Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 4117/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5311/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. November 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1961 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt H. mit Bescheid vom 03.12.2007 den GdB mit 30 neu sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 27.04.2010 beantragte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Versorgungsamt R. -Kreis (VA) die Erhöhung des GdB. Das VA zog medizinische Unterlagen bei (Berichte des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009, Diagnose: Abdominale Schmerzen bei familiärem Mittelmeerfieber und Universitätsklinikum H. vom 06.04.2009 und 22.10.2009, Diagnose: Familiäres Mittelmeerfieber). Außerdem holte das VA den ärztlichen Befundschein des Dr. Ko. vom 10.10.2010 ein. Dr. S. bewertete in der hierzu vom VA eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 22.12.2010 wegen eines familiären Mittelmeerfiebers (Teil-GdB 20), Verdauungsstörungen (Teil-GdB 10) und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen und Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20) den GdB unverändert mit 30.
Mit Bescheid vom 23.12.2010 entsprach das VA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 26.01.2011 - durch seine Prozessbevollmächtigten - Widerspruch ein, mit dem er wegen Fortschreitens der Erkrankung des familiären Mittelmeerfiebers einen GdB von mindestens 50 geltend machte. Das VA holte den weiteren Befundschein von Dr. Ko. vom 01.07.2007 sowie die gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, Dr. He. , vom 24.08.2011 ein, in der der GdB weiterhin mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob der Kläger am 05.12.2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung führte er aus, er leide seit vielen Jahren unter Mehrfacherkrankungen, u.a. unter einem Gendefekt, der als Mittelmeerfieber bezeichnet werde. Die hieraus resultierenden Beeinträchtigungen hätten stark zugenommen, weshalb sich der GdB auf mindestens 50 belaufe. Bei akuten Schüben könne eine ärztliche Behandlung kaum noch Linderung schaffen. Der Kläger legte den Bericht des Universitätsklinikums H. vom 31.10.2011 vor (Diagnosen: Familiäres Mittelmeerfieber, anamnestisch Omarthrose links).
Das SG hörte den vom Kläger benannten behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ko. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. Ko. teilte in seiner Stellungnahme vom 14.04.2012 unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit und sah das Mittelmeerfieber als unzureichend bewertet an. Nicht berücksichtigt seien ein chronisches Geschwürleiden des Zwölffingerdarms und ein chronisches Schulterleiden. Die GdB-Bewertung müsse deutlich höher ausfallen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Kö. vom 15.06.2012 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2012 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, eine wesentliche Änderung liege nicht vor. Ein höherer GdB als 30 lasse sich nicht begründen. Für die Auswirkungen des familiären Mittelmeerfiebers und die Wirbelsäulenbeschwerden sei ein GdB von jeweils 20 angemessen, die einen Gesamt-GdB von 30 rechtfertigten, der durch die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewertenden Verdauungsstörungen und durch die regelmäßig gut behandelbaren arthrotischen Veränderungen an der linken Schulter nicht erhöht werde.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 13.12.2012 beim SG eingelegte Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, die Annahmen des SG seien nicht haltbar. Allein die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter, der Wirbelsäule und die Verdauungsstörungen rechtfertigten mindestens einen Teil-GdB von 30. Der Teil-GdB von 20 für das schwer behandelbare Mittelmeerfieber sei bei Weitem zu gering bemessen. Es bestehe eine zunehmende Schubfrequenz. Die körperlichen Beeinträchtigungen durch das Mittelmeerfieber hätten an Anzahl, Dauer und Intensität zugenommen. Seit der Antragstellung leide er regelmäßig einmal in der Woche an zwei bis drei Tagen unter unerträglichen Bauchschmerzen. Dennoch versuche er seiner Arbeitstätigkeit nachzugehen. Aufgrund der zunehmenden Schmerzen und der erhöhten Erkrankungsfrequenz habe er im Jahr 2012 wegen äußerst starker Schmerzen dennoch mindestens einmal pro Monat mehr als drei Tage der Arbeit fern bleiben müssen. Der Kläger hat hierzu Zeugen benannt. Ihm sei es immer darauf gekommen, möglichst wenige Fehlzeiten bei der Arbeit entstehen zu lassen. Er gehe auch dann arbeiten, wenn die auf das Mittelmeerfieber zurückgehende extreme Magenschmerzen an sich rechtfertigten, einer beruflichen Tätigkeit nicht nachzugehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. November 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 27. April 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Den zum Mittelmeerfieber vorliegenden ärztlichen Unterlagen lasse sich eine wesentliche Verschlimmerung nicht entnehmen. Auf orthopädischem Fachgebiet sei weiterhin von einem Teil-GdB von 20 auszugehen. Hinsichtlich der Schulter seien dauerhafte erhebliche Bewegungseinschränkungen nicht nachgewiesen. Der bisher bekannte medizinische Sachverhalt sei zutreffend gewürdigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Ha. vom 30.06.2013 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Ko. schriftlich als sachverständigen Zeugen zu Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers seit April 2012 angehört. Dr. Ko. hat in seiner Stellungnahme vom 28.04.2013 den weiteren Behandlungsverlauf mitgeteilt. Seit April 2012 sei es zu dreimaligem Auftreten von Bauchschmerzepisoden im Rahmen des Mittelmeerfiebers sowie zu zweimaligen Schmerzattacken von Seiten der Wirbelsäule und des Rückens gekommen. Ansonsten hätten Infektionserkrankungen (grippale Infekte, Gastritis, Bronchitis) bestanden. Neue Aspekte seien hinsichtlich des Mittelmeerfiebers nicht hinzugekommen. Dr. Ko. hat den Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 über eine stationäre Maßnahme vom 26.02.2013 bis 19.03.2013 vorgelegt.
Weiter hat der Senat den Arbeitgeber des Klägers, Firma N. V. GmbH, zu Arbeitsunfähigkeitszeiten sowie gesundheitlichen Beschwerden am Arbeitsplatz schriftlich als Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 13.11.2013 geantwortet und eine Zusammenstellung von krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers im Zeitraum vom 16.01.1999 bis 13.05.2013 vorgelegt. Außerdem hat der Senat eine Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. vom 13.11.2013 über Vorerkrankungen im Zeitraum vom 26.01.2008 bis 21.05.2013 beigezogen. Die außerdem befragte SBK hat mit Schreiben vom 14.11.2013 mitgeteilt, der Kläger sei seit 01.07.2013 bei ihr versichert. Das Leistungs- und Erkrankungsverzeichnis enthalte seither keine Einträge.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 23.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Neufeststellung eines GdB von über 30 seit dem 27.04.2010.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R -, BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 -, BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger kein GdB von mehr als 30 zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat. Im Vergleich zu dem im Bescheid vom 03.12.2007 mit einem GdB von 30 berücksichtigten Gesundheitszustand des Klägers ist eine wesentliche Verschlimmerung, die die Neufeststellung eines höheren GdB rechtfertigt, nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen nicht belegt.
Das familiäre Mittelmeerfieber ist mit einem Teil-GdB von 20 weiterhin angemessen bewertet. Eine relevante Verschlimmerung dieser Erkrankungen, wie der Kläger zur Begründung seines Neufeststellungsbegehrens geltend macht, wird durch die medizinischen Befundunterlagen und die Angaben der schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte nicht belegt. Nach den Befundberichten des Universitätsklinikums H. vom 06.04.2009, 22.10.2009 und 30.10.2011 bestehen beim Kläger rezidivierende krampfartige Oberbauchschmerzen über 3 Tage ca. ein- bis zweimal pro Monat. Manchmal treten die Beschwerden häufiger auf, manchmal ist der Kläger aber auch über Monate beschwerdefrei. Weitere Symptome/Begleiterscheinungen dieser Erkrankung beschreibt das Universitätsklinikum H. in seinen Befundberichten nicht. Insbesondere besteht beim Kläger kein Fieber. Eine vom Universitätsklinikum anamnestisch genannte zunehmende Schubfrequenz ist durch die objektiven medizinischen Befunde nicht belegt. Vielmehr traten unter der Medikation Colchicum seit April 2009 weitere Schübe nur in größeren Abständen bei klinisch und serologisch guter Kontrolle des Mittelmeerfiebers / der Entzündungsaktivität auf, wie der Senat den Beschreibungen in den Befundberichten des Universitätsklinikums H. vom 22.10.2009 und 31.10.2011 entnimmt. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die im Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009 sowie im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 beschriebenen objektiv medizinischen Befunde. Weiter hat Dr. Ko. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 28.04.2013 für den Zeitraum seit April 2012 lediglich das dreimalige Auftreten von Bauchschmerzepisoden im Rahmen des Mittelmeerfiebers bestätigt. Auch sonst lässt sich den Angaben von Dr. Ko. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG und an den Senat eine wesentliche Verschlimmerung der Mittelmeerfieber-Erkrankung des Klägers nicht entnehmen. Eine Veränderung (seit April 2012) hat Dr. Ko. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 28.04.2013 an den Senat nicht beschrieben. Er hat vielmehr mitgeteilt, neue Aspekte seien nicht hinzugekommen.
