L 9 R 5314/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3705/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5314/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.07.2010 streitig.

Der 1969 in Pakistan geborene Kläger ist verheiratet, hat drei Kinder und war zuletzt als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Ab dem 08.11.2002 war er durchgehend arbeitslos bzw. arbeitsunfähig.

Am 24.03.2005 beantragte der Kläger erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte bestandskräftig mit Bescheid vom 21.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005 ab.

Am 19.01.2006 unterzog sich der Kläger einer operativen Entfernung eines Tuberkuloms der linken Kleinhirnregion. Nachfolgend trat im Januar 2006 eine Sinusvenenthrombose links und im September 2006 eine Sinusvenenthrombose rechts auf, die durch gerinnungshemmende Behandlungsmaßnahmen wieder aufgelöst werden konnte. Die tuberkulostatische Medikation erfolgte bis Februar 2007. Die aufgrund der Sinusvenenthrombosen im September 2006 begonnene Therapie mit Marcumar (Gerinnungshemmer) muss dauerhaft fortgesetzt werden, da beim Kläger eine Faktor-V-Leiden-Mutation besteht.

Am 13.12.2006 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst durch Bescheid vom 26.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 ab. Im daran anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) anerkannte die Beklagte eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.06.2010 aufgrund eines geminderten Leistungsvermögens des Klägers im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Grundlage des Anerkenntnisses war ein vom SG in Auftrag gegebenes psychosomatisch-psychotherapeutisches Gutachten von Dr. K.-I. vom 17.10.2008. Diese stellte beim Kläger eine mittelschwere depressive Symptomatik mit Herabgestimmtsein, Insuffizienzgefühlen, Selbstvorwürfen, herabgesetztem Selbstwertgefühl, Antriebsminderung, Morgentief und Konzentrationsstörungen fest. Es bestehe eine posttraumatische Belastungsstörung. Hinzu komme eine mittelgradig ausgeprägte asthenische Persönlichkeitsstörung mit Ängsten, Vermeidungsverhalten und sozialem Rückzug. Der Kläger könne nur noch drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein, die erlernte Tätigkeit als Baufacharbeiter könne er wegen der Verletzungsgefahr nicht mehr ausüben. Einschränkungen bestünden bereits länger, eine Verschlimmerung sei durch die Herdbefunde des Gehirns mit Operation und Sinusvenenthrombose im Januar 2006 eingetreten. Es handele sich bei den die Erwerbsfähigkeit einschränkenden Befunden nicht sicher um solche mit Dauercharakter. Eine ambulante Psychotherapie werde empfohlen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (m 24 des medizinischen Teils) verwiesen.

Am 02.02.2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 30.06.2010 hinaus.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch die Fachärztin für Physikalische und Rehabilative Medizin und Sozialmedizin Dr. H ... In dem am 25.03.2010 erstatteten Gutachten kam Dr. Heß aufgrund der Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, Zustand nach Entfernung eines Tuberkuloms der linken Kleinhirnregion (01/06) und rekanalisierte Hirnvenenthrombose (links 01/06 und rechts 09/06) ohne fassbare neurologische Ausfallserscheinungen zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne Publikumsverkehr, ohne erhöhte Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen noch über sechs Stunden täglich ausüben könne. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maurer sei als schwere körperliche Arbeit nicht mehr zumutbar.

Mit Bescheid vom 30.03.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente mit der Begründung ab, der Kläger sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 12.03.2010 Widerspruch mit der Begründung ein, dass der medizinische Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt worden sei. Insbesondere werde um Einholung eines aktuellen Befundberichts bei dem behandelnden Psychiater Sting gebeten.

Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte aktuelle Befundberichte, insbesondere den Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie S. vom 09.07.2010 bei, der ausführte, beim Kläger sei in den letzten zwei Jahren keine Änderung der psychischen Krankheitssymptomatik eingetreten.

Daraufhin holte die Beklagte ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. E.-D. ein. In dem am 18.08.2010 erstatteten Gutachten schloss sich die Gutachterin dem Vorgutachten von Dr. H. an. Beim Kläger bestehe eine depressive Störung mit Angst gemischt. Die Stimmung sei gedrückt, jedoch nicht mittelschwer oder schwer depressiv. Antrieb, Psychomotorik und affektive Schwingungsfähigkeit seien unauffällig. Hinsichtlich des Tuberkuloms, das 2006 in der linken Kleinhirnhemisphäre entfernt worden sei, sei der Kläger in regelmäßiger neurologischer Behandlung durch die Uniklinik T ... Derzeit bestehe kein Anhalt für ein Rezidiv. Bezüglich der Sinusvenenthromobose und der in diesem Zusammenhang festgestellten Faktor-V-Leiden-Mutation werde der Kläger mit Marcumar behandelt. Neurologische Defizite bestünden nicht. Der Kläger sei daher in leichten bis mittelschweren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr leistungsfähig. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck und Akkordarbeiten. Die letzte Tätigkeit als Maurer sei nicht mehr zumutbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 19.11.2010 Klage zum SG erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholen von sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte. Der behandelnde Internist Dr. B. hat unter dem 15.02.2011 mitgeteilt, dass beim Kläger eine depressive Verstimmung bei Belastungssyndrom nach seelischem Trauma, ein Zustand nach operativer Entfernung eines Tuberkuloseherdes aus dem linken Kleinhirn im Januar 2006, Gelenkbeschwerden, ein beschwerdefreier Bandscheibenvorfall zwischen dem fünften und sechsten Brustwirbel und chronische Spannungskopfschmerzen vorliegen und dass eine Langzeitbehandlung mit einem Gerinnungshemmer wegen angeborener Thromboseneigung durchgeführt wird. Aus hausärztlicher Sicht bestünden keine Bedenken, dass der Kläger leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Hinsichtlich des beigefügten Befundberichts der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. vom 25.10.2010 wird auf Bl. 24/25 der Sozialgerichtsakte verwiesen.

Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. N. hat unter dem 24.02.2011 berichtet, dass sich bei der letzten Untersuchung des Klägers ein unauffälliger neurologischer Befund ergeben habe. Kernspintomographisch habe sich ein Bandscheibenvorfall im Bereich HWK 5/6 gezeigt, der keine radikulären Ausfälle bedinge. Die schwere neurologische Erkrankung sei im zeitlichen Verlauf wesentlich gebessert. Auf Beschwerdeebene bestünden Kopfschmerzen, gelegentliche Schwindelsensationen, Gleichgewichtsstörungen, Konzentrationsstörungen sowie eine allgemeine psychophysische Belastbarkeitsminderung, die jedoch auf die bestehende psychische Erkrankung des Klägers zurückzuführen seien.

Der behandelnde Psychiater S. hat unter dem 07.02.2011 angegeben, beim Kläger liege eine Dysthymie vor, aufgrund welcher eine Belastungsfähigkeit von sechs Stunden täglich nicht gegeben sei. Der Kläger sei nur noch unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar.

Daraufhin hat das SG von Amts wegen ein psychosomatisch-psychotherapeutisches Gutachten bei Dr. K.-I. eingeholt, die unter dem 19.08.2011 eine derzeitig leicht ausgeprägte Dysthmie und den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert hat. Im Vergleich zu der Vorbegutachtung im Jahr 2008 sei es zu einer Stabilisierung des seelischen Zustandes gekommen. Die Depression sei zurückgegangen, die posttraumatische Belastungsstörung und die dadurch hervorgerufenen Ängste hätten sich reduziert. Die empfohlene und zumutbare Behandlung habe der Kläger nicht in Anspruch genommen. Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit bestünden noch qualitative Einschränkungen. Nicht zumutbar seien Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht oder eine Tätigkeit mit besonderer geistig-seelischer Belastung und Anforderungen an die soziale Kompetenz und Umstellungsfähigkeit. Quantitativ seien regelmäßige Erwerbstätigkeiten wieder über sechs Stunden möglich. Besondere Gefährdungen, beispielsweise Absturzgefahr, seien nicht zumutbar. Hinzu kämen Einschränkungen durch die Marcumareinnahme, so dass Verletzungsgefährdungen vermieden werden sollten. Daher könne der Kläger als Baufacharbeiter nicht mehr arbeiten. Mit einem Verschwinden der noch bestehenden Symptome sei nicht zu rechnen. Es bestünden erhebliche Versorgungswünsche. Die Motivation zur psychotherapeutischen Behandlung sei eher gering.

Durch Urteil vom 25.10.2011, welches im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.06.2010 hinaus. Er sei unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen in der Lage, arbeitstäglich sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Dieses Leistungsbild ergebe sich aus der Gesamtwürdigung der im Verwaltungs- und dem Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten. Im Vordergrund stünden die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet. Neurologisch bestünden keine Ausfallserscheinungen, Lähmungen oder sonstigen funktionellen Beeinträchtigungen. Hinsichtlich des Tuberkuloms bestehe kein Anhalt für ein Rezidiv. Nach Angaben des behandelnden Neurologen Dr. N. habe sich die Erkrankung im zeitlichen Verlauf deutlich gebessert. Im Hinblick auf die Sinusvenenthrombose und die in diesem Zusammenhang festgestellte Faktor-V-Leiden-Mutation sei der Kläger auf eine fortdauernde Marcumartherapie angewiesen. Leistungseinschränkungen, die zu einem Absinken des quantitativen Leistungsvermögens für leichte Arbeiten auf unter sechs Stunden führen, seien hieraus nicht abzuleiten. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine leichtgradig ausgeprägte Dysthymie sowie der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Es sei zu einer Stabilisierung des seelischen Zustandes gekommen. Die damalige Rentengewährung sei vor dem Hintergrund einer depressiven Reaktion auf belastende psychosoziale Ereignisse zu sehen. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen habe sich die Depression im weiteren Verlauf gebessert, und die posttraumatische Belastungsstörung sowie die dadurch hervorgerufenen Ängste hätten sich reduziert. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nur in qualitativer, nicht hingegen in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Die Einschätzung des behandelnden Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie S., dass die Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden abgesunken sei, könne nicht überzeugen. Psychische Funktionsstörungen, die zu einer Leistungsminderung im rentenberechtigenden Ausmaß führen könnten, ließen sich dem Befundbericht nicht entnehmen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien vorliegend nicht erfüllt, da der Kläger nach dem gesetzlichen Stichtag geboren sei.

Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 02.12.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ein Attest des Hausarztes Dr. B.vorgelegt, der bestätigt hat, dass beim Kläger die lebenslange Einnahme von blutgerinnungshemmenden Medikamenten erforderlich sei. Nach Ansicht des Klägers seien damit psychische Belastungen verbunden. Weiterhin hat der Kläger einen Bericht der Psychotherapeutischen Praxis Nuber/Emmerich vom 02.03.2012 vorgelegt, wonach sich der Kläger dort seit 15.10.2011 in Behandlung befindet. Dies widerlege den vom Sozialgericht angenommenen geringen Leidensdruck und die mangelnde Therapiemotivation des Klägers. Zudem gehe die Psychologin, wie der langjährig behandelnde Facharzt und Psychiater S. davon aus, dass der Kläger derzeit nicht arbeitsfähig sei. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Befundberichts von Frau E. vom 02.03.2012 wird auf die Senatsakte (Bl. 21-24) verwiesen. Weiterhin ist der Kläger der Ansicht, dass seine orthopädischen und pneumologischen Beschwerden nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Diesbezüglich hat er einen Bericht des Internisten und Pneumologen Dr. Z. vom 06.03.2012 beigefügt, der beim Kläger ein Asthma bronchiale vom Mischtyp bei bekannter Sensibilisierung auf Hausstaubmilben und Baumpollen diagnostiziert hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte (Bl. 25/26) verwiesen. Weiterhin hat er radiologische Berichte über eine Kernspintomographie des linken Kniegelenks am 19.08.2011 und eine Kernspintomographie des linken Sprunggelenks vom 13.05.2011 beigefügt (Bl. 27/28 der Senatsakte). Ergänzend hat der Kläger einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. H. vom 03.02.2011 eingereicht, der rezidivierende Lumbalgien bei statisch degenerativem Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert hat. Es bestehe eine Hyperlordose der LWS, Osteochondrose L5/S1, Spondylarthrose L5/S1 und Osteochondrose C4 bis C7. Eine cervikale Wurzelreizsymptomatik sei ausgeschlossen worden. Ein sensomotorisches Defizit an den unteren Extremitäten sei nicht nachweisbar.

Der Kläger hat zur weiteren Begründung Übersichten über die von ihm wahrgenommenen Physiotherapietermine sowie die Behandlungstermine in der orthopädischen Praxis Dr. H. sowie über die von ihm wahrgenommenen psychotherapeutischen Termine vorgelegt (Bl. 56-62 der Senatsakte).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2010 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an der bislang vertretenen Auffassung fest und verweist insbesondere auf die Stellungnahmen von Dr. J. vom Sozialmedizinischen Dienst vom 21.06.2012 und vom 02.08.2012 (vgl. Bl. 33-35, 50/51 der Senatsakte).

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts den behandelnden Orthopäden Dr. H. als sachverständigen Zeugen befragt (Bl. 39-42 der Senatsakte).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakte erster Instanz und die Senatsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung der begehrten Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente (§ 43 SGB VI) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt. Der erkennende Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Im Hinblick auf die im Berufungsverfahren eingereichten medizinischen Unterlagen ist ergänzend auszuführen, dass diese nicht geeignet sind, einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI - sofern man letzteres Begehren meistbegünstigend als vom Klageantrag (Rente wegen voller Erwerbsminderung) mit umfasst ansieht - zu begründen, weil eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers zur Überzeugung des Senats nicht besteht. Der Senat stützt diese Überzeugung auf die urkundsbeweislich verwerteten Gutachten von Dr. H. und Dr. E.-D. und das Sachverständigengutachten von Dr. K.-I. vom 19.08.2011. In diesen Gutachten wird schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass weder aus den psychiatrischen Erkrankungen des Klägers (depressive Störung mit Angst gemischt, leichte Dysthymia) noch aus dessen sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen ein Absinken seines zeitlichen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden folgt. Nicht zu folgen vermag der Senat demgegenüber der Auffassung der Diplompsychologin E., wonach der Kläger nur noch unter drei Stunden arbeitsfähig ist. Befunde, die eine solche erhebliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers begründen könnten, enthält der Bericht nicht. Allein die Feststellung eines reduzierten Antriebs und einer Einengung des Denkens auf depressive Themen bei ausreichend guter Auffassungsgabe rechtfertigt keine so umfassende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers in beruflicher Hinsicht, wie dies die behandelnde Psychologin angenommen hat. Zudem beruht diese Einschätzung allein auf den Angaben des Klägers, die in keiner Weise überprüft oder objektiviert wurden, was mit Blick auf die von der Sachverständigen Dr. K.-I. festgestellten erheblichen Versorgungswünsche des Klägers nicht überzeugend ist. Auch ist für den Senat nicht nachvollziehbar und wird in dem Bericht der behandelnden Psychologin auch nicht ausgeführt, warum sich der Gesundheitszustand des Klägers im Vergleich zu der Vorbegutachtung durch Dr. K.-I. im Jahr 2008 weiter verschlechtert haben soll. Denn der vorangegangenen Rentengewährung des Klägers lag ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen zugrunde, wohingegen die behandelnde Psychologin nunmehr von einem nur unter dreistündigen Leistungsvermögen ausgeht. Diese Annahme ist, insbesondere vor dem Hintergrund der durch die Gutachterin Dr. K.-I. schlüssig und nachvollziehbar dargelegten Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers, die auch von Dr. E.-D. gesehen wurde, nicht nachvollziehbar. Die Aufnahme der Therapie bei der Psychologin E. widerlegt auch nicht die von Dr. K.-I. angenommene fehlende Behandlungsmotivation und den fehlenden Leidensdruck. Denn dieser ist nicht nur aufgrund der fehlenden Psychotherapie des Klägers anzunehmen. Nach dem von der Gutachterin Dr. H. am 19.03.2010 erhobenen Medikamentenspiegel lag die antidepressive Medikamentation des Klägers unterhalb des therapeutischen Bereichs, weshalb eine ausreichende medikamentöse Behandlung nicht anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass auch die vom Kläger bei der Psychologin Emmerich vorgebrachte Begründung für den späten Therapiebeginn, er habe keinen Therapeuten erreicht, nicht nachvollziehbar ist. Im Gegensatz zu der Annahme der Therapeutin ist nicht nur ein Zeitraum von zwei Jahren für die Suche nach einem Therapieplatz zu veranschlagen. Denn der Kläger hatte bereits bei der Begutachtung durch Dr. K.-I. im Vorverfahren am 17.10.2008 angegeben, dass er zuletzt 2003 eine Psychotherapie durchgeführt und nach einem Umzug keinen neuen Therapieplatz mehr gefunden habe. Insoweit hat der Kläger bis zur Aufnahme der Psychotherapie bei der Psychologin Emmerich, nach seinen eigenen Angaben ca. sieben Jahre lang, keinen Therapieplatz gefunden. Gemessen an dieser langen Zeitspanne ist auch die Schilderung des Klägers bei der Therapeutin, dass er sich bei 10 bis 15 Therapeuten gemeldet habe, nicht als umfangreiches Bemühen um einen Therapieplatz zu werten. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass maßgeblich für die Annahme eines sechsstündigen Leistungsvermögens durch Dr. K.-I. nicht alleine das Fehlen einer Behandlung durch einen Psychotherapeuten ist, sondern dass beim Kläger keine entsprechenden Befunde und Leistungseinschränkungen im täglichen Leben feststellbar waren, aufgrund derer eine Erwerbsminderung zu begründen gewesen wäre.

Auch die anderen gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers begründen - weder für sich genommen noch bei einer Gesamtbetrachtung - zur Überzeugung des Senats keine zeitliche Einschränkung seines Leistungsvermögens. Dies gilt zum einen für das im Berufungsverfahren festgestellte Asthma Bronchiale bei Hausstaub- und Pollenallergie. Denn bei der Untersuchung bei Dr. Z. am 28.02.2012 bestand keine wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion, und die Sauerstoffsättigung war normal. Der Erkrankung mindert die Leistungsfähigkeit des Klägers nur insoweit, als Tätigkeiten, bei denen er inhalativen Reizstoffen ausgesetzt ist, nicht mehr zumutbar sind. Auch aus den orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers lässt sich keine quantitative Einschränkung seines Leistungsvermögens herleiten. Nach den Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. H. bestehen beim Kläger rezidivierende Lumbalgien bei einem statisch-degenerativen Lendenwirbelsäulensyndrom. Die neurologische Befunderhebung war unauffällig. Es bestand kein sensomotorisches Defizit an der unteren Extremität, das Lasègue-Zeichen war beidseits negativ. Weiterhin besteht eine Osteochondrose im Bereich C4 - C7. Eine cervicale Wurzelreizsymptomatik besteht nicht. Bei der Untersuchung am 30.08.2011 war das linke Kniegelenk gut beweglich. Im Bereich des linken Sprunggelenkes war bei der Kernspintomographie vom 13.05.2011 eine Luxation der Peronealsehnen, ohne Sehnenruptur festgestellt worden. Bei der Untersuchung durch Dr. H. am 30.08.2011 bestand am linken Sprunggelenk keine wesentliche Druckdolenz mehr, im Verlauf der Peronealsehne bestand keine Luxationsmöglichkeit mehr. Die von Dr. H. in dem Befundbericht vom 03.02.2011 angegebene Einschränkung der Arbeitsfähigkeit auf bis zu drei Stunden täglich ist daher vor dem Hintergrund der von ihm erhobenen Befunde nicht nachvollziehbar. Den orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers kann durch qualitative Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden.

Insgesamt kann der Kläger daher leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).

Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R, in Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 64/02 R, in Juris).

Ausgehend hiervon liegt beim Kläger weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung vor, da den bestehenden Beeinträchtigungen im Wesentlichen durch die Beschränkung auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes Rechnung getragen werden kann. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers - unzumutbar sind Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, besonderer geistig-seelischer Belastung, erhöhten Anforderungen an die soziale Kompetenz und Umstellungsfähigkeit, in Nachtschicht, mit besonderer Verletzungsgefahr, unter Belastung mit inhalativen Reizstoffen, ausschließlich im Stehen oder Gehen, mit Heben und Tragen schwerer Lasten und in Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie im Knien - gehen nicht über das hinaus, was bei der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bereits berücksichtigt wird.

Es besteht auch keine Beschränkung hinsichtlich des zumutbaren Arbeitsweges, da der Kläger viermal täglich mehr als 500 Meter in weniger als 20 Minuten zurücklegen kann.

Damit ist das Urteil des SG nicht zu beanstanden, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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