Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3252/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3620/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.08.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall.
Der am 1959 geborene Kläger erlitt am 13.07.2006 bei seiner beruflichen Tätigkeit als Gerüstbauer einen Verkehrsunfall, als er als Fahrer eines Lkw mit einem Pkw zusammenstieß; dabei zog er sich gemäß des Durchgangsarztberichts von PD Dr. W. vom 19.07.2006 Kontusionen am rechten Handgelenk und am rechten oberen Sprunggelenk zu, die jedoch keine (so PD Dr. W. , Bl. 1 VerwA) bzw. nur am 18.07.2009 (vgl. Vorerkrankungsverzeichnis, Bl. 15 VerwA) Arbeitsunfähigkeit begründeten. Der Fahrer des Pkw, der dem Kläger die Vorfahrt genommen hatte, verstarb am Unfallort. Ausweislich des polizeilichen Ermittlungsberichts (Bl. 166 ff. VerwA) erlitt der Kläger unter dem Eindruck des Geschehens zusätzlich einen "Unfallschock" (so auch der Neurologe und Psychiater Dr. M. als Beratungsarzt der Beklagten, Bl. 383 VerwA).
Ab dem 08.08.2006 erhielt der Kläger wegen psychischer Beschwerden Verletztengeld, dessen Bezug die Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 18.11.2008 zum 04.02.2008 beendete (Bl. 328 VerwA). Auslöser der Verletztengeldzahlung war die am 08.08.2006 erstmals bescheinigte Arbeitsunfähigkeit auf Grund einer auf den Unfall zurückzuführenden posttraumatischen Belastung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin M. (Bl. 25 f. VerwA). Im weiteren Behandlungsverlauf stellte die den Kläger weiterbehandelnde Psychotherapeutin und Nervenärztin Dr. W. am 25.09.2006 die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsreaktion nach Arbeitsunfall mit Flashbacks, Grübeln und Schlafstörungen (Bl. 14 VerwA; im weiteren Verlauf auch eine posttraumatische Belastungsstörung - PTBS -, z.B. Bl. 32 VerwA), deren Symptomatik sie auch noch im November 2007 - bei bis dahin 14-tägiger Behandlungsfrequenz - bestätigte (Bl. 109 VerwA). Im Mai/Juni 2007 fand in der Reha-Klinik G. eine Rehabilitationsbehandlung statt; auch dabei wurde - unter Hinweis auf auftretende Flashbacks, häufiges Unruhegefühl mit vegetativer Begleitsymptomatik, Durchschlafstörungen, Niedergeschlagenheit, verminderten Antrieb und verminderte Lebensfreude, vermehrte Gereiztheit, Grübelneigung/Gedankenkreisen, diffuse Ängste und Konzentrationsprobleme (Bl. 54 VerwA) - u.a. eine PTBS mit einer leichtgradigen depressiven Episode diagnostiziert (Bl. 49 VerwA). Die Diagnose PTBS fand sich ebenfalls - bei Beschreibung vergleichbarer Symptome wie im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung - in der psychologischen Evaluation für die Beklagte durch den Dipl. -Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten P. im Oktober 2007 (Bl. 97 VerwA). Eine von Dr. W. im März 2008 empfohlene Vorstellung in der Traumambulanz der Fachklinik H. M. nahm der Kläger nicht war. Im Mai 2008 endete die Behandlung durch Dr. W. (Bl. 337 f. VerwA).
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg gewährte dem Kläger - unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles am 28.02.2008 und wegen Beschwerden überwiegend auf nervenärztlich/psychiatrischem Fachgebiet (beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S. , Bl. 351 f. VerwA angesichts des Abbruchs der täglichen Arbeit nach vier Stunden durch den Kläger während einer Belastungserprobung bestehe ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.09.2008 bis 30.09.2010 (Bl. 370 VerwA). Eine Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente erfolgte nicht (vgl. Bl. 26 LSG-Akte).
Nach Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. S. (Bl. 291 ff. VerwA; mit Zusatzgutachten durch die Dipl.-Psych. T. , Bl. 314 ff. VerwA), der bei seiner Untersuchung im Juni 2008 - unter Annahme eines regelrechten neurologischen und psychischen Befundes (Bl. 300 VerwA) - keine Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, insbesondere keine PTBS feststellte (Bl. 301 VerwA), lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 mit Bescheid vom 24.07.2008 und unter Berücksichtigung einer abgeklungenen Anpassungsstörung sowie einer abgeheilten Prellung des rechten Handgelenks als Unfallfolgen ab (Bl. 306 VerwA). Dabei ging sie davon aus, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.07.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2010 zurück (Bl. 386 VerwA). Berücksichtigung fand dabei u.a. das - aus dem sozialgerichtlichen Rentenverfahren beigezogene - Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. (Bl. 338 ff. VerwA), die zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung im März 2009 eine abklingende PTBS nach dem Unfallereignis 2006 diagnostiziert und ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht hatte (Bl. 364 VerwA). Grundlage des Widerspruchsbescheides war auch die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. M. (Bl. 379 ff. VerwA), der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von einem psychischen Erstschaden im Sinne eines Unfallschocks (Bl. 383 VerwA) sowie einer "eher milde ausgeprägten" PTBS, besser aber einer Anpassungsstörung mit zwischenzeitlich geringen Auswirkungen auf den Alltag ausging (Bl. 383 f. VerwA).
Dagegen hat der Kläger am 21.12.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben. Das Sozialgericht hat eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. veranlasst (Bl. 21 ff. SG-Akte). Nach Untersuchung des Klägers im April 2011 hat - so die Einschätzung durch den Sachverständigen - unmittelbar nach dem Arbeitsunfall eine krankheitswertige psychoreaktive Störung bestanden. Diese habe sich allerdings unter Therapie stetig gebessert, so dass auch die ambulante Psychotherapie bei Dr. W. am 27.05.2008 abgeschlossen worden sei (Bl. 43 f. SG-Akte). Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 05.02.2008 sei nicht mehr zu begründen (Bl. 45 f. SG-Akte). Auf dieser Grundlage hat das Sozialgericht Konstanz die Klage mit Urteil vom 03.08.2011 abgewiesen.
Mit der am 24.08.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegten Berufung hat der Kläger sein Ziel der Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.08.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem Nervenarzt und Psychotherapeuten Prof. Dr. S. in Auftrag gegeben (Bl. 18 ff. LSG-Akte). Dieser hat eine unvollständig abgeklungene PTBS sowie eine leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia diagnostiziert, wobei zumindest die PTBS mit großer Wahrscheinlichkeit und auch in wesentlicher Weise ausschließlich durch den Arbeitsunfall am 13.07.2006 verursacht worden sei. Die depressive Störung, die insgesamt nicht sehr ausgeprägt sei, könne eine Begleitreaktion der posttraumatischen Belastungsstörung bzw. eine Reaktion auf die Symptomatik sein, sie könnte aber auch unabhängig davon bestehen. In Anbetracht der nicht unerheblichen Beeinträchtigungen hat der Sachverständige die MdE für die unvollständig abgeklungene posttraumatische Belastungsstörung mit 20 v. H. bewertet(Bl. 36 LSG-Akte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht Konstanz hat die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 24.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2010 zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht aus Anlass des am 13.07.2006 erlittenen Arbeitsunfalls keine Verletztenrente zu.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Nachdem das - wegen Eintritts von Arbeitsunfähigkeit auf Grund psychoreaktiver Störungen erstmals ab 08.08.2006 gewährte - Verletztengeld bestandskräftig mit Bescheid vom 18.11.2008 zum 04.02.2008 eingestellt wurde, kann die beantragte Verletztenrente in analoger Anwendung des § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII frühestens ab 05.02.2008 beginnen (dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2010, L 10 U 550/08 in juris Rdnr. 31; KassKomm/Ricke, Sozialversicherungsrecht, § 72 SGB VII Rdnr. 3), so dass die MdE vorliegend auch erst ab diesem Zeitpunkt zu bewerten ist.
