mehr Fremdgeschäftsführer ist und der bisherigen Alleingesellschafterin gleichgestellt werden. Im Übrigen wurde die Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechts auch nur widerruflich erteilt und insgesamt kann die Vereinbarung der Stimmrechtsübertragung gekündigt werden. Damit begab sich, worauf das SG zu Recht hinweist, die Beigeladene zu 1) nicht ihrer Rechtsmacht. Der Kläger erhielt keine gesicherte, vom Willen der damaligen Alleingesellschafterin A Ltd unabhängige Rechtsposition. Hierbei handelt es sich auch nicht um hypothetische Überlegungen, vielmehr konnte die Rechtsmacht nicht nur hypothetisch, sondern jederzeit ausgeübt werden, sodass sie zu beachten ist. Ob die Rechtsmacht in der Vergangenheit ausgeübt worden ist oder nicht, ist unerheblich. Es kann nicht durch Rückschau beurteilt werden, ob die Gesellschaft oder deren Gesellschafter von der ihnen zustehende Rechtsmacht Gebrauch gemacht haben oder nicht. Denn im Interesse der Versicherten und der Versicherungsträger muss die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit feststehen (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R -, a.a.O.). Soweit im Treuhandvertrag eine Rückwirkung vereinbart wurde, steht einer solchen Rückwirkung entgegen, dass der Kläger insoweit nicht im einzelnen darzulegen vermag, wann und mit welchem konkreten Inhalt eine solche Vereinbarung abgeschlossen wurde. Der Kläger ist in der Zeit bis 2008 auch nicht in Ausübung der Stimmrechtsvereinbarung bei einem Gesellschaftsbeschluss tätig geworden. Soweit er den Gesellschaftsbeschluss vom 24. Juni 2008 umsetzte, handelte er auf der Grundlage einer ihm erteilten Vollmacht.

Zudem wäre fraglich, ob der Kläger auch bei einer Stimmbindungsvereinbarung ihm negative Entscheidungen hätte verhindern können. Denn ein Gesellschafter ist nach § 47 Abs. 4 GmbHG regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er - quasi als Richter in eigener Sache - dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (BGH, Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07 -, in juris).

Eine Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) lässt sich schließlich nicht daraus ableiten, dass nach Behauptung des Klägers die Beigeladene zu 1) ihm beim Übergang der S Holding auf die Beigeladene zu 1) ein Teil des Kaufpreises - wobei in dem im Berufungsverfahren vorgelegten Kaufvertrag als Kaufpreis der Betrag von EUR 120.000,00 angegeben ist, während der Kläger in der mündlichen Verhandlung des SG einen Kaufpreis von EUR 300.000,00 nannte - für die S Ltd bei der Beigeladenen zu 1) als Verbindlichkeit ihm gegenüber verblieb. Denn dies verschafft dem Kläger kein Recht gegenüber der Beigeladenen zu 1) in seiner Stellung als Gesellschafter. Er hat deshalb lediglich die Möglichkeit, gerichtlich gegen die Beigeladene zu 1) in seiner Eigenschaft als Verkäufer der S Ltd vorzugehen.

b) Eine Ausnahmen von dem Grundsatz, dass ein Fremdgeschäftsführer abhängig Beschäftigter der GmbH und versicherungspflichtig ist, hat das BSG unter besonderen Umständen erwogen, insbesondere bei Geschäftsführern, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren und die Geschäfte faktisch wie Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führten (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -, m.w.N., a.a.O.). Ob bezüglich der versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH an den vom BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung gemachten Ausnahmen festgehalten werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R - sowie vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, jeweils m.w.N., a.a.O.), kann auch der Senat vorliegend offenlassen. Denn dass der Kläger die Geschäfte der Beigeladene zu 1) faktisch wie ein Alleingesellschafter führte, vermag der Senat nicht festzustellen.

Die im streitigen Zeitraum alleinige Gesellschafterin A Ltd hatte jederzeit die rechtliche Möglichkeit, auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) Einfluss zu nehmen. Die Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) und mithin auch der Kläger sind an die Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis gebunden, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus einer von der Gesellschafterversammlung erlassenen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ergeben. Die Geschäftsführer unterliegen einem Wettbewerbsverbot und dürfen keine Geschäfte tätigen, die zum Geschäftsgegenstand der Beigeladenen zu 1) gehören. Auch ist der Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) und, soweit gesetzlich erforderlich, der Lagebericht von der Geschäftsführung innerhalb der gesetzlichen Frist für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen und den Gesellschaftern unverzüglich zur Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen (§ 13 Gesellschaftsvertrag). Die Gesellschafterversammlung kann auch mit einer Mehrheit von mehr als 50 v.H. aller vorhandenen Stimmen die Einrichtung eines Beirats zur Beratung und/oder Überwachung der Geschäftsführung beschließen.

Nicht außer Acht gelassen werden darf auch, dass der Mitgeschäftsführer P. auch für die Beigeladen zu 1) tätig war und ebenfalls über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um den Betrieb zu leiten. Er wird nach Angaben des Klägers auch zeitweise für ihn als Springer eingesetzt. Wie der Kläger kennt dieser Geschäftsführer die Beigeladene zu 1) seit Beginn, vielmehr schon früher, weshalb er jederzeit dazu in der Lage wäre, fachlich Anweisungen zu erteilen.

Die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) wurde zwar nicht wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) abgewickelt. Der Kläger stellte über die Firma L Tec der Beigeladenen zu 1) seine Tätigkeit in Rechnung. Er versteuerte die Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Kläger erhielt jedoch, was für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typisch ist, einen festen Grundlohn auf der Basis einer vereinbarten jährlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von EUR 75.000,00 für das Jahr 2006 mit einer jährlichen Anpassung von 5 v.H ... Außerdem machte der Kläger auch Spesen und Reisekosten geltend. Die Erstattung von Spesen und Auslagen entspricht arbeitsrechtlichen Üblichkeiten. Dem Kläger hätte auch ein Firmenwagen zur Verfügung gestanden, was gleichfalls arbeitnehmertypisch ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger für das Jahr 2006 eine Prämie abrechnete. Die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer ist nicht ungewöhnlich (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - m.w.N., a.a.O.). Auf die Tantiemenzahlung als feste Einnahme kann und konnte er nicht vertrauen. Maßgeblich war der feste Grundlohn. Damit war lediglich ein Teil des Gehalts des Klägers erfolgsabhängig. Im Übrigen war dem Kläger die Tantieme auch nicht wichtig, was sich hieraus ergibt, dass er anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mit Gewissheit anzugeben vermochte, ob er erfolgsabhängige Prämien bekommt.

Gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht aber insbesondere, dass der Kläger kein Unternehmerrisiko trug, was nach der Rechtsprechung des Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (z.B. Urteil des Senats vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - m.w.N., in juris). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R -, in juris). Dem Kläger stand aufgrund Vereinbarung ein Fixgehalt in einer Höhe zu, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Auch in einer Krisensituation hätte der Kläger Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge gehabt. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu 1) zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergab und ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nach seinen (nicht belegten) Angaben im Feststellungsbogen der Beigeladenen zu 1) eine Bürgschaft übernahm (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, a.a.O.). Das hiermit eingegangene Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen ist vom Kapitaleinsatz für das Unternehmen abzutrennen und tritt deshalb gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine - auch gewollte - abhängige Beschäftigung sprechen, in den Hintergrund. Solche Einsätze sind auch seitens unstreitig abhängiger Beschäftigter nicht unüblich. Eine Unternehmerstellung wird allein hierdurch nicht begründet.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger auf der Grundlage des Gesellschafterbeschlusses vom ... vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit ist. Dass die Gesellschafterin dem Kläger in seiner Tätigkeit nicht völlig freie Hand gelassen hat, ergibt sich für den Senat insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1) gegenüber Bericht zu erstatten hatte.

Im Übrigen hilft das Kriterium der Weisungsgebundenheit oder Weisungsfreiheit nur begrenzt bei der Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. Insbesondere bei hochqualifizierten Tätigkeiten ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis eingeschränkt. Hierzu gehört, zumal der Kläger über Branchenkenntnisse verfügt, seine Tätigkeit bei der Führung der Beigeladenen zu 1). Auf der anderen Seite kann auch die Tätigkeit eines Selbstständigen Bindungen und Weisungen eines Auftraggebers unterliegen. Selbstständige Handelsvertreter stehen z.B. in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen sie wahrzunehmen haben. Dass der längerfristige Erfolg der Klägerin auch von den Fähigkeiten des Beigeladenen zu 1) und seinem Engagement abhängt, unterscheidet seine Position qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG]; vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss vom 5. Mai 2010 - 7 ABR 97/08 -, in juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 3 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, a.a.O.).

Etwas anderes lässt sich auch nicht damit ins Feld führen, dass der Kläger seinen Urlaub zu keiner Zeit mit jemandem absprechen musste. Dies vermag insbesondere angesichts des fehlenden Unternehmerrisikos und der Tatsache, dass es die Klägerin rechtlich in der Hand hatte, in die Freiheiten des Klägers einzugreifen, nicht wesentlich ins Gewicht zu fallen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, nachdem sie keine Anträge gestellt und auch zur Sache nichts Wesentliches beigetragen haben.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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