L 4 R 3828/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 282/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3828/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 4. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die gegenüber dem Kläger getroffene Feststellung, der Beigeladene sei in der von ihm ausgeübten Beschäftigung als Zimmermann beim Kläger in der Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Der Kläger betreibt eine Zimmerei und verrichtet Holzbauarbeiten.

Der 1976 geborene Beigeladene ist gelernter Zimmermann. Er war beim Kläger, der zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigte, als Zimmermann abhängig beschäftigt und verrichtete die üblichen Zimmererarbeiten. Zum 31. Dezember 2008 beendete der Beigeladene, der nach seinen Angaben bereits seit dem Jahr 2007 eine Nebenerwerbstätigkeit ausübte und sich in diesem Zusammenhang im April 2007 Arbeitskleidung mit Firmenlogo bedrucken ließ, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, um sich selbstständig zu machen. Für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Bereich der handwerklichen Dienstleistungen, speziell im Bereich Innenausbau und Dachfenster beantragte der Beigeladene am 13. Januar 2009 bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Konstanz, einen Gründungszuschuss nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III a.F.), den ihm diese mit Bescheid vom 18. Mai 2009 für die Zeit vom 15. Januar 2009 bis 14. Oktober 2009 bewilligte. Ab 15. Januar 2009 verrichtete der Beigeladene Zimmermannsarbeiten wie z.B. Dachstühle aufrichten, Dach decken, Dachfenster einbauen, Trocken- und Gerüstbau, Fertigparkett legen, Holzdecken anbringen, Türen einbauen und Legen von Balkon- und Terrassenbelägen. Er verfügte über ein Firmenfahrzeug und Werkzeug, z.B. eine Handkreissäge, eine stationäre Tischkreissäge und diverses Handwerkszeug wie Nägel, Schrauben, Hammer, Beil etc. Der Beigeladene beschäftigte seine Ehefrau als Büroangestellte, zunächst unentgeltlich, ab 1. August 2009 versicherungspflichtig angemeldet. Neben Privatkunden hatte er gewerbliche Auftraggeber, u.a. den Kläger. Wie die anderen Auftraggeber informierte der Kläger den Beigeladenen telefonisch über die zu erledigenden Aufträge und übergab ihm die für den Auftrag notwendigen Pläne und sonstigen Unterlagen. Für den Kläger erledigte der Beigeladene dieselben Tätigkeiten wie zuvor als abhängig Beschäftigter. Das Material für die Baustelle z.B. Dachziegel oder Holz wurde ihm vom Kläger zur Verfügung gestellt. Bei Verhinderung oder Krankheit hatte er den Kläger zu informieren, bei Abwesenheit nahm er den Auftrag nicht an. Die Arbeitszeit richtete sich nach dem jeweiligen Auftrag. Nach Fertigstellung nahm der Kläger die Arbeit ab. Die von ihm erbrachten Leistungen rechnete der Beigeladene nach geleisteten Stunden mit einem Stundensatz von EUR 25,00 ab. Die Rechnungen stellte er in der Regel im Folgemonat. Er berechnete unter Beifügung einer Aufstellung zu Datum/Ort und Arbeit/Zeit, wobei für den Monat April 2009 u.a. 3,5 Stunden für das Richten des Materials und Bringen desselben zur Baustelle und im Juni 2009 u.a. drei Stunden für das Aufräumen des Lagers und der Werkstatt in Rechnung gestellt wurden, für den Monat Januar 2009 für 30,5 Stunden EUR 762,50, für den Monat Februar 2009 für 74,5 Stunden EUR 1.862,50, für den Monat März 2009 für 34,5 Stunden EUR 837,50, für den Monat April 2009 für 123,5 Stunden EUR 3.087,50, für den Monat Mai 2009 für 89 Stunden EUR 2.225,00, für den Monat Juni 2009 für 72,5 Stunden EUR 1.812,50 und für den Monat Juli 2009 für 74 Stunden EUR 1.850,00. Die Rechnungen waren jeweils zahlbar ohne Abzug. Die Tätigkeit beim Kläger machte zwischen Januar und Juni 2009 ca. 37 % des Gesamtumsatzes der gesamten Tätigkeiten des Beigeladenen aus.

Am 24. Juli 2009 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er gab an, er habe einen eigenen Geschäftsbetrieb mit allen Risiken, er könne Zeit und Preise frei gestalten und Aufträge ablehnen und betreibe Werbung. Zum Teil arbeite er in der Werkstatt des Klägers.

Auf die Anhörung der Beklagten (Schreiben vom 8. Dezember 2009), sie beabsichtige einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen, ergänzte der Beigeladene seine Angaben dahingehend, dass er die Arbeiten alleine oder zusammen mit dem Kläger auf der jeweiligen Baustelle durchführe. Da die Arbeiten mehrheitlich beim Kunden vor Ort ausgeführt werden müssten, sei selbstverständlich der Ort der Tätigkeit vorgegeben. Nach außen trete er als "J. H. Montagebau D." auf. Indiz hierfür sei u.a. die eigene Berufskleidung. Er habe nach wie vor eine Bürokraft angestellt. Ein Unterschied zur bis 31. Dezember 2008 ausschließlich für den Kläger im Angestelltenverhältnis verrichteten Tätigkeit bestehe seit 1. Januar 2009 darin, dass er darüber hinaus weitere Aufträge/Verträge mit direkten Endkunden gehabt habe. In der Anfangsphase der Selbstständigkeit hätte er jedoch alleine mit diesen zusätzlichen Endkunden den Lebensunterhalt nicht vollständig bestreiten können, sodass er (notgedrungen) auf die Abwicklung von Aufträgen seitens des Klägers angewiesen gewesen sei. Im weiteren Verlauf seien die Aufträge des Klägers zurückgegangen. Auch dieser Umstand zeige das Risiko eines selbstständigen Betriebs. Seit Ende August 2009 arbeite er nicht mehr für den Kläger.

Mit an den Kläger und den Beigeladenen gerichteten Bescheiden vom 18. Januar 2010 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene die Tätigkeit im Bereich Zimmermannsarbeiten beim Kläger seit dem 15. Januar 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Die zu beurteilende Tätigkeit im Bereich Zimmermannsarbeiten bestehe darin, Dachstühle aufzurichten, Dächer zu decken, Dachfenster einzubauen, Trocken- und Gerüstbau zu verrichten, Fertigparkett zu legen, Holzdecken und Türen einzubauen und Balkon- und Terrassenbeläge zu legen. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien nicht vorhanden. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien, dass bei Aufnahme des Auftrags Ort und Zeit der Tätigkeit vorgegeben sei, die Tätigkeit in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Klägers ausgeübt werde und bis zum 31. Dezember 2008 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung für den Kläger ausgeübt worden sei, wobei ein inhaltlicher Unterschied zur derzeit ausgeübten Tätigkeit nicht ersichtlich sei, die Art und Weise der Ausübung durch den Auftrag bereits vorgegeben sei und der Beigeladene nach außen als Mitarbeiter des Klägers auftrete. Hinsichtlich der Arbeitszeit und dem Arbeitsort seien nur scheinbar Gestaltungsfreiheiten eingeräumt. Der Beigeladene sei im Wesentlichen im Namen und auf Rechnung des Klägers tätig. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde er nicht als selbstständig Tätiger wahrgenommen. Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Für eine Eingliederung spreche, dass er im Bereich Zimmermannsarbeiten eingesetzt werde.

Der Kläger erhob Widerspruch. Der Beigeladene habe, auch wenn ein Bauvorhaben in einem gewissen Zeitrahmen erstellt werden müsse, seine Zeit frei einteilen können. Er sei nicht verpflichtet gewesen, bei einem Bauvorhaben jeden Tag und zu vorgegebenen Uhrzeiten Arbeitstätigkeiten für ihn, den Kläger, zu erbringen. Wenn er, der Kläger, zwischen dem 15. Januar und Ende Juli 2009, in der er keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, einen Subunternehmer benötigt habe, habe er beim Beigeladenen angefragt, ob dieser Zeit habe. Der Beigeladene hätte eine Tätigkeit jederzeit ablehnen können. Wenn er eine Tätigkeit angenommen habe, wäre es trotzdem möglich gewesen, dass er nur an einzelnen Tagen für ihn tätig gewesen sei. Der Beigeladene hätte auch keinen Weisungen unterlegen. Er sei ausgelernter Zimmermann und hätte die Tätigkeiten somit fachgerecht erbringen können. Zur persönlichen Leistungserbringung sei er nicht verpflichtet gewesen, er hätte jederzeit für einen fachlich adäquaten Ersatz sorgen können. Er sei auch nicht in seinen, des Klägers, Betrieb eingegliedert gewesen. Er habe die Tätigkeiten als selbstständiger Subunternehmer oft alleine und selbstständig auf der Baustelle ausgeübt. Teilweise habe er mit ihm zusammengearbeitet. Die selbstständigen Tätigkeiten hätten - der Natur der Sache entsprechend - im Grunde den Tätigkeiten, die er in seiner früheren abhängigen Beschäftigung für ihn ausgeübt habe, entsprochen. Der Beigeladene habe während seiner Tätigkeit als selbstständig Beschäftigter jedoch nicht mehr alle Tätigkeiten ausgeübt, welche er als abhängig Beschäftigter ausgeübt habe. Als Selbstständiger habe er nur noch die Tätigkeiten eines ausgelernten Zimmermanns auf den Baustellen ausgeübt. In abhängiger Beschäftigung seien auch noch Hilfstätigkeiten wie Aufräumen der Baustelle oder der Werkstatt sowie Arbeitsvorbereitung hinzugekommen. Bis 31. Dezember 2008 habe er dem Beigeladenen Arbeitskleidung sowie Werkzeuge und Maschinen zur Verfügung gestellt, er habe sich mit ihm an seiner Werkstatt getroffen und sei mit ihm in seinem Firmenfahrzeug zur Baustelle gefahren. Außerdem sei der Beigeladene auch nur für ihn tätig gewesen. Ab 15. Januar 2009 sei dies nicht mehr der Fall gewesen. Der Beigeladene habe teilweise T-Shirts mit eigenem Firmenaufdruck getragen, habe eigenes Werkzeug und Maschinen benutzt und sei mit seinem eigenen Fahrzeug zur Baustelle gefahren. Er sei nicht mehr als sein Mitarbeiter aufgetreten, sondern klar als Subunternehmer zu erkennen gewesen. Der Beigeladene habe weitere Auftraggeber gehabt. Den Stundenlohn habe er nicht vorgegeben, er sei das Ergebnis einer unternehmerischen Verhandlung zwischen ihm und dem Beigeladenen gewesen. Der Beigeladene habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen. Er sei selbst für das Akquirieren von Kunden und Aufträgen zuständig gewesen und habe nur tatsächlich erbrachte Leistungen abrechnen können. Bei mangelhafter Arbeit hafte er vollständig für die Mängel.

Mit an den Kläger und den Beigeladenen gerichteten Bescheiden vom 1. November 2010 änderte die Beklagte den Bescheid vom 18. Januar 2010 ab und verfügte, dass in der vom Beigeladenen ausgeübten Beschäftigung als Zimmermann beim Kläger Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne am 15. Januar 2010 (so in dem an den Kläger gerichteten Bescheid), 15. Januar 2009 (so in dem an den Beigeladenen gerichteten Bescheid).

Mit an den Kläger gerichteten Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2011 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Es ergäben sich keine neuen wesentlichen Erkenntnisse, die zu einer Änderung des bisher beurteilten sozialversicherungsrechtlichen Status führten. Die Feststellungen, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Zimmermann beim Kläger in der Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt habe und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab Aufnehme der Beschäftigung vorgelegen hätten, blieben bestehen. Ausschlaggebend hierfür sei, dass der Beigeladene bis zum 31. Dezember 2008 als abhängig beschäftigter Zimmermann beim Kläger tätig gewesen sei. Die ab 15. Januar 2009 ausgeübte Tätigkeit habe sich nicht von der vorherigen Beschäftigung unterschieden. Der Beigeladene sei vom Kläger als Erfüllungsgehilfe für einen bestimmten Zeitraum eingesetzt worden. Eigene Materialien habe er nicht bereitgestellt. Der Einsatz bestimmter eigener Werkzeuge sei im handwerklichen Bereich durchaus üblich und spreche nicht für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Gleiches gelte für den Einsatz eines privaten Pkw. Der Beigeladene sei auch in die betriebliche Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert gewesen. Dass er seine Arbeitszeit frei habe einteilen können, sei unwahrscheinlich. Bei Auftragsannahme stehe ein bestimmter Fertigstellungstermin fest, den der Kläger mit seinen Kunden vereinbart habe. Der Beigeladene habe also nicht nach eigenem Gutdünken kommen und gehen können, wann er gewollt habe, soweit er einen Auftrag angenommen habe. Hinsichtlich des Arbeitsorts und der Arbeitszeit seien konkrete Weisungen durch den Kläger erteilt worden. Dass der Beigeladene über das notwendige Fachwissen zur Leistungserbringung verfügt habe, könne nicht dazu führen, dass vom Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werde. Wie das Landessozialgericht Berlin bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 26. November 1986 - L 9 Kr 8/85 -; in juris) überzeugend dargelegt habe, sei kein Indiz für das Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Beigeladene über die eigene Arbeitskraft verfügt habe, weil es ihm freigestanden habe, Einzelaufträge anzunehmen oder abzulehnen. Innerhalb des geschlossenen Vertrags sei der Beigeladene gebunden gewesen und habe seine Arbeitskraft im vereinbarten Umfang dem Betrieb zur Verfügung zu stellen gehabt. Allein der Umstand, dass der Beigeladene Werbung für sein eigenes Unternehmen auf seinem Fahrzeug und seiner Arbeitskleidung angebracht habe, führe noch nicht dazu, dass er in der Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 beim Kläger selbstständig tätig gewesen sei.

Der Kläger erhob am 1. Februar 2011 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Er trug vor, der Beigeladene habe sich entschieden, selbst eine Firma zu gründen und diese auch zu betreiben. Er habe im Vorfeld alle Schritte unternommen, die für das Selbstständigmachen erforderlich gewesen seien. Er habe einen Gründungszuschuss beantragt, habe Werbung betrieben, sich ein eigenes Geschäftslogo zugelegt und seine eigene Arbeitskleidung kreiert sowie sich Geräte und einen Firmenwagen mit eigenem Logo angeschafft. Daneben habe er sich um seine Absicherung in der Sozialversicherung gekümmert und sei schon sehr früh für eine Reihe von Auftraggebern tätig geworden. Außerdem habe er eine Mitarbeiterin für die Durchführung administrativer Aufgaben beschäftigt. Er, der Kläger, habe die Dienste der Firma des Beigeladenen in Anspruch genommen, da diese zuverlässig und ordentlich gearbeitet habe. Eine wie auch immer geartete Abhängigkeit zwischen seiner Firma und der Firma des Beigeladenen habe nicht bestanden. Er habe dem Beigeladenen keine Einzelanweisungen geben dürfen, letzterer sei nicht verpflichtet gewesen, seine, des Klägers, Aufträge anzunehmen. Dass er nach Annahme die Arbeiten auf den jeweiligen Baustellen entsprechend dem erteilten Auftrag ausgeführt habe, sei eine absolut übliche Vorgehensweise. Er habe den Beigeladenen auch keine Werkzeuge zur Ausführung des Auftrags zur Verfügung gestellt. Die Aufträge des Beigeladenen von anderen Auftraggebern hätten seine, des Klägers, Aufträge bei weitem übertroffen. Es habe auch keine Verpflichtung des Beigeladenen bestanden, die Ausführung eines Auftrags selbst vorzunehmen. Das Kriterium der Zeitvorgabe, könne hier nicht ausschlaggebend sein, Handwerkern seien Zeiten vielfach schlicht vorgegeben. Von einer Eingliederung in seinen, des Klägers, Betrieb, könne daher nicht gesprochen werden. Der Beigeladene sei aufgrund seiner eigenen Arbeitskleidung, eigener Maschinen, eigenen Firmenfahrzeugs, eigenen Logos nicht mit seiner Firma in Verbindung zu bringen gewesen. Der Beigeladene habe auch eigene Werbung betrieben. Für die Tätigkeiten habe man Fixpreise vereinbart. Wenn er z.B. den Einbau eines Dachfensters in Auftrag gegeben habe, habe ihm der Beigeladene gesagt, wie viel das koste. Wie lange der Beigeladene dann tatsächlich gebraucht habe, sei seine Sache gewesen. Nachbesserungen habe der Beigeladene nicht abrechnen können. Bei Krankheit habe er den Beigeladenen aufgefordert, für Ersatz zu sorgen. Dass er, der Kläger, wenn der Beigeladene keine Abhilfe habe schaffen können, sich schließlich selbst gekümmert habe, sei mehr als selbstverständlich. Er habe schließlich ein Gesamtwerk abzuliefern. Der Beigeladene habe sich selbst gegen Krankheit und für das Alter abgesichert.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen. Ergänzend trug sie vor, das Beschäftigungsverhältnis sei über den 31. Dezember 2008 hinaus fortgesetzt worden. Der Kläger habe weiterhin allein das unternehmerische Risiko getragen. Er habe einen Auftrag angenommen und die entsprechenden Konditionen mit seinem Kunden ausgehandelt. Im Anschluss daran habe er den Beigeladenen angewiesen, den Arbeitsauftrag auszuführen. Ob dieser mit seinem eigenen Pkw selbst direkt zur Baustelle oder wie vorher vom Firmensitz zusammen mit dem Kläger zur Baustelle gefahren sei, spiele keine Rolle. Auch aus der Tatsache, dass der Kläger nicht mehr mitgearbeitet habe, lasse sich keine selbstständige Tätigkeit herleiten. Dass der Beigeladene eigenes Werkzeug genutzt habe, stelle kein Indiz für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos dar. Auch angestellte Handwerker nutzten ihr eigenes Fahrzeug und machten diese Kosten später als Werbungskosten geltend. Gerade bei handwerklichen Berufen sei es üblich und gehöre teilweise zum guten Ton, eigenes Werkzeug zu benutzen.

Der mit Beschluss des SG vom 16. Mai 2011 Beigeladene legte den Businessplan vom 17. Dezember 2008 vor.

Mit Urteil vom 4. Juli 2012 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Beigeladene in der Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 im Betrieb des Klägers abhängig beschäftigt gewesen sei und der Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Es habe im Wesentlichen kein Unterschied zur Tätigkeit als Angestellter beim Kläger bestanden. Der Beigeladene habe seine Arbeitsleistung zur Erfüllung der Aufträge (Montage von Dachstühlen, Einbau von Fenstern) erbracht, die der Kläger für seine Auftraggeber auszuführen gehabt habe. Ins Gewicht fallende unternehmerische Freiheiten seien ihm nicht verblieben. Diese Aufträge seien alle vom Kläger eingeholt und lediglich an den Beigeladenen weitergeleitet worden. Bei diesen Tätigkeiten sei der Beigeladene nicht als Unternehmer am Markt aufgetreten. Zu keinem anderen Ergebnis führe, dass er eigene Kleidung getragen und die Baustellen von zuhause und nicht mehr von der Werkstatt des Klägers aus angefahren habe. Dies stelle lediglich eine unwesentliche Änderung in der Arbeitsorganisation dar, führe aber nicht zu einer weisungsfreien Tätigkeit. Entscheidend sei insbesondere auch, dass der Beigeladene keinem wesentlichen Unternehmerrisiko ausgesetzt gewesen sei. Die vom Beigeladenen eingebauten Dachfenster oder Dachstühle seien nach den Angaben der Beteiligten nicht vom Beigeladenen, sondern vom Kläger besorgt und zum Einbau zur Verfügung gestellt worden. Die Anschaffung dieses Materials stelle ein erhebliches Unternehmerrisiko dar, das vorliegend nicht der Beigeladene zu tragen gehabt habe. Weiter sei aufgefallen, dass in den vorgelegten Rechnungen jeweils ein Stundensatz von EUR 25,00 unabhängig von der Art der Tätigkeit abgerechnet worden sei. Eine Differenzierung nach Art und Schwierigkeit der Tätigkeit sei nicht erfolgt. Ein freies Aushandeln von Preisen sei damit nicht erkennbar. Eine Regelung hinsichtlich von Schlechtleistungen oder Nichterfüllung sei nicht getroffen worden. Zwar habe der Kläger gegebenenfalls eine Nachbesserung vom Beigeladenen verlangt, letztlich sei aber er selbst gegenüber dem Kunden verantwortlich gewesen. Die Arbeitskleidung mit eigenem Logo sei auch nicht zu Beginn der Tätigkeit beim Kläger angeschafft, sondern sei bereits 2007 als der Beigeladene einzelne Aufträge im Rahmen einer selbstständigen Nebenerwerbstätigkeit ausgeübt habe, besorgt worden.

Gegen das seiner Bevollmächtigten am 10. August 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. September 2012 Berufung eingelegt. Er weist unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ergänzend insbesondere noch einmal darauf hin, dass der Beigeladene hinsichtlich der Annahme von Aufträgen zu nichts verpflichtet gewesen sei und er, der Kläger, nicht berechtigt gewesen sei, Einzelweisungen, was die Ausführungen der Leistungen im Detail anbelange, auszusprechen. Die Absprachen hätten sich in dem Rahmen bewegt, der zwischen einem Unternehmer und einem Subunternehmer stattfinde. Abgerechnet worden sei die im Vorfeld der Auftragserfüllung mündlich vereinbarte Zeit.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 4. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 in der Fassung des Bescheids vom 1. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene bei ihm vom 15. Januar 2009 bis 31. Juli 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Renten, Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Berichterstatterin hat den Kläger und den Beigeladenen im Erörterungstermin am 16. Mai 2013 angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben, da keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt, sondern die Feststellung der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung im Streit ist.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist zum einen der gegenüber dem Kläger ergangene Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010, mit welchem die Beklagte hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen für die Zeit ab 15. Januar 2009 entschieden hat.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zum anderen nach § 86 SGG auch der an den Kläger gerichtete Bescheid der Beklagten vom 1. November 2010 geworden, welcher den Bescheid vom 18. Januar 2010 insoweit abgeändert hat, als er die Versicherungspflicht konkret in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung feststellt (vgl. Urteil des Senats vom 20. November 2009 - L 4 R 1540/08 -; in juris).

Über beide Bescheid hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2011 entschieden. Hierbei wurde wegen Beendigung der Tätigkeit des Beigeladenen beim Kläger die Feststellung auf die Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 begrenzt.

3. In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 4. Juli 2012 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid vom 18. Januar 2010 in der Fassung des Bescheids vom 1. November 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beigeladene hat seine Tätigkeit im Unternehmen des Klägers im Zeitraum vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigter ausgeübt, weshalb er der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung unterlag.

a) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I, S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855, S. 6).

Für die im gerichtlichen Verfahren allein streitige Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli 2009 war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Juli 2009 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des Antrags des Beigeladenen bei der Bundesagentur für Arbeit auf Bewilligung eines Gründungszuschusses vom 13. Januar 2009, denn die Bundesagentur für Arbeit prüfte nur die Gewährung der beantragten Sozialleistung, traf jedoch keine Feststellung mit Blick darauf, ob es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt.

b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.-; in juris).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - ; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).

c) Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit des Beigeladenen als Zimmermann beim Kläger zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen beim Kläger sprechen.

Da schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen nicht erfolgten, richtet sich die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen nach dem zwischen ihm und dem Kläger praktizierten Ablauf.

Der Beigeladene war in dem Betrieb des Klägers eingegliedert. Er verrichtete auf den Baustellen im Wesentlichen dieselben Zimmermannstätigkeiten wie zuvor in der abhängigen Beschäftigung bis 31. Dezember 2008. Er übte die Tätigkeiten zwar oft alleine auf der Baustelle aus, teilweise arbeitete er jedoch mit dem Kläger zusammen. Darüber hinaus arbeitete der Beigeladene nach seinen Angaben im Antrag vom 24. Juli 2009 zum Teil in der Werkstatt des Klägers. Damit im Einklang steht auch, dass er für den Monat April 2009 Arbeitszeit für Materialrichten und zur Baustelle bringen und im Juni 2009 Arbeitszeit für das Aufräumen des Lagers und der Werkstatt in Rechnung stellte. Die Angaben in der den Rechnungen beigefügten Anlagen mit Blick auf das Bauvorhaben, den Ort, die Art der Tätigkeit und die Zeit belegen, dass ihn auch eine Dokumentationspflicht hinsichtlich der Arbeitszeit traf. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der Fertigstellung der Bauvorhaben, aber auch während der Zeiten, in denen der Beigeladene mit dem Kläger zusammenarbeitete, weil für einzelne Tätigkeiten zwei Arbeiter erforderlich waren, war der Beigeladene darüber hinaus zeitlich gebunden. Er war weder vollständig weisungsfrei im Hinblick auf den Arbeitsort noch die Arbeitszeit.

Im Außenverhältnis trat der Beigeladene weiterhin als Angehöriger des Betriebs des Klägers auf. Dies ergibt sich daraus, dass nur der Kläger in einer vertraglichen Beziehung zu den Bauherren stand. Der Kläger war für die Bauherren Vertragspartner, nicht der Beigeladene. Der Beigeladene war gezwungen, den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen zwischen Kläger und Bauherr Rechnung zu tragen. Nicht widerlegt wird dies dadurch, dass der Beigeladene mit seinem eigenen Firmenfahrzeug mit Firmenlogo die Baustellen aufsuchte und eine eigene Berufskleidung trug. Dies ändert nichts daran, dass im Verhältnis zu den Bauherren nur der Kläger Ansprechpartner war und der Beigeladene nicht für seine eigene Firma auftrat.

Fehlende inhaltliche Einzelweisungen hinsichtlich der zu verrichtenden Zimmermannstätigkeiten führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit des Beigeladenen in den Betrieb des Klägers und seine "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit des Zimmermanns.

Der Beigeladene trug auch kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -, 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - sowie 19. April 2013 - L 4 KR 2078/11 -; alle in juris). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - und 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -; beide in juris). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -; a.a.O.). Der Beigeladene setzte seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Ausweislich der von ihm für die Monate Januar bis Juli 2009 gestellten Rechnungen erhielt er vom Kläger eine Vergütung nach Arbeitsstunden. Der nach den Rechnungen den Arbeitsstunden zugrundegelegte Stundenlohn von EUR 25,00 enthielt keine Bestandteile, die auch nur ansatzweise auf eine (ggf. geringe) Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung schließen ließen. Aufgrund der Rechnungen und der den Rechnungen beigelegten Dokumentationen hält es der Senat für widerlegt, dass der Kläger und der Beigeladene zunächst mündlich einen Fixpreis vereinbart haben und der Beigeladene damit die Möglichkeit hatte, durch schnelleres Arbeiten seine Einkünfte zu steigern bzw. dass er Verluste hatte, wenn er langsamer tätig war. Dies steht in absolutem Widerspruch zu den Rechnungen und den Dokumentationen, die im Einzelnen anführen, um welches Bauvorhaben und welche Tätigkeit es sich handelte und im Einzelnen auch den zeitlichen Aufwand bezifferten. Etwas anderes lässt sich auch nicht auf den Businessplan des Beigeladenen stützen. In diesem heißt es, dass Aufträge entweder über Stundensätze oder zu Pauschalpreisen abgerechnet würden. Die genaue Art der Abrechnung lässt der Businessplan gerade offen. Der Beigeladene hatte auch nur geringe Betriebsausgaben in Form der Anschaffung von eigenem Werkzeug wie Sägen, Hammer, Beil und geringwertigerem Material wie Schrauben und Nägeln. Mit Blick auf einen etwaigen Arbeitsplatz für Bürotätigkeiten zu Hause und einen PC hat er sich auf keine Ausgaben berufen. In der Zeit von 15. Januar 2009 bis 31. Juli 2009 hatte er auch keine Personalausgaben für seine Ehefrau, da diese bis 31. Juli 2009 unentgeltlich im Rahmen der Familienhilfe für ihn arbeitete und erst ab 1. August 2009 versicherungspflichtig beschäftigt war. Der Einsatz eines eigenen Fahrzeuges ist auch von abhängig Beschäftigten durchaus üblich. Ein nennenswertes Risiko hatte der Beigeladene auch nicht durch den Einkauf von Baumaterial für die für den Kläger verrichteten Tätigkeiten. Es war der Kläger, der das Material in Form von Dachfenstern, Dachstühlen, Dachziegeln etc. stellte. Zwischen Januar und Juli 2009 trug der Beigeladene darüber hinaus kein nennenswertes Risiko, Einkünfte bei Ablehnung von Aufträgen des Klägers im nächsten Monat nicht zu erzielen. Dies wird daraus deutlich, dass er mit Ausnahme der Monate Januar, wobei es sich insoweit nur um den halben Monat handelte, und März 2009 Einkünfte zwischen EUR 1.812,50 und EUR 2.225,00 erzielte. Im April 2009 machte er sogar einen Betrag in Höhe von EUR 3.087,50 geltend. Abgesehen davon gibt das Vorbringen des Klägers, dass der Beigeladene Aufträge hätte ablehnen können, für die Beurteilung, ob es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit handelte, nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der eines Angestellten, der bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteile des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 - und 19. April 2013 - L 4 KR 2078/11 -; beide in juris). Hiervon ist auch nicht deshalb abzuweichen, weil der Beigeladene am Markt auftrat, Werbung betrieb und weitere Auftraggeber hatte. Dies schließt die Beurteilung seiner Tätigkeit beim Kläger als abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Nur diese Tätigkeit beim Kläger unterliegt der Beurteilung im beantragten Statusfeststellungsverfahren, nicht aber die anderen Tätigkeiten. Im Übrigen kann auch ein abhängig Beschäftigter daneben eine weitere Tätigkeit als Selbstständiger ausüben. Dafür ist gerade auch der Beigeladene ein Beispiel, der nach seinen Angaben ab 2007 neben der abhängigen Beschäftigung beim Kläger im Nebenerwerb selbstständig tätig war.

Auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung kann nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die - zu unterstellende - Gewerbeanmeldung des Beigeladenen und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 -, vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 19. April 2013 - L 4 R 2078/11 -; alle in juris). Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist auch das fehlende wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen an der Sozialversicherung aufgrund seiner privaten Absicherung. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nicht zur Disposition der Beteiligten.

Für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spricht auch nicht der Umstand, dass der Beigeladene nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht persönlich tätig werden musste. Denn unabhängig davon, dass dies nie vorkam, steht die Befugnis, Arbeiten an andere Arbeiter zu delegieren, nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen. Die Befugnis, die Tätigkeit zu delegieren, ist allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird, realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte und sie damit die Tätigkeit tatsächlich prägt (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R -; in juris). Es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine Vertretung möglich und üblich ist. Im Übrigen bestehen in diesem Zusammenhang aber auch erhebliche Zweifel, ob der Kläger tatsächlich mit einer Übertragung auf eine andere Person einverstanden gewesen wäre, nachdem er die Dienste des Beigeladenen nach seinem Vorbringen in Anspruch genommen hatte, da dieser zuverlässig und ordentlich gearbeitet habe. Schließlich ist auch nicht erkennbar, wen der Beigeladene als Vertretung hätte einsetzen können, da er über keine Mitarbeiter verfügte.

Dass der Beigeladene einen Gründungszuschuss für die Gründung einer selbstständigen Tätigkeit für die Zeit vom 15. Januar bis 14. Oktober 2009 erhalten hat, ist für die Beurteilung im Rahmen der Statusfeststellung ohne Bedeutung. Der bestandskräftige Bescheid der Bundesagentur für Arbeit ist für die Beklagte, die an diesem Verwaltungsverfahren nicht beteiligt war, nicht bindend. Im Übrigen bezieht sich die Bindungswirkung des Bescheids der Bundesagentur für Arbeit vom 18. Mai 2009 auch nur auf den Verfügungssatz, der in der Bewilligung eines Gründungszuschusses zu sehen ist. Die Feststellung des Vorliegens eines selbstständigen Tätigkeit durch die Bundesagentur für Arbeit ist nur ein Begründungselement des Bescheids vom 18. Mai 2009 (vgl. hierzu auch Beschlüsse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. September 2013 - L 11 R 2315/13 ER-B und vom 18. Juli 2013 - L 11 R 1083/12 -, Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 2013 - L 5 R 863/12 -; alle in juris). Eine widerlegbare Vermutung, dass Personen, die für eine selbstständige Tätigkeit einen Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit erhielten, in dieser Tätigkeit als Selbstständige zu sehen waren, sah § 7 Abs. 4 SGB IV nur in der bis 30. Juni 2009 geltenden Fassung des § 7 Abs. 4 SGB IV für einen Zuschuss nach § 421l SGB III vor. Der Beigeladene erhielt keinen Zuschuss nach dem vom 1. Januar 2003 bis 31. März 2012 geltenden § 421l SGB III, sondern einen Zuschuss nach § 57 SGB III in der bis 27. Dezember 2011 geltenden Fassung. Das sog. Überbrückungsgeld (so bis 31. Juli 2006 die Bezeichnung der Leistung nach § 57 SGB III) wurden bereits mit Wirkung zum 1. August 2006 durch das Fördermittel des Gründungszuschusses abgelöst (Art. 2 Nr. 4a Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBL. I, S. 1706). Eine Anpassung von § 7 Abs. 4 SGB IV an den Gründungszuschuss nach § 57 SGB III erfolgte nicht. Die widerlegbare Vermutung wurde nicht übernommen. Damit kommt der Gründungszuschussgewährung keine Indizwirkung zugunsten der Selbstständigkeit mehr zu (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 2013 - L 5 R 863/12 -; a.a.O.). Nicht außeracht gelassen werden darf insoweit auch, dass der Gründungszuschuss nicht speziell für die Tätigkeit des Beigeladenen beim Kläger, sondern insgesamt für seine am 15. Januar 2009 begonnene Tätigkeit, die - dies hatte der Senat nicht zu prüfen - als selbstständige Tätigkeit zu werten sein könnte, bewilligt wurde.

d) Der Beigeladene ist auch nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn er erhielt für seine Tätigkeit bei dem Kläger ein Arbeitsentgelt von mindestens EUR 762,50 und lag damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00 (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung).

e) Die Beklagte hat den Beginn der Versicherungspflicht auch zu Recht mit dem 15. Januar 2009, dem Tag der Aufnahme der Tätigkeit, festgestellt. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV kommt nicht in Betracht, da der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen erst am 24. Juli 2009 gestellt wurde, mithin nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit des Beigeladenen beim Kläger.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Kläger und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung.

5. Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

6. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
Rechtskraft
Aus
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