Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 EG 6247/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2651/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Höhe des Elterngeldes der Klägerin für ihr am 09.07.2009 geborenes Kind R ...
Die Klägerin ist am 08.03.1978 geboren, verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann und drei gemeinsamen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Nach der Geburt des Sohnes R. bezog die Klägerin vom 07.06. bis 13.09.2009 Mutterschaftsgeld. Am 07.09.2009 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewährung von Elterngeld für das Kind R ... In einem Begleitschreiben zum Antragsformular führte die Klägerin aus, dass die Klägerin vor der Geburt des ersten Kindes J. am 03.04.2005 voll berufstätig gewesen sei und seither durchgehend in Elternzeit gewesen sei, am 27.08.2006 sei das zweite Kind J. geboren worden.
Mit Bescheid vom 30.09.2009 (Bl 26 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 3. Lebensmonat in Höhe von 312,50 EUR und für den 4. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 375,00 EUR monatlich. Elterngeld werde in Höhe des Mindestbetrages gezahlt. Im Bemessungszeitraum von Juni 2008 bis Mai 2009 habe die Klägerin kein Erwerbseinkommen erzielt. Eine weitere Verschiebung des Bemessungszeitraums um die Monate in denen sie Elternzeit bzw Erziehungsgeld für ihre früher geborenen Kinder in Anspruch genommen habe, sei nicht zulässig. Das Elterngeld erhöhe sich um 10 %, mindestens aber um 75,00 EUR, wenn die anspruchsberechtigte Person mit zwei Kindern, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten oder mit drei oder mehr Kindern die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, in einem Haushalt lebe. Der Geschwisterbonus sei entsprechend berücksichtigt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 30.09.2009 (Bl 31 Verwaltungsakte) wurde dem Ehemann der Klägerin Elterngeld für den 2. und 13. Lebensmonat in Höhe von 884,15 EUR monatlich gewährt. Die hiergegen nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist vom Sozialgericht Stuttgart abgewiesen worden, die Berufung ist im Berufungsverfahren vor dem Senat zurückgenommen worden (Bl 54 Senatsakte).
Gegen den Bescheid vom 30.09.2009 erhob die Klägerin am 16.10.2009 Widerspruch. Das BEEG sei verfassungswidrig, insofern das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Grundgesetz verletzt werde. Sie machte geltend, dass sie mehrere Jahre aufgrund der Kinder auf ihr Gehalt verzichtet habe. Es sei verfassungswidrig, dass ihr deswegen nur der Mindestbetrag für den Geschwisterbonus gesetzlich zustehen solle. Es liege eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Eltern vor, die aufgrund eines vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens ein höheres Elterngeld ausbezahlt bekämen. Dadurch würden vor allem Geringverdienern und Eltern mehrerer Kinder, welche ihre gesetzlich zustehende Elternzeit ausschöpften, benachteiligt. Zudem sei es nicht gerechtfertigt, dass Besserverdienende ein höheres Elterngeld zugesprochen werde als Geringverdienern und sie nun im Vergleich zum vorher geltenden Bundeserziehungsgeldgesetz sogar weniger Geld vom Staat bekommen sollten. Jedes Kind sei gleichwertig und solle dem Staat gleich viel wert sein. Daher werde die Zahlung des Höchstbetrages beantragt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück. Eine Verschiebung des Bemessungszeitraumes zur Ermittlung des Einkommens vor der Geburt des Kindes um die Zeiträume des Bezugs von Erziehungsgeld bzw die Zeiträume der Inanspruchnahme von Elternzeit für das vor dem 01.01.2007 geborene Kind sei nicht zulässig sei. Die Rechtsanwendung des § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG entspreche dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Des Weiteren hat die Beklagte auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 19.02.2009 (B 10 EG 1/08 R und B 10 EG 2/08 R) verwiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz sei verletzt. Durch die Bemessung an einem zuvor erzielten Einkommen würden Geringverdiener und Eltern mehrerer Kinder, welche ihre gesetzlich zustehende Elternzeit ausschöpften, benachteiligt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 25.02.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Die Beklagte hat am 07.11.2011 das Verfahren wiederangerufen. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 09.02.2009 (Az.: B 10 EG 1/08 R) entschieden, dass eine Verschiebung des Bemessungszeitraumes nach § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG nur und ausschließlich dann erfolgen könne, wenn Elterngeld für ein älteres Kind bezogen werde. Da die Klägerin kein Elterngeld für ein älteres Kind bezogen habe, sei der Bemessungszeitraum nicht zu verschieben. Das Bundesverfassungsgericht habe die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde mit dem Az.: 1 BvR 1396/09 nicht zur Entscheidung angenommen. Eine weitere Verfassungsbeschwerde mit dem Az.: 1 BvR 2712/09 mit derselben Fragestellung sei ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen worden. Zudem habe das BSG seine Rechtsprechung in einem aktuellen Urteil vom 18.08.2011 (Az.: B 10 EG 10/10 R) bestätigt.
Die Klägerin hat hierauf vorgebracht, dass aus ihrer Sicht nicht verfassungskonform sei, dass Eltern, die über weniger Erwerbseinkommen verfügten, auch weniger Elterngeld bezögen und es sich nicht um eine Sozialleistung handele, sondern um eine Entgeltersatzleistung. Besserverdienende würden ohne Rechtfertigung wesentlich besser gestellt als Geringverdiener. Sie hat auf ein für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) erstelltes Gutachten von Kingreen hingewiesen (Bl 8 f. SG Akte im Verfahren S 17 EG 6247/11). Die mit dem BEEG bezweckte familienpolitische Steuerung greife in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG ein, wie Kingreen herausgearbeitet habe und zB auch das Hessische Landessozialgericht angedeutet habe (Urteil vom 24.10.2011, L 6 EG 16/08).
Mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages zzgl Geschwisterbonus. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz oder eine Diskriminierung von Mehr-Kind-Familien liege nicht vor. Das BSG habe bereits mehrfach entschieden, dass eine Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die vor der Geburt eines weiteren Kindes wieder Erwerbseinkommen erzielt hätten, sachlich gerechtfertigt sei. Die unterschiedliche Behandlung ergebe sich zwanglos aus der Funktion des Elterngeldes als Einkommen-Ersatz. Auch ein Verstoß des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG gegen das aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz herzuleitende Gebot der Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich liege nicht vor, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2011 (Az.: 1 BvR 1853/11) explizit ausgeführt habe.
Gegen den ihr am 26.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 21.06.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die angebliche Gleichberechtigung sei in Wahrheit Gleichmacherei und geprägt von der aktuell vorherrschenden Gender-Mainstream-Ideologie, indem Frauen aus dem Haus gedrängt würden, anstatt ihnen die freie Entscheidung zu überlassen. Das Bundesverfassungsgericht habe sich von seiner früheren Rechtsprechung entfernt, ohne dies offen zu legen oder zu erläutern.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2009 zu verurteilen, ihr Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages zzgl des Geschwisterbonus zu gewähren,
hilfsweise das Verfahren nach Art 100 Abs 1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem Erörterungstermin am 09.10.2013 ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld.
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin sämtlich vor.
Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier idF des Art 10 Nr 1 des Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises [ELENA-Verfahrensgesetz] vom 28.03.2009, BGBl I, 634). Nach § 2 Abs 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) und um 10 %, mindestens jedoch um 75 Euro, ua dann erhöht, wenn die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt (§ 2 Abs 4 Satz 1 BEEG).
Nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben Kalendermonate bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes für ein älteres Kind Elterngeld bezogen hat, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich die Rechtsanwendung durch die Beklagten insgesamt als zutreffend. Sie hat auf der Grundlage der genannten Vorschriften bei der Bestimmung des Bemessungszeitraumes (zwölf Kalendermonate vor der Geburt) richtigerweise nur die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld durch die Klägerin unberücksichtigt gelassen und der Klägerin, weil diese in dem danach maßgeblichen Zeitraum kein eigenes Einkommen erzielt hat, den Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 BEEG) und zusätzlich den sogenannten Geschwisterbonus in Höhe von 75 Euro (§ 2 Abs 4 BEEG) als Elterngeld bewilligt und ausgezahlt.
