L 8 U 2722/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 U 6503/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2722/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.04.2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch im Berufungsverfahren dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung weiterer Unfallfolgen sowie der fortdauernden Behandlungsbedürftigkeit wegen des Arbeitsunfalls des Klägers vom 21.02.2011 streitig.

Der Kläger, geboren 1976, arbeitet als Kfz-Mechaniker. Am 21.02.2011 fuhr er mit seinem PKW, einem tiefer gelegten Opel Vectra, zur Arbeit. Auf dem Parkplatz des Arbeitgebers angekommen, stieg er mit Schwung (Blatt 21 der SG-Akte) aus dem PKW aus und verhakte dabei seinen rechten Fuß unter dem Gaspedal, wobei er sich gleichzeitig wegdrehte (Verdrehung des Oberkörpers) und so das rechte Bein/Knie verdrehte (Zur Unfallanzeige vgl. Blatt 29 der Beklagtenakte). Dabei verspürte der Kläger ein Knacken sowie einen stechenden Schmerz im rechten Kniegelenk. Diesen Vorfall teilte der Kläger seinem Werkstattleiter mit und trug ihn in das Verbandsbuch ein (vgl. Blatt 31 der Senatsakte). Trotz des auch nach Tagen noch anhaltenden Schmerzes und einer Schwellung nahm der Kläger die Arbeit am Unfalltag auf bzw. arbeitete im Folgenden auch weiter. Das Knie wurde vom Kläger mit selbst gekauften Bandagen fixiert.

Nachdem Schmerz und Schwellung auch nach einigen Wochen nicht besser geworden waren, forderte der Werkstattleiter (vgl. Blatt 31 der Senatsakte) den Kläger auf, zum Arzt zu gehen. Am 20.04.2011 stellte sich der Kläger bei Dr. H., Orthopäde und Unfallchirurg, vor. In seinem H-Arzt-Bericht (Blatt 3 der Beklagtenakte) beschrieb Dr. H., das Röntgenbild habe eine geringgradige mediale Gelenkspaltverschmälerung mit positivem Rauberschem Zeichen gezeigt. Ansonsten sei kein pathologischer Befund ersichtlich gewesen. Es bestehe der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion am rechten Knie.

Bei einer von Dr. H. veranlassten (Blatt 6 der Beklagtenakte) MRT-Untersuchung bei Prof. P. vom 27.04.2011 (Blatt 5 der Beklagtenakte) zeigte sich ein horizontaler Riss im Intermediär-Segment des Außenmeniskus rechts bis an das Hinterhorn heranreichend, eine Überdrehung des vorderen Kreuzbandes, ein deutliches Bone bruise im Bereich des dorso-lateralen Tibiaplateaus sowie der proximalen Fibula, eine etwas ödematöse Plica mediopatellaris bei ansonsten regelrechter Darstellung des retropatellaren Knorpelbelages sowie ein allenfalls sehr geringgradiger Kniegelenkerguss.

Am 30.05.2011 erfolgte in der Stadtklinik B.-B. die arthroskopische Teilresektion des rechten Außenmeniskus des Klägers (Needling; zum Operationsbericht vgl. Blatt 9/10 der Beklagtenakte).

Die Beratungsärztin der Beklagten, Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. K., führte in einer für die Beklagte verfassten Stellungnahme vom 28.07.2011 aus, dass ein Horizontalriss immer eine degenerative Schädigung des Meniskus sei. Auf Grund des MRT-Befundes sei unfallabhängig keine Arthroskopie erforderlich gewesen. Die Überdehnung des rechten vorderen Kreuzbandes habe bis 29.05.2011 Behandlungsbedüftigkeit bedingt.

Mit Bescheid vom 25.08.2011 (Blatt 34 der Beklagtenakte) - schickte die Beklagte ein gleichlautendes Schreiben auch an den behandelnden Arzt Dr. C. (Blatt 33 der Beklagtenakte) - teilte die Beklagte mit, der im MRT vom 27.04.2011 festgestellte Riss des Meniskus sei nicht Folge des Unfalles, sondern degenerativer Art. Der geschilderte Unfallhergang sei nicht geeignet, einen Meniskusriss zu verursachen. Bei dem Ereignis vom 21.02.2011 habe der Kläger lediglich eine Überdehnung des rechten Kreuzbandes erlitten. Bei der Operation am 30.05.2011 sei das vordere Kreuzband ohne Befund gewesen. Behandlungsbedürftigkeit habe somit nur bis 29.05.2011 vorgelegen; die Arthroskopie sei nicht zu ihren Lasten durchzuführen gewesen. Dr. C. wurde aufgefordert, ab sofort keine Behandlung mehr zu Lasten der Beklagten durchzuführen.

Nach einem Telefonat mit der Beklagten (Blatt 41 der Beklagtenakte) erhob der Kläger am 01.09.2011 per Email (Blatt 42 der Beklagtenakte) Widerspruch. Die Knieschmerzen seien seit dem 21.02.2011 vorhanden, auch nach der Operation noch. In der Folge behandelte u.a. Dr. H. den Kläger (vgl. z.B. Zwischenberichte vom 15.09.2011, 12.10.2011, Blatt 47 (2) bzw. Blatt 62/63 der Beklagtenakte). Am 07.09.2011 erfolgte eine Kerspintomographie des rechten Kniegelenks (zum Bericht vgl. Blatt 53 der Beklagtenakte), bei der u.a. ein rückläufiges, residual vorhandenes Knochenmarködem des dorso-lateralen Tibiaplateaus sowie der proximalen Fibula, ein Plica mediopatellaris, die nicht in den Gelenkspalt hineinreiche, ein geringgradiger Gelenkerguss, eine lineare zentrale Signalanhebung des Außenmeniskus im Bereich des Hinterhorns und der Pars intermedia ohne Oberflächenkontakt sowie eine diskrete Bursitis präpatellaris subcutanea festgestellt wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011 (Blatt 59/61 der Beklagtenakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei der Unfallhergang nur geeignet gewesen, eine Überdehnung des vorderen rechten Kreuzbands, nicht aber einen Riss des Meniskus hervorzurufen.

Am 18.11.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Bei dem Unfall habe er ein hörbares Knacken vernommen (Blatt 7 der SG-Akte). Nach wie vor leide er unter starken Schmerzen im Knie, die seiner Ansicht nach auf das Unfallereignis zurückzuführen seien.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie, Chirotrherapie, Sportmedizin, Physikalische Therapie, Dr. G ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20/38 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 08.05.2012 ausgeführt, der Kläger leide am rechten Knie unter einem retropatellaren Schmerzsyndrom bei stärkerer Belastung des rechten Kniegelenks bei Zustand nach partieller Resektion des Außenmeniskus im Bereich der Pars intermedia und Needling des Horizontalrisses von intraartikulär und von außen ohne Bewegungseinschränkung, ohne Einklemmungserscheinungen, ohne Ergüsse. Der Befund spreche dafür, dass es zu einer deutlichen Krafteinwirkung auf den Bereich der rechten Innenseite des rechten Kniegelenks, der vorderen Kreuzbandes und des hinteren außenseitig gelegenen Schienbeinplateaus sowie des körpernahmen Wadenbeinköpfchens gekommen sei. Es sei zu einer mit Kraft ausgeführten Rotation zwischen Ober-/Unterschenkel gekommen. Größere degenerative Veränderungen fänden sich nicht. Der Unfallhergang sei grundsätzlich geeignet, einen Riss des Außenmeniskus hervorzurufen. Für dessen unfallbedingte Verursachung spreche auch und der deutliche bone bruise im Bereich des dorsolateralen Tibiaplateaus und des körpernahen Wadenbeins. Dieser sei bislang noch nicht berücksichtigt worden. Die vorliegenden Aufnahmen legten nahe, dass es bei dem Arbeitsunfall zu einer kombinierten Verletzung gekommen sei, bei dem das vordere Kreuzband überdehnt und eine Knochenkontusion des dorsolateralen Tibiaplateaus mit konsekutivem bone bruise Phänomen stattgefunden habe und in diesem Zusammenhang der Außenmeniskus eingequetscht worden sei. Die ebenfalls im Röntgenbild ersichtliche geringgradige Verschmälerung des medialen Gelenkspalts und der leichte Varusschwung bewirkten keine erhöhte Belastung des Außenmeniskus. Zusammenfassend zeige sich ein verletzungsspezifisches Schadensbild. Die Trias der Schädigung des Kniegelenks spreche dafür, dass dem Unfallgeschehen zumindest gleichwertige, wenn nicht übergeordnete Bedeutung für die Verursachung des Meniskusschadens zukomme. Der Kläger sei auf Grund dessen immer noch behandlungsbedürftig.

Für die Beklagt hat die Beratungsärztin Dr. H. unter dem Datum des 08.08.2012 Stellung genommen (Blatt 47/48 der SG-Akte). Dem Gutachten könne nicht gefolgt werden. Der Unfallmechanismus sei nicht geeignet, eine isolierte Außenmeniskusschädigung hervorzurufen. Im Übrigen habe der Kläger nach dem Unfall zwei Monate weiter gearbeitet, was bei einem akut kniegeschädigten Verletzten unplausibel sei.

Das SG hat mit Urteil vom 12.04.2013 unter Aufhebung des Bescheids vom 25.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2011 festgestellt, dass der Riss des rechten Außenmeniskus weitere Folge des Arbeitsunfalles vom 21.02.2011 sei und dass unfallbedingte Behandlungsbedüftigkeit auch über den 29.05.2011 hinaus bestehe. Der Riss des Außenmeniskus rechts, der Anlass zu der arthroskopischen Teilresektion am 30.05.2011 gegeben habe, sei auf Grundlage des Gutachtens von Dr. G. als weitere Folge des Arbeitsunfalls des Klägers vom 21.02.2011 anzusehen. Nach den aktenkundigen Feststellungen sei es zu einem unverhofften Verklemmen des rechten Fußes und damit zu einer mit Kraft ausgeführten Rotation zwischen Unter- und Oberschenkel gekommen. Dabei handle es sich anerkanntermaßen um einen Geschehensablauf, der einen Meniskusriss hervorrufen könne. Diese Auffassung des Gutachters stehe auch in Übereinstimmung mit der wissenschaftlichen Literatur (z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 2010, S. 618f, "Drehsturz"). Mit den dort beschriebenen Fällen sei der Geschehensablauf beim Arbeitsunfall des Klägers am 21.02.2011, als es beim Aussteigen aus seinem tiefer gelegten Wagen unter Drehung des Oberkörpers bei festgestelltem rechten Fuß zu einer Verletzung des rechten Knies gekommen sei, vergleichbar und in Einklang zu bringen. Des Weiteren habe Dr. G. beschrieben und erläutert, dass die beim Kläger vorliegenden Begleitverletzungen ebenfalls für eine unfallbedingte Genese des Außenmeniskusrisses sprächen. Angesichts der fundierten Schilderung des mechanischen Ablaufs habe sich die Kammer auch nicht der Einschätzung von Dr. H. anschließen könne, die meine, dass der von Dr. G. angenommene Drehsturzmechanismus immer nur geeignet sei, einen Riss des Innen-, nicht aber des Außenmeniskus zu verursachen. Zwar werde diese Auffassung so in der Wissenschaft vertreten. Von einer gesicherten wissenschaftlichen Lehrmeinung könne jedoch nicht die Rede sein. Außerdem habe Dr. G. festgestellt, dass beim Kläger keine nennenswerten degenerativen Abnutzungserscheinungen und damit keine konkurrierenden Ursachen für die Meniskusverletzung ersichtlich seien. Die alleine festgestellte geringgradige Verschmälerung des Gelenkspalts und der leichte Varusschwung führe nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu keiner erhöhten Belastung des Außenmeniskus. Damit seien keine konkurrierenden Ursachen für die Meniskusverletzung ersichtlich. Auch die Tatsache, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall zunächst weitergearbeitet und nicht sofort seine Arbeit niedergelegt habe, spreche für sich alleine genommen nicht gegen eine unfallbedingte Verursachung des Außenmeniskusrisses. Zwar seien ein starker Schmerz und damit verbunden eine sofortige Arbeitsniederlegung ein gewichtiges Indiz, nicht aber eine zwingend zu fordernde Voraussetzung für das Vorliegen einer traumatisch bedingten Meniskusruptur ist.

Gegen das ihr am 14.06.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.07.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mit den Einwendungen von Dr. H. setze sich das SG nicht auseinander. Vielmehr bejahe dieses einen Drehsturz. Dieser setze aber ein unüberwindliches äußeres Bewegungshindernis voraus. Auch habe Dr. G. nicht erörtert, dass der Schaden am Außenmeniskus, nicht am Innenmeniskus, entstanden sei. Auch sei die erst zwei Monate nach dem Unfall aufgenommene ärztliche Behandlung ein Indiz gegen einen unfallbedingten Meniskusschaden.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.04.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Unfallhergang habe sich so abgespielt, wie angegeben. Was das Fehlen von Bildern betreffe, so habe die Beklagte genügend Zeit gehabt, sich darum zu kümmern. Er wäre froh, wenn sein Knie zu 100 Prozent einsatzfähig wäre. Noch immer leide er unter einem Knacken, das auch im täglichen Arbeitsleben behindere.

Der Senat hat Beweis erhoben durch erneute Befragung des Gutachters Dr. G ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 17/19 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. G. hat in seiner Antwort vom 30.10.2013 u.a. ausgeführt, analysiere man den Unfallhergang, so schildere der Kläger eine ungewollte Fixation des Fußes durch das Verhaken des Schnürsenkels am Pedal; gleichzeitig sei eine Rotation des Oberkörpers erfolgt. Es handele sich somit um den Mechanismus eines festgestellten Fußes. Es bleibe daher festzuhalten, dass der Ereignisablauf prinzipiell geeignet sei, die in der Kernspintomographie des rechten Kniegelenkes beschriebene Veränderung (Horizontalriss im Intermediärsegment des Außenmeniskus, Überdehnung des vorderen Kreuzbandes und deutlicher bone bruise im Bereich des dorsolateralen Tibiaplateaus und körpernahen Wadenbeins) hervorzurufen. Es habe somit nicht eine isolierte Schädigung des Außenmeniskus vorgelegen, sondern die beschriebene Trias. Richtig werde von Dr. H. konstatiert, dass der Außenmeniskus eine größere Beweglichkeit als der Innenmeniskus besitze. Nicht richtig sei jedoch, dass nur ein isolierter Außenmeniskusschaden vorgelegen habe. Es sei vielmehr zu einer kombinierten Verletzung mit einer Überdehnung des vorderen Kreuzbandes, einer Knochenkontusion des dorsolateralen Tibiaplateaus mit konsekutivem bone bruise Phänomen und einem Horizontalriss im Intermediärsegment des Außenmeniskus gekommen. Soweit kritisiert werde, der Kläger habe erst nach 2 Monaten ärztliche Behandlung gesucht, kämen mehrere Komponenten zusammen: einerseits sei der Grad der Schädigung für den zeitlichen Abstand bis zum Aufsuchen des Arztes ein gewisser Indikator, aber nicht allein. Die Schmerzempfindlichkeit und die durch das Trauma hervorgerufene Funktionseinschränkung sei ebenfalls maßgeblich mit zu berücksichtigen. Insbesondere unter Berücksichtigung des MRT-Befundes mit der Beschreibung einer Überdehnung des vorderen Kreuzbandes und einem bone bruise Phänomen sei eine Traumatisierung unzweifelhaft. Auch könne eine fehlende Histologie kein Argument gegen einen fehlenden Unfallzusammenhang darstellen, ebensowenig die Knappheit des OP-Berichtes. Aufgrund der zweimal durchgeführten Kernspinuntersuchung (27.4.2011 und 07.09.2011) sei ersichtlich, dass sich das Knochenmarksödem in der Kontrolluntersuchung zurückgebildet habe, auch die Überdehnung des Kreuzbandes habe sich in der Kontrolluntersuchung nicht mehr nachweisen lassen. Aufgrund des Befundes der Kernspintomographie vom 27.4.2011 mit nachgewiesenem bone bruise, Horizontalriss im Intermediärsegment des Außenmeniskus und Überdehnung des vorderen Kreuzbandes 2 Monate nach dem geschilderten Trauma sei er der Ansicht, dass das Unfallereignis als rechtlich wesentliche Ursache des in der Arthroskopie behandelten Außenmeniskusrisses einzuschätzen sei.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 04.12.2013 (Blatt 21/29 der Senatsakte) darauf hingewiesen, dass der Fuß am 21.02.2013 keinesfalls fest fixiert gewesen sei. Hilfsweise sei auch ein radiologisches Zusatzgutachten einzuholen. Des Weiteren legte die Beklagte eine neuerliche Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. H. vom 30.11.2013 (Blatt 23/29 der Senatsakte) vor. Dass der Mechanismus eines festgestellten Fußes vorgelegen habe, sei nicht korrekt. Wenn der Schnürsenkel fixiert sei, heiße dies noch lange nicht, dass der Fuß fixiert sei. Bei der Operation habe sich zu diesem Zeitpunkt keinerlei Auffälligkeit des vorderen Kreuzbandes, keine Schublade, sondern nur eine Überdehnung mit Teilzerreißung einzelner Fasern gezeigt, dies mache aber keine Instabilität. Die Überdehnung des vorderen Kreuzbandes ohne klinische Instabilität hätte man so belassen können. Am 07.09.11 - nochmals kernspintomographisch untersucht - seien die Kreuz- und Kollateralbänder völlig intakt gewesen, das Bone-bruise-Phänomen habe sich zurückgebildet. Das Bone-bruise-Phänomen sei durch die Überdehnung des vorderen Kreuzbandes entstanden, die Ursache des Bone-bruise-Phänomens sei zum einen ein direktes stumpfes Trauma oder eine Kapselbandschädigung oder die die Folge einer Überdehnung des vorderen Kreuzbandes. Das Bore-bruise-Phänomen benötige einige Zeit, um sich zurückzubilden, sei aber nicht zwingend behandlungsbedürftig. Durch eine Überdehnung des vorderen Kreuzbandes entstehe keine Außenmeniskusläsion. Um den Außenmeniskus unfallbedingt zu schädigen, hätte das Kreuzband stärker rupturieren müssen. Auch stünden zwei Monate Weiterarbeit in einem kniebelastenden Bereich gegen eine relevante Kniebinnenschädigung. Dies sei ein gewichtiges Argument gegen den Zusammenhang. Zusammengefasst verbleibe sie bei ihrer Auffassung, dass kein Drehsturz abgelaufen sei. Der Schnürsenkel habe die Beweglichkeit des Fußes eingeschränkt aber nicht im Sinne einer Fixierung, dies möge jeder durch Verhaken des Schnürsenkels am Fahrrad und an den Pedalen selbst nachzuvollziehen. Der Außenmeniskus sei so gut wie nie unfallbedingt betroffen, weil er nicht an ein Band fixiert und beweglich sei und unfallbedingt so gut wie nie geschädigt werde, es sei denn der Bandapparat sei komplett zerrissen, was aber hier nicht der Fall gewesen sei. In jedem Falle fehle die Histopathologie als wichtiges Indiz der Einschätzung der Läsion im Außenmeniskusbereich. Auf der konstruktiven Ebene könne man im MRT den Degenerationszustand des Außenmeniskusgewebes einschätzen.

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 06.12.2013 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 30/41 der Senatsakte) Bezug genommen. In diesem Termin haben sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Nachdem die Beteiligten hiermit einverstanden waren und der Senat eine solche nicht für erforderlich hält, konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden.

Das Urteil des SG vom 12.04.2013 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Riss des rechten Außenmeniskus stellt eine weitere Folge des Arbeitsunfalles vom 21.02.2011 dar, auch war die Behandlungsbedürftigkeit nicht am 29.05.2011 beendet. Der Kläger hatte daher einen entsprechenden Aufhebungs- und Feststellungsanspruch, den er zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55, § 56 SGG) verfolgt hat. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 12.04.2013 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:

Auch die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme durch ergänzende Befragung von Dr. G. sowie die Ausführungen des Klägers im Erörterungstermin haben erhellt, dass der Fuß des Klägers – anders als auch zuletzt noch von Dr. H. angenommen – nicht nur mit dem Schnürsenkel am Pedal des PKW festgeschnürt war, sondern sein Fuß tatsächlich fest, unbeweglich, im Raum unter und zwischen den Pedalen festgeklemmt war. Einen solchen Ablauf hatte der Kläger durchgehend angegeben, wie sich u.a. dem H-Arztbericht vom 19.05.2011 (mit dem Fuß unter dem Pedal hängen geblieben) und der Unfallanzeige des Arbeitgebers entnehmen lässt. Ausgehend von diesem Sachverhalt hat Dr. G. für den Senat zur Überzeugung führend nicht nur darlegen können, dass in einer solchen Situation eine schwunghafte, kraftvolle Drehbewegung des rechten Beins – die vorliegend nicht vom rechten Bein, sondern vom linken Bein und dem Oberkörper gesteuert wurde - allgemein zum Riss des Außenmeniskus führen kann, sondern auch, dass im vorliegenden Fall dies die wesentliche Ursache des unstreitig vorliegenden Risses des Außenmeniskus darstellt. Auch das von der Beklagten zitierte LSG Berlin-Brandenburg (15.06.20012 – L 3 U 107/11 – juris) hat unter Hinweis auf vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Anmerkung 8.10.5.3.2., Seite 617 ff; Ludolph in Ludolph/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, 2006, Kap. VI 1.2.1 ausgeführt, bei indirekter Krafteinwirkung könnten als zur Zerreißung eines Meniskus geeignet allein solche Verletzungsmechanismen angesehen werden, bei denen eine Verwindung des gebeugten Kniegelenkes stattgefunden habe (plötzliche passive Rotation des gebeugten Kniegelenkes oder plötzliche passive Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels [Verwindungstrauma, Drehsturz]). Auch Schiltenwolf/Hollo (Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Auflage 2014, Seite 757) führen aus, dass neben einem Drehsturz auch andere indirekte Krafteinwirkungen, bei denen starke Rotationskräfte in Kombination mit passiver Beugung oder Streckung des Gelenks auftreten, und direkte Krafteinwirkungen bei fixiertem Unterschenkel und Fuß zur Zerreißung des Außen-, häufige des Innenmeniskusses führen könnten; dabei stellen Schiltenwolf/Hollo (a.a.O. Seite 875) hinsichtlich des fixierten Fußes lediglich auf eine nicht mögliche Schlussrotation ab. Eine solche plötzliche Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels unter indirekter Krafteinwirkung und starken Rotationskräften, die auch keinem physiologischem Bewegungsablauf im Kniegelenk entspricht, wird aber gerade vom Kläger beschrieben. Hierbei ist auch zu beachten, dass auch unter Medizinern Meniskusrisse beschrieben werden, die bei nicht vollständig fest fixiertem Fuß auftreten (Schiltenwolf/Hollo a.a.O.; vgl. z.B. auch http://www.orthopaedie-dresden-friedrichstadt.de/endoskopie/endoskopie-spezial knie2b.html; Beispiel dort: "Der Fuß steht mit dem Unterschenkel fest auf dem Boden, das Kniegelenk ist gebeugt und der Oberschenkel wird unter Belastung seitlich gedreht. Dieser Mechanismus liegt oft Verletzungen im Ballsport und dem alpinen Skifahren zugrunde."; so auch Schünke, Topographie und Funktion des Bewegungssystems: funktionelle Anatomie, S. 358). Auch Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O. S. 618; ebenso Schiltenwolf/Hollo a.a.O.) beschreiben "Schwungverletzungen" bei schwungvollen Körperdrehungen bei ("bloßem") Hängenbleiben des Standbeines als geeignete Unfallursache. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat sich den Ausführungen von Dr. G. anschließen. Eine nach Kraftrichtung und Kraftintensität ausreichende Unfalleinwirkung lag somit entgegen der Auffassung von Dr. H. vor. Letztlich ist von ihr der Unfallmechanismus als solcher nicht mehr infrage gestellt worden, sondern es wird allein nur noch bezweifelt, dass die Intensität der Krafteinwirkung, die nur zu einer Kreuzbandzerrung und nicht Kreuzbandruptur geführt hat, für die Verletzung des Meniskus ausgereicht haben soll. Dies wird aber nicht näher begründet und erweist sich als bloße Annahme. Darüber hinaus wäre ein vorgeschädigter Meniskus, der auch bei geringerer Krafteinwirkung einreißen könnte, ebenfalls vom Unfallversicherungsschutz umfasst, solange die – einmal unterstellte – Vorschädigung nicht auch bei jedem sonstigen alltäglichen, einwirkenden Ereignis hätte reißen können. Solche Vorschäden sind von der Beklagten weder nachgewiesen noch ist der vom Senat festgestellte Unfallmechanismus einer Alltagsbelastung gleich zu erachten, was den Rückschluss auf eine den Versicherungsschutz ausschließende Vorschädigung im genannten Sinne zulassen würde (zum Vergleichsmaßstab und der Beweislastverteilung vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 – L 8 U 197/11 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Soweit Dr. H. annimmt, der Riss sei durch degenerative Vorgänge entstanden, gibt es hierfür keine Anhaltspunkte. Ihr Hinweis, aus der Klassifikation der Signalerhöhung der Magnetresonanztomographie könne auf etwaige Vorschädigungen geschlossen werden, weil dadurch das Ausmaß der Degeneration des Meniskus bestimmt werden könne, führt vorliegend nicht weiter. Dr. G. beschreibt in seinem Gutachten vom 08.05.2012 unter eigener Auswertung des am 07.09.2011 gefertigten MRTs eine lineare, zentrale Signalanhebung des Außenmeniskus im Bereich des Hinterhorn, was nach der von Dr. H. beigefügten Tabelle der Klassifikation Grad III (lineare Signalerhöhung, die sich auf eine oder beide Meniskusoberflächen ausdehnt) entspricht und dem histologischen Ergebnis "Riss" zugeordnet ist. Überzeugend hat Dr. G. deshalb größere degenerative Veränderungen des Außenmeniskus den MRT-Aufnahmen nicht entnehmen können (Bl. 30 der Akte des SG). Auch soweit sie ausführt, um den Außenmeniskus unfallbedingt zu schädigen, hätte das Kreuzband stärker rupturieren müssen (mit konsekutiver Instabilität, die zu keinem Zeitpunkt vorlag), kann ihr der Senat angesichts der überzeugenden Ausführungen des Gutachters nicht folgen. Insbesondere zeigt das Zusammentreffen von Überdehnung des vorderen Kreuzbandes, das bone-bruise-Phänomen des dorso-lateralen Tibiaplateuas und der Außenmeniskushorizontalabriss im Bereich der Pars intermedia in Zusammenschau mit dem Unfallablauf, dass das Unfallgeschehen wesentliche Ursache des eingetretenen Schadens war. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger mit Schmerzen und unter Beeinträchtigungen zwei Monate ohne ärztliche Behandlung gearbeitet hat. Denn zum einen führt ein Meniskusriss nicht zu einer absoluten Gebrauchsunfähigkeit des Knies, auch konnte der Senat angesichts der Schilderungen des Klägers im Erörterungstermin zu seinen Versuchen einer Stützung durch selbst angelegte Bandagen annehmen, dass der Meniskusriss nicht auf andere Ursachen, insbesondere spätere Ereignisse zurückzuführen wäre. Solche Ereignisse, aber auch degenerative Ursachen, konnte der Senat gerade nicht feststellen. Damit war der Riss des Außenmeniskus als weitere Folge des Unfalls vom 21.02.2011 festzustellen.

Da – wie auch der Gutachter Dr. G. ausgeführt hat – bei stärkerer Belastung glaubhaft noch immer Beschwerden im äußeren Gelenkspalt auftreten, die auch auf den Riss des Außenmeniskus, der seinerseits Unfallfolge ist, zurückzuführen sind, war auch festzustellen, dass die Behandlungsbedürftigkeit über den 29.05.2011 hinaus fortbesteht.

Der Senat sah sich nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt. Insbesondere das von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Dr. H. angeregte radiologische Gutachten war zur Überzeugung des Senats nicht erforderlich, um eine degenerative Vorschädigung des Meniskus aufzuklären. Relevante degenerative Veränderungen des rechten Außenmeniskus hat der Sachverständige Dr. G., wie oben dargelegt, überzeugend ausgeschlossen.

Die Berufung der Beklagten war daher kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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