L 13 R 2510/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 5482/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2510/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1955 geborene Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung absolviert und war als Fabrikarbeiterin (Löterin) sowie als Reinemachefrau berufstätig. Seit 2004 ist sie arbeitslos.

Den ersten Rentenantrag vom 18. Mai 2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2006 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Grundlage der Entscheidung war u.a. ein Gutachten der Internistin Dr. Ra. vom 19. Juni 2006 (Diagnosen [D:] Asthma bronchiale, Bluthochdruck, rezidivierende Hals-Schulter-Armbeschwerden ohne Funktionseinschränkung und ohne degenerative Veränderungen, Übergewicht, euthyreote Struma, Zustand nach Borrelliose; leichte und mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr arbeitstäglich möglich).

Am 14. Oktober 2009 beantragte die Klägerin wiederum die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2010 ab, weil die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei.

Grundlage dieser Entscheidung waren beigezogene Berichte behandelnder Ärzte sowie das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ve. vom 17. Dezember 2009. Dieser diagnostizierte eine Angst und Depression gemischt, derzeit leicht bis mittelschwer ausgeprägt, einen unsystematischen Schwindel, Spannungskopfschmerzen, ein asymptomatisches, flächiges Meningiom der Schädelbasis, eine arterielle Hypertonie sowie ein Asthma Bronchiale. Die Klägerin sei in der Lage, mittelschwere Tätigkeiten sowie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Löterin weiterhin ohne zeitliche Einschränkung auszuüben.

Deswegen hat die Klägerin am 27. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ax. sowie der Internist und Hausarzt Dr. Kl. haben unter dem 29. Dezember 2011 bzw. 3. Januar 2012 mitgeteilt, keine Beurteilung der Leistungsfähigkeit abgeben zu können. Die Fachärztin für Innere Medizin/Hausärztliche Versorgung Dr. Ho. hat unter dem 5. Januar 2012 angegeben, die Klägerin sei in der Lage, leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten sechs Stunden täglich auszuüben. Der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. Ko. hat in seiner Auskunft vom 19. Januar 2012 mitgeteilt, bei der Klägerin bestehe eine anhaltende Depressivität im Rahmen einer Dysthymia, die Klägerin könne knapp halbschichtig (drei bis vier Stunden täglich) arbeiten. Das SG hat daraufhin die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. veranlasst. In seinem Sachverständigengutachten vom 25. September 2012 hat der Sachverständige ausgeführt, bei der Klägerin lägen folgende Krankheiten vor: Intermittierende depressive Verstimmungen (ICD 10: F 32.9), Tentoriummingeom rechtsseitig ohne Anhalt für eine relevante klinische Symptomatik, arterielle Hypertonie, medikamentös behandelt, Fettstoffwechselstörung, medikamentös behandelt, anamnestisch Lungenleiden, keine pulmonale Symptomatik, gegenwärtig keine spezifischen Therapiemaßnahmen, Adipositas I, Wirbelsäulenbeschwerden, keine signifikanten sensomotorischen Ausfälle. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen zu verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien zu vermeiden. Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Treppensteigen, mit Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht leidensgerecht. Arbeiten mit und an laufenden Maschinen seien möglich. Auch seien Tätigkeiten an Büromaschinen möglich. Die Tätigkeiten sollten nicht in Nachtschicht als psychogener Stressor sein. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr. Das geistige Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt, ebenso sei das Verantwortungsbewusstsein nicht eingeschränkt. Tätigkeiten mit vermehrt emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential seien nicht vertretbar. Es liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünftage-Woche vor. Die Klägerin hat noch Arztbriefe der Orthopäden Dres. We. vom 3. April und 12. April 2013 vorgelegt.

Mit Urteil vom 7. Mai 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, denn die Klägerin sei in der Lage, was sich aus den Gutachten des Dr. Schn., der Befragung der behandelnden Ärzte sowie dem Gutachten des Dr. Ve. ergebe, arbeitstäglich sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des SG verwiesen.

Gegen das am 15. Mai 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 17. Juni 2013 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wird sinngemäß vorgetragen, das SG habe sich nicht ausreichend mit der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ko. auseinandergesetzt. Ebenso habe der Sachverständige Dr. Schn. sich nicht mit den Grundlagen der Diagnosen des Dr. Ko. auseinandergesetzt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Auf Anforderung des Senats hat der behandelnde Facharzt für Nervenheilkunde Dr. Ko. die Arztbriefe vom 6. Juni 2013 der Dr. De. über eine Kernspintomographie des Schädels und von Dr. Ko. an Dr. Ax. vom 24. Juli 2013 vorgelegt.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beabsichtigt sei, was möglich sei, wenn der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie auf die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen einer solchen Rente nicht erfüllt, weil sie aufgrund ihres bisherigen Berufs und der von ihr verrichteten Tätigkeiten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und entsprechende leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist festzustellen, dass der Senat ebenfalls dem auch ihn überzeugenden schlüssigen Gutachten des Dr. Schn. folgt. Dieser hat nach eingehender Untersuchung und auch mit Berücksichtigung der Vorbefunde, insbesondere auch der Ausführungen des Dr. Ko., die Gesundheitsstörungen der Klägerin in Gesamtschau aller ärztlichen Äußerungen zutreffend erfasst und die daraus resultierenden Einschränkungen bei Ausübung beruflicher Tätigkeiten schlüssig und für den Senat nachvollziehbar beurteilt. Zuletzt hat der behandelnde Arzt Dr. Ko. am 22. Juli 2013 (vgl. Arztbrief vom 24. Juli 2013) festgestellt, dass bei der Klägerin unter der Medikamentengabe Doxepin ein "guter Nachtschlaf und eine gute Stimmung" bestanden hat. Nach der im Juni 2013 durchgeführten MRT-Untersuchung des Schädels hat sich eine Änderung gegenüber den Voruntersuchungen nicht feststellen lassen. Auch die Kniebeschwerden hätten sich unter Behandlung gebessert. Aufgrund dieser beschriebenen Besserungstendenz ist ein Anhalt dafür nicht ersichtlich, dass zwischenzeitlich die Leistungsfähigkeit der Klägerin weitergehend eingeschränkt sein könnte, als vom SG angenommen.

Vielmehr ist auch der Senat auf der Grundlage der medizinischen Ermittlungen davon überzeugt, dass die Klägerin in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der vom SG festgestellten qualitativen Einschränkungen, die jedoch nicht zu einer Benennungspflicht konkreter Verweisungstätigkeiten führen, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) sind im Übrigen ebenfalls nicht erfüllt. Eine Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten auch aus Gründen des Berufsschutzes ist nicht erforderlich, weil die Klägerin als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann.

Der Senat weist die Berufung deshalb zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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