L 11 EG 327/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 4543/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 327/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Einkommen iS des § 2 Abs. 7 BEEG (Fassung vom 09.12.2010)
gehören bei einem in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer, der
in Deutschland wohnt (Grenzgänger), auch Mitarbeiteraktien. Diese sind
in dem Monat als Einkommen (Zufluss) zu berücksichtigen, in dem sie
erworben werden.
Dem steht nicht entgegen, dass es sich dabei um eine
vertragsgemäße Bonuszahlung für die Tätigkeit im Vorjahr handelt
und dass diese Aktien aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung
mit dem Arbeitgeber innerhalb einer Sperrfrist von drei Jahren nicht
veräußert, verschenkt oder anderweitig übertragen werden dürfen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.

Der 1970 geborene, verheiratete Kläger ist Vater der am 25.06.2007 geborenen A. C. und des am 30.01.2010 geborenen B. T. (im Folgenden B). Er lebt mit Ehefrau und den beiden Kindern in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreut und erzieht B selbst. Der Kläger ist als Grenzgänger bei der N. P. AG in der S. beschäftigt. Im Jahr 2009 bezog er ein Bruttoeinkommen iHv umgerechnet 68.059,03 EUR, nach Abzug von Steuern, Sozialversicherung und Werbungskosten ergab sich ein anrechenbares Einkommen iHv 39.876,09 EUR, durchschnittlich monatlich 3.329,01 EUR. In der Zeit vom 31.01. bis 29.03.2011 nahm der Kläger bei seinem Arbeitgeber unbezahlten Urlaub. Im Februar 2011 erhielt der Kläger einen Bonus Vorjahr iHv 16.520 SFr. Dieser Betrag wurde jedoch nicht in Geld, sondern aufgrund einer im Dezember 2010 mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung in Mitarbeiteraktien ausbezahlt. Hierfür galt eine firmeninterne, dreijährige Sperrfrist, während der die Aktien weder veräußert, verschenkt noch anderweitig übertragen werden durften (Ausnahme im Todesfall).

Mit am 30.03.2011/24.05.2011 bei der Beklagten eingegangenen Antrag beantragte der Kläger Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von B. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 04.07.2011 Elterngeld für den 13. Lebensmonat (30.01. bis 28.02.2011) iHv 300,00 EUR und für den 14. Lebensmonat (01.03. bis 29.03.2011) iHv von 1.800,00 EUR.

Mit seinem Widerspruch vom 08.07.2011 machte der Kläger geltend, die von der Beklagten berechneten Einnahmen für den Bezugszeitraum 30.01. bis 28.02.2011 iHv 10.958,35 EUR müssten auf der Einbeziehung des Postens "Bonus Vorjahr" auf seiner Gehaltsabrechnung für Februar 2011 beruhen. Es handele sich um einen Bonus, den er für Leistungen im Jahr 2010 bezogen habe und der nur zufällig im Februar 2011 ausgezahlt worden sei. Derartige Einmalzahlungen seien seines Erachtens als sonstige Bezüge nicht zu berücksichtigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und begründete dies damit, dass nach § 2 Abs 7 Satz 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) nur im Lohnsteuerverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen bei der Entgeltberechnung nicht als Einnahmen zu berücksichtigen seien. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die tatsächlich nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren versteuert würden, gelte dies selbst dann nicht, wenn sie im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln wären. Im Falle des Klägers betreffe dies das im November 2009 gewährte 13. Monatsgehalt als Einkommen im Bemessungszeitraum vor der Geburt sowie den im Februar 2011 gewährten Bonus iHv 16.520,- SFr, der als Einkommen im Bezugszeitraum zu berücksichtigen gewesen sei.

Hiergegen richtet sich am 19.08.2011 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Zur Begründung verweist der Kläger darauf, dass § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nicht zu der Auslegung zwingen, dass lediglich tatsächlich im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Zahlungen außer Betracht zu bleiben hätten. In der einschlägigen Broschüre des Familienministeriums werde ohne Einschränkung ausgeführt, dass sonstige Bezüge, insbesondere Einmalzahlungen, nicht berücksichtigt würden, da es bei derartigen Zahlungen vom Zufall abhänge, ob sie während des Elterngeldbezugs anfielen und dann das Elterngeld minderten. Die Situation von Grenzgängern wie ihm, bei denen kein Lohnsteuerabzugsverfahren stattfinde und die stattdessen Steuervorauszahlungen zu leisten hätten, sei vom Gesetzgeber möglicherweise nicht bedacht worden. Die Auslegung der Beklagten führe dazu, dass eine Zahlung, die bei einem Arbeitnehmer in Deutschland eindeutig das Elterngeld nicht mindern würde, bei ihm hingegen angerechnet werde. Dies stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Außerdem sei ihm der angerechnet Bonus von 16.520 SFr im Februar 2011 tatsächlich nicht zugeflossen. Er habe damals vielmehr Mitarbeiteraktien des Arbeitgeberunternehmens für diesen Betrag in einem Depot des Unternehmens eingebucht bekommen. Vor Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren habe er keine Möglichkeit, hierüber zu verfügen. Zwar sei die Entscheidung, Aktien zu beziehen, grundsätzlich freiwillig. Sie habe jedoch unwiderruflich bereits im Dezember 2010 getroffen werden müssen.

Mit Urteil vom 27.11.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Sachverhalt sei nach § 2 BEEG in der vom 01.01.2011 an geltenden Fassung zu beurteilen, da Ansprüche nach den Grundsätzen des sogenannten intertemporalen Verwaltungsrechts bei Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Übergangsregelungen nach der Rechtslage zu beurteilen seien, die bei Entstehung des Anspruchs gegolten habe. Entstanden seien die Ansprüche erst mit Beginn des Lebensmonats des Kindes, für den Elterngeld beansprucht werde, hier also ab 30.01.2011. Ausgangspunkt der Ermittlungen des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit seien nach § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Danach handele es sich bei den im Februar 2011 zugunsten eines Depots des Klägers gebuchten Mitarbeiteraktien ohne Weiteres um Einkommen, denn es handele sich um Wertpapiere in Geldeswert. Dieses Einkommen sei dem Kläger auch im Februar 2011 zugeflossen, unabhängig davon, ob er aus vertraglichen Gründen an der Veräußerung zunächst noch gehindert gewesen sei. Entscheidend sei für den Einkommenszufluss im elterngeldrechtlichen Sinne nicht wie im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende und im Sozialhilferecht, dass es sich bei dem wertmäßigen Zuwachs um bereite Mittel zur Bedarfsdeckung handele, sondern der Einkommensbegriff des BEEG sei an das Steuerrecht angelehnt. Nach ständiger finanzgerichtlicher Rechtsprechung trete der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Beim Einkommenszufluss durch Erwerb von Aktien gelte, dass der Erwerber rechtlich und wirtschaftlich bereits von dem Augenblick an Inhaber der Aktie sei, in dem sie auf ihn übertragen oder auf seinen Namen in einem Depot hinterlegt werde (unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH) 30.09.2008, VI R 67/05, BFHE 223, 98). Dem Zufluss stehe nach dieser Rechtsprechung insbesondere nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperre- bzw Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern könne. Denn die mit dem Aktienerwerb verbundene Rechtsstellung erschöpfe sich nicht in der Möglichkeit, die Aktie zu verkaufen. Sowohl Stimmrecht als auch Dividendenanspruch stünden dem Arbeitnehmer unabhängig von der Vereinbarung einer Sperrfrist bereits vom Zeitpunkt des Erwerbs an zu. Nach deutschem Wertpapierrecht sei darüber hinaus selbst bei einer obligatorischen Veräußerungssperre die Veräußerung rechtlich möglich, wenngleich sie Sanktionen auslösen könne. § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG schließe die Berücksichtigung der Mitarbeiteraktiengutschrift als Einkommen im Bezugszeitraum nicht aus. Nach dieser Vorschrift blieben lediglich im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen unberücksichtigt. Auf die Einnahmen des bei einem ausländischen Arbeitgeber im Ausland beschäftigten Klägers sei das Lohnsteuerabzugsverfahren unstreitig rechtlich nicht anwendbar (§ 38 Abs 1 Einkommenssteuergesetz (EStG)) und sei auch tatsächlich nicht angewandt worden. § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG führe insoweit zu einer Ungleichbehandlung von nicht selbständigen Erwerbstätigen, bei denen das Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet werde und solchen, bei denen es keine Anwendung finde, wie zum Beispiel bei Grenzgängern. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch sachlich gerechtfertigt und verstoße somit nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Der maßgebliche Unterschied zwischen den von § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG unterschiedlich behandelten Vergleichsgruppen von Normadressaten bestehe gerade darin, dass die eine hinsichtlich ihrer Einnahmen steuerrechtlich dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterliege, die andere nicht. Dabei knüpfe das Steuerrecht an die unterschiedlichen Lebenssachverhalte, nämlich die Identität des Arbeitgebers als inländischer oder ausländischer Arbeitgeber an. Die steuerrechtliche Ausgangssituation habe es dem Gesetzgeber des BEEG ermöglicht, die von ihm bezweckte verwaltungspraktikable Nichtberücksichtigung sonstiger Bezüge bei der weit überwiegenden Mehrheit der nichtselbständigen Erwerbstätigen durch Bindung der Elterngeldstellen an die tatsächliche Handhabung im Lohnsteuerabzugsverfahren zu erreichen. Die Nichtberücksichtigung sonstigen Bezügen vergleichbarer Einkünfte von nicht dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterliegenden Grenzgängern wäre gesetzestechnisch nur möglich, wenn dort eine Einzelfallprüfung erfolgte, ob bestimmte Einnahmen - würden sie im Lohnsteuerabzugsverfahren behandelt - sonstige Bezüge im Sinne des Steuerrechts wären. Dies würde nicht nur dem gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungspraktikabilität und Rechtsklarheit zuwider laufen, sondern beinhaltete wiederum eine Ungleichbehandlung beider Vergleichsgruppen. Denn anders als bei Erwerbstätigen mit Lohnsteuerabzugsverfahren, bei denen allein die tatsächliche Handhabung maßgeblich sei, hätten Grenzgänger dann Anspruch auf eine materiell rechtliche Überprüfung ihrer Einkünfte nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten. Vor diesem Hintergrund sei die zur Verwaltungsvereinfachung getroffene Regelung, die nach Art der Besteuerung der Einkünfte differenziere, verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen, weil zwar in amtlichen Publikationen ausgeführt werde, dass sonstige Bezüge, insbesondere Einmalzahlungen nicht berücksichtigt würden, es sich aber bei den hier zu beurteilenden Einkünften mangels eines inländischen Arbeitgebers gerade nicht um sonstige Einkünfte im Sinne des Lohnsteuerabzugsverfahren gehandelt habe.