Damit ist das Vorbringen des Klägers, insbesondere im Berufungsverfahren, die Schubfrequenz des Mittelmeerfiebers habe sich auf regelmäßig einmal in der Woche an zwei bis drei Tagen erhöht, widerlegt. Dieses Vorbringen deckt sich auch nicht mit den im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 beschriebenen Angaben des Klägers, wonach aktuell ungefähr alle zwei bis drei Wochen akute Phasen des Mittelmeerfieber auftreten würden, meist mit starken Bauchbeschwerden, die dann in den Bereich von Rücken und Halswirbelsäule wanderten. Entsprechendes gilt auch für das Berufungsvorbringen des Klägers, er habe wegen der Auswirkungen des Mittelmeerfiebers einmal pro Monat mehr als drei Tage der Arbeit fern bleiben müssen. Nach der vom Arbeitgeber des Klägers dem Senat vorgelegten Zusammenstellung krankheitsbedingter Abwesenheitszeiten war der Kläger wegen Krankheit im Jahr 2010 lediglich dreimal (21 Tage), im Jahr 2011 viermal (31 Tage), im Jahr 2012 sechsmal (53 Tage) und im Jahr 2013 (bis 13.11.2013) viermal (22 Tage) arbeitsabwesend. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die in der Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. vom 13.11.2013 enthaltenen Angaben, wobei danach Arbeitsunfähigkeitszeiten (auch) wegen der von Dr. Ko. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage genannten Infektionserkrankungen sowie orthopädischer Leiden vorlagen. Eine deutliche Steigerung von Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen des Mittelmeerfiebers lässt sich auch dem Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. nicht entnehmen, schon gar nicht in dem vom Kläger geltend gemachten Ausmaß (einmal pro Monat mehr als drei Tage). Nach der Auskunft der SBK vom 14.11.2013 bestanden seit 01.07.2013 (bis 14.11.2013) keine Krankheitszeiten. Zwar hat der Arbeitgeber des Klägers weiter angegeben, der Kläger habe öfters und immer wieder über Magenschmerzen geklagt. Dieser Angabe lässt sich eine wesentliche Verschlimmerung der Beeinträchtigungen durch das Mittelmeerfieber nicht (greifbar) entnehmen. Einer solchen Annahme stehen vielmehr die oben dargestellten objektiven medizinischen Befunde entgegen.
Ein Teil-GdB von 20 für die aufgrund des Mittelmeerfiebers auftretenden Beschwerden des Klägers ist damit zur Überzeugung des Senats weiterhin angemessen. Bei schubartigem Verlauf mit Zeiten von Beschwerdefreiheit, wie dies beim Kläger der Fall ist, ist bei der Bemessung des Teil-GdB von einem Durchschnittswert auszugehen (vgl. VG Teil A 2f), dem mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend Rechnung getragen ist, wie Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 überzeugend ausgeführt hat, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet und dem sich der Senat anschließt. Ein vergleichbarer Zustand, der nach den VG Teil B 10.2.1 und 10.2.2 bei Magen- und Darmstörungen mit einem Teil-GdB von 30 oder höher zu bewerten ist (mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes GdB bis 30; mit erheblichen Komplikationen, z. B. Magenausgangsstenose, und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und Kräftezustandes GdB 40 bis 50; chronische Darmstörungen - irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion - mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen, z. B. Durchfälle, Spasmen, GdB bis 30; mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes GdB 40 bis 50), liegt beim Kläger durch die vom Mittelmeerfieber im Durchschnitt hervorgerufenen Beschwerden zur Überzeugung des Senats nicht vor. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 ist der Appetit des Klägers normal bei konstantem Gewicht. Miktion und Stuhlgang sind unauffällig. Ein reduzierter Ernährungszustand besteht nicht (Gewicht 97 kg bei 180 cm Körpergröße).
