L 13 AS 1049/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 4133/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1049/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 19. Februar 2014 ist zulässig; insbesondere ist sie nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG unstatthaft. Die Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, einen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann zu bejahen, wenn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist. Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelf ab und erfordert regelmäßig eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere, wenn eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B, Juris). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen, ist regelmäßig nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes.

Da die Antragstellerin aufgrund eines Besuches einer Fachoberschule ab 9. September 2013, deren Besuch eine abgeschlossenen Berufsausbildung voraussetzt, Leistungen nach dem BAföG erhält (s. Bescheid vom 6. Dezember 2014; § 2 Abs. 1 Nr. 3 BAföG; Münder, Kommentar zum SGB II, 5. Auflage, § 27 SGB II Rdnr. 7), kommen die von der Antragstellerin begehrten Leistungen zu den Kosten der Unterkunft nur gem. § 27 Abs. 3 SGB II in Betracht. Hiernach erhalten Auszubildende einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen, soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 ungedeckt ist.

Bereits ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie ihrer Mutter einer rechtsverbindlichen Verpflichtung zur Zahlung eines Mietzinses unterliegt. Denn es ist nicht ansatzweise erklärlich, wieso die Antragstellerin angeblich 250 EUR Kaltmiete schuldet, dieser Betrag aber nach Aktenlage nie überwiesen worden ist. Auch die angebliche Mieterhöhung zum 1. Februar 2012 (Schreiben der Mutter des Antragstellerin vom 15. Dezember 2011) auf 300 EUR lässt sich anhand der Kontoauszüge nicht ansatzweise nachvollziehen. Z.B. erfolgte nur eine Überweisung in Höhe von 200 EUR am 3. April 2013, und dies auch noch für die Handyrechnung. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin die angeblich rechtsverbindliche Verpflichtung zur Zahlung der Miete seit November 2013 gar nicht mehr bedient (so ihr Schriftsatz vom 22. Januar 2014), obwohl ihr Konto ausgeglichen war und Zahlungseingänge (am 15. Oktober und 28. November 2013) von über 2000 EUR zu verzeichnen sind. In der Beschwerde vom 26. Februar 2014 wird zudem hierzu widersprüchlich behauptet, dass die Miete seit Dezember 2013 nicht mehr bezahlt werde.

Darüber hinaus besteht auch kein Anordnungsgrund. Der Senat lässt offen, ob ein Anordnungsgrund regelmäßig erst bei Erhebung der Räumungsklage oder bereits bei erfolgter Kündigung gegeben ist. Die aktuelle Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft regelmäßig frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist (so etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Mai 2012 - L 19 AS 957/12 B ER - Juris, m.w.N.). Andererseits wird die Ansicht vertreten, dass es den Betroffenen nicht regelmäßig zuzumuten ist, einen zivilrechtlichen Kündigungsgrund nach §§ 543, 569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entstehen zu lassen, eine Kündigung hinzunehmen, eine Räumungsklage abzuwarten und auf eine von mehreren Voraussetzungen abhängige nachfolgende Beseitigung der Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zu hoffen (so aktuell Bayerisches LSG, Beschluss vom 21. Januar 2013 - L 7 AS 882/12 B ER und Beschluss vom 19. März 2013 - L 16 AS 61/13 B; ebenso offen gelassen von LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Oktober 2011 - L 12 AS 4216/11 ER-B und von LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. März 2013 - L 2 AS 842/13 ER-B - zitiert jeweils nach Juris). Die Antragstellerin hat nämlich nicht einmal glaubhaft gemacht, dass ihr eine Kündigung durch ihre Mutter droht. Das von der Antragstellerin vorgelegte Schreiben der Mutter vom 21. Januar 2014 soll dies zwar bestätigen. Angesichts der Tatsache, dass die Mietzahlungspflicht der Antragstellerin nicht gelebt wurde (s.o.), ist eine rechtsverbindliche Kündigung des Mietverhältnisses mit der Tochter durch deren Mutter unwahrscheinlich. Jedenfalls ist eine bereits erfolgte Kündigung der Wohnung nicht glaubhaft gemacht. Bereits hieraus und aus dem Umstand, dass eine Räumungsklage bislang nicht erfolgt ist und das Mietverhältnis fortbesteht, folgt, dass eine besondere Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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