Das Ereignis vom 13.07.2006 ist ein Arbeitsunfall in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat das Unfallereignis in dem angefochtenen Bescheid vom 24.07.2008 selbst als Arbeitsunfall bezeichnet und als Folgen hiervon eine abgeklungene Anpassungsstörung und eine abgeheilte Prellung des rechten Handgelenkes aufgeführt. Streitig ist zwischen den Beteiligten aber, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch das Unfallereignis in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert ist.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Unstrittig hat der Kläger durch das Unfallereignis eine abgeheilte Prellung des rechten Handgelenks erlitten. Darüber hinaus litt bzw. leidet der Kläger an einer psychoreaktiven Erkrankung als weiterer Unfallfolge, die als (jedenfalls im weiteren Verlauf unvollständige) PTBS oder als Anpassungsstörung zu bezeichnen ist und deren Auswirkung mit Blick auf die MdE streitig ist.
Unter einer PTBS versteht man nach ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision) F43.1 eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Hingegen handelt es sich bei Anpassungsstörungen nach ICD-10 F43.2 um Zustände subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten.
In diesem Zusammenhang diagnostizierte die behandelnde Psychotherapeutin und Nervenärztin Dr. W. im September 2006, also gut zwei Monate nach dem Unfall, erstmals eine posttraumatische Belastungsreaktion mit Flashbacks, Grübeln und Schlafstörungen (Bl. 14 VerwA), die sie dann im Februar 2007 - trotz Beschreibung des Klägers als "energetisch, humorvoll, nicht depressiv" - als PTBS bezeichnete (Bl. 32 VerwA). Auch im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung im Mai/Juni 2007 wurde unter anderem eine PTBS und eine leichtgradige depressive Episode festgestellt (Bl. 49 VerwA); der Dipl. -Psych. und Psychologische Psychotherapeut P. diagnostizierte eine PTBS im Oktober 2007. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. stellte zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung im März 2009 ebenfalls eine - wenn auch abklingende - PTBS fest (Bl. 364 VerwA). Schließlich ist auch der Sachverständige Prof. Dr. S. von einer unvollständig abgeklungenen PTBS ausgegangen (Bl. 36 LSG-Akte). Der Sachverständige Dr. H. (Bl. 43 f. SG-Akte) und der Beratungsarzt Dr. M. (Bl. 383 VerwA) haben die unmittelbar nach dem Unfall bestehende krankheitswertige psychoreaktive Störung hingegen "eher" als Anpassungsstörung, weniger als PTBS bezeichnet. Von letzterem Krankheitsbild (abgeklungene Anpassungsstörung) ist auch die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid ausgegangen.
Unter Berücksichtigung der genannten Definitionen nach dem ICD-10 litt der Kläger jedenfalls ab 05.02.2008, dem Tag nach Einstellung der Gewährung von Verletztengeld, nicht mehr an einem Vollbild der PTBS. Zwar geht der Senat davon aus, dass das unmittelbare Erleben eines tödlichen Verkehrsunfalls für den beteiligten Kläger ein außergewöhnlich belastendes, existenzbedrohendes Ereignis darstellen kann, allerdings spricht der weitere Behandlungsverlauf nach dem Unfall nicht für eine definitionsgemäße posttraumatische Belastungsstörung. Darauf weist auch Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hin, wenn er darauf aufmerksam macht, die mitgeteilten psychopathologischen Befunde korrelierten wenig mit dem Bild einer schweren seelischen Erschütterung wie bei einer PTBS (Bl. 384 VerwA). Der Sachverständige Dr. H. hat in diesem Zusammenhang das Fehlen eines Vermeidungsverhaltens bemängelt (Bl. 43 SG-Akte). Auch der Sachverständige Prof. Dr. S. ist - jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Untersuchung - nur mehr von einem inkompletten Krankheitsbild der PTBS ausgegangen, da die Kriterien der Reizvermeidung und die anhaltenden Symptome eines erhöhten Arousals nicht bzw. allenfalls unvollständig vorhanden seien (Bl. 34 LSG-Akte).
Angesichts dieser Befunde spricht Vieles dafür, die psychische Erkrankung des Klägers als Anpassungsstörung zu qualifizieren, wie dies auch die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid tat. Letztlich kann die Entscheidung zwischen beiden - sich in verschiedenen Symptomen überschneidenden - psychischen Krankheitsbildern jedoch offenbleiben, da sich die Bewertung der MdE nach den - seit 05.02.2008 - verbliebenen funktionalen Beeinträchtigungen (dazu später ausführlich bei der Beurteilung der MdE) richtet. Nicht zu überzeugen vermag in diesem Zusammenhang jedenfalls die Feststellung Prof. Dr. Stevens, beim Kläger lägen - auch in der Vergangenheit - keine psychiatrischen Erkrankungen vor (Bl. 300 f. VerwA), da er die beim Kläger durch andere (Fach-)Ärzte tatsächlich festgestellten Befunde (Schlafstörungen mit Alpträumen, Intrusionen, Flashbacks, Unruhe mit vegetativer Begleitsymptomatik, Niedergeschlagenheit, verminderter Antrieb und verminderte Lebensfreude, Gereiztheit, Grübelneigung, Ängste, Konzentrationsstörungen ) gar keinem psychiatrischem Krankheitsbild zuordnete.
Der somit ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Anpassungsstörung bzw. der (inkompletten) PTBS wird - auch angesichts des im Vorfeld diesbezüglich unauffälligen Vorerkrankungsverzeichnisses (Bl. 15 Verw¬A) - von keinem der eine solche Erkrankung annehmenden Mediziner ernsthaft in Zweifel gezogen. Angedeutet finden sich konkurrierende Ursachen im Rentengutachten der Dr. Dipl.-Psych. K.-H. , wenn diese dort anderweitige Konflikte im familiären Bereich anspricht (Bl. 342 Rs., 343 Rs. VerwA), ohne diesen jedoch ein wesentliches Gewicht beizumessen. Auch der Senat geht davon aus, dass die vorliegenden psychischen Störungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem Ursachenzusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehen. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S. diagnostizierte leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia ist hingegen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Denn der Ursachenzusammenhang ist nicht wahrscheinlich, sondern nur möglich, soweit der Sachverständige erläutert hat, die depressive Störung könne eine Begleitreaktion der PTBS sein bzw. eine Reaktion auf diese PTBS, sie könne aber auch unabhängig davon bestehen (Bl. 36 LSG-Akte).
Die hier ausschließlich auf psychiatrischem Fachgebiet zu beurteilenden Unfallfolgen bewirken ab 05.02.2008 eine MdE des Klägers von weniger als 20 v.H. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit sich derartige Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze sind sowohl eine Anpassungsstörung mit stärkergradiger sozial-kommunikativer Beeinträchtigung zusätzlich zur psychisch-emotionalen Störung wie Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität oder Rückzug als auch eine PTBS mit unvollständig ausgeprägtem Störungsbild (Teil- oder Restsymptomatik) mit einer MdE von bis 20 v.H. zu bewerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 156 f.). Legt man nun für die Bewertung der MdE die auf den Arbeitsunfall zurückzuführenden psychischen Beeinträchtigungen des Klägers im November 2007 zu Grunde, dann bestehen für den damaligen Zeitpunkt durchaus Anhaltspunkte, die für eine MdE in rentenberechtigendem Grade sprechen könnten. Allerdings ist in Anbetracht der ab 2008 nur noch in geringerem Ausmaß nachgewiesenen funktionalen Auswirkungen der psychischen Beeinträchtigungen der genannte Bewertungsrahmen ("bis 20 v.H.") nicht auszuschöpfen; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der nachfolgend dargestellten Verbesserung der psychischen Symptomatik, der fehlenden objektiven Behandlungsbedürftigkeit und des weitgehend unbeeinträchtigten Sozialverhaltens des Klägers.
Noch im November 2007 beschrieb die - den Kläger zu diesem Zeitpunkt noch 14-tägig behandelnde - Nervenärztin und Psychotherapeutin Dr. W. , der Kläger leide besonders nachts an "Flash backs", in denen sich sein Unfall wie ein Film wiederhole und er durch heftiges Grübeln am Einschlafen gehindert werde; der davon herrührende Schlafmangel führe dann zur Arbeitsunfähigkeit am nächsten Tag (Bl. 109 VerwA). Diese Schilderung deckt sich weitestgehend mit der im Oktober 2007 stattgefundenen psychologischen Evaluation durch den Dipl.-Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten P. , dem der Kläger berichtete, er wache jede Nacht schweißgebadet bei Alpträumen vom Unfall auf und sei beinahe jeden Morgen völlig gerädert, leide an Schuldgefühlen und wiederkehrenden Intrusionen (Bl. 97 VerwA).
Bereits zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. S. im Juni 2008 (für den Zeitraum zwischen November 2007 und Juni 2008 liegen keine aussagekräftigen Befunde vor) verneinte der Kläger dann allerdings tagsüber auftretende belastende Erinnerungen an das Unfallereignis, das sei - so die Schilderung gegenüber dem Gutachter - nur dann der Fall, wenn ihn irgendetwas an den Unfall erinnere. Auch wiederkehrende Träume von dem Ereignis verneinte der Kläger, ebenso das Auftreten einer psychischen oder körperlichen Reaktion bei Konfrontation mit Hinweisreizen. Auch die Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen, verneinte der Kläger, wie auch die Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Unfalls zu erinnern. Der Kläger räumte gegenüber Prof. Dr. S. zwar das Gefühl der Entfremdung von anderen ein, allerdings verneinte er eine eingeschränkte Bandbreite des Affekts, er sei nach eigenen Angaben vielmehr sensibler geworden. Ebenso verneinte er dem Gutachter gegenüber Schwierigkeiten, sich durchzusetzen, Konzentrationsstörungen und übertriebene Wachsamkeit (Bl. 294 VerwA). Das psychologische Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. T. ergab im Bereich der Persönlichkeitsdiagnostik im Wesentlichen normgerechte Stressverarbeitungsstrategien (Bl. 321 VerwA).
Auch die Schilderung des Unfallereignisses und die Demonstration der Fotografien des Unfalls erfolgten - so Prof. Dr. S. bereits im Juni 2008 - vollständig gelassen (Bl. 293 VerwA). Dabei handelt es sich um eine Beobachtung, die später in gleicher Weise auch die Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. S. gemacht haben. So hat der Kläger bei Dr. H. im April 2011 den ganzen Ablauf des Unfalls sehr detailliert und ruhig ohne vegetative Begleitreaktionen geschildert (Bl. 28, 34, 40 SG-Akte). Auch Prof. Dr. S. hat - im April 2012 - die Schilderungen des Klägers über den Unfall als sachlich, ruhig und ausführlich erlebt, ohne dass dieser dabei erregt, angespannt oder beängstigt gewirkt hat. Entsprechende Symptome hat der Kläger auf Nachfrage von Prof. Dr. S. ausdrücklich verneint (Bl. 34 LSG-Akte).
Eine Besserung der psychischen Symptomatik zwischen November 2007 und Juni 2008 lässt sich auch aus dem Behandlungsverlauf ableiten. Danach bestand - bezogen auf das hier zu beurteilende Ausmaß der fortbestehenden psychischen Beeinträchtigungen - seit 2008 auch keine Behandlungsbedürftigkeit des Klägers. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. H. hat der Kläger im Rahmen von dessen gutachterlicher Untersuchung im April 2011 berichtet, in der ersten Zeit den Unfall immer wieder in Bildern oder auch im Traum wiedererlebt zu haben, er habe die Schreie gehört und vor allem die große Blutlache gesehen. Diese Reaktionen hätten sich allerdings dann im Rahmen der ambulanten Psychotherapie und der stationären Rehamaßnahme in G. (Mai/Juni 2007) gebessert (Bl. 28 f. SG-Akte). Weiter schilderte der Kläger Dr. H. , die nach dem Unfall ambulant behandelnde Dr. W. habe er nach einiger Zeit nur noch in größeren Abständen aufgesucht und danach habe er die Therapie abgeschlossen (Bl. 31 SG-Akte). Tatsächlich beendete der Kläger die - von ihm "als sehr hilfreich" empfundene (Bl. 39 SG-Akte) - ambulante Psychotherapie bei Dr. W. am 27.05.2008 (Bl. 44 SG-Akte) nach seinen eigenen Angaben "erfolgreich" (Bl. 41 SG-Akte). Diese Aussagen stehen zwar in gewissem Widerspruch zur Bemerkung Dr. W. s gegenüber der Beklagten vom 14.03.2008, wonach die ambulante Therapie ausgereizt sei und sie mit dem Kläger nicht weiterkomme, weshalb sie eine Vorstellung des Klägers in der Traumaamabulanz als "Chance" bezeichnete (Bl. 259 VerwA). Alternative Behandlungen hat der Kläger jedoch gerade nicht in die Wege geleitet, den von Dr. W. vereinbarten Termin in der Traumaambulanz nahm er nicht wahr. Auf einen besonderen Leidensdruck wegen erheblicher Beeinträchtigungen lässt dies gerade nicht schließen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H. hat keinerlei Behandlung mehr stattgefunden, weder hausärztlich noch nervenärztlich, weder medikamentös noch psychotherapeutisch (Bl. 41 SG-Akte). Soweit der Kläger gegenüber Prof. Dr. S. äußerte, er sei "eigentlich sehr an einer Psychotherapie interessiert" (Bl. 24 LSG-Akte), er habe jedoch das Gefühl, zwischen die Stühle gefallen zu sein und dass keiner mehr an einer Therapie interessiert sei, kontrastiert diese Aussage zu seinem vorhergehenden Verhalten. Weder Dr. H. noch Prof. Dr. S. haben aber auf einen objektiv bestehenden Behandlungsbedarf hingewiesen.