Dass beim Kläger hinsichtlich der vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten Wirbelsäulenbeschwerden eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach der Befundbeschreibung im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 wird hinsichtlich der Hals- wie der Rumpfwirbelsäule eine Bewegungslimitierung bei intakter Motorik, Sensibilität und Reflexstatus nicht beschrieben. Dr. Ko. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.04.2013 für die Zeit vom April 2012 bis 28.04.2013 lediglich von zweimaligen Schmerzattacken seitens der Wirbelsäule und des Rückens berichtet. Das Vorliegen von Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mit mittelschweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die nach den VG Teil B 18.9 einem Teil-GdB von 30 rechtfertigen, ist beim Kläger damit nicht belegt. Auch sonst lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens des Klägers nicht entnehmen. Die vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten Wirbelsäulenbeschwerden sind eher als wohlwollend einzuschätzen, wie Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 überzeugend ausgeführt hat, dem sich der Senat anschließt.
Entsprechendes gilt für die vom Beklagten berücksichtigten Verdauungsstörungen. Eine deswegen bestehende relevante Behinderung des Klägers ist, wie bereits oben ausgeführt, nicht ersichtlich (der Appetit ist normal bei konstantem Gewicht, Miktion und Stuhlgang sind unauffällig, ein reduzierter Ernährungszustand liegt nicht vor). Ein Teil-GdB von 10 wegen Verdauungsstörungen ist damit weiterhin nicht unangemessen, worauf Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 ebenfalls überzeugend hinweist, dem sich der Senat auch insoweit anschließt.
Ein zusätzlich zu berücksichtigendes Schulterleiden liegt beim Kläger nicht vor. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 bestehen intermittierende Beschwerden der rechten Schulter, aktuell ohne wesentliche Problematik. Eine relevante Bewegungseinschränkung lässt sich dem Reha-Entlassungsbericht nicht entnehmen. Vielmehr beschreibt die B.-Klinik eine schmerzlose und freie Beweglichkeit beider Schultergelenke des Klägers bei schmerzfrei gut möglichem Schürzen- und Nackengriff beidseits und regelgerechtem Schulterrelief. Eine nach den VG Teil B 18.13 GdB-relevante Funktionsbehinderung der Schultergelenke des Klägers ist damit nicht belegt.
Auf der Basis dieser festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ist auch der Gesamt-GdB weiterhin mit 30 zu bewerten. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten.
Hiervon ausgehend ist unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 30 weiterhin ausreichend bemessen, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat, worauf Bezug genommen werden kann. Im Übrigen besteht nach dem im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik vom 19.03.2013 beschriebenen Angaben des Klägers (Bauchbeschwerden, die dann in den Bereich von Rücken und Halswirbelsäule wandern) sowie den im Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009 beschriebenen Angaben (abdominelle Beschwerden mit Ausstrahlung in den Rücken) eine Überschneidung mit der Mittelmeerfieber-Erkrankung und der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen geklärt. Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich. Die in der Berufungsschrift vom 08.01.2013 vom Kläger unter Beweis gestellten Angaben haben sich durch die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigt, wie oben ausgeführt wurde. Der Senat sieht deshalb auch keinen Anlass, die vom Kläger im Schriftsatz vom 08.01.2013 benannten Familienangehörigen zusätzlich als Zeugen zu vernehmen. Der Kläger hat im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens seinen Antrag auf Vernehmung dieser Zeugen auch nicht weiter verfolgt.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei dem 1961 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt H. mit Bescheid vom 03.12.2007 den GdB mit 30 neu sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 27.04.2010 beantragte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Versorgungsamt R. -Kreis (VA) die Erhöhung des GdB. Das VA zog medizinische Unterlagen bei (Berichte des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009, Diagnose: Abdominale Schmerzen bei familiärem Mittelmeerfieber und Universitätsklinikum H. vom 06.04.2009 und 22.10.2009, Diagnose: Familiäres Mittelmeerfieber). Außerdem holte das VA den ärztlichen Befundschein des Dr. Ko. vom 10.10.2010 ein. Dr. S. bewertete in der hierzu vom VA eingeholten gutachtlichen Stellungnahme vom 22.12.2010 wegen eines familiären Mittelmeerfiebers (Teil-GdB 20), Verdauungsstörungen (Teil-GdB 10) und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen und Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20) den GdB unverändert mit 30.