Der Beklagte war nicht verpflichtet, bei der Festlegung des Bemessungszeitraumes auch die Elternzeit der Klägerin nach der Geburt der Kinder J. und J. unberücksichtigt zu lassen. Die Sätze 5 und 6 des § 2 Abs 7 BEEG in der bis 17.09.2012 gültigen Fassung sind vom Wortlaut her eindeutig bestimmt, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 18 ff). Die Vorschriften lassen sich nicht gegen ihren Wortlaut in dem Sinne auslegen, dass auch die Elternzeit für ein älteres Kind, in der die berechtigte Person kein Elterngeld erhalten hat, unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies folgt insbesondere daraus, dass § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG den Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind erwähnt, die Zurücklegung von Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld oder Erziehungsgeld (§ 15 ff BEEG; § 15 ff BErzGG) aber nicht aufführt (vgl eingehend BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 18 ff).
Der von der Klägerin gewünschte Gesetzesinhalt lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere nicht durch einen Analogieschluss erreichen (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 20). Die analoge Anwendung der in § 2 Abs 7 Satz 5 bis 7 BEEG ausdrücklich und klar geregelten Ausnahmetatbestände auf den Fall der Elternzeit ohne Elterngeld setzte voraus, dass das Gesetz insoweit lückenhaft ist, es also angesichts der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers "planwidrig" unvollständig ist. Eine derartige Lücke weist das BEEG aber nicht auf (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 20 mwN).
Die Nichtaufnahme eines Tatbestandes der Elternzeit ohne Elterngeldbezug in § 2 Abs 7 BEEG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG bzw das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG liegt nicht vor (BSG 25.06.2009, B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, SozR 4-7837 § 2 Nr 2; 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R; vgl. auch BSG 18.08.2011, B 10 EG 10/10 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 9; zur Kritik vgl Hessisches LSG 24.10.2011, L 6 EG 16/08; LSG Niedersachsen-Bremen 13.04.2011, L 2 EG 20/10; Kingreen Zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 und 4 Bundeselterngeldgesetz, Rechtsgutachten im Auftrag der Ökologisch-Demokratischen Partei, 2010, abrufbar unter https://www.oedp.de/fileadmin/user upload/bundesverband/programm/programme/ RechtsgutachtenElterngeldklage.pdf, abgerufen am 27.02.2014).
Die von der Klägerseite aufgeworfenen Fragen sind auch vom Bundesverfassungsgericht geklärt (vgl BVerfG 19.08.2011, 1 BvL 15/11, FamRZ 2011, 1645; 20.04.2011, 1 BvR 1811/08, ZFSH/SGB 2011, 337; 24.11.2011, 1 BvR 1457/11) Das Bundesverfassungsgericht hat insb. im Beschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214 = FamRZ 2012, 91 ausgeführt, dass in Ansehung des allgemeinen Gleichheitssatzes Differenzierungen der Rechtfertigung durch angemessene Sachgründe bedürfen, dass diese aber vorliegend gegeben sind. Die hierbei dem Gesetzgeber gesetzten Grenzen reichen von einer Beschränkung auf das Willkürverbot bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen (vgl BVerfG 21.06.2011, 1 BvR 2035/07, NVwZ 2011, 1316, Rn 64 f). So kann sich eine strengere Bindung des Gesetzgebers aus der Anknüpfung an - für den Einzelnen ggf nicht verfügbare - Persönlichkeitsmerkmale oder aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92, BVerfGE 88, 87 (96)). Andererseits verfügt er im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit grundsätzlich über einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfG 29.10.2002, 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166 (175 f)). Es bedeutet für sich genommen noch keinen Gleichheitsverstoß, dass die einkommensabhängige Ausgestaltung des Elterngeldes im BEEG gegenüber der Vorgängerregelung im BErzGG einen Systemwechsel darstellt und möglicherweise gesetzessystematisch eine Sonderstellung einnimmt (vgl BVerfG, 11.02.