Aus der Tatsache, dass der Kläger - ausgehend von einem Leistungsfall im Februar 2008 - eine bis September 2010 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat, gilt mit Blick auf die MdE nichts anderes. Die damals, im März 2009, im sozialgerichtlichen Verfahren mit der Begutachtung des Klägers beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. ging vielmehr von einer Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von mindestens sechs Stunden aus (Bl. 365 VerwA). Sie ließ dabei ausdrücklich offen, inwieweit eine ungeklärte Konfliktsituation mit den Brüdern dazu beigetragen hatte, dass eine Annäherung des Klägers an den Gerüstbauerberuf in dem Familienbetrieb nicht wieder möglich war (Bl. 364 VerwA). Die Gutachterin beschrieb den Kläger im Rahmen ihres psychischen Befundes als nicht tiefergehend depressiv, fand weder Hinweise auf wesentliche Antriebsstörungen noch Anhaltspunkte für eine psychotische Erkrankung; die Auffassung, Konzentration, Umstellungsfähigkeit und mnestische Funktionen erlebte sie als regelrecht (Bl. 363 Rs. VerwA). Ausdrücklich wies sie auf deutliche Normalisierungstendenzen bei der Gestaltung des Alltags hin (Bl. 364 VerwA). Soweit die Gutachterin darauf hinwies, es komme bei Konfrontationen mit Hinweisreizen glaubhaft zu einer akuten Exacerbation der an und für sich schon in Besserung begriffenen Symptome, wobei sich als maßgebliche Trigger insbesondere mit dem Gerüstbau oder direkt mit dem Unfallereignis verbundene Situationen darstellten (Bl. 364, 365 VerwA), kann daraus keine wesentliche Leistungsminderung abgeleitet werden, da sich die geschilderte Symptomatik allein auf die Selbsteinschätzung des Klägers gründet. Darauf machte zu Recht bereits der Beratungsarzt Dr. M. aufmerksam (Bl. 384 VerwA). Auf eine solche Selbsteinschätzung vermag der Senat aber nicht maßgeblich abzustellen. Denn Dr. M. wies auch auf die - von keinem der beteiligten Mediziner auf den Arbeitsunfall zurückzuführende - schwach ausgeprägte Motivation des Klägers hin. Nachdem bereits die behandelnde Psychotherapeutin Dr. W. an der Motivation des Klägers zweifelte (Bl. 259 VerwA), bestätigte sich dieser Zweifel bei der Untersuchung durch Dipl.-Psych. Thies ("insgesamt unzureichende Leistungsmotivation", Bl. 321 VerwA) und im weiteren Verlauf auch im Rahmen der von Seiten der gesetzlichen Rentenversicherung im Februar 2010 durchgeführten Leistungserprobung ("zum Teil Hinweise auf eine geringe Motivation bei der Mitwirkung", Bl. 354 Rs. VerwA). Dem entsprechend folgt der Senat auch nicht der - gerade auf das Ergebnis der Leistungserprobung maßgeblich abstellenden und der Erwerbsmindernde zu Grunde liegenden - Stellungnahme von Dr. S. , die ohnehin im Widerspruch zur Leistungsbeurteilung von Dr. Dipl.-Psych. K.-H. stand.
Nimmt man darüber hinaus das soziale Leben und Umfeld des Klägers als Indikator für das Ausmaß der psychoreaktiven Beeinträchtigungen in den Blick, fällt auf, dass bereits im Oktober 2007 der Dipl.-Psych. und Psychologische Psychotherapeut P. berichtete, der Kläger sei in seinem Heimatort gut sozial integriert, seine Interessen und Aktivitäten hätten sich (durch den und nach dem Unfall) nicht wesentlich verändert, er spiele im Verein Fußball und Boule (Bl. 98 VerwA). Auch Prof. Dr. S. schilderte im Juni 2008, der Kläger betreibe viel Sport und beschäftige sich mit dem Versorgen von Haus und Garten (Bl. 295 VerwA). Später hat auch der Sachverständige Dr. H. darauf aufmerksam gemacht, beim Kläger bestünden keinerlei Hinweise auf Interessenverlust oder Freudlosigkeit, das Selbstwertgefühl sei nicht beeinträchtigt (Bl. 34 SG-Akte); aufgeführt finden sich auch Hinweise auf vielfältige Freizeitaktivitäten und einen reichlichen Bekanntenkreis (Bl. 40 SG-Akte). Dr. H. geht in seiner Einschätzung sogar so weit, dass sich im April 2011 im Grunde kein wesentlicher pathologischer Befund (mehr) ergeben habe. Die Tatsache, dass jemand, der einen Unfall erlitten habe, auf entsprechende Schlüsselreize "daran denke", sei selbstverständlich, aber nicht als krankhaft zu werten. Dies entspreche alles nicht einer seelischen Krankheit, sondern einer ganz normalen Erinnerung an ein eindrucksvolles Erlebnis (Bl. 44 SG-Akte).
Auch die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S. selbst erhobenen Befunde rechtfertigen nicht die von ihm mit 20 v.H. bewertete MdE. Schließlich hat insbesondere er darauf hingewiesen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensfreude und Beziehungsfähigkeit - wie sie bei einer PTBS leichteren Ausmaßes zu erwarten wäre - nicht vorliegt (Bl. 35 LSG-Akte). Der Sachverständige kann sich selbst nicht erklären, weshalb der Kläger nicht mehr arbeiten kann (Bl. 35 LSG-Akte). Eine wesentliche Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens lässt sich vor diesem Hintergrund nicht belegen. Prof. Dr. S. kann sich auch nicht erklären, weshalb der Kläger "offenbar" einige Stunden recht gut und dann plötzlich überhaupt nicht mehr arbeiten kann (Bl. 35 LSG-Akte). Ihm gegenüber hat der Kläger zwar - neben gelegentlichen Durchschlafstörungen und Alpträumen (Bl. 24, 30 LSG-Akte) - in typischer Weise die charakteristische Symptomatik der Intrusionen und Flashbacks geschildert, die sich ungewollt aufdrängten; dies vorwiegend nachts, tagsüber mehr mit Grübelinhalten. Die zeitliche Intensität dieser Intrusionen beschreibt Prof. Dr. S. allerdings als begrenzt, jedenfalls nicht täglich auftretend. Sonstige vegetative Störungen hat der Kläger dem Sachverständigen nicht berichtet, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen hat er im Laufe der weiteren Exploration selbst relativiert (Bl. 34 LSG-Akte). Allein mit seiner Aussage, "in Anbetracht der doch nicht unerheblichen eingetretenen Beeinträchtigungen" den Bewertungsspielraum für die MdE von "bis 20 v.H." ausschöpfen zu "wollen", vermag Prof. Dr. S. seine Einschätzung nicht hinreichend mit objektivierten Befunden zu unterlegen.
Im Ergebnis schließt sich der Senat somit der Beurteilung von Dr. H. an, wonach jedenfalls seit 05.02.2008 eine rentenberechtigende MdE nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall.
Der am 1959 geborene Kläger erlitt am 13.07.2006 bei seiner beruflichen Tätigkeit als Gerüstbauer einen Verkehrsunfall, als er als Fahrer eines Lkw mit einem Pkw zusammenstieß; dabei zog er sich gemäß des Durchgangsarztberichts von PD Dr. W. vom 19.07.2006 Kontusionen am rechten Handgelenk und am rechten oberen Sprunggelenk zu, die jedoch keine (so PD Dr. W. , Bl. 1 VerwA) bzw. nur am 18.07.2009 (vgl. Vorerkrankungsverzeichnis, Bl. 15 VerwA) Arbeitsunfähigkeit begründeten. Der Fahrer des Pkw, der dem Kläger die Vorfahrt genommen hatte, verstarb am Unfallort. Ausweislich des polizeilichen Ermittlungsberichts (Bl. 166 ff. VerwA) erlitt der Kläger unter dem Eindruck des Geschehens zusätzlich einen "Unfallschock" (so auch der Neurologe und Psychiater Dr. M. als Beratungsarzt der Beklagten, Bl. 383 VerwA).
Ab dem 08.08.2006 erhielt der Kläger wegen psychischer Beschwerden Verletztengeld, dessen Bezug die Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 18.11.2008 zum 04.02.2008 beendete (Bl. 328 VerwA). Auslöser der Verletztengeldzahlung war die am 08.08.2006 erstmals bescheinigte Arbeitsunfähigkeit auf Grund einer auf den Unfall zurückzuführenden posttraumatischen Belastung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin M. (Bl. 25 f. VerwA). Im weiteren Behandlungsverlauf stellte die den Kläger weiterbehandelnde Psychotherapeutin und Nervenärztin Dr. W. am 25.09.2006 die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsreaktion nach Arbeitsunfall mit Flashbacks, Grübeln und Schlafstörungen (Bl. 14 VerwA; im weiteren Verlauf auch eine posttraumatische Belastungsstörung - PTBS -, z.B. Bl. 32 VerwA), deren Symptomatik sie auch noch im November 2007 - bei bis dahin 14-tägiger Behandlungsfrequenz - bestätigte (Bl. 109 VerwA). Im Mai/Juni 2007 fand in der Reha-Klinik G. eine Rehabilitationsbehandlung statt; auch dabei wurde - unter Hinweis auf auftretende Flashbacks, häufiges Unruhegefühl mit vegetativer Begleitsymptomatik, Durchschlafstörungen, Niedergeschlagenheit, verminderten Antrieb und verminderte Lebensfreude, vermehrte Gereiztheit, Grübelneigung/Gedankenkreisen, diffuse Ängste und Konzentrationsprobleme (Bl. 54 VerwA) - u.a. eine PTBS mit einer leichtgradigen depressiven Episode diagnostiziert (Bl. 49 VerwA). Die Diagnose PTBS fand sich ebenfalls - bei Beschreibung vergleichbarer Symptome wie im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung - in der psychologischen Evaluation für die Beklagte durch den Dipl. -Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten P. im Oktober 2007 (Bl. 97 VerwA). Eine von Dr. W. im März 2008 empfohlene Vorstellung in der Traumambulanz der Fachklinik H. M. nahm der Kläger nicht war. Im Mai 2008 endete die Behandlung durch Dr. W. (Bl. 337 f. VerwA).
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg gewährte dem Kläger - unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles am 28.02.2008 und wegen Beschwerden überwiegend auf nervenärztlich/psychiatrischem Fachgebiet (beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. S. , Bl. 351 f. VerwA angesichts des Abbruchs der täglichen Arbeit nach vier Stunden durch den Kläger während einer Belastungserprobung bestehe ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.09.2008 bis 30.09.2010 (Bl. 370 VerwA). Eine Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente erfolgte nicht (vgl. Bl. 26 LSG-Akte).
Nach Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. S. (Bl. 291 ff. VerwA; mit Zusatzgutachten durch die Dipl.-Psych. T. , Bl. 314 ff. VerwA), der bei seiner Untersuchung im Juni 2008 - unter Annahme eines regelrechten neurologischen und psychischen Befundes (Bl. 300 VerwA) - keine Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, insbesondere keine PTBS feststellte (Bl. 301 VerwA), lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 mit Bescheid vom 24.07.2008 und unter Berücksichtigung einer abgeklungenen Anpassungsstörung sowie einer abgeheilten Prellung des rechten Handgelenks als Unfallfolgen ab (Bl. 306 VerwA). Dabei ging sie davon aus, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.07.2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2010 zurück (Bl. 386 VerwA). Berücksichtigung fand dabei u.a. das - aus dem sozialgerichtlichen Rentenverfahren beigezogene - Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. (Bl. 338 ff. VerwA), die zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung im März 2009 eine abklingende PTBS nach dem Unfallereignis 2006 diagnostiziert und ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht hatte (Bl. 364 VerwA). Grundlage des Widerspruchsbescheides war auch die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. M. (Bl. 379 ff. VerwA), der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von einem psychischen Erstschaden im Sinne eines Unfallschocks (Bl. 383 VerwA) sowie einer "eher milde ausgeprägten" PTBS, besser aber einer Anpassungsstörung mit zwischenzeitlich geringen Auswirkungen auf den Alltag ausging (Bl. 383 f. VerwA).
Dagegen hat der Kläger am 21.12.2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben. Das Sozialgericht hat eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. veranlasst (Bl. 21 ff. SG-Akte). Nach Untersuchung des Klägers im April 2011 hat - so die Einschätzung durch den Sachverständigen - unmittelbar nach dem Arbeitsunfall eine krankheitswertige psychoreaktive Störung bestanden. Diese habe sich allerdings unter Therapie stetig gebessert, so dass auch die ambulante Psychotherapie bei Dr. W. am 27.05.2008 abgeschlossen worden sei (Bl. 43 f. SG-Akte). Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 05.02.2008 sei nicht mehr zu begründen (Bl. 45 f. SG-Akte). Auf dieser Grundlage hat das Sozialgericht Konstanz die Klage mit Urteil vom 03.08.2011 abgewiesen.
Mit der am 24.08.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegten Berufung hat der Kläger sein Ziel der Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.08.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.07.2006 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem Nervenarzt und Psychotherapeuten Prof. Dr. S. in Auftrag gegeben (Bl. 18 ff. LSG-Akte). Dieser hat eine unvollständig abgeklungene PTBS sowie eine leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia diagnostiziert, wobei zumindest die PTBS mit großer Wahrscheinlichkeit und auch in wesentlicher Weise ausschließlich durch den Arbeitsunfall am 13.07.2006 verursacht worden sei. Die depressive Störung, die insgesamt nicht sehr ausgeprägt sei, könne eine Begleitreaktion der posttraumatischen Belastungsstörung bzw. eine Reaktion auf die Symptomatik sein, sie könnte aber auch unabhängig davon bestehen. In Anbetracht der nicht unerheblichen Beeinträchtigungen hat der Sachverständige die MdE für die unvollständig abgeklungene posttraumatische Belastungsstörung mit 20 v. H. bewertet(Bl. 36 LSG-Akte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht Konstanz hat die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 24.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2010 zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht aus Anlass des am 13.07.2006 erlittenen Arbeitsunfalls keine Verletztenrente zu.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Nachdem das - wegen Eintritts von Arbeitsunfähigkeit auf Grund psychoreaktiver Störungen erstmals ab 08.08.2006 gewährte - Verletztengeld bestandskräftig mit Bescheid vom 18.11.2008 zum 04.02.2008 eingestellt wurde, kann die beantragte Verletztenrente in analoger Anwendung des § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII frühestens ab 05.02.2008 beginnen (dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2010, L 10 U 550/08 in juris Rdnr. 31; KassKomm/Ricke, Sozialversicherungsrecht, § 72 SGB VII Rdnr. 3), so dass die MdE vorliegend auch erst ab diesem Zeitpunkt zu bewerten ist.
Das Ereignis vom 13.07.2006 ist ein Arbeitsunfall in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Beklagte hat das Unfallereignis in dem angefochtenen Bescheid vom 24.07.2008 selbst als Arbeitsunfall bezeichnet und als Folgen hiervon eine abgeklungene Anpassungsstörung und eine abgeheilte Prellung des rechten Handgelenkes aufgeführt. Streitig ist zwischen den Beteiligten aber, ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch das Unfallereignis in rentenberechtigendem Ausmaß gemindert ist.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Unstrittig hat der Kläger durch das Unfallereignis eine abgeheilte Prellung des rechten Handgelenks erlitten. Darüber hinaus litt bzw. leidet der Kläger an einer psychoreaktiven Erkrankung als weiterer Unfallfolge, die als (jedenfalls im weiteren Verlauf unvollständige) PTBS oder als Anpassungsstörung zu bezeichnen ist und deren Auswirkung mit Blick auf die MdE streitig ist.
Unter einer PTBS versteht man nach ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision) F43.1 eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Hingegen handelt es sich bei Anpassungsstörungen nach ICD-10 F43.2 um Zustände subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten.
In diesem Zusammenhang diagnostizierte die behandelnde Psychotherapeutin und Nervenärztin Dr. W. im September 2006, also gut zwei Monate nach dem Unfall, erstmals eine posttraumatische Belastungsreaktion mit Flashbacks, Grübeln und Schlafstörungen (Bl. 14 VerwA), die sie dann im Februar 2007 - trotz Beschreibung des Klägers als "energetisch, humorvoll, nicht depressiv" - als PTBS bezeichnete (Bl. 32 VerwA). Auch im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung im Mai/Juni 2007 wurde unter anderem eine PTBS und eine leichtgradige depressive Episode festgestellt (Bl. 49 VerwA); der Dipl. -Psych. und Psychologische Psychotherapeut P. diagnostizierte eine PTBS im Oktober 2007. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. stellte zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung im März 2009 ebenfalls eine - wenn auch abklingende - PTBS fest (Bl. 364 VerwA). Schließlich ist auch der Sachverständige Prof. Dr. S. von einer unvollständig abgeklungenen PTBS ausgegangen (Bl. 36 LSG-Akte). Der Sachverständige Dr. H. (Bl. 43 f. SG-Akte) und der Beratungsarzt Dr. M. (Bl. 383 VerwA) haben die unmittelbar nach dem Unfall bestehende krankheitswertige psychoreaktive Störung hingegen "eher" als Anpassungsstörung, weniger als PTBS bezeichnet. Von letzterem Krankheitsbild (abgeklungene Anpassungsstörung) ist auch die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid ausgegangen.
Unter Berücksichtigung der genannten Definitionen nach dem ICD-10 litt der Kläger jedenfalls ab 05.02.2008, dem Tag nach Einstellung der Gewährung von Verletztengeld, nicht mehr an einem Vollbild der PTBS. Zwar geht der Senat davon aus, dass das unmittelbare Erleben eines tödlichen Verkehrsunfalls für den beteiligten Kläger ein außergewöhnlich belastendes, existenzbedrohendes Ereignis darstellen kann, allerdings spricht der weitere Behandlungsverlauf nach dem Unfall nicht für eine definitionsgemäße posttraumatische Belastungsstörung. Darauf weist auch Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hin, wenn er darauf aufmerksam macht, die mitgeteilten psychopathologischen Befunde korrelierten wenig mit dem Bild einer schweren seelischen Erschütterung wie bei einer PTBS (Bl. 384 VerwA). Der Sachverständige Dr. H. hat in diesem Zusammenhang das Fehlen eines Vermeidungsverhaltens bemängelt (Bl. 43 SG-Akte). Auch der Sachverständige Prof. Dr. S. ist - jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Untersuchung - nur mehr von einem inkompletten Krankheitsbild der PTBS ausgegangen, da die Kriterien der Reizvermeidung und die anhaltenden Symptome eines erhöhten Arousals nicht bzw. allenfalls unvollständig vorhanden seien (Bl. 34 LSG-Akte).
Angesichts dieser Befunde spricht Vieles dafür, die psychische Erkrankung des Klägers als Anpassungsstörung zu qualifizieren, wie dies auch die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid tat. Letztlich kann die Entscheidung zwischen beiden - sich in verschiedenen Symptomen überschneidenden - psychischen Krankheitsbildern jedoch offenbleiben, da sich die Bewertung der MdE nach den - seit 05.02.2008 - verbliebenen funktionalen Beeinträchtigungen (dazu später ausführlich bei der Beurteilung der MdE) richtet. Nicht zu überzeugen vermag in diesem Zusammenhang jedenfalls die Feststellung Prof. Dr. Stevens, beim Kläger lägen - auch in der Vergangenheit - keine psychiatrischen Erkrankungen vor (Bl. 300 f. VerwA), da er die beim Kläger durch andere (Fach-)Ärzte tatsächlich festgestellten Befunde (Schlafstörungen mit Alpträumen, Intrusionen, Flashbacks, Unruhe mit vegetativer Begleitsymptomatik, Niedergeschlagenheit, verminderter Antrieb und verminderte Lebensfreude, Gereiztheit, Grübelneigung, Ängste, Konzentrationsstörungen ) gar keinem psychiatrischem Krankheitsbild zuordnete.
Der somit ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Anpassungsstörung bzw. der (inkompletten) PTBS wird - auch angesichts des im Vorfeld diesbezüglich unauffälligen Vorerkrankungsverzeichnisses (Bl. 15 Verw¬A) - von keinem der eine solche Erkrankung annehmenden Mediziner ernsthaft in Zweifel gezogen. Angedeutet finden sich konkurrierende Ursachen im Rentengutachten der Dr. Dipl.-Psych. K.-H. , wenn diese dort anderweitige Konflikte im familiären Bereich anspricht (Bl. 342 Rs., 343 Rs. VerwA), ohne diesen jedoch ein wesentliches Gewicht beizumessen. Auch der Senat geht davon aus, dass die vorliegenden psychischen Störungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in einem Ursachenzusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehen. Die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S. diagnostizierte leichte depressive Störung im Sinne einer Dysthymia ist hingegen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Denn der Ursachenzusammenhang ist nicht wahrscheinlich, sondern nur möglich, soweit der Sachverständige erläutert hat, die depressive Störung könne eine Begleitreaktion der PTBS sein bzw. eine Reaktion auf diese PTBS, sie könne aber auch unabhängig davon bestehen (Bl. 36 LSG-Akte).
