Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 88/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 863/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2014 abgeändert. Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, an die Antragsteller für die Monate Januar bis März 2014 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 36,12 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen und der Antrag der Antragsteller abgelehnt.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) ist zum großen Teil begründet. Das SG hat den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig verpflichtet, weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 314 EUR monatlich zu zahlen, so dass die Kaltmiete von 680 EUR monatlich insgesamt gewährt wird. Den Antragstellern stehen vorläufig weitere Kosten der Unterkunft lediglich in Höhe von 36,12 EUR monatlich zu.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann zu bejahen, wenn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelf ab und erfordert regelmäßig eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere, wenn eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B, Juris).
Entgegen der Auffassung des SG ist die Kostensenkungsaufforderung des Antragsgegners vom 25. April 2013 wirksam. Nach der Auffassung des BSG, der sich der Senat anschließt, normiert § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II keine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht der Behörde über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an die Kostensenkungsaufforderung; die Aufklärungs- und Warnfunktion einer solchen Erklärung erfordert aber, dass der aus der Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird (s. z.B. BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, veröffentlicht in Juris). Die vom SG angenommene Pflicht zur Angabe auch der angemessenen kalten Betriebskosten findet sich in der Rechtsprechung des BSG aber nicht; nur die Angabe des angemessenen Mietpreises ist -mindestens- erforderlich (vgl. z.B. BSG a.a.O., Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 43/06 R, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 19/09 R, alle veröffentlicht in Juris). Die Behörde darf sich jedoch nicht widersprüchlich verhalten (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, B 14 AS 14/08 R, veröffentlicht in Juris).
Die Kostensenkungsaufforderung vom 25. April 2013 entspricht hiernach den Anforderungen des BSG. In der Erklärung wird eindeutig und klar der von der Behörde angenommene angemessene Mietpreis in Höhe von 366 EUR benannt, der nach Ablauf des 30. September 2013 nur noch anerkannt wird. Dass es sich beim genannten Betrag um die Miete ohne Nebenkosten handelte, ergibt sich daraus, dass der Beklagte ausführte, dass die Nebenkostenvorauszahlungen zusätzlich berücksichtigt werden. Diese konkret zu beziffern, ist aber in der Kostensenkungsaufforderung nicht erforderlich (s.o.). Widersprüchliches Verhalten der Behörde ist nicht ersichtlich.
Den Antragstellern stehen auch die tatsächlich anfallenden Mietkosten nicht deshalb zu, weil Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar sind. Die objektive Unmöglichkeit eine Unterkunftsalternative zu finden, ist nur in seltenen Fällen zu begründen, zumal es in Deutschland keine allgemeine Wohnungsnot gibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, veröffentlicht in Juris). Insofern ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein Umzug unmöglich ist. Die Unmöglichkeit einer Kostensenkung kann aber auch vorliegen, wenn die Behörde dem Hilfeempfänger unrichtige Richtgrößen (Parameter) zur Angemessenheit der Unterkunftskosten mitteilt und der Hilfeempfänger gerade deshalb keine angemessene Wohnung findet (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O.). Der Antragsgegner hat in der Kostensenkungsaufforderung keine falschen Parameter mitgeteilt; die Antragsteller haben auch nicht glaubhaft gemacht, dass gerade die fehlende Bezifferung der angemessenen Betriebskosten dazu geführt hat, dass sie keine angemessenen Wohnung gefunden haben. Die Behauptung, ein Umzug sei unzumutbar, da das Ende des Leistungsbezuges kurz bevor stehe, ist nicht weiter dargelegt und glaubhaft gemacht worden.
Da der Antragsgegner für die Gemeinde Gr. kein schlüssiges Konzept haben dürfte - der Mietspiegel für den Raum Scho. ist örtlich nicht einschlägig (s. Mietspiegel Scho. und Umgebung Stand 1. Januar 2012) - und ein solches im Eilverfahren auch nicht hergestellt werden kann, dürften nach den vorliegenden Fakten die Kosten begrenzt durch die Wohngeldtabelle zu übernehmen sein. Nach dem Terminbericht des BSG Nr. 59/13 zum Verfahren B 4 AS 87/12 R sind entgegen der Auffassung des SG Kassel (Urteil vom 10. April 2013, S 7 AS 793/10, veröffentlicht in Juris) und des Antragsgegners auch die Tabellenwerte des § 12 WoGG mit einem Zuschlag von 10 vom Hundert zu versehen. Gr. gehört zum R-M-Kreis und ist der Mietstufe 3 zugewiesen. Für zwei Personen weist die Tabelle einen Wert von 402 EUR aus. Mit dem Sicherheitszuschlag von 10 vom Hundert addiert, ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten auf 442,20 EUR begrenzt. Da in den Tabellenwerten jedoch die sogenannten kalten Nebenkosten enthalten sind, sind die tatsächlich bewilligten kalten Nebenkosten hiervon abzuziehen. Den Antragstellern wurden bereits kalte Nebenkosten (für Wasser/Abwasser monatlich 34,50 EUR, für Müllgebühren monatlich 5,58 EUR, s. Bescheide vom 7. März 2014) in Höhe von 40, 08 EUR monatlich und Miete in Höhe von 366 EUR monatlich gewährt, weshalb den Antragstellern vorläufig noch die Differenz in Höhe von 36,12 EUR monatlich zuzusprechen ist. Die Beschwerde des Antragsgegners war im Übrigen zurückzuweisen und der weitergehende Antrag der Antragsteller auf Übernahme der tatsächlichen Mietkosten abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Der Senat hat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Antragsteller mit ihren Begehren (s. Schriftsatz vom 23. Dezember 2013) nur geringfügig durchgedrungen sind.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner hat den Antragstellern ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) ist zum großen Teil begründet. Das SG hat den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig verpflichtet, weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 314 EUR monatlich zu zahlen, so dass die Kaltmiete von 680 EUR monatlich insgesamt gewährt wird. Den Antragstellern stehen vorläufig weitere Kosten der Unterkunft lediglich in Höhe von 36,12 EUR monatlich zu.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann zu bejahen, wenn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelf ab und erfordert regelmäßig eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere, wenn eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B, Juris).
Entgegen der Auffassung des SG ist die Kostensenkungsaufforderung des Antragsgegners vom 25. April 2013 wirksam. Nach der Auffassung des BSG, der sich der Senat anschließt, normiert § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II keine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht der Behörde über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft und stellt auch keine sonstigen überhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an die Kostensenkungsaufforderung; die Aufklärungs- und Warnfunktion einer solchen Erklärung erfordert aber, dass der aus der Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angegeben wird (s. z.B. BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, veröffentlicht in Juris). Die vom SG angenommene Pflicht zur Angabe auch der angemessenen kalten Betriebskosten findet sich in der Rechtsprechung des BSG aber nicht; nur die Angabe des angemessenen Mietpreises ist -mindestens- erforderlich (vgl. z.B. BSG a.a.O., Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 43/06 R, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 19/09 R, alle veröffentlicht in Juris). Die Behörde darf sich jedoch nicht widersprüchlich verhalten (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, B 14 AS 14/08 R, veröffentlicht in Juris).
Die Kostensenkungsaufforderung vom 25. April 2013 entspricht hiernach den Anforderungen des BSG. In der Erklärung wird eindeutig und klar der von der Behörde angenommene angemessene Mietpreis in Höhe von 366 EUR benannt, der nach Ablauf des 30. September 2013 nur noch anerkannt wird. Dass es sich beim genannten Betrag um die Miete ohne Nebenkosten handelte, ergibt sich daraus, dass der Beklagte ausführte, dass die Nebenkostenvorauszahlungen zusätzlich berücksichtigt werden. Diese konkret zu beziffern, ist aber in der Kostensenkungsaufforderung nicht erforderlich (s.o.). Widersprüchliches Verhalten der Behörde ist nicht ersichtlich.
Den Antragstellern stehen auch die tatsächlich anfallenden Mietkosten nicht deshalb zu, weil Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar sind. Die objektive Unmöglichkeit eine Unterkunftsalternative zu finden, ist nur in seltenen Fällen zu begründen, zumal es in Deutschland keine allgemeine Wohnungsnot gibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, veröffentlicht in Juris). Insofern ist nicht glaubhaft gemacht, dass ein Umzug unmöglich ist. Die Unmöglichkeit einer Kostensenkung kann aber auch vorliegen, wenn die Behörde dem Hilfeempfänger unrichtige Richtgrößen (Parameter) zur Angemessenheit der Unterkunftskosten mitteilt und der Hilfeempfänger gerade deshalb keine angemessene Wohnung findet (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O.). Der Antragsgegner hat in der Kostensenkungsaufforderung keine falschen Parameter mitgeteilt; die Antragsteller haben auch nicht glaubhaft gemacht, dass gerade die fehlende Bezifferung der angemessenen Betriebskosten dazu geführt hat, dass sie keine angemessenen Wohnung gefunden haben. Die Behauptung, ein Umzug sei unzumutbar, da das Ende des Leistungsbezuges kurz bevor stehe, ist nicht weiter dargelegt und glaubhaft gemacht worden.
Da der Antragsgegner für die Gemeinde Gr. kein schlüssiges Konzept haben dürfte - der Mietspiegel für den Raum Scho. ist örtlich nicht einschlägig (s. Mietspiegel Scho. und Umgebung Stand 1. Januar 2012) - und ein solches im Eilverfahren auch nicht hergestellt werden kann, dürften nach den vorliegenden Fakten die Kosten begrenzt durch die Wohngeldtabelle zu übernehmen sein. Nach dem Terminbericht des BSG Nr. 59/13 zum Verfahren B 4 AS 87/12 R sind entgegen der Auffassung des SG Kassel (Urteil vom 10. April 2013, S 7 AS 793/10, veröffentlicht in Juris) und des Antragsgegners auch die Tabellenwerte des § 12 WoGG mit einem Zuschlag von 10 vom Hundert zu versehen. Gr. gehört zum R-M-Kreis und ist der Mietstufe 3 zugewiesen. Für zwei Personen weist die Tabelle einen Wert von 402 EUR aus. Mit dem Sicherheitszuschlag von 10 vom Hundert addiert, ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten auf 442,20 EUR begrenzt. Da in den Tabellenwerten jedoch die sogenannten kalten Nebenkosten enthalten sind, sind die tatsächlich bewilligten kalten Nebenkosten hiervon abzuziehen. Den Antragstellern wurden bereits kalte Nebenkosten (für Wasser/Abwasser monatlich 34,50 EUR, für Müllgebühren monatlich 5,58 EUR, s. Bescheide vom 7. März 2014) in Höhe von 40, 08 EUR monatlich und Miete in Höhe von 366 EUR monatlich gewährt, weshalb den Antragstellern vorläufig noch die Differenz in Höhe von 36,12 EUR monatlich zuzusprechen ist. Die Beschwerde des Antragsgegners war im Übrigen zurückzuweisen und der weitergehende Antrag der Antragsteller auf Übernahme der tatsächlichen Mietkosten abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Der Senat hat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Antragsteller mit ihren Begehren (s. Schriftsatz vom 23. Dezember 2013) nur geringfügig durchgedrungen sind.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved