L 11 R 1958/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4659/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1958/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten.

Der Kläger ist am 13.06.1952 geboren und erlernte von 1969 bis 1972 den Beruf des Schreiners, den er laufend bis zum Jahr 2008 im Rahmen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausübte. Wegen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und Zustand nach einem Bandscheibenvorfall bestand Arbeitsunfähigkeit seit 01.09.2008. Der Kläger bezog zunächst Krankengeld, anschließend bis August 2011 Arbeitslosengeld. Am 29.10.2009 beantragte er Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten.

Die Beklagte veranlasste ein stationäres medizinisches Rehabilitationsverfahren in P. vom 04.12.2009 bis 07.01.2010. Im Entlassungsbericht vom 11.01.2010 wird ein chronisch degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit Facettensymptomatik bei Spondylarthrosen L4 bis S1, eine abgeklungene Lumboischialgie nach Dekompressions-Operation L4/5 links sowie eine medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie beschrieben. Der Beruf des Schreiners könne nur noch unter drei Stunden täglich verrichtet werden. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Wechselbelastung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten über sechs Stunden täglich verrichtet werden. Vermieden werden sollten wirbelsäulenungünstige Zwangshaltungen sowie Rotationsbewegungen der LWS unter Last.

Mit Bescheid vom 21.06.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger hierauf ab dem 01.10.2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Blatt 83 Verwaltungsakte).

Hiergegen erhob der Kläger am 08.07.2010 Widerspruch. Er sei nicht nur berufsunfähig, sondern könne auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten. Er legte ein Attest des Allgemeinarztes Dr. M., P., vom 26.07.2010 sowie des Orthopäden Dr. B. vom 21.07.2010 vor.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Orthopäden Dr. S., K ... Im Gutachten vom 26.08.2010 (Blatt 189 ff Verwaltungsakte) beschrieb Dr. S. ein chronisches LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen sowie eine abgeklungene Lumboischialgie links nach Dekompressions-Operation am 16.10.2008. Es liege eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung der LWS bei vorliegender Osteochondrose, besonders L5/S1, vor. Außerdem bestehe ein deutliches Übergewicht. Der Kläger könne schwere und regelmäßig mittelschwere körperliche Arbeiten, mit Heben und Tragen von Lasten über 8 kg, mit Zwangshaltungen des Rumpfes, mit vollen und häufigen Bückanforderungen, in ausschließlicher Sitzhaltung sowie mit Steigen auf Gerüsten und hohen Leitern nicht mehr ausführen. Die Wiederaufnahme einer Tätigkeit als Schreiner sei daher nicht möglich. Leichte, teilweise auch mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen oder mit überwiegenden, jedoch nicht ausschließlichem Stehen mit kurzen Bewegungs- oder Sitzunterbrechungen könne er täglich sechs Stunden und mehr durchführen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2010 (Blatt 211 Verwaltungsakte) als unbegründet zurück. Es liege keine volle Erwerbsminderung vor.

Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Seine Rückenschmerzen seien derart erheblich, dass er nicht mehr in der Lage sei, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und das Gutachten des Dr. S. Bezug genommen.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Der Orthopäde Dr. B. teilte mit Schreiben vom 09.05.2011 mit, der Kläger habe sich zwischen dem 13.01.2009 bis 21.07.2010 fünf Mal in seiner Behandlung befunden. Eine Beurteilung des Leistungsvermögens sei ihm nicht möglich. Der Allgemeinmediziner Dr. M. teilte mit Schreiben vom 30.06.2011 mit, dass das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden auf orthopädischem Fachgebiet liege. Er halte die Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden pro Tag nicht mehr für möglich. Der Kläger habe bei längerem Sitzen erhebliche LWS-Beschwerden, längeres Stehen und Gehen mache ebenfalls große Probleme.

Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden Dr. H., K ... Im Gutachten vom 02.02.2012 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt:

- Zustand nach Dekompressions-Operation L4/5 mit persistierender Großzehenheberschwäche links und verbliebenem Schmerzsyndrom, - degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schulter-Arm-Syndrom rechts, - fortgeschrittene Hallux rigidus Bildung beiderseits (fortgeschrittene Arthrose des Großzehengrundgelenks).