Die hier ausschließlich auf psychiatrischem Fachgebiet zu beurteilenden Unfallfolgen bewirken ab 05.02.2008 eine MdE des Klägers von weniger als 20 v.H. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit sich derartige Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze sind sowohl eine Anpassungsstörung mit stärkergradiger sozial-kommunikativer Beeinträchtigung zusätzlich zur psychisch-emotionalen Störung wie Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität oder Rückzug als auch eine PTBS mit unvollständig ausgeprägtem Störungsbild (Teil- oder Restsymptomatik) mit einer MdE von bis 20 v.H. zu bewerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 156 f.). Legt man nun für die Bewertung der MdE die auf den Arbeitsunfall zurückzuführenden psychischen Beeinträchtigungen des Klägers im November 2007 zu Grunde, dann bestehen für den damaligen Zeitpunkt durchaus Anhaltspunkte, die für eine MdE in rentenberechtigendem Grade sprechen könnten. Allerdings ist in Anbetracht der ab 2008 nur noch in geringerem Ausmaß nachgewiesenen funktionalen Auswirkungen der psychischen Beeinträchtigungen der genannte Bewertungsrahmen ("bis 20 v.H.") nicht auszuschöpfen; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der nachfolgend dargestellten Verbesserung der psychischen Symptomatik, der fehlenden objektiven Behandlungsbedürftigkeit und des weitgehend unbeeinträchtigten Sozialverhaltens des Klägers.
Noch im November 2007 beschrieb die - den Kläger zu diesem Zeitpunkt noch 14-tägig behandelnde - Nervenärztin und Psychotherapeutin Dr. W. , der Kläger leide besonders nachts an "Flash backs", in denen sich sein Unfall wie ein Film wiederhole und er durch heftiges Grübeln am Einschlafen gehindert werde; der davon herrührende Schlafmangel führe dann zur Arbeitsunfähigkeit am nächsten Tag (Bl. 109 VerwA). Diese Schilderung deckt sich weitestgehend mit der im Oktober 2007 stattgefundenen psychologischen Evaluation durch den Dipl.-Psych. und Psychologischen Psychotherapeuten P. , dem der Kläger berichtete, er wache jede Nacht schweißgebadet bei Alpträumen vom Unfall auf und sei beinahe jeden Morgen völlig gerädert, leide an Schuldgefühlen und wiederkehrenden Intrusionen (Bl. 97 VerwA).
Bereits zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. S. im Juni 2008 (für den Zeitraum zwischen November 2007 und Juni 2008 liegen keine aussagekräftigen Befunde vor) verneinte der Kläger dann allerdings tagsüber auftretende belastende Erinnerungen an das Unfallereignis, das sei - so die Schilderung gegenüber dem Gutachter - nur dann der Fall, wenn ihn irgendetwas an den Unfall erinnere. Auch wiederkehrende Träume von dem Ereignis verneinte der Kläger, ebenso das Auftreten einer psychischen oder körperlichen Reaktion bei Konfrontation mit Hinweisreizen. Auch die Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen, Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen, verneinte der Kläger, wie auch die Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Unfalls zu erinnern. Der Kläger räumte gegenüber Prof. Dr. S. zwar das Gefühl der Entfremdung von anderen ein, allerdings verneinte er eine eingeschränkte Bandbreite des Affekts, er sei nach eigenen Angaben vielmehr sensibler geworden. Ebenso verneinte er dem Gutachter gegenüber Schwierigkeiten, sich durchzusetzen, Konzentrationsstörungen und übertriebene Wachsamkeit (Bl. 294 VerwA). Das psychologische Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. T. ergab im Bereich der Persönlichkeitsdiagnostik im Wesentlichen normgerechte Stressverarbeitungsstrategien (Bl. 321 VerwA).
Auch die Schilderung des Unfallereignisses und die Demonstration der Fotografien des Unfalls erfolgten - so Prof. Dr. S. bereits im Juni 2008 - vollständig gelassen (Bl. 293 VerwA). Dabei handelt es sich um eine Beobachtung, die später in gleicher Weise auch die Sachverständigen Dr. H. und Prof. Dr. S. gemacht haben. So hat der Kläger bei Dr. H. im April 2011 den ganzen Ablauf des Unfalls sehr detailliert und ruhig ohne vegetative Begleitreaktionen geschildert (Bl. 28, 34, 40 SG-Akte). Auch Prof. Dr. S. hat - im April 2012 - die Schilderungen des Klägers über den Unfall als sachlich, ruhig und ausführlich erlebt, ohne dass dieser dabei erregt, angespannt oder beängstigt gewirkt hat. Entsprechende Symptome hat der Kläger auf Nachfrage von Prof. Dr. S. ausdrücklich verneint (Bl. 34 LSG-Akte).
Eine Besserung der psychischen Symptomatik zwischen November 2007 und Juni 2008 lässt sich auch aus dem Behandlungsverlauf ableiten. Danach bestand - bezogen auf das hier zu beurteilende Ausmaß der fortbestehenden psychischen Beeinträchtigungen - seit 2008 auch keine Behandlungsbedürftigkeit des Klägers. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. H. hat der Kläger im Rahmen von dessen gutachterlicher Untersuchung im April 2011 berichtet, in der ersten Zeit den Unfall immer wieder in Bildern oder auch im Traum wiedererlebt zu haben, er habe die Schreie gehört und vor allem die große Blutlache gesehen. Diese Reaktionen hätten sich allerdings dann im Rahmen der ambulanten Psychotherapie und der stationären Rehamaßnahme in G. (Mai/Juni 2007) gebessert (Bl. 28 f. SG-Akte). Weiter schilderte der Kläger Dr. H. , die nach dem Unfall ambulant behandelnde Dr. W. habe er nach einiger Zeit nur noch in größeren Abständen aufgesucht und danach habe er die Therapie abgeschlossen (Bl. 31 SG-Akte). Tatsächlich beendete der Kläger die - von ihm "als sehr hilfreich" empfundene (Bl. 39 SG-Akte) - ambulante Psychotherapie bei Dr. W. am 27.05.2008 (Bl. 44 SG-Akte) nach seinen eigenen Angaben "erfolgreich" (Bl. 41 SG-Akte). Diese Aussagen stehen zwar in gewissem Widerspruch zur Bemerkung Dr. W. s gegenüber der Beklagten vom 14.03.2008, wonach die ambulante Therapie ausgereizt sei und sie mit dem Kläger nicht weiterkomme, weshalb sie eine Vorstellung des Klägers in der Traumaamabulanz als "Chance" bezeichnete (Bl. 259 VerwA). Alternative Behandlungen hat der Kläger jedoch gerade nicht in die Wege geleitet, den von Dr. W. vereinbarten Termin in der Traumaambulanz nahm er nicht wahr. Auf einen besonderen Leidensdruck wegen erheblicher Beeinträchtigungen lässt dies gerade nicht schließen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H. hat keinerlei Behandlung mehr stattgefunden, weder hausärztlich noch nervenärztlich, weder medikamentös noch psychotherapeutisch (Bl. 41 SG-Akte). Soweit der Kläger gegenüber Prof. Dr. S. äußerte, er sei "eigentlich sehr an einer Psychotherapie interessiert" (Bl. 24 LSG-Akte), er habe jedoch das Gefühl, zwischen die Stühle gefallen zu sein und dass keiner mehr an einer Therapie interessiert sei, kontrastiert diese Aussage zu seinem vorhergehenden Verhalten. Weder Dr. H. noch Prof. Dr. S. haben aber auf einen objektiv bestehenden Behandlungsbedarf hingewiesen.
Aus der Tatsache, dass der Kläger - ausgehend von einem Leistungsfall im Februar 2008 - eine bis September 2010 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat, gilt mit Blick auf die MdE nichts anderes. Die damals, im März 2009, im sozialgerichtlichen Verfahren mit der Begutachtung des Klägers beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. ging vielmehr von einer Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von mindestens sechs Stunden aus (Bl. 365 VerwA). Sie ließ dabei ausdrücklich offen, inwieweit eine ungeklärte Konfliktsituation mit den Brüdern dazu beigetragen hatte, dass eine Annäherung des Klägers an den Gerüstbauerberuf in dem Familienbetrieb nicht wieder möglich war (Bl. 364 VerwA). Die Gutachterin beschrieb den Kläger im Rahmen ihres psychischen Befundes als nicht tiefergehend depressiv, fand weder Hinweise auf wesentliche Antriebsstörungen noch Anhaltspunkte für eine psychotische Erkrankung; die Auffassung, Konzentration, Umstellungsfähigkeit und mnestische Funktionen erlebte sie als regelrecht (Bl. 363 Rs. VerwA). Ausdrücklich wies sie auf deutliche Normalisierungstendenzen bei der Gestaltung des Alltags hin (Bl. 364 VerwA). Soweit die Gutachterin darauf hinwies, es komme bei Konfrontationen mit Hinweisreizen glaubhaft zu einer akuten Exacerbation der an und für sich schon in Besserung begriffenen Symptome, wobei sich als maßgebliche Trigger insbesondere mit dem Gerüstbau oder direkt mit dem Unfallereignis verbundene Situationen darstellten (Bl. 364, 365 VerwA), kann daraus keine wesentliche Leistungsminderung abgeleitet werden, da sich die geschilderte Symptomatik allein auf die Selbsteinschätzung des Klägers gründet. Darauf machte zu Recht bereits der Beratungsarzt Dr. M. aufmerksam (Bl. 384 VerwA). Auf eine solche Selbsteinschätzung vermag der Senat aber nicht maßgeblich abzustellen. Denn Dr. M. wies auch auf die - von keinem der beteiligten Mediziner auf den Arbeitsunfall zurückzuführende - schwach ausgeprägte Motivation des Klägers hin. Nachdem bereits die behandelnde Psychotherapeutin Dr. W. an der Motivation des Klägers zweifelte (Bl. 259 VerwA), bestätigte sich dieser Zweifel bei der Untersuchung durch Dipl.-Psych. Thies ("insgesamt unzureichende Leistungsmotivation", Bl. 321 VerwA) und im weiteren Verlauf auch im Rahmen der von Seiten der gesetzlichen Rentenversicherung im Februar 2010 durchgeführten Leistungserprobung ("zum Teil Hinweise auf eine geringe Motivation bei der Mitwirkung", Bl. 354 Rs. VerwA). Dem entsprechend folgt der Senat auch nicht der - gerade auf das Ergebnis der Leistungserprobung maßgeblich abstellenden und der Erwerbsmindernde zu Grunde liegenden - Stellungnahme von Dr. S. , die ohnehin im Widerspruch zur Leistungsbeurteilung von Dr. Dipl.-Psych. K.-H. stand.
Nimmt man darüber hinaus das soziale Leben und Umfeld des Klägers als Indikator für das Ausmaß der psychoreaktiven Beeinträchtigungen in den Blick, fällt auf, dass bereits im Oktober 2007 der Dipl.-Psych. und Psychologische Psychotherapeut P. berichtete, der Kläger sei in seinem Heimatort gut sozial integriert, seine Interessen und Aktivitäten hätten sich (durch den und nach dem Unfall) nicht wesentlich verändert, er spiele im Verein Fußball und Boule (Bl. 98 VerwA). Auch Prof. Dr. S. schilderte im Juni 2008, der Kläger betreibe viel Sport und beschäftige sich mit dem Versorgen von Haus und Garten (Bl. 295 VerwA). Später hat auch der Sachverständige Dr. H. darauf aufmerksam gemacht, beim Kläger bestünden keinerlei Hinweise auf Interessenverlust oder Freudlosigkeit, das Selbstwertgefühl sei nicht beeinträchtigt (Bl. 34 SG-Akte); aufgeführt finden sich auch Hinweise auf vielfältige Freizeitaktivitäten und einen reichlichen Bekanntenkreis (Bl. 40 SG-Akte). Dr. H. geht in seiner Einschätzung sogar so weit, dass sich im April 2011 im Grunde kein wesentlicher pathologischer Befund (mehr) ergeben habe. Die Tatsache, dass jemand, der einen Unfall erlitten habe, auf entsprechende Schlüsselreize "daran denke", sei selbstverständlich, aber nicht als krankhaft zu werten. Dies entspreche alles nicht einer seelischen Krankheit, sondern einer ganz normalen Erinnerung an ein eindrucksvolles Erlebnis (Bl. 44 SG-Akte).
Auch die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S. selbst erhobenen Befunde rechtfertigen nicht die von ihm mit 20 v.H. bewertete MdE. Schließlich hat insbesondere er darauf hingewiesen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensfreude und Beziehungsfähigkeit - wie sie bei einer PTBS leichteren Ausmaßes zu erwarten wäre - nicht vorliegt (Bl. 35 LSG-Akte). Der Sachverständige kann sich selbst nicht erklären, weshalb der Kläger nicht mehr arbeiten kann (Bl. 35 LSG-Akte). Eine wesentliche Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens lässt sich vor diesem Hintergrund nicht belegen. Prof. Dr. S. kann sich auch nicht erklären, weshalb der Kläger "offenbar" einige Stunden recht gut und dann plötzlich überhaupt nicht mehr arbeiten kann (Bl. 35 LSG-Akte). Ihm gegenüber hat der Kläger zwar - neben gelegentlichen Durchschlafstörungen und Alpträumen (Bl. 24, 30 LSG-Akte) - in typischer Weise die charakteristische Symptomatik der Intrusionen und Flashbacks geschildert, die sich ungewollt aufdrängten; dies vorwiegend nachts, tagsüber mehr mit Grübelinhalten. Die zeitliche Intensität dieser Intrusionen beschreibt Prof. Dr. S. allerdings als begrenzt, jedenfalls nicht täglich auftretend. Sonstige vegetative Störungen hat der Kläger dem Sachverständigen nicht berichtet, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen hat er im Laufe der weiteren Exploration selbst relativiert (Bl. 34 LSG-Akte). Allein mit seiner Aussage, "in Anbetracht der doch nicht unerheblichen eingetretenen Beeinträchtigungen" den Bewertungsspielraum für die MdE von "bis 20 v.H." ausschöpfen zu "wollen", vermag Prof. Dr. S. seine Einschätzung nicht hinreichend mit objektivierten Befunden zu unterlegen.
Im Ergebnis schließt sich der Senat somit der Beurteilung von Dr. H. an, wonach jedenfalls seit 05.02.2008 eine rentenberechtigende MdE nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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