L 8 U 741/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 4945/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 741/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt höheres Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Klägerin ist die Witwe des 1940 geborenen und am 24.11.2006 (Sterbeurkunde Bl. 1175f) verstorbenen Versicherten B. V. (künftig V).

V erlitt am 25.04.1985 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich insbesondere eine Mehretagenfraktur der Halswirbelkörper 1 bis 5 zuzog (Durchgangsarztbericht Dr. Bri. vom 02.05.1985 Bl. 5 Verwaltungsakte). Mit (vorliegend streitgegenständlichem) Bescheid vom 02.10.1986 bewilligte die Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft (eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, künftig Beklagte) V aus Anlass einer unfallbedingten Hilflosigkeit (Teil-Querschnittslähmung mit eingeschränkter Blasen- und Mastdarmfunktion) ab dem 06.03.1986 bis auf weiteres Pflegegeld i.H.v. 40 v.H. des jeweiligen monatlichen Höchstbetrages. Zuvor hatte die Beklagte das orthopädische Zusatzgutachten des Dr. Bru. vom 27.06.1986 (Bl. 221-224 Verwaltungsakte), der aus orthopädischer Sicht die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 60 v.H. bewertete und das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Professor Dr. He. vom 15.07.1986 (Bl. 225-230 Verwaltungsakte) mit Ergänzung vom 27.08.1986 (Bl. 250 Verwaltungsakte), der auf neurologischem Gebiet die MdE auf 80 v.H. und die Gesamt-MdE auf 100 v.H. einschätzte, sowie die beratungsärztliche Stellungnahme von PD Dr. T. vom 15.09.1986, der den Pflegesatz mit 40 v.H. des Höchstbetrages einschätzte, eingeholt.

Mit Bescheid vom 22.12.1986 (Bl. 337 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte V wegen der Folgen des Arbeitsunfalles Dauerrente nach einer MdE um 100 v.H. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt eine Teil-Querschnittslähmung mit schwerer Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule, linksseitigen Ausfällen und Funktionslosigkeit des Armes, geringe Blasen- und Mastdarmstörungen, Potenzstörungen sowie ein Schmerzsyndrom im Hals-Oberarm-Bereich nach Mehrfach-Etagenbruch der Halswirbelsäule und nachfolgender Versteifungsoperation der Halswirbelkörper 3 bis 6.

Der von der Klägerin zur Verfolgung von Ansprüchen auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bevollmächtigte Rentenberater trug mit Schreiben vom 27.07.2009 (Bl. 1346 Verwaltungsakte) -u.a.- vor, das mit 40 v.H. der Gesamtsumme bezogene Pflegegeld sei offensichtlich etwas zu niedrig bemessen. Im Hinblick auf den Pflegegeldbescheid werde hiermit ein Überprüfungsantrag gestellt.

Im Hinblick auf den Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldanspruches entschied die Beklagte - ausgehend von einem Anwendungsfall nach § 48 Abs. 1 SGB X - mit Bescheid vom 05.11.2009 (Bl. 1365 Verwaltungsakte), dass ein Anspruch auf eine entsprechende Leistungserbringung gemäß § 59 SGB I ausgeschlossen sei. Aufgrund der Bestimmungen des § 59 SGB I habe die Klägerin keinen Anspruch auf eine rückwirkende Erhöhung des Pflegegeldes.

Gegen den Bescheid vom 05.11.2009 erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 17.11.2009 Widerspruch. Sie trug vor, § 59 SGB I schließe § 44 SGB X nicht aus. Das Verfahrensrecht aus § 44 SGB X gehe als Nachlass- und Erbanspruch auf den Sonderrechtsnachfolger über. Mit Schreiben vom 26.11.2009 (Bl. 1386 Verwaltungsakte), 15.04.2010 (Bl. 1482 Verwaltungsakte) und 24.06.2010 (Bl. 1505 Verwaltungsakte) erläuterte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Feststellung der Pflegegeldgewährung i.H.v. 40 v.H. des monatlichen Höchstbetrages. Hierzu äußerte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 18.02.2010 (Bl. 1465 Verwaltungsakte), 04.05.2010 (Bl. 1499 Verwaltungsakte) und 09.07.2010 (Bl. 1508 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 25.08.2010 (Bl. 1529 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 02.10.1986 nach § 44 SGB X ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Höhe des Pflegegeldanspruches habe sich am Grad der unfallbedingten Hilflosigkeit ausgerichtet. Aufgrund der seinerzeitigen medizinischen und verwaltungsseitigen Feststellungen habe V wegen der Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule und des linken Armes insbesondere beim An-/Auskleiden und bei der Körperpflege der Hilfe der Ehefrau bedurft. Der rechte Arm und die Beine seien durchaus einsatzfähig gewesen. V habe selbständig einen PKW gefahren. Er sei seinerzeit häufig außerhäuslich unterwegs gewesen. Nach den seinerzeit geltenden "Anhaltspunkten für die Bemessung von Pflegegeld" sei ein Pflegegeld von 50 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages beispielshaft zu gewähren, bei Verlust beider Beine im Oberschenkel und/oder bei vollständiger Lähmung beider Beine und i.H.v. 60 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages beispielshaft zu gewähren an Blinde, Hirnverletzte mit Anfällen oder organischen Hirnleistungsstörungen. Ein hiermit vergleichbarer Unfallfolgezustand mit Hilflosigkeit habe bei V zum Feststellungszeitpunkt keinesfalls vorgelegen. Weder aus dem Vortrag der Klägerin ab Juli 2009 noch aus dem Akteninhalt ergäben sich Anhaltspunkte dahin, dass V 1986 ein höherer Pflegegeldanspruch zugestanden habe. Zudem müssten auch die Grenzen des Einschätzungsspielraums verletzt/überschritten worden seien. Ein Anwendungsfall nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liege somit nicht vor. Der Bescheid vom 02.10.1986 sei nicht aufzuheben. Der Bescheid sei gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 05.11.2009 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 05.11.2009 sowie mit angefochtenem Bescheid vom 25.08.2010 sei eine Pflegegelderhöhung für V sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Verschlimmerung sowie auch der Aufhebung des Pflegegeldbescheides vom 02.10.1986 abgelehnt worden. Es sei festgestellt worden, dass zum erstmaligen Zeitpunkt der Feststellung des Pflegegeldes am 02.10.1986 keine rechtswidrige Entscheidung ergangen sei und auch danach keine neuen Tatsachen, Erkenntnisse oder Beweismittel bekannt geworden seien, die bei der damaligen Entscheidung nicht vorgelegen hätten oder fehlerhaft nicht berücksichtigt worden seien. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Pflegegelderhöhung unter dem Gesichtspunkt des § 48 SGB X.

Eine am 18.08.2010 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Untätigkeitsklage (S 9 U 4216/10) erklärte die Klägerin nach Ergehen des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2010 in der Hauptsache für erledigt (Schriftsatz vom 08.10.2010).

Am 27.09.2010 erhob die Klägerin beim SG Klage gegen den Bescheid vom 05.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2010 (S 9 U 4945/10). Außerdem erhob die Klägerin am 29.09.2010 Klage gegen den Bescheid vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2010 (S 9 U 4979/10), die das SG zum Verfahren S 9 U 4945/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verband (Beschluss vom 10.02.2011).

Die Klägerin trug zur Begründung ihrer Klagen - im Wesentlichen - vor, die Beklagte wolle ihre Sachverhaltsdarstellung nicht zur Kenntnis nehmen. Man könne eine Person, die im Prinzip die linke Körperhälfte nicht mehr ordnungsgemäß habe bewegen und sogar Hilfe beim Anziehen benötigt habe, nicht mit einem Pflegegeld von 40 v.H. abspeisen. Es müsse darauf hingewiesen werden, dass V querschnittsgelähmt gewesen sei. Da sich die Beklagte zur Sache im Grunde überhaupt nicht eingelassen habe, sondern im Bereich von Behauptungen verblieben sei, könne eine weitergehende Begründung nicht abgegeben werden.

Die Beklagte trat den Klagen entgegen. Ein Anwendungsfall nach § 44 SGB X liege nicht vor. Einem Anwendungsfall nach § 48 SGB X stehe die Ausschlussbestimmung des § 59 SGB I entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.02.2013 wies das SG die Klagen ab. Es führte zur Begründung aus, die Klagen seien zulässig. Dies gelte auch für die Klage gegen den Bescheid vom 25.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2010. Die Klagen seien jedoch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine rückwirkende Gewährung höheren Pflegegeldes für V und keinen Anspruch auf eine rückwirkende Teilrücknahme oder Teilaufhebung des Bescheides vom 02.10.1996. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien hinsichtlich des Bescheides vom 02.10.1986 nicht erfüllt. Die Festsetzung eines Pflegegeldes i.H.v. 40 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages sei angesichts des damaligen Unfallfolgezustandes, wie er in den der Entscheidung zu Grunde liegenden ärztlichen Gutachten dokumentiert sei, sowie der damals gültigen Anhaltspunkte für die Bemessung des Pflegegeldes überzeugend. Auf die Darlegungen in den Schreiben der Beklagten vom 15.04.2010 und 24.06.2010 sowie im angefochtenen Bescheid vom 25.08.2010 werde verwiesen, denen das Gericht nach eigener Prüfung folge. Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X stützen. Hinsichtlich der Pflegegeldhöhe sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Selbst wenn eine wesentliche Änderung unterstellt werde, seien zunächst entstandene Ansprüche des V auf höheres Pflegegeld gemäß § 59 Satz 2 SGB I mit seinem Tod erloschen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 20.02.2013 eingelegte Berufung. Sie hat zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen (Schriftsatz vom 26.02.2014).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Februar 2013 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 5. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2010 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Zurücknahme des Bescheides vom 2. Oktober 1986 zu verurteilen, ihr im Rahmen der Sonderrechtsnachfolge nach § 48 SGB X erhöhtes Pflegegeld zu zahlen, sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 2. Oktober 1986 gemäß § 44 SGB X Pflegegeld von mehr als 40 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf neun Band Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beim SG und vor dem Senat angefallenen Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin entscheiden können, denn in der den Beteiligten ordnungsgemäß zugegangenen Ladung zum Termin war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin vom 26.02.2014 nach ihrem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst.

Die gemäß § 151 SGG fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig.

Soweit die Klägerin unter teilweiser Zurücknahme des Bescheides vom 2. Oktober 1986 höheres Pflegegeld im Zugunstenverfahren begehrt, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheids zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheids unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die - zutreffend für zulässig erachteten - Klagen zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 02.10.1986 im Wege des Zugunstenverfahrens gemäß § 44 SGB X nicht zu (1.). Sie hat auch keinen Anspruch auf höheres Pflegegeld gemäß § 48 SGB X (2.).

1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.).

§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X führt zwei Alternativen an, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht erfüllt. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet, dass die Festsetzung eines Pflegegeldes i.H.v. 40 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages angesichts des damaligen Unfallfolgezustandes des V, wie er in den der Entscheidung zu Grunde liegenden ärztlichen Gutachten dokumentiert ist, sowie der damals gültigen Anhaltspunkte für die Bemessung des Pflegegeldes überzeugend und damit der Bescheid vom 02.10.1986 nicht rechtswidrig ist. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die hierzu gemachten Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt auszuführen:

Die Beklagte hat bei der Bemessung der Höhe des Pflegegeldes im Bescheid vom 02.10.1986 Kategorie C Nr. 1 der Anhaltspunkte für die Bemessung von Pflegegeld zu § 558 RVO (vergleiche hierzu Lauterbach, UV, 3. Auflage, Stand September 1995) zu Grunde gelegt, wie der Senat der beratungsärztlichen Stellungnahme des PD Dr. T. vom 15.09.1986 entnimmt. Nach dieser Kategorie wurden ein Pflegegeld i.H.v. 80 v.H. bei Teilquerschnittsgelähmten mit Blasen- und Mastdarmlähmung angenommen. Ein solcher Zustand lag bei V nach den in den Gutachten von Dr. Bru. vom 27.06.1986 und Professor Dr. He. vom 15.07.1986 beschriebenen Befunden bei V (bei weitem) nicht vor. Danach bestanden beim Kläger (orthopädischerseits) eine schwere Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule sowie ein therapieresistentes posttraumatisches Cervikobrachial-Syndrom beidseits im Vordergrund. Nach der im Gutachten vom 27.06.1986 wiedergegebenen Beschwerdeschilderung des V bestand eine mit Pausen nahezu unbegrenzte Gehstrecke. Auf neurologischem Fachgebiet bestand bei V nach dem Gutachten vom 15.07.1986 ein inkomplettes Querschnittsyndrom ab C 3 mit links- und armbetonter Tetraparese und nur geringgradigen Blasen- und Mastdarmstörungen sowie Potenzstörungen und ein Schmerzsyndrom im Cerviko-Brachial-Bereich bei schwerer Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule. Danach erachtet auch der Senat die im Bescheid vom 02.10.1986 erfolgte Festsetzung des Pflegegeldes i.H.v. 40 v.H. des jeweiligen Höchstbetrages nicht für unangemessen niedrig, sondern für ermessensgerecht.

Dies ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch die Beklagte auch mit Schreiben vom 26.11.2009, 15.04.2010 und 24.06.2010 ausführlich erläutert sowie in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 25.08.2010 begründet worden. Seine Meinung, die Beklagte habe sich zur Sache im Grunde überhaupt nicht eingelassen, trifft nicht zu. Gegen die Erläuterungen der Beklagten hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch keine fundierten/substantiierten Gesichtspunkte dargetan, die geeignet wären, das vorliegend streitige Begehren der Klägerin stützen. Er beließ es vielmehr bei einem vagen Vorbringen, das pauschal auf eine Querschnittslähmung des V abstellt, aber den Umstand ausblendet, dass diese nur inkomplett ausgebildet war und deswegen nur mit einer links- und armbetonten Tetraparese einher ging. V war in der Lage, den rechten Arm bis auf feinmotorischen Bewegungen weit gehend im Alltag zu nutzen. Die Schulter- und Ellenbogengelenksbeweglichkeit war bis 90° Hebung/Beugung möglich (vergleiche das Gutachten vom 27.06.1986). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zudem im Berufungsverfahren keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine der Klägerin günstigere Entscheidung rechtfertigen können.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Neufeststellung eines höheren Pflegegeldes gemäß § 48 SGB X besteht nicht. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides unter Darstellung der maßgeblichen Rechtsvorschriften zutreffend begründet, dass eine zu berücksichtigende wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Selbst wenn eine wesentliche Änderung unterstellt würde, sind zunächst entstandene Ansprüche des V auf höheres Pflegegeld gemäß § 59 Satz 2 SGB I mit seinem Tod erloschen. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung auch insoweit zum selben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hierzu gemachten Ausführungen des SG ebenfalls Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Neue Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ausführungen geben, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreites nicht aufgezeigt. Vielmehr hat er sein Vorbringen maßgeblich auf das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X ausgerichtet.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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