Es handle sich bei den beschriebenen Erkrankungen sämtlich um degenerative Erkrankungen, bzw um Befunde, die als Dauerdiagnosen anzusehen seien. Aufgrund der vorliegenden orthopädischen Erkrankungen seien folgende Tätigkeiten zu vermeiden: körperlich mittelschwere oder schwere Gegenstände könnten nicht regelmäßig gehoben, getragen oder fortbewegt werden; körperliche Zwangshaltungen wie ununterbrochenes Sitzen, ungünstige wirbelsäulenstabilisierende Haltungen, ungünstige Witterungseinflüsse seien zu vermeiden. Häufiges Treppensteigen oder das Besteigen von Leitern oder Gerüsten sei ebenfalls zu vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger täglich sechs bis acht Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche arbeiten. Bei der Untersuchung seien keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer rheumatischen oder weichteilrheumatischen Erkrankung festgestellt worden, ebenso keine Hinweise für das Vorliegen einer depressiven Erkrankung bzw das Vorliegen eines sog autonomen Schmerzsyndroms.

Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Volle Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger täglich noch sechs Stunden arbeiten könne, weshalb die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtmäßig seien und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen würden. Das SG hat sich im Wesentlichen auf die Gutachten des Orthopäden Dr. S. und des Orthopäden Dr. H. gestützt.

Gegen den ihm am 12.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 10.05.2012 Berufung zum Landessozialgericht erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Aufgrund der Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet und dem Schmerzsyndrom liege volle Erwerbsminderung vor. Selbst eine Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von auch nur drei Stunden an fünf Tagen in der Woche sei ihm nicht mehr möglich.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.10.2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung einer sachverständigen Zeugenauskunft bei dem Orthopäden Dr. E. (Blatt 56 Senatsakte). Dieser hat mitgeteilt, dass am 12.07.2012 ein retropatellares Reiben und eine deutliche Ergussbildung am rechten Kniegelenk festgestellt worden sei.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. H., L ... Im Gutachten vom 08.03.2013 (Blatt 63 Senatsakte) beschrieb der Sachverständige folgende Gesundheitsstörungen: - Lumbalsyndrom mit mäßigen Muskelspannungsstörungen bei degenerativen LWS-Veränderungen, ohne Nervenwurzelreiz- oder -Ausfallserscheinungen, - diskretes Impingementsyndrom rechte Schulter, ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung, - Rhizarthrose rechter Daumen, aktuell ohne Funktionsbeeinträchtigung, - Zeichen einer retropatellaren Knorpelschädigung des rechten Kniegelenks mit leichter Ergussbildung, - Knickfußstellung links mit Reizzustand der Tibialis posterior Sehne links, - Senk-Spreizfußstellung beidseits, - Arthrose der Großzehengrundgelenke beidseits.

Aktuell im Vordergrund stünden die Beschwerden der Lendenwirbelsäule, des rechten Kniegelenks und der Fuß-/Sprunggelenksregion aktuell links ausgeprägter als rechts. Die Lendenwirbelsäule habe eine mäßige Funktionsbeeinträchtigung beim Vornüber- und Seitneigen gezeigt, verbunden mit mäßigen Muskelspannungsstörungen. Anhaltende Nervenwurzelreizerscheinungen seien nicht zu erkennen gewesen, sie seien auch aktuell nicht zu provozieren gewesen. Die spontanen Bewegungen würden nicht auf eine höhergradige Schädigung schließen lassen. Auch die Beschreibung der normalen Aktivitäten im Haushalt und in der Freizeit lasse nicht auf eine anhaltende stärkere Beeinträchtigung schließen. Aufgrund der Beschwerden der Wirbelsäule sollten schwere und ständig mittelschwere Tätigkeiten vermieden werden. Möglich und zumutbar seien leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten. Diese sollten vorwiegend im Sitzen und Stehen in ergonomischer Position erfolgen, nicht häufig oder ständig vornüber geneigt, hockend oder in statisch ungünstiger Körperhaltung, nicht unter Kälte, Nässe oder Zuglufteinwirkung. Die Möglichkeit von zwischenzeitlichen Positionswechseln sollte gegeben sein. Auch Steigen auf Leitern und Gerüsten bzw andauerndes Treppensteigen sollte vermieden werden. Aufgrund des leichten Impingement-Syndroms der rechten Schulter bestehe eine Einschränkung für ständige Überkopfarbeiten. Wegen der am linken Daumen bestehenden Beeinträchtigungen bestünden Einschränkungen allenfalls für Tätigkeiten, die den ständigen kraftvollen Gebrauch der linken Hand erfordern würden. Wegen der Beschwerden am rechten Kniegelenk sollten Tätigkeiten vermieden werden, die mit andauerndem Umhergehen, Überwinden von Steigungen bzw Arbeiten in der Hocke einhergehen würden, dieselben Einschränkungen würden für die Füße gelten. Unter Beachtung der genannten Einschränkungen könne der Kläger an fünf Tagen in der Woche leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausüben.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. R., B. S ... Im Gutachten vom 24.06.2013 beschrieb der Sachverständige eine leichte anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule und mehrerer Gelenke. Was die somatoforme Schmerzstörung angehe, bestehe eine Diskrepanz zwischen der Intensität bzw dem Ausbreitungsgebiet der geklagten Beschwerden und dem tatsächlich organisch nachweisbaren Befunden. Die Analyse der Alltagsaktivitäten und der kaum gestörte psychische Befund würden zeigen, dass es sich nur um einen leichten und nicht um einen mittelschweren oder gar schweren Ausprägungsgrad handle. Im Rahmen der psychischen Untersuchung sei lediglich themenbezogen ein subdepressiver Stimmungsumschwung aufgefallen. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Akkord- oder Fließbandtätigkeiten und ohne Tragen von Lasten über 10 kg sechs Stunden täglich verrichten.

Mit Bescheid vom 31.07.2013 (Blatt 148 Senatsakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.05.2013.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers wurde gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Orthopäde Dr. S., L., mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 29.11.2013 beschrieb der Sachverständige folgende Gesundheitsstörungen: - rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Zustand nach Dekompressions-Operation L4/L5 mit bestehenden degenerativen Veränderungen und erkennbaren myotendopathischen Veränderungen ohne Hinweis für radikuläre Ausfallserscheinungen, - diskrete thorakolumbale S-förmige Fehlhaltung, - degeneratives Thorakalsyndrom mit erkennbarer Osteochondrose und diskrete Spondylarthrose und begleitende myotendopathische Komponente, - degeneratives Zervikalsyndrom bei initialer Osteochondrose und Unkovertebralarthrose und begleitende myotendopathischer Komponente ohne Hinweis für eine radikuläre oder pseudoradikuläre Symptomatik, - diskretes Impingement-Syndrom beider Schultergelenke rechts deutlicher ausgeprägt als links, ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - Rhizarthrose rechter Daumen ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - initiale Coxarthrose beidseitig rechts deutlicher ausgeprägt als links ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - diskrete Synovitis des rechten Kniegelenks bei diskreter Retropatellararthrose beidseitig ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - Knickfußstellung beidseitig links deutlicher ausgeprägt als rechts bei Großzehengrundgelenksarthrose beidseitig mit Zustand nach operativer Teilresektion des rechtsseitigen Zehengrundgelenkes, - leichte somatoforme Schmerzstörung im Rahmen eines chronischen Schmerzsyndroms.

Gegenüber den bisherigen Sachverständigengutachten im SG-Verfahren und im Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) bestünden keine Abweichungen. Sowohl bei der Befundung wie auch Diagnosestellung wie auch Beurteilung der verbliebenen Leistungsfähigkeit bestehe weitgehende Übereinstimmung. Der Kläger könne ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben, unter Berücksichtigung der bereits von den Vorgutachtern genannten qualitativen Einschränkungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 21.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Der Senat teilt die Auffassung des SG und schöpft seine Überzeugung aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten der Orthopäden/Chirurgen Dr. H. und Dr. S. und des Neurologen/Psychiaters Dr. R ... Die Sachverständigen haben folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: - rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Zustand nach Dekompressions-Operation L4/L5 mit bestehenden degenerativen Veränderungen und erkennbaren myotendopathischen Veränderungen ohne Hinweis für radikuläre Ausfallserscheinungen, - diskrete thorakolumbale S-förmige Fehlhaltung, - degeneratives Thorakalsyndrom mit erkennbarer Osteochondrose und diskrete Spondylarthrose und begleitende myotendopathische Komponente, - degeneratives Zervikalsyndrom bei initialer Osteochondrose und Unkovertebralarthrose und begleitende myotendopathischer Komponente ohne Hinweis für eine radikuläre oder pseudoradikuläre Symptomatik, - diskretes Impingement-Syndrom beider Schultergelenke rechts deutlicher ausgeprägt als links, ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - Rhizarthrose rechter Daumen ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - initiale Coxarthrose beidseitig rechts deutlicher ausgeprägt als links ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - diskrete Synovitis des rechten Kniegelenks bei diskreter Retropatellararthrose beidseitig ohne erkennbare Funktionseinschränkung, - Knickfußstellung beidseitig links deutlicher ausgeprägt als rechts bei Großzehengrundgelenksarthrose beidseitig mit Zustand nach operativer Teilresektion des rechtsseitigen Zehengrundgelenkes, - leichte somatoforme Schmerzstörung im Rahmen eines chronischen Schmerzsyndroms.

Dr. H. und Dr. S. haben übereinstimmend die Beschwerden der Lendenwirbelsäule, des rechten Kniegelenks und der Fuß-/Sprunggelenksregion aktuell links ausgeprägter als rechts als für die Rentenbegutachtung maßgeblichen Beeinträchtigungen gewürdigt. Dr. R. hat dies bestätigt. Was die leichte somatoforme Schmerzstörung angeht, hat eine Diskrepanz zwischen der Intensität bzw dem Ausbreitungsgebiet der geklagten Beschwerden und dem tatsächlich organisch nachweisbaren Befunden bestanden, wie Dr. R. erläutert hat. Dr. R. hat auch plausibel aufgezeigt, dass kein mittelschwerer oder gar schwerer Ausprägungsgrad vorliegen kann. Im Rahmen der psychischen Untersuchung sind überdies lediglich themenbezogen subdepressive Stimmungsumschwünge aufgefallen. Eine Depression liegt nicht vor.

Die Orthopäden/Chirurgen Dr. H. und Dr. S. haben übereinstimmend beschrieben, dass die Lendenwirbelsäule eine mäßige Funktionsbeeinträchtigung beim Vornüber- und Seitneigen gezeigt hat, verbunden mit mäßigen Muskelspannungsstörungen. Anhaltende Nervenwurzelreizerscheinungen sind nicht zu erkennen gewesen, sie sind, wie Dr. H. ausgeführt hat, auch aktuell nicht zu provozieren gewesen. Die spontanen Bewegungen haben nach den Ausführungen Dr. H. nicht auf eine höhergradige Schädigung schließen lassen. Dr. S. hat sich dem angeschlossen.

Die Sachverständigen haben nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund der Beschwerden der Wirbelsäule schwere und ständig mittelschwere Tätigkeiten vermieden werden sollten. Möglich und zumutbar sind nach den für den Senat überzeugenden Darstellungen der Sachverständigen leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten. Diese sollten vorwiegend im Sitzen und Stehen in ergonomischer Position erfolgen, nicht häufig oder ständig vornüber geneigt, hockend oder in statisch ungünstiger Körperhaltung, nicht unter Kälte, Nässe oder Zuglufteinwirkung. Die Möglichkeit von zwischenzeitlichen Positionswechseln sollte gegeben sein. Auch Steigen auf Leitern und Gerüsten bzw andauerndes Treppensteigen sollte vermieden werden. Aufgrund des leichten Impingement-Syndroms der rechten Schulter bestehe eine Einschränkung für ständige Überkopfarbeiten. Wegen der am linken Daumen bestehenden Beeinträchtigungen bestünden Einschränkungen allenfalls für Tätigkeiten, die den ständigen kraftvollen Gebrauch der linken Hand erfordern würden. Wegen der Beschwerden am rechten Kniegelenk sollten Tätigkeiten vermieden werden, die mit andauerndem Umhergehen, Überwinden von Steigungen bzw Arbeiten in der Hocke einhergehen würden, dieselben Einschränkungen würden für die Füße gelten.

Unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen kann der Kläger an fünf Tagen in der Woche leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausüben, wie die Sachverständigen übereinstimmend und für den Senat überzeugend ausgeführt haben.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr.5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved