L 5 KR 1117/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1887/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1117/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 4.2.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung bzw. (weitere) Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung bei einer nicht zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassenen Therapeutin.

Die in Bad B. wohnende Klägerin, Mitglied der Beklagten, wurde vom 2.5.2011 bis 9.6.2011 in der F.-H.-Klinik wegen Depressionen, Angstzuständen und Panikattacken (Aufnahmediagnosen: Reaktion auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen) stationär psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelt.

Im September 2011 wandte sich die Klägerin wegen der Gewährung einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung an die Klägerin. Bei einem Telefongespräch vom 15.9.2011 gab sie ausweislich des darüber angefertigten Aktenvermerks in den Verwaltungsakten der Beklagten an, sie habe mehrere Therapeuten wegen freier Therapieplätze angerufen. Bei diesen bestünden jedoch lange Wartezeiten oder die Praxen lägen zu weit von ihrem Wohnort entfernt. Größere Entfernungen seien ihr nicht zuzumuten. Sie wolle sich daher bei einer Therapeutin im Nachbarort (H.), der (1943 geborenen) Dipl.-Psych. (und Heilpraktikerin für Psychotherapie) K., behandeln lassen. Diese ist nicht zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen.

Mit Schreiben vom 20.9.2011 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung bei der Dipl.-Psych. K.

Ausweislich der hierüber angefertigten Aktenvermerke in den Verwaltungsakten der Beklagten teilte die Klägerin bei einem Telefongespräch vom 26.9.2011 ergänzend mit, wegen der Einnahme von (hochdosiertem) Johanniskraut lebe sie nur noch in abgedunkelten Räumen; sofern es ihre Angstzustände zuließen, könne sie für höchstens 3 Minuten am Tag auf ihre Terrasse gehen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne sie nicht fahren und sie vertrage keine Menschenaufläufe. Auch Autofahren sei nicht möglich; sie könne nur als Beifahrerin mitfahren. Fachärzte für Psychotherapie werde sie nicht konsultieren; diese seien alle nicht normal. Falls notwendig, werde sie auch einen Kredit aufnehmen, um die Behandlung bei der Dipl. -Psych. K. fortzusetzen; nur diese Therapeutin könne ihr helfen, bei der sie schon zwei Mal gewesen sei. Die Beklagte möge ihr hierfür einen Zuschuss gewähren. Die Beklagte teilte der Klägerin telefonisch mit, die Kosten einer Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. könnten nicht übernommen werden; auch die Gewährung eines Zuschusses sei nicht möglich. Die Mitarbeiterin bot ihr an, für sie einen Vertragspsychotherapeuten zu suchen. Dieses Angebot habe die Klägerin abgelehnt; das Thema des Wechsels zu einem Vertragspsychotherapeuten habe sie nicht zugelassen.

Mit Bescheid vom 23.1.2012 lehnte es die Beklagte ab, Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. zu erstatten bzw. künftig zu übernehmen. Zur Begründung führte sie aus, die Dipl.-Psych. K sei nicht zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Freie Therapieplätze bei zugelassenen Leistungserbringern in zumutbarer Entfernung bestünden bei Dr. W. und Dr. R. (jeweils in G.).

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin (unter Vorlage eines Attestes Ihres Hausarztes, des Allgemeinarztes R., vom 21.3.2012) vor, nach der Entlassung aus der F.-H.-Klinik im Juni 2011 habe sie sich wegen der Fortsetzung der Behandlung an Vertragspsychotherapeuten gewandt, jedoch nur Absagen bzw. Termine für das kommende Jahr erhalten; eine derart lange Wartezeit sei ihr nicht zumutbar. Sie habe schließlich einen Therapieplatz bei der Dipl.-Psych. K. erhalten. Die Beklagte habe ihr eine psychotherapeutische Behandlung bei einem zugelassenen Leistungserbringer nicht gewähren können. Da die Fortführung der Behandlung unaufschiebbar gewesen sei, könne sie Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verlangen. Außerdem müsse die Beklagte auch künftig die Kosten für eine Behandlung bei der Dipl.-Psych K. übernehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.5.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie (ergänzend) aus, nicht zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassene Therapeuten könnten nur nach Wahl des Kostenerstattungsverfahrens mit vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Klägerin habe das Kostenerstattungsverfahren indessen nicht gewählt. Dass sie zu der Dipl.-Psych. K. ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, begründe einen Kostenerstattungs- bzw. Kostenübernahmeanspruch für die Zukunft nicht.