Gegen das ihm am 22.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.01.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger beruft sich darauf, dass seine Ansprüche nach der vor dem 01.01.2011 geltenden Rechtslage zu beurteilen seien. Er habe bereits im Dezember 2010 bei seinem Arbeitgeber unbezahlten Urlaub für den 13. und 14. Lebensmonat beantragt und schriftlich gewährt bekommen. Dies sei mit einem persönlichen Risiko verbunden gewesen, da so etwas in der Schweiz eher unüblich sei und der schweizer Arbeitgeber erhebliche Bedenken gehabt habe. Dieses Abkommen sei für ihn unwiderruflich gewesen. Die anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände für den Elterngeldanspruch seien also mit Bewilligung des unbezahlten Urlaubs am 14.12.2010 erfüllt gewesen, was zur Behandlung seines Falles nach der alten Gesetzeslage führen müsse. Bei seiner Entscheidung für den unbezahlten Urlaub habe er sich auf die erwartete teilweise wirtschaftliche Kompensation des Einkommensverlustes durch zweimal 1.800,00 EUR an Elterngeld verlassen. Hätte er gewusst, dass das Elterngeld nur so unvollständig ausgezahlt würde, hätte er sich definitiv dagegen entschieden. Er beantrage daher Vertrauensschutz für seine wirtschaftliche Entscheidung im Dezember 2010. Der für ihn eingetretene Nachteil sei erheblich, er belaufe sich auf 1.500,00 EUR. Außerdem dürfe die Zahlung "Bonus Vorjahr" nicht in das Februar-Einkommen eingerechnet werden. Als Grenzgänger müsse er auf Schätzungen basierende Steuervorauszahlungen leisten, ein Lohnsteuerabzugsverfahren finde nicht statt. Die Interpretation, dass § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nur Einnahmen betreffe, für die tatsächlich im konkreten Fall ein Lohnsteuerabzug stattgefunden habe, sei nicht äquivalent mit der Aussage des Gesetzestextes, sondern stelle eine Sinnverschiebung dar. Es handele sich um eine Definition derjenigen Einnahmen, die generell nicht berücksichtigt würden. Finde kein Lohnsteuerabzug statt, müsse der Paragraph sinngemäß angewendet werden, indem ermittelt werde, welche Bezüge bei Anwendung eines Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge eingestuft würden. Die spezielle Situation der Grenzgänger werde im zitierten Gesetzestext nicht berücksichtigt. Der resultierende Verwaltungsaufwand wäre sicherlich überschaubar. In der Broschüre "Elterngeld und Elternzeit" des zuständigen Ministeriums werde ein Konzept der sonstigen Bezüge herausgearbeitet, dessen Leitgedanke nicht die Definition durch den tatsächlich stattgefundenen Lohnsteuerabzug sei, sondern die Eigenschaft der Bezüge als Einmalzahlungen bzw Leistungsprämien und der Wunsch danach, das Zufallsprinzip beim zeitlichen Eingang dieser Zahlungen auszuschließen. Der Gesetzgeber habe mit seiner Formulierung eben nicht bewusst die Einmalzahlungen der Grenzgänger anrechnen wollen. Zudem sei die VO (EG) 883/04 vom 29.04.2004 zu beachten. Diese Verordnung beziehe sich ausdrücklich auch auf die Schweiz. Artikel 5a laute: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedsstaates der Bezug ... sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch ... bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkommen anwendbar." Artikel 5b laute: "Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedsstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedsstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären." Hiernach müsse der Bezug der Einmalzahlung in der Schweiz dieselbe Rechtswirkung haben, als hätte der Kläger die Einmalzahlung in Deutschland erhalten, sie dürfe also nicht für das Elterngeld angerechnet werden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der angerechnete Bonus von 16.520 SFr steuerrechtlich nicht im Februar 2011 zugeflossen sei, da der Kläger keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die erhaltenen Mitarbeiteraktien gehabt habe. Zwar habe er in eigener wirtschaftlicher Entscheidung das Geld in Aktien umgewandelt. Diese Entscheidung sei jedoch unwiderruflich bereits im Dezember 2010 getroffen worden, nicht im Februar 2011. Im Februar 2011 habe er daher keine wirtschaftliche Verfügungsmacht gehabt, weder über den Geldbetrag noch die Aktien. Der BFH habe in einem ähnlichen Fall zu gesperrten Auslandsaktien (30.06.2011, VI R 37/09, BFHE 234, 187) formuliert: "Dem Arbeitnehmer fließt der geldwerte Vorteil in Form verbilligter Aktien in dem Zeitpunkt zu, in dem er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt. Ein solcher Zufluss liegt nicht vor, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist." Diese steuerrechtliche Argumentation müsse auch für den Elterngeldanspruch angewandt werden. Das SG begründet den Zufluss im Februar 2011 ua damit, dass damals schon das Stimmrecht und der Dividendenanspruch zugestanden habe. Der wirtschaftliche Wert für das Stimmrecht als Kleinaktionär betrage 0, die Dividende iHv 666,60 SFr sei erst im März 2011 zugeflossen. Ob die Aktien nach deutschem Wertpapierrecht zu veräußern wären, sei irrelevant.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.11. 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 04.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 30.01. bis 28.02.2011 weiteres Elterngeld in Höhe von 1.500,00 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihren bisherigen Vortrag in erster Instanz und führt ergänzend aus, dass Artikel 5 VO (EG) 883/04 im Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz erst seit dem 01.04.2012 greife, unabhängig von der Frage, ob die vom Kläger dargestellte Tatsachengleichbehandlung tatsächlich gegeben wäre. Bis zum 01.04.2012 - damit auch für den vorliegenden Sachverhalt - habe für grenzüberschreitende Sachverhalte zwischen der EU und der Schweiz die alte VO (EWG) 1408/71 und deren Durchführungsverordnung VO (EWG) 574/72 gegolten, die eine vergleichbare Vorschrift wie Artikel 5 VO (EG) 883/04 nicht kenne. Nach Artikel 90 Abs 1 Satz 1 VO (EG) 883/04 sei die VO (EWG) 1408/71 zwar aufgehoben worden, bleibe jedoch in Kraft und behalte ihre Rechtswirkungen für bestimmte Zwecke. Sie habe insbesondere für die Schweiz und die EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein zunächst fortgegolten. In Bezug auf die Schweiz finde das neue Verordnungsrecht der VO (EG) 883/04 erst seit dem 01.04.2012 Anwendung, an diesem Tag sei der revidierte Anhang II zum Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz in Kraft getreten (ABl L 103 S 51-59).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für den Zeitraum 30.01. bis 28.02.2011 keinen Anspruch auf weiteres Elterngeld iHv 1.500,00 EUR.

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Der Kläger hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit seinem am 30.01.2010 geborenen Sohn B in einem Haushalt, betreute und erzog ihn und übte während des Zeitraums vom 30.01. bis 29.03.2011 keine Erwerbstätigkeit aus, die eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats überstieg (§ 1 Abs 6 BEEG). Der 30.01.2011 war ein Sonntag, vom 31.01. bis 29.03.2011 hatte der Kläger unbezahlten Urlaub und war in dieser Zeit - wozu er sich nach eigenen Angaben moralisch verpflichtet sah - nur am 01. und 02.02.2011 für seinen Arbeitgeber tätig.

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in der Fassung vom 09.12.2010, gültig ab 01.01.2011, BGBl I 1885). Die ab 01.01.2011 gültige Fassung findet auch vorliegend Anwendung, da der Kläger Ansprüche für die Zeit ab 30.01.2011 und damit nach Inkrafttreten der Regelung geltend macht, so dass es auf das Geburtsdatum des Kindes noch im Jahr 2010 nicht ankommt. Davon abgesehen erfasst die Neuregelung ab ihrem Inkrafttreten zum 01.01.2011 sogar laufende Leistungsfälle (Bundessozialgericht (BSG) 04.09.2013, B 10 EG 11/12 R und B 10 EG 6/12 R, juris). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67% des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR vor. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100% (§ 2 Abs 2 Satz 1 BEEG). In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR überschreitet, auf bis zu 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).

Der Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG) unterliegt den Einschränkungen des § 2 Abs 7 Sätze 5 bis 7 BEEG, die vorliegend nicht einschlägig sind. Nach § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs 7 Satz 2 BEEG). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil (§ 2 Abs 7 Satz 3 BEEG). Grundlage der Einkommensermittlung sind nach § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ua die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.

Nach diesen Vorschriften hat der Kläger im maßgeblichen Bemessungszeitraum 01.01. bis 31.12.2009 bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigendes Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsaufwendungen sowie Werbungskosten iHv 39.876,09 EUR bezogen (brutto 68.059,03 EUR abzüglich Steuern iHv 17.557,73 EUR, Sozialversicherung iHv 9.705,17 EUR und Werbungskosten von 920,04 EUR). Damit ist als vor der Geburt von B durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 3 Satz 2 BEEG ein Betrag von 2.700,00 EUR anzusetzen.

Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Absatz 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt (§ 2 Abs 3 Satz 1 BEEG).

Im hier streitigen Bezugszeitraum vom 30.01. bis 28.02.2011 erzielte der Kläger ein Bruttoeinkommen von 10.958,35 EUR, wovon nach Abzug von Steuern (3.013,15 EUR), Sozialversicherung (1.446,96 EUR) und Werbungskosten (76,67 EUR) ein anrechenbares Einkommen iHv 6.421,57 EUR verbleibt. Im Grundsatz ist unzweifelhaft und unstreitig, dass die für den Kläger gebuchten Mitarbeiteraktien Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit iSv § 7 Abs 1 Satz 1 BEEG darstellen, denn es handelt sich um Wertpapiere in Geldeswert. Da dieses Einkommen das vorgeburtliche Einkommen übersteigt, ist der Mindestbetrag von 300,00 EUR Elterngeld zu leisten. Dabei hat die Beklagte zu Recht den im Februar 2011 ausgezahlten Bonus Vorjahr als Einkommen im Sinne von § 2 Abs 7 BEEG gewertet und der Kläger hat dieses Einkommen auch tatsächlich im 13. Lebensmonat von B erzielt.

Der Behandlung des im Februar ausgezahlten Einkommens Bonus Vorjahr als im Februar 2011 erzieltes Einkommen steht weder entgegen, dass es sich um einen Bonus für die im Vorjahr erbrachte Arbeitsleistung des Klägers handelt, noch dass dieser Bonus in Form von Mitarbeiteraktien mit einer dreijährigen Sperrfrist ausgezahlt worden ist. Der nach § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG maßgebliche Begriff des "Erzielens von Einkommen aus Erwerbstätigkeit" kann allein vom Wortlaut her unterschiedlich verstanden werden, und zwar entweder im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses des Einkommens (Zuflussprinzip) oder in dem Sinne, dass in dem maßgeblichen Zeitraum auch die Erwerbstätigkeit, mit der das Einkommen erwirtschaftet oder erarbeitet worden ist, ausgeübt worden sein muss (sog modifiziertes Zuflussprinzip, vgl BSG 29.08.2012, B 10 EG 18/11 R, juris). Für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein Einkommen auch dann im Bemessungszeitraum erzielt, wenn es in diesem Zeitraum erarbeitet, aber erst nach dessen Ablauf in Folge nachträglicher Vertragserfüllung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden ist (BSG 30.09.2010, B 10 EG 19/09 R, BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6; BSG vom 18.08.2011, B 10 EG 5/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 11). Mit dieser modifizierten Zuflusstheorie verfolgt das BSG das Ziel der Vermeidung von Zufallsergebnissen. Denn bei abhängig Beschäftigten ist die regelmäßige und zeitnahe Zahlung der Gehälter durch die Arbeitgeber der Regelfall, deren verspätete Zahlung dagegen die Ausnahme. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit ist das Gegenteil der Fall, weshalb für Einkommen aus selbstständiger Arbeit am strengen Zuflussprinzip des Steuerrechts festzuhalten ist (BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 14).

