Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 848/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2877/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die im Jahr 1952 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt, eine Anlernzeit nicht absolviert; sie war zuletzt im Jahr 1973 versicherungspflichtig in einer Buchbinderei beschäftigt. Aktuell bezieht die Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 5. August 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierbei gab sie an, an einem Bluthochdruck, an Depressionen, an einem Bandscheibenvorfall sowie degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, Schmerzen an den Beinen, an starken Schmerzzuständen, mangelnder Ausdauer sowie an einer eingeschränkten Beweglichkeit zu leiden. Diesen Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 ab, weil die Klägerin in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Grundlage der Entscheidung der Beklagten war das Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. K. vom 14. September 2009. Diese diagnostizierte einen medikamentös unzureichend eingestellten Bluthochdruck, Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche funktionellen Einschränkungen aber mit intermittierend auftretenden Rückenschmerzen sowie ein ausgeprägtes Übergewicht. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung vollschichtig zu verrichten. Stressbelastungen (z. B. extremer Zeitdruck), Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken und Hocken seien ihr hingegen nicht zumutbar.
Gegen die Entscheidungen der Beklagten hat die Klägerin am 10. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei nicht in der Lage, irgend einer Tätigkeit mindestens drei Stunden täglich nachzugehen. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Der Orthopäde Dr. E. hat unter dem 15. April 2010 mitgeteilt, er habe gegenüber dem Gutachten der Frau Dr. K. keine abweichenden Feststellungen treffen können. Ebenso hat sich der Neurologe und Psychiater Dr. F. in seiner Auskunft vom 29. April 2010 geäußert. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. A. hat hingegen in ihrer Auskunft vom 25. Mai 2010 ausgeführt, die Klägerin sei zur Zeit unter drei Stunden leistungsfähig aufgrund der neuropsychiatrischen Diagnosen.
Darauf hin hat das SG die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. veranlasst. Der Sachverständige hat eine anhaltende depressive Störung, derzeit mittelgradig ausgeprägt, Panikattacken sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Die Klägerin leide unter einer gedrückten Stimmung und einer leichten Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Denkvorgänge seien streckenweise verlangsamt, im inhaltlichen Denken finde sich eine negative Einengung auf ihre Krankheit. Aufmerksamkeit und Konzentration zeigten keine relevante Beeinträchtigung, anamnestisch werde über eine leichte Erschöpfbarkeit bei "konzentrativen" Aufgaben berichtet. Für Tätigkeiten, die nur geringe Anforderungen an Anpassungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Auffassungsfähigkeit und Durchhaltevermögen stellten, bestehe ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich (Gutachten vom 9. Oktober 2010).
Nachdem die Klägerin am 13. Oktober 2011 einen erneuten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten gestellt hat, hat die Beklagte eine Untersuchung und Begutachtung durch den Internisten Dr. B. veranlasst. In seinem Gutachten vom 15. November 2011 hat der Gutachter ein metabolisches Syndrom mit unzureichend eingestelltem Bluthochdruck, einen oral behandelten Diabetes mellitus und eine Adipositas, LWS-Beschwerden ohne radikuläre Symptomatik sowie eine Somatisierungsstörung festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachschichtarbeit, ohne Heben und Tragen und Bewegen von schweren Lasten, ohne einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2013 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, denn die Klägerin sei in der Lage, was sich aus den Gutachten des Dr. A., der Dr. K. und des Dr. B. ergebe, arbeitstäglich sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des SG verwiesen.