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238 (247)). Im Hinblick auf Art 6 Abs 1, Abs 2 GG kann sich die Regelung des § 2 Abs 1 BEEG zwar auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken. In seiner abwehrrechtlichen Dimension ist Art 6 Abs 1, Abs 2 GG aber allenfalls am Rande betroffen; insbesondere hat § 2 Abs 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 12). Art 6 Abs 1, Abs 2 GG ist jedoch in seiner Schutz- und Förderdimension (vgl BVerfG, 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 (172)) berührt. Die Differenzierung der Förderungshöhe ist insofern rechtfertigungsbedürftig (zum weiten Gestaltungsspielraum vgl aber BVerfG, 20.04.2011, 1 BvR 1811/08, ZFSH/SGB 2011, 337). Die von § 2 Abs 1 BEEG bewirkte Differenzierung in der Familienförderung ist durch hinreichend gewichtige Sachgründe gerechtfertigt (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 14). Der Gesetzgeber wollte mit der einkommensabhängigen Ausgestaltung des Elterngeldes finanzielle Unsicherheiten verhindern, die eine Hinauszögerung des Kinderwunsches verursachten. Mit der Beschränkung der Maximalhöhe des Elterngeldes auf 1800 Euro erhalten Eltern mit geringeren Einkommen relativ eine höhere Kompensation. Der Verzicht des Gesetzgebers auf einen sozialen Ausgleich ist noch hinzunehmen, zumal auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich von der Förderung ausgeschlossen sind (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 15). Eine Rechtfertigung ergibt sich zudem aus dem Verfassungsauftrag des Art 3 Abs 2 GG (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 18). Daraus ist der Gesetzgeber verpflichtet, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen. Neben der Einführung sog. Partner- oder Vätermonate (vgl BVerfG, 19.08.2011, 1 BvL 15/11, FamRZ 2011, 1645) vermag auch die Ausgestaltung des Elterngeldes die partnerschaftliche Teilhabe beider Elternteile an der Kindererziehung und -betreuung zu stärken. Auch angesichts der tatsächlichen Entwicklung ist diese Annahme des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Auch Art 6 Abs 1, Abs 2 GG ist nicht verletzt: Die gesetzgeberische Entscheidung zur Einkommensabhängigkeit des Elterngeldes beruht auf legitimen Gründen; der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist gewahrt (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 20).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) herzuleitenden Vertrauensschutz berufen. Denn es geht hier nicht um die Beeinträchtigung von Rechtspositionen, die nach der alten Rechtslage bestanden, sondern um die Ausgestaltung des neuen Rechts. Insoweit ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen in eine Gleichbehandlung des in der Vergangenheit liegenden Bezuges von BErzg mit dem Bezug von Elterngeld nach dem BEEG nicht ersichtlich (vgl BSG 18.08.2011, B 10 EG 10/10 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 9).
Schließlich verstößt die gesetzliche Konzeption des Elterngeldes und der Elternzeit nicht gegen europarechtliche Normen (vgl BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 38). Art 11 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz ist nicht betroffen. Diese Vorschrift schreibt den Mindeststandard für Arbeitsverträge dahin vor, dass die erfassten Arbeitnehmerinnen durch vertragliche Regelungen nicht in ihren Schutzrechten und Ansprüchen, die in den Artikeln 5, 6, 7 und 8 genannt sind, einschließlich der Rechte auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts ua beeinträchtigt werden dürfen. Art 11 Nr 4 Satz 1 der Richtlinie stellt es den Mitgliedsstaaten frei, Ansprüche auf die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder eine angemessene Sozialleistung von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig zu machen. Nach Art 11 Nr 4 Satz 2 der Richtlinie darf dabei keinesfalls vorgesehen sein, dass dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Entbindung eine Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten unmittelbar vorangegangen sein muss. Selbst wenn man diese Vorschrift gegen ihren Wortlaut auch auf in den Mitgliedsstaaten existierende Sozialleistungen für Frauen bezieht, die nicht mehr schwanger oder Wöchnerin sind und die auch nicht mehr stillen, erfüllt das BEEG die Vorgaben des Art 11 Nr 4 Satz 2 Richtlinie. Der Anspruch auf Elterngeld setzt nämlich nach § 1 BEEG nicht voraus, dass die berechtigte Person vor der Entbindung einer Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten nachgegangen sein muss. Der in § 2 BEEG normierte Zwölf-Monatszeitraum ist allein relevant für die Höhe des Elterngeldes.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Höhe des Elterngeldes der Klägerin für ihr am 09.07.2009 geborenes Kind R ...
Die Klägerin ist am 08.03.1978 geboren, verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann und drei gemeinsamen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Nach der Geburt des Sohnes R. bezog die Klägerin vom 07.06. bis 13.09.2009 Mutterschaftsgeld. Am 07.09.2009 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewährung von Elterngeld für das Kind R ... In einem Begleitschreiben zum Antragsformular führte die Klägerin aus, dass die Klägerin vor der Geburt des ersten Kindes J. am 03.04.2005 voll berufstätig gewesen sei und seither durchgehend in Elternzeit gewesen sei, am 27.08.2006 sei das zweite Kind J. geboren worden.
Mit Bescheid vom 30.09.2009 (Bl 26 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 3. Lebensmonat in Höhe von 312,50 EUR und für den 4. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 375,00 EUR monatlich. Elterngeld werde in Höhe des Mindestbetrages gezahlt. Im Bemessungszeitraum von Juni 2008 bis Mai 2009 habe die Klägerin kein Erwerbseinkommen erzielt. Eine weitere Verschiebung des Bemessungszeitraums um die Monate in denen sie Elternzeit bzw Erziehungsgeld für ihre früher geborenen Kinder in Anspruch genommen habe, sei nicht zulässig. Das Elterngeld erhöhe sich um 10 %, mindestens aber um 75,00 EUR, wenn die anspruchsberechtigte Person mit zwei Kindern, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten oder mit drei oder mehr Kindern die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, in einem Haushalt lebe. Der Geschwisterbonus sei entsprechend berücksichtigt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 30.09.2009 (Bl 31 Verwaltungsakte) wurde dem Ehemann der Klägerin Elterngeld für den 2. und 13. Lebensmonat in Höhe von 884,15 EUR monatlich gewährt. Die hiergegen nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist vom Sozialgericht Stuttgart abgewiesen worden, die Berufung ist im Berufungsverfahren vor dem Senat zurückgenommen worden (Bl 54 Senatsakte).
Gegen den Bescheid vom 30.09.2009 erhob die Klägerin am 16.10.2009 Widerspruch. Das BEEG sei verfassungswidrig, insofern das Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Grundgesetz verletzt werde. Sie machte geltend, dass sie mehrere Jahre aufgrund der Kinder auf ihr Gehalt verzichtet habe. Es sei verfassungswidrig, dass ihr deswegen nur der Mindestbetrag für den Geschwisterbonus gesetzlich zustehen solle. Es liege eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Eltern vor, die aufgrund eines vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens ein höheres Elterngeld ausbezahlt bekämen. Dadurch würden vor allem Geringverdienern und Eltern mehrerer Kinder, welche ihre gesetzlich zustehende Elternzeit ausschöpften, benachteiligt. Zudem sei es nicht gerechtfertigt, dass Besserverdienende ein höheres Elterngeld zugesprochen werde als Geringverdienern und sie nun im Vergleich zum vorher geltenden Bundeserziehungsgeldgesetz sogar weniger Geld vom Staat bekommen sollten. Jedes Kind sei gleichwertig und solle dem Staat gleich viel wert sein. Daher werde die Zahlung des Höchstbetrages beantragt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück. Eine Verschiebung des Bemessungszeitraumes zur Ermittlung des Einkommens vor der Geburt des Kindes um die Zeiträume des Bezugs von Erziehungsgeld bzw die Zeiträume der Inanspruchnahme von Elternzeit für das vor dem 01.01.2007 geborene Kind sei nicht zulässig sei. Die Rechtsanwendung des § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG entspreche dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Des Weiteren hat die Beklagte auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 19.02.2009 (B 10 EG 1/08 R und B 10 EG 2/08 R) verwiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 30.11.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz sei verletzt. Durch die Bemessung an einem zuvor erzielten Einkommen würden Geringverdiener und Eltern mehrerer Kinder, welche ihre gesetzlich zustehende Elternzeit ausschöpften, benachteiligt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 25.02.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Die Beklagte hat am 07.11.2011 das Verfahren wiederangerufen. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 09.02.2009 (Az.: B 10 EG 1/08 R) entschieden, dass eine Verschiebung des Bemessungszeitraumes nach § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG nur und ausschließlich dann erfolgen könne, wenn Elterngeld für ein älteres Kind bezogen werde. Da die Klägerin kein Elterngeld für ein älteres Kind bezogen habe, sei der Bemessungszeitraum nicht zu verschieben. Das Bundesverfassungsgericht habe die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde mit dem Az.: 1 BvR 1396/09 nicht zur Entscheidung angenommen. Eine weitere Verfassungsbeschwerde mit dem Az.: 1 BvR 2712/09 mit derselben Fragestellung sei ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen worden. Zudem habe das BSG seine Rechtsprechung in einem aktuellen Urteil vom 18.08.2011 (Az.: B 10 EG 10/10 R) bestätigt.
Die Klägerin hat hierauf vorgebracht, dass aus ihrer Sicht nicht verfassungskonform sei, dass Eltern, die über weniger Erwerbseinkommen verfügten, auch weniger Elterngeld bezögen und es sich nicht um eine Sozialleistung handele, sondern um eine Entgeltersatzleistung. Besserverdienende würden ohne Rechtfertigung wesentlich besser gestellt als Geringverdiener. Sie hat auf ein für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) erstelltes Gutachten von Kingreen hingewiesen (Bl 8 f. SG Akte im Verfahren S 17 EG 6247/11). Die mit dem BEEG bezweckte familienpolitische Steuerung greife in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG ein, wie Kingreen herausgearbeitet habe und zB auch das Hessische Landessozialgericht angedeutet habe (Urteil vom 24.10.2011, L 6 EG 16/08).
Mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages zzgl Geschwisterbonus. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz oder eine Diskriminierung von Mehr-Kind-Familien liege nicht vor. Das BSG habe bereits mehrfach entschieden, dass eine Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die vor der Geburt eines weiteren Kindes wieder Erwerbseinkommen erzielt hätten, sachlich gerechtfertigt sei. Die unterschiedliche Behandlung ergebe sich zwanglos aus der Funktion des Elterngeldes als Einkommen-Ersatz. Auch ein Verstoß des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG gegen das aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz herzuleitende Gebot der Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich liege nicht vor, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2011 (Az.: 1 BvR 1853/11) explizit ausgeführt habe.
Gegen den ihr am 26.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 21.06.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die angebliche Gleichberechtigung sei in Wahrheit Gleichmacherei und geprägt von der aktuell vorherrschenden Gender-Mainstream-Ideologie, indem Frauen aus dem Haus gedrängt würden, anstatt ihnen die freie Entscheidung zu überlassen. Das Bundesverfassungsgericht habe sich von seiner früheren Rechtsprechung entfernt, ohne dies offen zu legen oder zu erläutern.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2009 zu verurteilen, ihr Elterngeld in Höhe des Höchstbetrages zzgl des Geschwisterbonus zu gewähren,
hilfsweise das Verfahren nach Art 100 Abs 1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem Erörterungstermin am 09.10.2013 ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld.
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin sämtlich vor.
Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier idF des Art 10 Nr 1 des Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises [ELENA-Verfahrensgesetz] vom 28.03.2009, BGBl I, 634). Nach § 2 Abs 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt (§ 2 Abs 5 Satz 1 BEEG) und um 10 %, mindestens jedoch um 75 Euro, ua dann erhöht, wenn die berechtigte Person mit zwei Kindern, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in einem Haushalt lebt (§ 2 Abs 4 Satz 1 BEEG).
Nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben Kalendermonate bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes für ein älteres Kind Elterngeld bezogen hat, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wurde.
Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich die Rechtsanwendung durch die Beklagten insgesamt als zutreffend. Sie hat auf der Grundlage der genannten Vorschriften bei der Bestimmung des Bemessungszeitraumes (zwölf Kalendermonate vor der Geburt) richtigerweise nur die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld durch die Klägerin unberücksichtigt gelassen und der Klägerin, weil diese in dem danach maßgeblichen Zeitraum kein eigenes Einkommen erzielt hat, den Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 BEEG) und zusätzlich den sogenannten Geschwisterbonus in Höhe von 75 Euro (§ 2 Abs 4 BEEG) als Elterngeld bewilligt und ausgezahlt.
Der Beklagte war nicht verpflichtet, bei der Festlegung des Bemessungszeitraumes auch die Elternzeit der Klägerin nach der Geburt der Kinder J. und J. unberücksichtigt zu lassen. Die Sätze 5 und 6 des § 2 Abs 7 BEEG in der bis 17.09.2012 gültigen Fassung sind vom Wortlaut her eindeutig bestimmt, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 18 ff). Die Vorschriften lassen sich nicht gegen ihren Wortlaut in dem Sinne auslegen, dass auch die Elternzeit für ein älteres Kind, in der die berechtigte Person kein Elterngeld erhalten hat, unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies folgt insbesondere daraus, dass § 2 Abs 7 Satz 5 BEEG den Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind erwähnt, die Zurücklegung von Elternzeit ohne den Bezug von Elterngeld oder Erziehungsgeld (§ 15 ff BEEG; § 15 ff BErzGG) aber nicht aufführt (vgl eingehend BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 18 ff).
Der von der Klägerin gewünschte Gesetzesinhalt lässt sich auch nicht durch richterliche Rechtsfortbildung, insbesondere nicht durch einen Analogieschluss erreichen (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 20). Die analoge Anwendung der in § 2 Abs 7 Satz 5 bis 7 BEEG ausdrücklich und klar geregelten Ausnahmetatbestände auf den Fall der Elternzeit ohne Elterngeld setzte voraus, dass das Gesetz insoweit lückenhaft ist, es also angesichts der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers "planwidrig" unvollständig ist. Eine derartige Lücke weist das BEEG aber nicht auf (BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 20 mwN).
Die Nichtaufnahme eines Tatbestandes der Elternzeit ohne Elterngeldbezug in § 2 Abs 7 BEEG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG bzw das Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG liegt nicht vor (BSG 25.06.2009, B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291, SozR 4-7837 § 2 Nr 2; 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R; vgl. auch BSG 18.08.2011, B 10 EG 10/10 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 9; zur Kritik vgl Hessisches LSG 24.10.2011, L 6 EG 16/08; LSG Niedersachsen-Bremen 13.04.2011, L 2 EG 20/10; Kingreen Zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 und 4 Bundeselterngeldgesetz, Rechtsgutachten im Auftrag der Ökologisch-Demokratischen Partei, 2010, abrufbar unter https://www.oedp.de/fileadmin/user upload/bundesverband/programm/programme/ RechtsgutachtenElterngeldklage.pdf, abgerufen am 27.02.2014).
Die von der Klägerseite aufgeworfenen Fragen sind auch vom Bundesverfassungsgericht geklärt (vgl BVerfG 19.08.2011, 1 BvL 15/11, FamRZ 2011, 1645; 20.04.2011, 1 BvR 1811/08, ZFSH/SGB 2011, 337; 24.11.2011, 1 BvR 1457/11) Das Bundesverfassungsgericht hat insb. im Beschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214 = FamRZ 2012, 91 ausgeführt, dass in Ansehung des allgemeinen Gleichheitssatzes Differenzierungen der Rechtfertigung durch angemessene Sachgründe bedürfen, dass diese aber vorliegend gegeben sind. Die hierbei dem Gesetzgeber gesetzten Grenzen reichen von einer Beschränkung auf das Willkürverbot bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen (vgl BVerfG 21.06.2011, 1 BvR 2035/07, NVwZ 2011, 1316, Rn 64 f). So kann sich eine strengere Bindung des Gesetzgebers aus der Anknüpfung an - für den Einzelnen ggf nicht verfügbare - Persönlichkeitsmerkmale oder aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92, BVerfGE 88, 87 (96)). Andererseits verfügt er im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit grundsätzlich über einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl BVerfG 29.10.2002, 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166 (175 f)). Es bedeutet für sich genommen noch keinen Gleichheitsverstoß, dass die einkommensabhängige Ausgestaltung des Elterngeldes im BEEG gegenüber der Vorgängerregelung im BErzGG einen Systemwechsel darstellt und möglicherweise gesetzessystematisch eine Sonderstellung einnimmt (vgl BVerfG, 11.02.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238 (247)). Im Hinblick auf Art 6 Abs 1, Abs 2 GG kann sich die Regelung des § 2 Abs 1 BEEG zwar auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken. In seiner abwehrrechtlichen Dimension ist Art 6 Abs 1, Abs 2 GG aber allenfalls am Rande betroffen; insbesondere hat § 2 Abs 1 BEEG keine intensive Anreizwirkung für Doppelverdienerehen im Vergleich zu Einverdienerehen (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 12). Art 6 Abs 1, Abs 2 GG ist jedoch in seiner Schutz- und Förderdimension (vgl BVerfG, 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 (172)) berührt. Die Differenzierung der Förderungshöhe ist insofern rechtfertigungsbedürftig (zum weiten Gestaltungsspielraum vgl aber BVerfG, 20.04.2011, 1 BvR 1811/08, ZFSH/SGB 2011, 337). Die von § 2 Abs 1 BEEG bewirkte Differenzierung in der Familienförderung ist durch hinreichend gewichtige Sachgründe gerechtfertigt (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 14). Der Gesetzgeber wollte mit der einkommensabhängigen Ausgestaltung des Elterngeldes finanzielle Unsicherheiten verhindern, die eine Hinauszögerung des Kinderwunsches verursachten. Mit der Beschränkung der Maximalhöhe des Elterngeldes auf 1800 Euro erhalten Eltern mit geringeren Einkommen relativ eine höhere Kompensation. Der Verzicht des Gesetzgebers auf einen sozialen Ausgleich ist noch hinzunehmen, zumal auch Eltern ohne vorgeburtliches Einkommen nicht gänzlich von der Förderung ausgeschlossen sind (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 15). Eine Rechtfertigung ergibt sich zudem aus dem Verfassungsauftrag des Art 3 Abs 2 GG (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 18). Daraus ist der Gesetzgeber verpflichtet, einer Verfestigung überkommener Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater in der Familie zu begegnen. Neben der Einführung sog. Partner- oder Vätermonate (vgl BVerfG, 19.08.2011, 1 BvL 15/11, FamRZ 2011, 1645) vermag auch die Ausgestaltung des Elterngeldes die partnerschaftliche Teilhabe beider Elternteile an der Kindererziehung und -betreuung zu stärken. Auch angesichts der tatsächlichen Entwicklung ist diese Annahme des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Auch Art 6 Abs 1, Abs 2 GG ist nicht verletzt: Die gesetzgeberische Entscheidung zur Einkommensabhängigkeit des Elterngeldes beruht auf legitimen Gründen; der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist gewahrt (BVerfG 09.11.2011 aaO Rn 20).
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) herzuleitenden Vertrauensschutz berufen. Denn es geht hier nicht um die Beeinträchtigung von Rechtspositionen, die nach der alten Rechtslage bestanden, sondern um die Ausgestaltung des neuen Rechts. Insoweit ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen in eine Gleichbehandlung des in der Vergangenheit liegenden Bezuges von BErzg mit dem Bezug von Elterngeld nach dem BEEG nicht ersichtlich (vgl BSG 18.08.2011, B 10 EG 10/10 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 9).
Schließlich verstößt die gesetzliche Konzeption des Elterngeldes und der Elternzeit nicht gegen europarechtliche Normen (vgl BSG 19.02.2009, B 10 EG 2/08 R, juris Rn 38). Art 11 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz ist nicht betroffen. Diese Vorschrift schreibt den Mindeststandard für Arbeitsverträge dahin vor, dass die erfassten Arbeitnehmerinnen durch vertragliche Regelungen nicht in ihren Schutzrechten und Ansprüchen, die in den Artikeln 5, 6, 7 und 8 genannt sind, einschließlich der Rechte auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts ua beeinträchtigt werden dürfen. Art 11 Nr 4 Satz 1 der Richtlinie stellt es den Mitgliedsstaaten frei, Ansprüche auf die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder eine angemessene Sozialleistung von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig zu machen. Nach Art 11 Nr 4 Satz 2 der Richtlinie darf dabei keinesfalls vorgesehen sein, dass dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Entbindung eine Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten unmittelbar vorangegangen sein muss. Selbst wenn man diese Vorschrift gegen ihren Wortlaut auch auf in den Mitgliedsstaaten existierende Sozialleistungen für Frauen bezieht, die nicht mehr schwanger oder Wöchnerin sind und die auch nicht mehr stillen, erfüllt das BEEG die Vorgaben des Art 11 Nr 4 Satz 2 Richtlinie. Der Anspruch auf Elterngeld setzt nämlich nach § 1 BEEG nicht voraus, dass die berechtigte Person vor der Entbindung einer Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten nachgegangen sein muss. Der in § 2 BEEG normierte Zwölf-Monatszeitraum ist allein relevant für die Höhe des Elterngeldes.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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