Hier ist der Bonus für 2010 vertragsgemäß dem Kläger im Februar 2011 (umgewandelt in Aktien) ausgezahlt worden. Es handelt sich damit nicht um eine vertragswidrige Zurückhaltung bereits früher erworbenen Ansprüche durch den Arbeitgeber, weshalb hier der Zufluss im Februar 2011 maßgeblich ist. Einer Berücksichtigung der Vergütung für geleistete Arbeit im Bezugszeitraum steht nicht entgegen, dass es sich um Arbeitsentgelt handelt, das auf einer Arbeitsleistung beruht, die einige Zeit zuvor erbracht worden war (BSG 30.09.2010, B 10 EG 19/09 R, BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6; BSG 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4).

Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Berücksichtigung des Zuflusses im Februar 2011 nicht entgegen, dass für die zugeteilten Mitarbeiteraktien eine Sperrfrist von drei Jahren galt. Nach der Rechtsprechung des BFH fließt dem Arbeitnehmer der geldwerte Vorteil mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu; bei einem Aktienerwerb in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird (BFH 30.06.2011, VI R 37/09, BFHE 234, 187 mwN). Vorliegend hat der Kläger nicht lediglich eine Anwartschaft auf den Erwerb von Mitarbeiteraktien erhalten (zB R. S. U., Option), sondern mit der Zuteilung im Februar 2011 einen unwiderruflich erworbenen Vermögenswert und damit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien, die auf seinen Namen im Depot hinterlegt sind. Dem Zufluss steht nicht entgegen, dass es sich um gesperrte Mitarbeiteraktien handelt, für die eine dreijährige Verfügungssperre gilt. Nur wenn dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich wäre, wären sie nicht zugeflossen (vgl BFH 30.06.2011, aaO). Dies ist hier indes nicht der Fall. Nach dem N. Aktienbeteiligungsplan - Reglement werden die Mitarbeiteraktien bei Ausbezahlung des variablen Gehaltsanteils in Namenaktien ausbezahlt. Nach Art 684 Schweizer Obligationenrecht ((OR) Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches Fünfter Teil - Obligationenrecht idF vom 04.10.1991, in Kraft seit 01.01.1992, AS 1992 733) sind Namenaktien, wenn nicht Gesetz oder Statuten es anders bestimmen, ohne Beschränkung übertragbar. Eine gesetzliche Beschränkung der Übertragbarkeit sieht Art 685 OR nur für nicht voll liberierte, dh nicht voll einbezahlte Namenaktien vor, die nur mit Zustimmung der Gesellschaft übertragen werden dürfen. Die aufgrund einer Gehaltsumwandlung ausbezahlten Aktien sind indes voll liberiert, so dass keine gesetzliche Beschränkung vorliegt. Eine nach Art 685 OR mögliche statutarische Beschränkung liegt ebenfalls nicht vor; bei den hier betroffenen börsenkotierten Namenaktien könnte ein Erwerber als Aktionär auch nur sehr eingeschränkt abgelehnt werden, etwa wenn die Statuten eine prozentmäßige Begrenzung der Namenaktien vorsehen, für die ein Erwerber als Aktionär anerkannt werden muss und diese Begrenzung überschritten wird (vgl Art 685d OR). Rechtsgrundlage der Sperrfrist ist hier lediglich eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin. Diese obligatorische Veräußerungssperre hindert den Kläger aber nicht daran, die Aktien zu veräußern, denn dies ist, wie oben dargelegt, rechtlich möglich. Steuerlich ist der Zufluss im Sinne der og Rechtsprechung des BFH entsprechend im Februar 2011 eingetreten. Dies entspricht im Übrigen auch der steuerlichen Behandlung in der Schweiz. Nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14.12.1990 (AS 1991 1184) in der 2011 geltenden Fassung gehörten Mitarbeiteraktien unzweifelhaft zu den steuerbaren Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis nach Art 17; auch gesperrte Mitarbeiteraktien wurden grundsätzlich bei Zuteilung besteuert, es wurde lediglich ein Einschlag auf den Verkehrswert pro Sperrfristjahr vorgenommen (vgl hierzu auch Merkblatt des kantonalen Steueramtes über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen zum Zwecke der Zürcher Staats- und Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer vom 21.10.2009 Nr 13/301; Jeitzinger/Stebler, Reform der Besteuerung von Mitarbeiteroptionen: Ausgangslage, Ziele und Reformoptionen, Eidgenössische Steuerverwaltung, Mai 2010). In Art 17b DBG in der aktuellen Fassung ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass geldwerte Vorteile aus echten Mitarbeiterbeteiligungen, außer aus gesperrten oder nicht börsenkotierten Optionen, im Zeitpunkt des Erwerbs als Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit steuerbar sind, dabei sind bei Mitarbeiteraktien für die Berechnung der steuerbaren Leistung Sperrfristen mit einem Diskont von 6 Prozent pro Sperrjahr auf deren Verkehrswert zu berücksichtigen. Aus der Gehaltsabrechnung des Klägers für Februar 2011 ist zu ersehen, dass die Mitarbeiteraktien auch tatsächlich mit einem Ansatz von 14.849,25 SFr der Quellensteuer unterlagen. Die firmeninterne Sperrfrist steht nach alledem der Berücksichtigung des Zuflusses im Februar 2011 nicht entgegen.

Der Bonus Vorjahr kann bei der Berücksichtigung des im Bezugszeitraum erzielten Einkommens auch nicht unter dem Gesichtspunkt außer Betracht gelassen werden, dass es sich um sonstige Bezüge handelte. Mit der zum 01.01.2011 erfolgten Änderung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG wurde der bis dahin geltende Verweis auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG durch folgenden Wortlaut ersetzt: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Damit sollten die Auswirkungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 03.12.2009 (B 10 EG 3/09 R) korrigiert werden (BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, juris). Wörtlich wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/3030 S 48 zu Artikel 13 der Entwurfsfassung) ausgeführt:

"Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden).

Zum anderen werden durch die Regelung des neuen Satzes 2 pauschal besteuerte Einnahmen nicht berücksichtigt. Dies bewirkt, dass nur Einnahmen, die von der Antrag stellenden Person zu versteuern sind, bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden".

Der Wortlaut des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG (" als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen ") macht im Zusammenhang mit der Regelung in § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ("Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers") deutlich, dass es für die Zeit ab 01.01.2011 entscheidend darauf ankommt, wie der Arbeitgeber die Bezüge steuerrechtlich "behandelt" hat. Ob die Beklagte (und im Klageverfahren das Gericht) dennoch auch weiterhin verpflichtet ist, genau zu prüfen, ob es sich bei den Zahlungen des Arbeitgebers um sonstige Bezüge oder um laufenden Arbeitslohn handelt, wurde vom Senat im Urteil vom 09.07.2013 (L 11 EG 167/13) ausdrücklich verneint (aA Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz 07.03.2013, L 5 EG 6/12, juris), weil dies eine Abkehr von der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten und auch vorgeschriebenen verwaltungspraktikablen Feststellung wäre. Überdies hat das BSG mit Urteil vom 18.08.2011 (B 10 EG 5/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 11 = juris RdNr 32 f) entschieden, dass es sich bei der Neufassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes handelt und es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankomme. Daher ist die bisherige Rechtsprechung des BSG auf die Neufassung nicht mehr anzuwenden.

Im vorliegenden Fall findet das Lohnsteuerabzugsverfahren schon deshalb keine Anwendung, weil der Kläger nicht bei einem inländischen Arbeitgeber beschäftigt ist und daher Steuervorauszahlungen entrichtet. Unabhängig von der obergerichtlich uneinheitlich beantworteten Frage, ob es auf die konkrete Behandlung durch den Arbeitgeber oder die rechtlich zutreffende Handhabung im Lohnsteuerabzugsverfahren ankommt, ist im vorliegenden Fall das Lohnsteuerabzugsverfahren schon vom Grundsatz her nicht anwendbar, so dass die Vorschrift des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nicht eingreifen kann. Auf eine fiktive Betrachtung, wie der Bonus unter Anwendung des Lohnsteuerabzugsverfahrens zu beurteilen wäre, kommt es dagegen nach dem Gesetz eindeutig nicht an. Nichts anderes folgt daraus, dass der Kläger die ihm bekannten Broschüren des Familienministeriums in diesem Sinne verstanden hat. Einen Vertrauensschutz kann er daraus nicht herleiten.

Auch aus Artikel 5 VO (EG) 883/04 ergibt sich nichts anderes. Nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 (Abkommen) ist die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gemäß Anhang II des Abkommens geregelt (Art 8 des Abkommens). Gemäß Art 1 des Anhangs II des Abkommens sind im Bereich der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit untereinander die gemeinschaftlichen Rechtsakte in der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens geltenden Fassung anzuwenden und der Begriff "Mitgliedstaaten" in den Rechtsakten ist auch auf die Schweiz anzuwenden. Nach Abschnitt A 1 des Anhangs II des Abkommens gehört zu den Rechtsakten, auf die im Abkommen Bezug genommen wird, die VO (EWG) 1408/71. Mit Inkrafttreten der VO (EG) 883/04 zum 01.05.2010 wurde die VO (EWG) 1408/71 aufgehoben (Art 90 Abs 1 Satz 1 VO (EG) 883/04). Allerdings bleibt die VO (EWG) 1408/71 nach Art 90 Abs 1 Satz 2 Buchst c VO (EG) 883/04 in Kraft und behält ihre Rechtswirkung für die Zwecke des zwischenstaatlichen Abkommens über die Freizügigkeit, soweit auf die VO (EWG) 1408/71 darin Bezug genommen wird, solange das Abkommen nicht infolge der Verordnung aufgehoben oder geändert worden ist. Dies ist zwischenzeitlich geschehen, allerdings ist erst mit Beschluss vom 31.03.2012 zur Ersetzung des Anhangs II dieses Abkommens über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit die VO (EG) 883/04 als Rechtsakt, auf den im Abkommen Bezug genommen wird, bestimmt worden. Der revidierte Anhang II ist erst seit dem 01.04.2012 in Kraft (ABl L 103/51 vom 13.04.2012). Im hier streitigen Bezugszeitraum galt daher für die Schweiz die VO (EWG) 1408/71 weiter, die eine entsprechende Regelung wie Art 5 VO (EG) 883/04 nicht enthielt. Es kann daher dahinstehen, ob die in Art 5 VO (EG) 883/04 vorgesehene Sachverhaltsgleichstellung den vorliegenden Fall tatsächlich erfassen würde.

In der Ungleichbehandlung von Grenzgängern (in die Schweiz) mit inländischen Arbeitnehmern hinsichtlich der Auswirkungen des Bezugs von Einkommen, das bei Anwendung des Lohnsteuerabzugsverfahrens für die Elterngeldberechnung nach § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG außer Betracht zu bleiben hätte, liegt keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes Art 3 Abs 1 GG (iVm Art 6 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG). Der Gesetzgeber war nicht gehalten, Grenzgänger und inländische Arbeitnehmer bei der Bemessung der Höhe des Elterngeldes gleichzustellen. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st Rspr des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272=SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (zusammenfassend BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerfGE 88, 87, 96 f). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 zum Teilkindergeld für Grenzgänger). Dabei sind Praktikabilität und Einfachheit des Rechts als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).

Die hier maßgebliche Regelung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG kann sowohl zu Benachteiligungen, als auch Begünstigungen der Grenzgänger führen, denn Bezüge, die nach dem Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge außer Betracht zu bleiben hätten, werden nicht nur bei der Berechnung des Einkommens im Bezugszeitraum (§ 2 Abs 3 BEEG) - zu Lasten des Grenzgängers - berücksichtigt, sondern auch bei der Ermittlung des für die Höhe des Elterngeldanspruchs maßgebenden Einkommens in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 BEEG) zu seinen Gunsten. Angesichts dieser keineswegs einseitig benachteiligenden Auswirkung lässt sich die vereinfachende Anknüpfung an die steuerrechtliche Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren ohne weiteres rechtfertigen. Der Verwaltungsaufwand wird durch die Anknüpfung an die Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren erheblich begrenzt gegenüber einer materiell rechtlichen (fiktiven) Prüfung im Einzelfall. Die Anknüpfung an das Lohnsteuerabzugsverfahren ist auch ein sachlich einleuchtendes Kriterium, denn damit hält sich der Gesetzgeber in der Sache an das bei der Koordinierung von Familienleistungen in Grenzgängerfällen verbreitete ausschließliche Beschäftigungslandprinzip (vgl BVerfG 08.06.2004, aaO).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).

Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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