Gegen das am 14. Juni 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 15. Juli 2013 eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG habe rechtsfehlerhaft nicht den ebenfalls die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologen S. befragt. Auch der Sachverständige Dr. A. habe keine Auskünfte von dem Diplom-Psychologen S. eingeholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. August 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von dem Neurologen und Psychiater Prof. Dr. St. eingeholt. Prof. Dr. St. hat in seinem Sachverständigengutachten vom 17. Dezember 2013 unter anderem ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe keine Gesundheitsstörung. Die Klägerin sei aber offensichtlich bemüht, dergleichen vorzutäuschen (V 65.2). Auf Befundebene sei keine psychische Störung zu erkennen gewesen. Auf neurologischem Fachgebiet bestehe eine Neuropathie mit dadurch bedingter mittelschwer ausgeprägter Gang- und Standunsicherheit. Die Neuropathie habe zur Auswirkung, dass Tätigkeiten in unebenem Gelände und mit Absturzgefahr, insbesondere auf Leitern und Gerüsten vermieden werden müssten. Einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Wechsel von Gehen und Stehen auf ebenem Boden stehe nichts im Wege. Die Klägerin sei in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben.
Im Anschluss daran hat die Klägerin ein Attest des Diplom-Psychologen S. vom 30. April 2013 sowie eine Bescheinigung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 10. Mai 2013 (Bescheinigung für kostenaufwendige Ernährung) vorgelegt. Der Diplom-Psychologe S. sei als Zeuge zu hören, die Klägerin sei bei diesem in therapeutischer Behandlung. Offensichtlich gehe dieser nicht von einer Simulation der psychischen Störungen aus.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen einer solchen Rente nicht erfüllt, weil sie aufgrund ihres bisherigen Berufs und der von ihr verrichteten Tätigkeiten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und entsprechende leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist festzustellen, dass der Senat dem überzeugenden und schlüssigen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. St. folgt. Dieser hat nach eingehender Untersuchung, auch unter Berücksichtigung der Vorbefunde, insbesondere auch der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bescheinigung des Diplom-Psychologen S., auch der weiteren Vorbegutachtungen während des SG-Verfahrens, die Gesundheitsstörungen der Klägerin in Gesamtschau aller ärztlichen Äußerungen zutreffend erfasst und die daraus resultierenden Einschränkungen bei Ausübung beruflicher Tätigkeit schlüssig und für den Senat nachvollziehbar beurteilt. Auf neurologischen Fachgebiet hat Prof. Dr. St. eine Neuropathie mit dadurch bedingter mittelschwer ausgeprägter Gang- und Standunsicherheit festgestellt. Damit sind qualitative Einbußen verbunden, so dass Tätigkeiten in unebenen Gelände und mit Absturzgefahr, insbesondere auf Leitern und Gerüsten vermieden werden müssen. Ausdrücklich hat der Sachverständige jedoch ausgeführt, dass einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Wechsel von Gehen und Stehen auf ebenem Boden nichts im Wege stehe. Die Einschränkungen qualitativer Art ergeben sich indes bereits aus dem beträchtlichen Übergewicht und der Wirbelsäulenfehlhaltung mit Muskelverspannungen. Eine weitergehende Einschränkung, insbesondere quantitativer Art, ist jedoch daraus nicht abzuleiten. Bereits erstinstanzlich wurde auf orthopädischem Fachgebiet u.a. der behandelnde Orthopäde Dr. E. befragt, der aus den von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen weder weitergehende qualitative noch zeitliche Leistungseinschränkungen ableitet. Auf psychiatrischem Gebiet liegt keine Gesundheitsstörung bei der Klägerin vor. Der Senat folgt auch hier dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. St ... Die Klägerin ist nach den Darstellungen des Sachverständigen bemüht gewesen, möglichst schlechte Ergebnisse zu erzielen. Aufgrund der vom Sachverständigen dargelegten wissenschaftlichen Grundlagen der Testergebnisse und deren Verfahren ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin versucht hat, hier möglichst schlechte Ergebnisse zu erzielen, um ein für sie positives Gutachtensergebnis zu erzielen. Die Testergebnisse können nach den vom Sachverständigen aufgezeigten Kriterien nicht der Realität entsprechen. Eine Befragung des Diplom-Psychologen S. zur Frage der Simulation in der Begutachtungssituation bedurfte es nicht. Der Umstand, dass Dipl. Psych. S. abweichende Befunde erhoben hat, war dem Senat und dem Sachverständigen bekannt (vgl. Bl. 50 der Senatsakten). Zudem ist ein psychologischer Psychotherapeut im Gegensatz zu einem Arzt weder zur Diagnosestellung noch zur Beurteilung des Restleistungsvermögens berufen. Eine weitergehende Einschränkung aufgrund einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ist durch das überzeugende Sachverständigengutachten des Prof. Dr. St. für den Senat ausgeschlossen. Auf internistischem Fachgebiet hat der Gutachter Dr. B. ein metabolisches Syndrom mit unzureichend eingestelltem Bluthochdruck, einen oral behandelten Diabetes mellitus und eine drittgradige Adipositas diagnostiziert. Eine zeitliche Leistungseinschränkung lässt sich daraus nicht ableiten, ebenfalls eine weitergehende qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin.
Der Senat ist demnach auch auf Grundlage der eigenen durchgeführten Ermittlungen davon überzeugt, dass die Klägerin in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der vom SG festgestellten qualitativen Einschränkungen, die jedoch nicht zu einer Benennungspflicht konkreter Verweisungstätigkeiten führen (vgl. dazu BSG Urteil v. 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff), wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) sind im Übrigen ebenfalls nicht erfüllt. Eine Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten auch aus Gründen des Berufsschutzes ist nicht erforderlich, weil die Klägerin als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann.
Der Senat weist die Berufung deshalb zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittel für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage § 197a Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlich in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage § 193 Rdnr. 4).
Der Senat hat nochmals von der Auferlegung von Verschuldenskosten (§ 192 SGG) abgesehen, obwohl die Klägerin nach dem eindeutigen Ergebnis des medizinischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. St. versucht hat eine Erkrankung vorzutäuschen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die im Jahr 1952 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt, eine Anlernzeit nicht absolviert; sie war zuletzt im Jahr 1973 versicherungspflichtig in einer Buchbinderei beschäftigt. Aktuell bezieht die Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 5. August 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierbei gab sie an, an einem Bluthochdruck, an Depressionen, an einem Bandscheibenvorfall sowie degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, Schmerzen an den Beinen, an starken Schmerzzuständen, mangelnder Ausdauer sowie an einer eingeschränkten Beweglichkeit zu leiden. Diesen Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 ab, weil die Klägerin in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Grundlage der Entscheidung der Beklagten war das Gutachten der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. K. vom 14. September 2009. Diese diagnostizierte einen medikamentös unzureichend eingestellten Bluthochdruck, Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche funktionellen Einschränkungen aber mit intermittierend auftretenden Rückenschmerzen sowie ein ausgeprägtes Übergewicht. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung vollschichtig zu verrichten. Stressbelastungen (z. B. extremer Zeitdruck), Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken und Hocken seien ihr hingegen nicht zumutbar.
Gegen die Entscheidungen der Beklagten hat die Klägerin am 10. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei nicht in der Lage, irgend einer Tätigkeit mindestens drei Stunden täglich nachzugehen. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Der Orthopäde Dr. E. hat unter dem 15. April 2010 mitgeteilt, er habe gegenüber dem Gutachten der Frau Dr. K. keine abweichenden Feststellungen treffen können. Ebenso hat sich der Neurologe und Psychiater Dr. F. in seiner Auskunft vom 29. April 2010 geäußert. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. A. hat hingegen in ihrer Auskunft vom 25. Mai 2010 ausgeführt, die Klägerin sei zur Zeit unter drei Stunden leistungsfähig aufgrund der neuropsychiatrischen Diagnosen.
Darauf hin hat das SG die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. veranlasst. Der Sachverständige hat eine anhaltende depressive Störung, derzeit mittelgradig ausgeprägt, Panikattacken sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Die Klägerin leide unter einer gedrückten Stimmung und einer leichten Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Denkvorgänge seien streckenweise verlangsamt, im inhaltlichen Denken finde sich eine negative Einengung auf ihre Krankheit. Aufmerksamkeit und Konzentration zeigten keine relevante Beeinträchtigung, anamnestisch werde über eine leichte Erschöpfbarkeit bei "konzentrativen" Aufgaben berichtet. Für Tätigkeiten, die nur geringe Anforderungen an Anpassungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Auffassungsfähigkeit und Durchhaltevermögen stellten, bestehe ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich (Gutachten vom 9. Oktober 2010).
Nachdem die Klägerin am 13. Oktober 2011 einen erneuten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten gestellt hat, hat die Beklagte eine Untersuchung und Begutachtung durch den Internisten Dr. B. veranlasst. In seinem Gutachten vom 15. November 2011 hat der Gutachter ein metabolisches Syndrom mit unzureichend eingestelltem Bluthochdruck, einen oral behandelten Diabetes mellitus und eine Adipositas, LWS-Beschwerden ohne radikuläre Symptomatik sowie eine Somatisierungsstörung festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachschichtarbeit, ohne Heben und Tragen und Bewegen von schweren Lasten, ohne einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2013 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, denn die Klägerin sei in der Lage, was sich aus den Gutachten des Dr. A., der Dr. K. und des Dr. B. ergebe, arbeitstäglich sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des SG verwiesen.
Gegen das am 14. Juni 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 15. Juli 2013 eingelegte Berufung der Klägerin. Das SG habe rechtsfehlerhaft nicht den ebenfalls die Klägerin behandelnden Diplom-Psychologen S. befragt. Auch der Sachverständige Dr. A. habe keine Auskünfte von dem Diplom-Psychologen S. eingeholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. August 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von dem Neurologen und Psychiater Prof. Dr. St. eingeholt. Prof. Dr. St. hat in seinem Sachverständigengutachten vom 17. Dezember 2013 unter anderem ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe keine Gesundheitsstörung. Die Klägerin sei aber offensichtlich bemüht, dergleichen vorzutäuschen (V 65.2). Auf Befundebene sei keine psychische Störung zu erkennen gewesen. Auf neurologischem Fachgebiet bestehe eine Neuropathie mit dadurch bedingter mittelschwer ausgeprägter Gang- und Standunsicherheit. Die Neuropathie habe zur Auswirkung, dass Tätigkeiten in unebenem Gelände und mit Absturzgefahr, insbesondere auf Leitern und Gerüsten vermieden werden müssten. Einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Wechsel von Gehen und Stehen auf ebenem Boden stehe nichts im Wege. Die Klägerin sei in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuüben.
Im Anschluss daran hat die Klägerin ein Attest des Diplom-Psychologen S. vom 30. April 2013 sowie eine Bescheinigung der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 10. Mai 2013 (Bescheinigung für kostenaufwendige Ernährung) vorgelegt. Der Diplom-Psychologe S. sei als Zeuge zu hören, die Klägerin sei bei diesem in therapeutischer Behandlung. Offensichtlich gehe dieser nicht von einer Simulation der psychischen Störungen aus.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen einer solchen Rente nicht erfüllt, weil sie aufgrund ihres bisherigen Berufs und der von ihr verrichteten Tätigkeiten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und entsprechende leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist festzustellen, dass der Senat dem überzeugenden und schlüssigen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. St. folgt. Dieser hat nach eingehender Untersuchung, auch unter Berücksichtigung der Vorbefunde, insbesondere auch der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Bescheinigung des Diplom-Psychologen S., auch der weiteren Vorbegutachtungen während des SG-Verfahrens, die Gesundheitsstörungen der Klägerin in Gesamtschau aller ärztlichen Äußerungen zutreffend erfasst und die daraus resultierenden Einschränkungen bei Ausübung beruflicher Tätigkeit schlüssig und für den Senat nachvollziehbar beurteilt. Auf neurologischen Fachgebiet hat Prof. Dr. St. eine Neuropathie mit dadurch bedingter mittelschwer ausgeprägter Gang- und Standunsicherheit festgestellt. Damit sind qualitative Einbußen verbunden, so dass Tätigkeiten in unebenen Gelände und mit Absturzgefahr, insbesondere auf Leitern und Gerüsten vermieden werden müssen. Ausdrücklich hat der Sachverständige jedoch ausgeführt, dass einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit oder einer Tätigkeit im Wechsel von Gehen und Stehen auf ebenem Boden nichts im Wege stehe. Die Einschränkungen qualitativer Art ergeben sich indes bereits aus dem beträchtlichen Übergewicht und der Wirbelsäulenfehlhaltung mit Muskelverspannungen. Eine weitergehende Einschränkung, insbesondere quantitativer Art, ist jedoch daraus nicht abzuleiten. Bereits erstinstanzlich wurde auf orthopädischem Fachgebiet u.a. der behandelnde Orthopäde Dr. E. befragt, der aus den von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen weder weitergehende qualitative noch zeitliche Leistungseinschränkungen ableitet. Auf psychiatrischem Gebiet liegt keine Gesundheitsstörung bei der Klägerin vor. Der Senat folgt auch hier dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. St ... Die Klägerin ist nach den Darstellungen des Sachverständigen bemüht gewesen, möglichst schlechte Ergebnisse zu erzielen. Aufgrund der vom Sachverständigen dargelegten wissenschaftlichen Grundlagen der Testergebnisse und deren Verfahren ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin versucht hat, hier möglichst schlechte Ergebnisse zu erzielen, um ein für sie positives Gutachtensergebnis zu erzielen. Die Testergebnisse können nach den vom Sachverständigen aufgezeigten Kriterien nicht der Realität entsprechen. Eine Befragung des Diplom-Psychologen S. zur Frage der Simulation in der Begutachtungssituation bedurfte es nicht. Der Umstand, dass Dipl. Psych. S. abweichende Befunde erhoben hat, war dem Senat und dem Sachverständigen bekannt (vgl. Bl. 50 der Senatsakten). Zudem ist ein psychologischer Psychotherapeut im Gegensatz zu einem Arzt weder zur Diagnosestellung noch zur Beurteilung des Restleistungsvermögens berufen. Eine weitergehende Einschränkung aufgrund einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ist durch das überzeugende Sachverständigengutachten des Prof. Dr. St. für den Senat ausgeschlossen. Auf internistischem Fachgebiet hat der Gutachter Dr. B. ein metabolisches Syndrom mit unzureichend eingestelltem Bluthochdruck, einen oral behandelten Diabetes mellitus und eine drittgradige Adipositas diagnostiziert. Eine zeitliche Leistungseinschränkung lässt sich daraus nicht ableiten, ebenfalls eine weitergehende qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin.
Der Senat ist demnach auch auf Grundlage der eigenen durchgeführten Ermittlungen davon überzeugt, dass die Klägerin in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der vom SG festgestellten qualitativen Einschränkungen, die jedoch nicht zu einer Benennungspflicht konkreter Verweisungstätigkeiten führen (vgl. dazu BSG Urteil v. 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff), wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) sind im Übrigen ebenfalls nicht erfüllt. Eine Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten auch aus Gründen des Berufsschutzes ist nicht erforderlich, weil die Klägerin als ungelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann.
Der Senat weist die Berufung deshalb zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittel für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage § 197a Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlich in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage § 193 Rdnr. 4).
Der Senat hat nochmals von der Auferlegung von Verschuldenskosten (§ 192 SGG) abgesehen, obwohl die Klägerin nach dem eindeutigen Ergebnis des medizinischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. St. versucht hat eine Erkrankung vorzutäuschen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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