Am 12.6.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung trug sie vor, nach der Entlassung aus der F.-H.-Klinik habe sich ihr Gesundheitszustand rapide verschlechtert, weshalb ihr der Hausarzt geraten habe, einen Therapeuten zu suchen. Dabei habe ihr die Beklagte nicht geholfen. Sie habe ihren Versorgungsauftrag mit zugelassenen Leistungserbringern nicht erfüllen können. Deshalb liege ein Systemversagen vor. Hätte sie die Therapie nicht rechtzeitig bei der Dipl.-Psych. K. beginnen können, hätte sie möglicherweise nicht überlebt. Die Aktenvermerke über Telefongespräche in den Verwaltungsakten der Beklagten seien teilweise unrichtig. Sie habe bereits im Juni 2011 telefonisch einen Kostenübernahmeantrag gestellt.

Die Klägerin teilte ergänzend mit, sie habe die Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. am 24.8.2011 begonnen. Außerdem legte sie Rechnungen der Dipl.-Psych. K. über psychotherapeutische Behandlungen während der Zeit vom 24.8.2011 bis 4.12.2012 über insgesamt 4.400 EUR (55 Behandlungsstunden zu je 80 EUR) vor. Aus der Rechnung vom 04.01.2012 ergibt sich zudem, dass die Klägerin vor Antragstellung am 20.09.2011 bereits an 4 Tagen (26.08.2011, 30.08.2011, 08.09.2011 und 15.09.2011) bei K. in Behandlung war. Die Beklagte legte Stellungnahmen ihrer Mitarbeiter zu den mit der Klägerin geführten Telefongesprächen vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 4.2.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung bzw. weitere Übernahme der Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. Die Behandlung sei am 24.8.2011 aufgenommen worden. Einen (schriftlichen) Kostenübernahmeantrag habe die Klägerin jedoch erst am 20.9.2011 gestellt; allenfalls komme ein am 15.9.2011 mündlich gestellter Antrag in Betracht. Telefonische Nachfragen im Juni 2011 nach einer Behandlung durch Vertragspsychotherapeuten könnten nicht als Antrag auf Übernahme der Kosten einer Behandlung (gerade) bei der - nicht zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassenen - Dipl.-Psych. K. eingestuft werden. Damit fehle es am Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnungsentscheidung der Beklagten und den der Klägerin für Behandlungsleistungen der Dipl.-Psych. K. entstandenen Aufwendungen; dabei seien die von der Dipl.-Psych. K. erbrachten Therapieleistungen als einheitliche Behandlungsleistung einzustufen. Eine Aufspaltung in Teilleistungen komme nicht in Betracht. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten stelle eine Zäsur nicht dar, da die Klägerin mit dem eigenmächtigen Beginn der Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. auf diese Leistungserbringerin festgelegt gewesen sei. Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V stehe nicht in Rede, auch wenn die Durchführung einer ambulanten Psychotherapie zeitnah im Anschluss an eine stationäre Behandlung erfolgen solle.

Auf den ihr am 14.2.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.3.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie habe bei der Beklagten bereits im Sommer 2011, vor Beginn der Behandlung bei der Dipl.-Psych. K., (telefonisch) einen Antrag auf Kostenerstattung gestellt. Die Behandlung sei auch unaufschiebbar gewesen; ihr Hausarzt habe das bestätigt. Außerdem liege eine einheitliche Behandlung, die sich nicht in Teilleistungen aufspalten ließe, nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 4.2.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.1.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.5.2012 zu verurteilen, ihr die für die Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. in der Zeit vom 24.08.2011 bis 31.12.2013 entstandenen Kosten (in Höhe von 6.260,00 EUR) zu erstatten und künftig die Kosten für die Fortführung dieser Behandlung zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem für die Vergangenheit mit Klage und Berufung geltend gemachten Erstattungsbetrag von über 4.000 EUR überschritten; außerdem begehrt die Klägerin für die Zukunft die Weitergewährung der psychotherapeutischen Behandlung durch die Dipl.-Psych. K. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die Klägerin begehrt für die Vergangenheit die Erstattung von Kosten einer selbst beschafften Heilbehandlung (psychotherapeutische Behandlung) und für die Zukunft deren Gewährung als (Sach-)Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. die Übernahme der hierfür anfallenden Kosten. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, Rechtsgrundlage des Leistungsanspruchs ist § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB V.

1.) § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift sieht in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urt. v. 2.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).

a.) Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V setzt die Unaufschiebbarkeit der Leistung und die Unmöglichkeit der rechtzeitigen Leistungserbringung durch die Krankenkasse voraus.

Die Leistung ist unaufschiebbar, wenn eine dringende Leistungs-, insbesondere Behandlungsbedürftigkeit besteht. Hierfür sind ausschließlich medizinische Kriterien maßgeblich (zu einem Sonderfall BSG, Urt. v. 16.12.1993, - 4 RK 5/92 -); private Dispositionen des Versicherten oder termingebundene Zusagen des Leistungserbringers sind unerheblich. Aus medizinischer Sicht darf keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestehen. Unaufschiebbar kann auch eine nach diesen Maßstäben zunächst nicht eilbedürftige Leistung (Behandlung) werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann (BSG, Urt. v. 25.9.2000, - B 1 KR 5/99 R -). In solchen Fällen ist aber besonders zu prüfen, ob der Krankenkasse die rechtzeitige Leistungserbringung unmöglich gewesen ist, und zwar auch dann, wenn sich der Versicherte vor der Leistungsbeschaffung (rechtzeitig) an die Krankenkasse gewandt bzw. bei ihr um die Leistung nachgesucht hätte (vgl. etwa BSG, Urt. v. 20.5.2003, - B 1 KR 9/03 R - zu einer Entbindung).

Eine unaufschiebbare und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig zu erbringende Leistung liegt danach vor allem in Notfällen gem. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, wenn also dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht und ohne sofortige Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben bestehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lang andauern würden (LSG Hessen, Urt. v. 29.4.2010, - L 1 KR 95/08 - m. w. N.). Ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V besteht bei Notfallbehandlungen nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V indessen nicht, da die Notfallleistungen von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung aus der Gesamtvergütung vergütet werden; dem Versicherten entstehen keine Kosten für die Leistungsbeschaffung (BSG, Urt. v. 18.7.2006, - B 1 KR 24/05 R -; auch BSG, Beschl. v. 14.12.2006, - B 1 KR 114/06 B -). Entsprechendes gilt für die stationäre Notfallbehandlung eines Versicherten in einem nicht zugelassenen Krankenhaus; dessen Vergütungsanspruch richtet sich nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen die Krankenkasse (BSG, Urt. v. 18.7.2006 a. a. O).

Die rechtzeitige Leistung ist der Krankenkasse unmöglich, wenn sie als Dienst- oder Sachleistung mit den im SGB V vorgesehenen persönlichen und sächlichen Mitteln in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität und Art und Weise nicht erbracht werden kann und der Versicherte deswegen gezwungen ist, die Leistung selbst zu beschaffen (BSG, Urt. v. 16.12.1993 - 4 RK 5/92 -). Voraussetzung ist aber, dass sich der Versicherte vor der Leistungsbeschaffung (rechtzeitig) an die Krankenkasse gewandt bzw. bei ihr um die Leistung nachgesucht hat. Der Krankenkasse muss die Prüfung ermöglicht werden, ob die Leistung im Rahmen des Sachleistungssystems bereitgestellt werden kann und wie ggf. Abhilfe zu schaffen ist. Stets muss der Versicherte alles Erforderlich und Zumutbare getan haben, um die Leistung innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung zu erhalten. Anderes gilt nur dann, wenn es dem Versicherten (vor allem) aus medizinischer Sicht oder aus anderen Gründen unmöglich oder unzumutbar gewesen ist, die Krankenkasse vor der Leistungsbeschaffung einzuschalten (jurisPK-SGB V/Helbig, § 13 Rdnr. 50 ff.)

b.) Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus.

Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche (selbst beschaffte) Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.

Der Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 30.6.2009, - B 1 KR 5/09 R -; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Der Versicherte muss die Entscheidung der Krankenkasse über die Gewährung der beantragten Leistung bzw. die Ablehnung des Leistungsantrags abwarten (einschränkend BVerfG, Beschl. v. 19.3.2009, - 1 BvR 316/09 -). Typischerweise fehlt der Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung auch dann, wenn der Versicherte von vornherein auf die selbst beschaffte Leistung bzw. deren Erbringer festgelegt war (BSG, Urt. v. 16. 12. 2008, - B 1 KR 2/08 R -). Das Abwarten (auch) der Entscheidung über einen gegen die Leistungsablehnung eingelegten Widerspruch ist in der Regel aber nicht notwendig (BSG, Urt. v. 23.7.2002, - B 3 KR 66/01 R -). Die Ablehnungsentscheidung wird regelmäßig schriftlich (durch entsprechenden Bescheid) ergehen; allerdings kann ggf. auch eine nur mündlich verfügte Ablehnungsentscheidung genügen (KassKomm/Brandts, SGB V § 13 Rdnr. 13, 84 unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).

2.) Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (u.a.) die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V). Gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V werden die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung als Dienst- und Sachleistung gewährt. Sie unterliegen den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Danach müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).

Die Dienst- und Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden durch hierfür zugelassene Leistungserbringer - zur Teilnahme an der vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassene oder ermächtigte Ärzte bzw. Psychotherapeuten (§ 95 Abs. 1, 10 SGB) bzw. durch Leistungserbringer, mit denen die Krankenkassen Verträge geschlossen haben (§ 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V) - erbracht. Andere Leistungserbringer können Leistungen an gesetzlich Versicherte auf Kosten der Krankenkassen grundsätzlich nicht erbringen und können von gesetzlich Versicherten (von Sonderfällen des Systemversagens abgesehen) nur auf eigene Kosten nach Maßgabe zivilrechtlicher (insbesondere privatärztlicher) Behandlungsverträge in Anspruch genommen werden.

II. Davon ausgehend hat die Klägerin weder Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von ihr selbst beschafften psychotherapeutischen Behandlungen bei der Dipl.-Psych. K. für die Vergangenheit noch auf Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten weiterer psychotherapeutischer Behandlungen durch die genannte Therapeutin für die Zukunft. Der Bescheid der Beklagten vom 23.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2012 ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der Erstattung von Behandlungskosten für die Vergangenheit sind die Voraussetzungen des Kostenerstattungstatbestands in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht erfüllt. Eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V liegt nicht vor. Die Klägerin hat sich nach der Entlassung aus der stationären Behandlung in der F.-H.-Klinik im Juni 2011 offenbar zunächst selbst um einen Therapieplatz zur ambulanten Weiterbehandlung bemüht, deshalb bei (Vertrags-)Psychotherapeuten nachgefragt, und sich sodann im September an die Beklagte gewandt. Die ambulante Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. hat sie am 24.8.2011, also etwa 2 ½ Monate nach der Entlassung aus der stationären Behandlung, aufgenommen. Schon aus diesem zeitlichen Geschehensablauf ergibt sich, dass eine unaufschiebbare Behandlungsleistung nicht in Rede steht. Mit der Behauptung, ohne (rechtzeitige) Behandlungsaufnahme bei der Dipl.-Psych. K. würde sie vielleicht nicht mehr leben, kann die Klägerin die Übernahme der Behandlungskosten durch die Beklagte nicht erzwingen. Sofern der Hausarzt der Klägerin seinerzeit von einer Notfallsituation ausgegangen wäre, hätte ggf. eine Einweisung zur stationären Behandlung in eine psychiatrische Klinik stattfinden müssen. Zumindest wäre zu erwarten gewesen, dass er die eigene Behandlung intensiviert oder die Klägerin zur fachärztlichen Behandlung zu einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie überweist. Wäre die Klägerin so dringend auf einen Therapieplatz angewiesen gewesen, wie dies zuletzt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, so hätte es nahe gelegen, dass der Hausarzt die Überweisung auf einen Psychotherapieplatz mit zeitnahem Behandlungsbeginn selbst veranlasst bzw. die Klägerin bei ihrer Suche aktiv unterstützt. Statt dessen hat offenbar auch der Hausarzt der Klägerin (nur) dazu geraten, nach der Beendigung der stationären Behandlung in der F.-H.-Klinik zur ambulanten Weiterbehandlung nach einem Therapeuten zu suchen; eine Notfallsituation (etwa mit konkreter Suizidgefahr) tritt darin nicht hervor.

Die Beklagte hat die Leistung, die Gewährung einer psychotherapeutischen Behandlung bei der Dipl.-Psych. K., auch nicht gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V zu Unrecht abgelehnt. Die Dipl.-Psych. K. ist nicht zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen (§ 95 Abs. 1, 10 SGB V) und kann daher gesetzlich Versicherte nicht auf Kosten der Krankenkassen behandeln. Die Klägerin muss (wie alle gesetzlich Versicherten) einen Leistungserbringer aus dem Kreis der zur vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassenen Ärzte oder Psychotherapeuten wählen. Dass sie zur Dipl.-Psych. K. offenbar ein besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut und sich auf diese Therapeutin unter Ablehnung aller anderen Therapeuten festgelegt hat, ändert daran nichts. Das Bestehen eines besonderen Vertrauensverhältnisses bedingt nicht die Unzumutbarkeit einer Behandlung durch einen anderen Arzt bzw. Therapeuten bzw. das Unvermögen der Krankenkasse zur (rechtzeitigen) Gewährung der in Rede stehenden Behandlungsleistung (vgl. BSG, Urt. v. 23.11.1995, - 1 RK 5/94 -: Entbindung). Es ist auch nicht überzeugend dargetan, dass die Klägerin eine ambulante psychotherapeutische Behandlung (im Anschluss an die stationäre Behandlung in der F.-H.-Klinik) bei zugelassenen Leistungserbringern nicht hätte erhalten können, das gesetzliche System der Sach- bzw. Dienstleistung insoweit also versagt hätte. Vielmehr ist die Klägerin, wie insbesondere aus den Vermerken über die telefonischen Beratungen am 26.09.2011 (Bl. 5-7 Verw.-Akte) hervorgeht, von vornherein auf eine Behandlung bei der Dipl.-Psych. K. festgelegt und nicht willens gewesen, bei anderen (zugelassenen) Therapeuten eine Therapie aufzunehmen, obwohl dies nach den eigenen Angaben des Ehemannes innerhalb von 3 Monaten möglich gewesen wäre (Vermerk vom 31.10.2011 - Bl. 9 Verw.-Akte). So hat sie es auch abgelehnt, sich von der Mitarbeiterin D. der Beklagten einen Vertragspsychotherapeuten suchen zu lassen (Telefongespräch vom 26.09.2011). Die Beklagte hat die Klägerin zudem im Bescheid vom 23.01.2012 auf freie Therapieplätze bei den in G. niedergelassenen Dres. W. und R. verwiesen. Deren Inanspruchnahme ist der Klägerin zumutbar. Es gibt keine medizinisch belegten Gründe, weshalb die Klägerin von ihrem Wohnort Bad B. aus zwar die im etwa 6 km entfernten H. ansässige Dipl.-Psych. K., nicht jedoch die im etwa 12 km entfernten G. niedergelassenen Dres. W oder R. sollte aufsuchen können.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved