L 4 R 5751/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1854/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5751/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. September 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am 1958 geborene Klägerin absolvierte im Zeitraum vom September 1975 bis August 1977 erfolgreich eine Berufsausbildung zur Schreinerin. Aus persönlichen Gründen hat sie in diesem Beruf nicht gearbeitet. Im anschließenden Zeitraum war sie von Juli 1989 bis 1991 in der Elektromontage, von 1994 bis 1996 als Schreinerin und von 1999 bis 2000 als Montagehelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Von März 2001 bis Januar 2002 absolvierte sie erfolgreich eine Umschulung zur Sozialhelferin. Zuletzt arbeitete sie im Jahr 2005 im Rahmen eines 1,50-Euro-Jobs im Personentransport und als Aufsicht bei Schreinerarbeiten bei der N. A. gGmbH in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Seit September 2005 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt, bezog bis August 2000 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und seither nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Klägerin beantragte am 18. August 2006 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: einheitlich Beklagte) die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung gab sie an, seit 1996 an einer Schulterinstabiliät, einer Fußgelenksschwäche, einem Hals- und Brustwirbelsäulensyndrom sowie einer Muskelverhärtung und einer Lungenerkrankung zu leiden. Die Beklagte veranlasste eine fachübergreifende Untersuchung und Begutachtung der Klägerin im Sozialmedizinischen Zentrum S ... Aufgrund der Untersuchung am 11. Januar 2007 führte Internistin und Sozialmedizinerin Dr. H.-Z. in ihrem Gutachten vom 16. Januar 2007 aus, die Klägerin leide an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung bei Nikotinkonsum (unter Medikation keine bedeutsame Lungenfunktionseinschränkung), anamnestisch Pleuropneumonie sowie einer depressiven Störung mit Verdacht auf Somatisierung und Unfallchirurg Dr. G. in seinem Gutachten vom 25. Januar 2007, es bestehe des Weiteren eine gering- bis mäßiggradige degenerative Wirbelsäulenveränderung mit Funktionseinschränkung bei Fehlhaltung und eine geringgradige Osteoporose. Als Nebendiagnose nannte Dr. G. ein Karpaltunnelsyndrom rechts, einen Zustand nach ambulanter Medianus-Neurolyse links 2002 bei Karpaltunnelsyndrom (seither beschwerdefrei) und einen Verdacht auf eine retropatellare Chondropathie rechts. Beide Gutachter gelangten zu der Auffassung, die Klägerin sei unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen weiterhin in der Lage, sowohl ihre Tätigkeit als Sozialhelferin als auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich auszuüben.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab. Die Klägerin erhob Widerspruch. Vom 5. Juli bis 2. September 2007 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der M.-B.-Klinik. Im (von der Beklagten beigezogenen) Entlassungsbericht vom 23. Oktober 2007 nannte Chefarzt Prof. Dr. Ha. als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, bei Aufnahme mittelgradig bis schwere Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Traumafolgestörung, eine chronische Lungenkrankheit (COPD), ein Cervikalsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall C 6/7 und eine latente Hypothyreose bei Verdacht auf Struma nodosa. Im von der Beklagten eingeholten Befundbericht vom 7. September 2007 hielt der die Klägerin behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. Si. die Klägerin für erwerbsunfähig. Der von der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den gegen den Bescheid vom 31. Januar 2007 eingelegten Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2008).

Anschließend beantragte die Klägerin am 22. April 2008 die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Es erfolgte eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin im Sozialmedizinischen Zentrum S ... Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut Dr. H. führte in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008 aus, die Klägerin leide an einer Persönlichkeitsstörung mit Borderline und asthenischen Merkmalen. Ferner habe sie vom Vorliegen eines Karpaltunnelsyndroms ohne Funktionseinschränkung sowie von Cervikalgien und Cervicobrachialgien berichtet. Im Ergebnis könne sie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen sechs und mehr Stunden täglich ausüben. Es bestehe keine so erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, dass stationäre Rehabilitationsmaßnahmen notwendig seien; ambulante Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausreichend genutzt. Nach erfolgloser Durchführung des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens (Bescheid vom 4. Juli 2008, Widerspruchsbescheid vom 4. November 2008) erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG; S 9 R 8045/08). Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 3. September 2009 schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des SG einen Vergleich, wonach sich die Beklagte bereit erklärte, den Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation vom 22. April 2008 als Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweiser wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewerten. In dem diesbezüglich eingereichten Antragsformular gab die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen an, sich wegen Depressionen, einem Halswirbelsäulensyndrom und einem Nervenleiden im Rücken seit 2005 für erwerbsgemindert zu halten.

Im Hinblick auf das Gutachten des Dr. H. hielt die Beklagte eine erneute Begutachtung für nicht erforderlich und lehnte mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 den Rentenantrag der Klägerin ab. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor. Die Klägerin könne mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinem Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich tätig sein. Hiergegen erhob die Klägerin am 18. November 2009 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, nicht arbeitsfähig zu sein. Eine Rehabilitationsmaßnahme sei wegen mangelnder Aussicht auf Besserung abgelehnt worden. In diesem Zusammenhang sei sie aufgefordert worden, einen Rentenantrag zu stellen. Die nunmehr erfolgte Ablehnung des Rentenantrags sei für sie nicht nachvollziehbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Es lägen weder die Voraussetzungen einer vollen noch einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung vor. Insbesondere sei die Klägerin nicht berufsunfähig. Ihr maßgeblicher Bezugsberuf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Sozial- bzw. Bürohelferin. Diese sei dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen, weshalb sie sich auf sämtliche angelernten und ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen müsse.

Die Klägerin erhob am 23. März 2010 Klage beim SG. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Beklagte ihre Entscheidung auf das Gutachten des Dr. H. stütze, obwohl seitens des SG im Termin zur Erörterung des Sachverhalts im Hinblick auf den Bericht der M.-B.-Klinik erhebliche Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens geäußert worden seien. Die Beklagte habe eine erneute Begutachtung im Hinblick darauf für erforderlich halten müssen. Im Übrigen sei im Rahmen des vor dem SG durchgeführten Verfahrens wegen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (S 9 SB 358/08) zwischenzeitlich der Gesamt-GdB auf 60 festgesetzt worden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die Stellungnahmen des Obermedizinalrats F. vom 13. September 2010 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 30. März 2011, vom 28. Juni 2011 und vom 29. Juni 2011 vor.

Das SG hörte zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Kardiologe/Allergologe Dr. Ma. (Auskunft vom 25. Juni 2010) führte aus, die Klägerin seit März 2005 lungenärztlich zu betreuen. Zuletzt habe sie sich im April 2010 vorgestellt. Bei der letzten Untersuchung habe eine leichte obstruktive Ventilationsstörung ohne weitere Besonderheiten und ohne Hinweise für eine Gasaustauschstörung bestanden. Bei der Klägerin bestehe eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, am ehesten wohl im Sinne eines Asthma bronchiale mit Komponenten einer chronisch obstruktiven Bronchitis. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinem Arbeitsmarkt seien der Klägerin ohne Weiteres zuzumuten. Vermieden werden sollten jedoch mehr als unerhebliche inhalative Belastungen jeglicher Art. Die Tätigkeit als Schreinerin sei wegen der damit verbundenden Staubbelastung eher ungünstig. Eine Tätigkeit als Bürohelferin sei ihr ohne Einschränkungen möglich. Eine berufliche Tätigkeit könne damit acht Stunden bei fünf Tagen in der Woche ausgeübt werden. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Si. (Auskunft vom 29. Juni 2010) legte dar, die Klägerin seit November 2006 regelmäßig zu behandeln. Zuletzt habe sie sich im Juni 2010 vorgestellt. Die Klägerin leide an einer rezidivierenden depressiven Störung bei derzeit mittelgradiger Episode. Ferner bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Traumafolgestörung. Diese Diagnosen seien während des stationären Aufenthalts in der M.-B.-Klinik im Jahre 2007 gestellt worden. Er halte die Klägerin für erwerbsunfähig. Eine Besserung ihrer Leistungsfähigkeit sei nicht erkennbar. Facharzt für Orthopädie Dr. V. teilte in seiner Auskunft vom 6. Juli 2010 mit, die Klägerin werde seit 1990 von ihm behandelt und habe sich zuletzt im April 2010 vorgestellt. Er habe ein Supraspinatus-Syndrom rechts, eine akute Arthrose des rechten Acromioclavikular-Gelenks, einen Senk-Spreizfuß beidseits, Hallux valgus rechts sowie einen Reizzustand am linken Großzeh festgestellt. Eine Einschränkung der Belastbarkeit sei durch die chronische Problematik der Halswirbelsäule gegeben. Die Tätigkeit einer Schreinerin sei der Klägerin daher nicht mehr möglich. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung oder als Bürohelferin könne die Klägerin hingegen vollschichtig ausüben.

Anschließend beauftragte das SG von Amts wegen den Chefarzt des F.-krankenhauses, Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse, Prof. Dr. E. mit der Erstattung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 28. Februar 2011 führte Prof. Dr. E. aus, die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer leichten depressiven Episode und einer Opiatabhängigkeit. Die vorherrschenden Beschwerden seien andauernde, quälende und schwere Schmerzen, die durch einen physiologischen Prozess oder durch eine körperliche Störung derzeit nicht ausreichend erklärt werden könnten. Der Schmerz trete in Verbindung mit emotionalen Konflikten unter psychosozialen Belastungen auf, denen die Hauptrolle für Beginn, Schweregrad, Exazerbation und Aufrechterhaltung der Schmerzen zukomme. Die Klägerin beschreibe ausgeprägte Schmerzen im Bereich des Nackens, ausstrahlend in den rechten Arm, in das Dermatom C 6. Insbesondere leide sie unter Schmerzen der Halswirbelsäule und des Armes. Für diese fänden sich jedoch in der klinischen Untersuchung kein ausreichendes körperliches Korrelat. Auch unter Anlegung eines kritischen Maßstabes sei festzustellen, dass die beklagten Beschwerden in der Darstellung leicht aggraviert würden, insbesondere während der medizinischen Untersuchung verstärkt dargestellt würden, auch bei den Gangprüfungen. Im Rahmen des psychischen Befundes wurde von Prof. Dr. E. festgehalten, dass die Klägerin im Rahmen des langen Gespräches nicht ermüdet gewesen sei, keine gravierende Konzentrationsstörungen hätten festgestellt werden können. Das Denken sei umständlich, zeitweise etwas verlangsamt. Im Zusammenhang mit der Bemerkung, dass die Klägerin etwas aggraviere, hielt Prof. Dr. E. fest, dass die Klägerin nach eineinhalb Stunden des Gesprächs und des ruhigen Sitzens gestöhnt habe, sich an den Hals und die Arme gefasst habe, demonstrativ aufgestanden sei, gehinkt habe und beklagt habe, sich ganz steif gesessen zu haben. Anhaltspunkte für gravierende kognitive Einschränkungen hätten sich während der Exploration nicht gefunden. Die Patientin aggraviere ihre Beschwerden, spüre jedoch "sehr wahrscheinlich" die genannten Schmerzen. Es sei auch davon auszugehen, dass die von der Klägerin beklagten Beschwerden nicht nur gelegentlich zu beobachten seien. Ferner leide die Klägerin unter einer leichten depressiven Episode. Die Stimmung der Klägerin sei subdepressiv, jedoch auslenkbar. Die gedrückte Stimmung beklage die Klägerin seit 2006; sei leide unter einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Ihre Aufmerksamkeit und Konzentration seien stark gestört. Sie fühle sich vergesslich. In der Exploration hätten sich keine Anhaltspunkte für gravierende kognitive Einschränkungen gefunden. Der Antrieb der Klägerin habe vermindert gewirkt. Die Klägerin habe sich in ihrer Denkfähigkeit verlangsamt und umständlich gezeigt. Dies gelte auch für die Fähigkeit zur Freude, des Interesses und der Konzentration. Ferner habe die Klägerin Schlafstörungen angegeben. Hinzu käme eine Grübelneigung, zudem Durchschlafstörung und eine morgendliche Erschöpftheit. Zum Tagesablauf führte der Sachverständige aus die Klägerin bestritt in einer Stellungnahme, entsprechende Angaben gemacht zu haben -, die Klägerin kümmere sich nach dem Aufstehen um den Haushalt, gehe aus Geldmangel meist in soziale Einrichtungen zum Essen (Vesperkirche), unterhalte sich dort mit Leuten. Sie habe gern Menschen um sich, spiele auch gern Schach und Skat, einmal im Jahr gehe sie in Urlaub. Sie trampe dann nach Cannes, da sie kein Geld für andere Verkehrsmittel habe. Die Klägerin werde zur Zeit nervenärztlich und psychopharmakologisch behandelt. Eine regelmäßige psychotherapeutische Behandlung habe noch nie stattgefunden. Die Tätigkeit als Schreinerin sei bei der bestehenden leichten depressiven Erkrankung insofern eingeschränkt, als Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwankungen auftreten könnten, so dass eine auszuübende Tätigkeit fehlerbehaftet sein könne. Im Rahmen einer Tätigkeit als Bürohelferin könnten die genannten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen ebenfalls zu fehlerbehafteten Leistungen führen, so dass auch im Hinblick darauf ein eingeschränktes Leistungsvermögen bestehe. Körperliche Arbeiten seien aufgrund der degenerativen Erkrankung der Wirbelsäule eher mittelgradig eingeschränkt, das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sollte nach den Angaben der orthopädischen Begutachter eingeschränkt gesehen werden. Im Ergebnis sei die Klägerin in Bezug auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur eingeschränkt in der Lage, Leistungen zu erbringen. Das Leistungsvermögen sei auf unter drei Stunden täglich abgesunken. Diese Einschränkung bestehe seit 2006. Unklar sei jedoch, ob eine medikamentöse Compliance bestehe. Bei suffizienter antidepressiver Behandlung sollte eine Besserung des seelischen Befindens in etwa einem Jahr eintreten, so dass die festgestellte Leistungseinschränkung teilweise entfallen könnte.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Mai 2011 zu Einwänden der Beklagten führte Prof. Dr. E. aus, im Rahmen der Untersuchung hätten keine groben kognitiven oder mnestischen Störungen, jedoch eine eindeutige Denkverlangsamung und Umständlichkeit des Denkens festgestellt werden können. Dies sei der Grund, weshalb er die Klägerin als deutlich eingeschränkt leistungsfähig gesehen habe. Diese Erkrankungen hinderten die Klägerin daran, sich selbstständig zu versorgen, sowie eine gewisse Umstellungsfähigkeit und Flexibilität in ihrem Tagesablauf durchzuführen. Bei deutlicher Antriebsminderung und schwerer Störung der Umstellungsfähigkeit sei die Klägerin nicht mehr als drei Stunden täglich in der Lage, Leistungen zu erbringen. Beispielsweise begebe sich die Klägerin zum Essen in soziale Einrichtungen. Dies tue sie auch, um der häuslichen Einsamkeit zu entgehen, jedoch vor allem, da sie sich der Zubereitung von Nahrung für sich überfordert sehe. Der Darstellung einer "umfänglichen Haushaltsversorgung" (wie in der Stellungnahme des Arztes B. vom 30. März 2011) könne er sich daher nicht anschließen.

Mit Urteil vom 28. September 2011 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei zur Überzeugung der Kammer noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG schloss sich hinsichtlich der festgestellten Diagnosen dem Gutachten des Prof. Dr. E. an. Der von Prof. Dr. E. abgegebenen Einschätzung, die Leistungsfähigkeit bestehe nur noch für unter drei Stunden täglich, folgte es demgegenüber nicht. Dies gelte auch für die Einschätzung des Dr. Si., da dieser keine Befunde für die von ihm abgegebene Leistungseinschätzung genannt habe. Dr. Ma. und Dr. V. hätten demgegenüber kein Absinken des Leistungsvermögens der Klägerin auf ein untervollschichtiges Maß vermitteln können.

Gegen das der Klägerin am 2. Dezember 2011 zugegangene Urteil hat diese am 28. Dezember 2011 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung legt sie dar, die Ausführungen des SG in seinem Urteil seien nicht nachvollziehbar. Die Entscheidung sei deshalb widersprüchlich, weil das SG sehr wohl dem Gutachten des Prof. Dr. E. folge und feststelle, die Diagnosen des Sachverständigen beruhten auf einer ausführlichen Befunderhebung, der Sachverständige habe sich mit den vorliegenden Unterlagen und der Krankheitsgeschichte sowie den im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Untersuchung auseinandergesetzt. Im Widerspruch dazu führe es nachfolgend aus, die Einschränkungen wirkten sich nur auf mittelschwere körperliche Tätigkeiten, nicht hingegen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus. Auch die Aussage des Dr. Si. stütze ihren Anspruch. Demgegenüber könne den Ausführungen des Prof. Dr. T. in dessen Gutachten vom 29. Oktober 2012 kein Glauben geschenkt werden. Schließlich seien hinsichtlich der Leistungsfähigkeit keinerlei Tests durchgeführt worden. Insbesondere mangele es an einer testpsychologischen Zusatzbegutachtung, die Aufschlüsse über die tatsächliche Leistungsfähigkeit geben könne. Das Gutachten stütze sich ausschließlich auf ein knapp einstündiges Gespräch mit ihr. Im Übrigen sei die Angabe, sie leide nicht an für Depressionen charakteristischen Schlafstörungen, nicht korrekt. Vielmehr habe sie auf Frage des Gutachters in der Begutachtungssituation erklärt, sie könne nicht einschlafen und liege sehr oft sehr lange wach. In der Regel schlafe sie erst gegen morgen ein und komme dann nicht aus dem Bett. Dies werde allerdings im Gutachten so nicht wiedergegeben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. September 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Mai 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. Ma., Dr. Si. und Dr. V. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Ma. hat in seiner Auskunft vom 10. Mai 2012 ausgeführt, die Klägerin sei zuletzt im April 2012 in seiner Behandlung gewesen. Die Klägerin leide an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) mit asthmatischer Komponente. Im Krankheitsverlauf seien keine wesentlichen Änderungen festzustellen. Die inhalative Behandlung erfolge seit Frühjahr 2010 unverändert und werde auch in absehbarer Zukunft fortgeführt. Ziel der Behandlung sei die Erhaltung der jetzigen Lungenfunktion. Eine weitere Besserung sei nicht zu erwarten. Dr. Si. hat dargelegt (Auskunft vom 10. Mai 2012), die Klägerin habe sich in zwei- bis viermonatigen Abständen in ambulanter nervenärztlicher Behandlung bei ihm befunden. Die bereits zuvor festgestellten Diagnosen seien unverändert. Es seien keine Änderungen eingetreten. Es bestünden auch keine Behandlungsmöglichkeiten, die Klägerin sei nach wie vor erwerbsunfähig. Dr. V. hat unter dem 23. Mai 2012 ausgeführt, die Klägerin sei seit März 2011 bis einschließlich Mai 2012 sechs Mal in seiner Praxis vorstellig gewesen. Hierbei habe er ein degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom mit Wurzelreizung rechts, ein retropatellares Schmerzsyndrom im rechten Kniegelenk, eine Schleimbeutelentzündung im rechten Knie, eine Arthritis in der rechten Hand sowie eine "Tendovag. sten." (gemeint wohl Tendovaginitis stenosans) am rechten Daumen diagnostiziert. Im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in den rechten Arm träten wiederholt und über einen längeren Zeitraum Beschwerden auf; unter krankengymnastischer Behandlung könne jeweils temporär eine Besserung erreicht werden. Die Beschwerden im Bereich des Hand- und des Kniegelenks hätten sich nach entsprechender Behandlung deutlich verbessert. Prognostisch sei davon auszugehen, dass lediglich die Situation der Halswirbelsäule wiederholt Schmerzen mit oben genannten Befund ausgelöst worden und therapiebedürftig seien.

Anschließend hat der Senat Prof. Dr. T. mit der Erstattung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem Gutachten vom 29. Oktober 2012 führt Prof. Dr. T. aus, die Klägerin leide an einer Neurasthenie (ICD-10 F 48.0), einer Anpassungsstörung (ICD-10 F 43.2), einer Dysthymia (ICD-10 F 34.1) und einer hypochondrischen Störung (ICD-10 F 45.2). Eine schwere Depression liege demgegenüber nicht vor, nicht einmal eine mittelgradige Depression sei festzustellen. Grund hierfür sei, dass wesentliche Symptome dafür gar nicht vorhanden seien, wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, charakteristische Schlafstörungen und Störungen der Vitalgefühle. Selbstverständlich sei die Klägerin unfroh und bedrückt, dabei handele es sich aber um eine Reaktion auf die tatsächliche Situation, die nicht leicht zu tragen sei. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auch, das offenkundig eine konsequente Behandlung der vorgeblichen Depression nicht erfolge. Letztlich würde eine Erwerbstätigkeit eher dazu beitragen, der Klägerin wieder mehr Selbstwertgefühl und mehr Selbstvertrauen zu vermitteln als jede andere Einwirkung einschließlich einer Psychotherapie. Bei Gewährung einer Rente würden die Störungen nicht verschwinden. Hingegen würde eine positive Beschäftigung mit einer angemessenen beruflichen Tätigkeit zum Verschwinden der Störungen beitragen. Letztlich sei die Klägerin in der Lage, fünf Tage in der Woche mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu werden. Eine Leistungseinschränkung bestehe auf seinem Fachgebiet nicht. Abweichungen von der Auffassung des Dr. Si. und der in der M.-B.-Klinik tätigen Ärzte seien dadurch zu erklären, dass es sich dabei um behandelnde Ärzte handele, die ihre Schutz- und Hilfsfunktionen gegenüber der Betroffenen hätten wahrnehmen wollen, während der Gutachter eine objektive Betrachtung der Verhältnisse vornehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten der SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungs- und Rehabilitationsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies dem bereits im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. G. und der Dr. H.-Z. vom 25. Januar 2007, dem im medizinischen Rehabilitationsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. H. vom 23. Juni 2008, den im Verfahren vor dem SG und LSG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. Ma. vom 25. Juni 2010 und 10. Mai 2012, des Dr. V. vom 6. Juli 2010 und 23. Mai 2012 sowie dem im LSG-Verfahren von Prof. Dr. T. erstatteten Gutachten vom 29. Oktober 2012.

a) Auf nervenärztlichem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Neurasthenie (ICD-10 F 48.0), einer Anpassungsstörung (ICD-10 F 43.2), einer Dysthymia (ICD-10 F 34.1) und einer hypochondrischen Störung (ICD-10 F 45.2). Eine schwere Depression liegt demgegenüber nicht vor, nicht einmal eine mittelgradige Depression ist festzustellen. Grund hierfür ist, dass wesentliche Symptome dafür gar nicht vorhanden sind, wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, charakteristische Schlafstörungen und Störungen der Vitalgefühle. Diese Befunde ergeben sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. T. vom 29. Oktober 2012. Eine mittelgradige Depression, die Dr. Si. in seinen sachverständigen Zeugenauskünften nannte, hat auch Prof. Dr. E. in seinem Gutachten vom 28. Februar 2011 nicht festgestellt.

Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen ein degeneratives Halswirbelsäulen-Syndrom mit Wurzelreizung rechts, ein retropatellares Schmerzsyndrom im rechten Kniegelenk, eine Schleimbeutelentzündung im rechten Knie, eine Arthritis in der rechten Hand sowie eine Tendovaginitis stenosans (= schnellender Finger) am rechten Daumen, ein beidseitiger Senk-Spreizfuß, ein Hallux valgus rechts sowie ein Reizzustand am linken Großzeh. Ferner liegt eine geringgradige Osteoporose sowie ein Karpaltunnelsyndrom ohne Funktionseinschränkung, ein Supraspinatus Syndrom rechts sowie eine akute Arthrose des rechten Acromioclavikular-Gelenks vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. G. und der Dr. H.-Z. vom 25. Januar 2007 sowie den schriftlichen Zeugenaussagen des Dr. V. vom 6. Juli 2010 und 23. Mai 2012.

Schließlich leidet die Klägerin auf dem Gebiet der Lungen- und Bronchialheilkunde an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) bei Nikotinkonsum (unter Medikation keine bedeutsame Lungenfunktionseinschränkung) im Sinne eines Asthma bronchiale mit Komponenten einer chronisch obstruktiven Bronchitis. Dies folgt für den Senat aus dem Gutachten des Dr. G. und der Dr. H.-Z. vom 25. Januar 2007 sowie der Zeugenauskunft des die Klägerin behandelnden Dr. Ma. vom 25. Juni 2010 und 10. Mai 2012.

b) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin sollte aufgrund der internistischen Gesundheitsbeeinträchtigungen mehr als unerhebliche inhalative Belastungen jeglicher Art vermeiden. Wegen der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule kann die Klägerin lediglich noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ausüben. Im nervenärztlichen Bereich sollten Tätigkeiten ohne erhöhten Zeitdruck vermieden werden. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. G. und der Dr. H.-Z. vom 25. Januar 2007 sowie des Dr. H. vom 23. Juni 2008; ferner ergibt sich dies aus den Zeugenauskünften des Dr. V. vom 6. Juli 2010 und 23. Mai 2012 und des Dr. Ma. vom 25. Juni 2010 und 10. Mai 2012.

Die bei der Klägerin zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führen nach Überzeugung des Senats zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dabei den Beurteilungen des Dr. G. und der Dr. H.-Z. vom 25. Januar 2007, des Dr. H. vom 23. Juni 2008, des Dr. V. vom 6. Juli 2010 und 23. Mai 2012 und des Dr. Ma. vom 25. Juni 2010 und 10. Mai 2012 sowie derjenigen des Prof. Dr. T. in dessen Gutachten vom 29. Oktober 2012 an.

Im Hinblick auf die überzeugenden und übereinstimmenden Ausführungen dieser Ärzte, vermochte sich der Senat der abweichenden Einschätzung des Prof. Dr. E. in dessen Gutachten vom 28. Februar 2011 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. Mai 2011 ebenso wenig anzuschließen wie derjenigen des die Klägerin behandelnden Nervenfacharztes Dr. Si. vom 29. Juni 2010 und vom 10. Mai 2012. Prof. Dr. E. hatte ausgeführt, die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer leichten depressiven Episode und einer Opiatabhängigkeit. Im Ergebnis sei die Klägerin in Bezug auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur eingeschränkt in der Lage, Leistungen zu erbringen. Das Leistungsvermögen sei auf unter drei Stunden täglich abgesunken.

Wie Prof. Dr. E. bei der Diagnose von leichtgradiger depressiver Symptomatik und einer somatoformen Schmerzstörung und insbesondere auch bei den geschilderten Alltagsaktivitäten mit Haushaltsversorgung, unter Leute gehen - wenn auch nur zum Zweck der Verpflegung und Kostenminimierung durch den Besuch der Vesperkirche und anderer sozialer Einrichtungen ("gerne Menschen um sich") - zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen bei der Klägerin kommt, bleibt für den Senat offen. Auch wenn von Klägerseite reklamiert wird, eine umfängliche Bewältigung des Haushaltes sei nicht mehr möglich, so ist nicht nachzuvollziehen, weswegen dies im Rahmen der Anamnese des Gutachtens keinerlei Erwähnung findet. So führt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 28. Februar 2011 aus, die Klägerin stehe morgens auf und koche sich Kaffee, richte dann den Haushalt. An keiner Stelle wird erwähnt, dass sie den Haushalt nicht bewältigen kann oder sogar lediglich deswegen zur Nahrungsaufnahme außer Haus gehe, weil sie diese nicht mehr organisieren könne. Auch erscheint es für den Senat widersprüchlich, wenn der Sachverständige einerseits ausführt, in der Explorationssituation hätten sich keine Anhaltspunkte für gravierende kognitive Einschränkungen gefunden, an anderer Stelle des Gutachtens hingegen feststellt, dass die chronische somatoforme Schmerzerkrankung sowie leichte depressive Episode sich auf die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit und die Auffassungsgabe der Klägerin auswirken, sodass eine Einschränkung der Arbeitszeit notwendig sei. Ferner bildet sich die "deutliche" Antriebsminderung bei der Klägerin nach Auffassung des Senats nicht in den übrigen Angaben des Gutachtens ab, weder in den Alltagsaktivitäten noch im psychischen Befund. Schließlich stützt der Sachverständige seine Erkenntnisse auf subjektive Angaben der Klägerin (sie halte sich "subjektiv" für vergesslich). Hierbei handelt es sich lediglich um subjektive Beschwerdeangaben der Klägerin, nicht hingegen um objektive Befunde, die allein als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden können. Auch die vom Sachverständigen angenommene wesentliche Einschränkung der Umstellungsfähigkeit ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen demgegenüber angibt, die Klägerin sei durchaus in der Lage, sich auf neue Anforderungen einzustellen.

Der Senat hält auch die Einschätzung des die Klägerin behandelnden Dr. Si., er halte die Klägerin für erwerbsunfähig, für nicht nachvollziehbar. Belege für die von ihm abgegebene Leistungseinschätzung liefert er weder in seiner Auskunft vom 29. Juni 2010 noch in derjenigen vom 10. Mai 2012.

c) Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Restleistungsvermögen - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, sie also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Oktober 2010 B 13 R 78/09 R - in juris). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

d) Eine konkrete Verweisungstätigkeit müsste der Klägerin nur benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O.). In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Dies ist nicht der Fall. Bei der Klägerin liegen zwar - wie dargelegt - einige qualitative Leistungseinschränkungen vor, diese sind jedoch nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können - unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände - beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R -; in juris m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist bei der Klägerin vorhanden.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist nicht berufsunfähig.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -; jeweils in juris). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R -; jeweils in juris) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -; in juris). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -; in juris).

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin zuletzt zumindest keine Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzt. Gegenteiliges hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.

Da die Klägerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann sie grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (z.B. BSG, Urteil vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 ; in juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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