Mit Bescheid vom 23.12.2010 entsprach das VA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 26.01.2011 - durch seine Prozessbevollmächtigten - Widerspruch ein, mit dem er wegen Fortschreitens der Erkrankung des familiären Mittelmeerfiebers einen GdB von mindestens 50 geltend machte. Das VA holte den weiteren Befundschein von Dr. Ko. vom 01.07.2007 sowie die gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, Dr. He. , vom 24.08.2011 ein, in der der GdB weiterhin mit 30 vorgeschlagen wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen habe gezeigt, dass sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könne, nicht feststellen lasse.
Hiergegen erhob der Kläger am 05.12.2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung führte er aus, er leide seit vielen Jahren unter Mehrfacherkrankungen, u.a. unter einem Gendefekt, der als Mittelmeerfieber bezeichnet werde. Die hieraus resultierenden Beeinträchtigungen hätten stark zugenommen, weshalb sich der GdB auf mindestens 50 belaufe. Bei akuten Schüben könne eine ärztliche Behandlung kaum noch Linderung schaffen. Der Kläger legte den Bericht des Universitätsklinikums H. vom 31.10.2011 vor (Diagnosen: Familiäres Mittelmeerfieber, anamnestisch Omarthrose links).
Das SG hörte den vom Kläger benannten behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ko. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. Ko. teilte in seiner Stellungnahme vom 14.04.2012 unter Vorlage von medizinischen Befundunterlagen den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit und sah das Mittelmeerfieber als unzureichend bewertet an. Nicht berücksichtigt seien ein chronisches Geschwürleiden des Zwölffingerdarms und ein chronisches Schulterleiden. Die GdB-Bewertung müsse deutlich höher ausfallen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Kö. vom 15.06.2012 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2012 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, eine wesentliche Änderung liege nicht vor. Ein höherer GdB als 30 lasse sich nicht begründen. Für die Auswirkungen des familiären Mittelmeerfiebers und die Wirbelsäulenbeschwerden sei ein GdB von jeweils 20 angemessen, die einen Gesamt-GdB von 30 rechtfertigten, der durch die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewertenden Verdauungsstörungen und durch die regelmäßig gut behandelbaren arthrotischen Veränderungen an der linken Schulter nicht erhöht werde.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 13.12.2012 beim SG eingelegte Berufung, die dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, die Annahmen des SG seien nicht haltbar. Allein die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Schulter, der Wirbelsäule und die Verdauungsstörungen rechtfertigten mindestens einen Teil-GdB von 30. Der Teil-GdB von 20 für das schwer behandelbare Mittelmeerfieber sei bei Weitem zu gering bemessen. Es bestehe eine zunehmende Schubfrequenz. Die körperlichen Beeinträchtigungen durch das Mittelmeerfieber hätten an Anzahl, Dauer und Intensität zugenommen. Seit der Antragstellung leide er regelmäßig einmal in der Woche an zwei bis drei Tagen unter unerträglichen Bauchschmerzen. Dennoch versuche er seiner Arbeitstätigkeit nachzugehen. Aufgrund der zunehmenden Schmerzen und der erhöhten Erkrankungsfrequenz habe er im Jahr 2012 wegen äußerst starker Schmerzen dennoch mindestens einmal pro Monat mehr als drei Tage der Arbeit fern bleiben müssen. Der Kläger hat hierzu Zeugen benannt. Ihm sei es immer darauf gekommen, möglichst wenige Fehlzeiten bei der Arbeit entstehen zu lassen. Er gehe auch dann arbeiten, wenn die auf das Mittelmeerfieber zurückgehende extreme Magenschmerzen an sich rechtfertigten, einer beruflichen Tätigkeit nicht nachzugehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. November 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 27. April 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Den zum Mittelmeerfieber vorliegenden ärztlichen Unterlagen lasse sich eine wesentliche Verschlimmerung nicht entnehmen. Auf orthopädischem Fachgebiet sei weiterhin von einem Teil-GdB von 20 auszugehen. Hinsichtlich der Schulter seien dauerhafte erhebliche Bewegungseinschränkungen nicht nachgewiesen. Der bisher bekannte medizinische Sachverhalt sei zutreffend gewürdigt. Das Berufungsvorbringen des Klägers könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Ha. vom 30.06.2013 vorgelegt.
Der Senat hat Dr. Ko. schriftlich als sachverständigen Zeugen zu Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers seit April 2012 angehört. Dr. Ko. hat in seiner Stellungnahme vom 28.04.2013 den weiteren Behandlungsverlauf mitgeteilt. Seit April 2012 sei es zu dreimaligem Auftreten von Bauchschmerzepisoden im Rahmen des Mittelmeerfiebers sowie zu zweimaligen Schmerzattacken von Seiten der Wirbelsäule und des Rückens gekommen. Ansonsten hätten Infektionserkrankungen (grippale Infekte, Gastritis, Bronchitis) bestanden. Neue Aspekte seien hinsichtlich des Mittelmeerfiebers nicht hinzugekommen. Dr. Ko. hat den Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 über eine stationäre Maßnahme vom 26.02.2013 bis 19.03.2013 vorgelegt.
Weiter hat der Senat den Arbeitgeber des Klägers, Firma N. V. GmbH, zu Arbeitsunfähigkeitszeiten sowie gesundheitlichen Beschwerden am Arbeitsplatz schriftlich als Zeugen gehört. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 13.11.2013 geantwortet und eine Zusammenstellung von krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten des Klägers im Zeitraum vom 16.01.1999 bis 13.05.2013 vorgelegt. Außerdem hat der Senat eine Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. vom 13.11.2013 über Vorerkrankungen im Zeitraum vom 26.01.2008 bis 21.05.2013 beigezogen. Die außerdem befragte SBK hat mit Schreiben vom 14.11.2013 mitgeteilt, der Kläger sei seit 01.07.2013 bei ihr versichert. Das Leistungs- und Erkrankungsverzeichnis enthalte seither keine Einträge.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat den Berufungsantrag des Klägers nach seinem erkennbaren Begehren sinngemäß gefasst.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 23.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Neufeststellung eines GdB von über 30 seit dem 27.04.2010.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R -, BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 -, BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger kein GdB von mehr als 30 zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden hat. Im Vergleich zu dem im Bescheid vom 03.12.2007 mit einem GdB von 30 berücksichtigten Gesundheitszustand des Klägers ist eine wesentliche Verschlimmerung, die die Neufeststellung eines höheren GdB rechtfertigt, nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen nicht belegt.
Das familiäre Mittelmeerfieber ist mit einem Teil-GdB von 20 weiterhin angemessen bewertet. Eine relevante Verschlimmerung dieser Erkrankungen, wie der Kläger zur Begründung seines Neufeststellungsbegehrens geltend macht, wird durch die medizinischen Befundunterlagen und die Angaben der schriftlich als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte nicht belegt. Nach den Befundberichten des Universitätsklinikums H. vom 06.04.2009, 22.10.2009 und 30.10.2011 bestehen beim Kläger rezidivierende krampfartige Oberbauchschmerzen über 3 Tage ca. ein- bis zweimal pro Monat. Manchmal treten die Beschwerden häufiger auf, manchmal ist der Kläger aber auch über Monate beschwerdefrei. Weitere Symptome/Begleiterscheinungen dieser Erkrankung beschreibt das Universitätsklinikum H. in seinen Befundberichten nicht. Insbesondere besteht beim Kläger kein Fieber. Eine vom Universitätsklinikum anamnestisch genannte zunehmende Schubfrequenz ist durch die objektiven medizinischen Befunde nicht belegt. Vielmehr traten unter der Medikation Colchicum seit April 2009 weitere Schübe nur in größeren Abständen bei klinisch und serologisch guter Kontrolle des Mittelmeerfiebers / der Entzündungsaktivität auf, wie der Senat den Beschreibungen in den Befundberichten des Universitätsklinikums H. vom 22.10.2009 und 31.10.2011 entnimmt. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die im Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009 sowie im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 beschriebenen objektiv medizinischen Befunde. Weiter hat Dr. Ko. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an den Senat vom 28.04.2013 für den Zeitraum seit April 2012 lediglich das dreimalige Auftreten von Bauchschmerzepisoden im Rahmen des Mittelmeerfiebers bestätigt. Auch sonst lässt sich den Angaben von Dr. Ko. in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG und an den Senat eine wesentliche Verschlimmerung der Mittelmeerfieber-Erkrankung des Klägers nicht entnehmen. Eine Veränderung (seit April 2012) hat Dr. Ko. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 28.04.2013 an den Senat nicht beschrieben. Er hat vielmehr mitgeteilt, neue Aspekte seien nicht hinzugekommen.
Damit ist das Vorbringen des Klägers, insbesondere im Berufungsverfahren, die Schubfrequenz des Mittelmeerfiebers habe sich auf regelmäßig einmal in der Woche an zwei bis drei Tagen erhöht, widerlegt. Dieses Vorbringen deckt sich auch nicht mit den im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 beschriebenen Angaben des Klägers, wonach aktuell ungefähr alle zwei bis drei Wochen akute Phasen des Mittelmeerfieber auftreten würden, meist mit starken Bauchbeschwerden, die dann in den Bereich von Rücken und Halswirbelsäule wanderten. Entsprechendes gilt auch für das Berufungsvorbringen des Klägers, er habe wegen der Auswirkungen des Mittelmeerfiebers einmal pro Monat mehr als drei Tage der Arbeit fern bleiben müssen. Nach der vom Arbeitgeber des Klägers dem Senat vorgelegten Zusammenstellung krankheitsbedingter Abwesenheitszeiten war der Kläger wegen Krankheit im Jahr 2010 lediglich dreimal (21 Tage), im Jahr 2011 viermal (31 Tage), im Jahr 2012 sechsmal (53 Tage) und im Jahr 2013 (bis 13.11.2013) viermal (22 Tage) arbeitsabwesend. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die in der Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. vom 13.11.2013 enthaltenen Angaben, wobei danach Arbeitsunfähigkeitszeiten (auch) wegen der von Dr. Ko. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage genannten Infektionserkrankungen sowie orthopädischer Leiden vorlagen. Eine deutliche Steigerung von Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen des Mittelmeerfiebers lässt sich auch dem Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK R.-O. nicht entnehmen, schon gar nicht in dem vom Kläger geltend gemachten Ausmaß (einmal pro Monat mehr als drei Tage). Nach der Auskunft der SBK vom 14.11.2013 bestanden seit 01.07.2013 (bis 14.11.2013) keine Krankheitszeiten. Zwar hat der Arbeitgeber des Klägers weiter angegeben, der Kläger habe öfters und immer wieder über Magenschmerzen geklagt. Dieser Angabe lässt sich eine wesentliche Verschlimmerung der Beeinträchtigungen durch das Mittelmeerfieber nicht (greifbar) entnehmen. Einer solchen Annahme stehen vielmehr die oben dargestellten objektiven medizinischen Befunde entgegen.
Ein Teil-GdB von 20 für die aufgrund des Mittelmeerfiebers auftretenden Beschwerden des Klägers ist damit zur Überzeugung des Senats weiterhin angemessen. Bei schubartigem Verlauf mit Zeiten von Beschwerdefreiheit, wie dies beim Kläger der Fall ist, ist bei der Bemessung des Teil-GdB von einem Durchschnittswert auszugehen (vgl. VG Teil A 2f), dem mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend Rechnung getragen ist, wie Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 überzeugend ausgeführt hat, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet und dem sich der Senat anschließt. Ein vergleichbarer Zustand, der nach den VG Teil B 10.2.1 und 10.2.2 bei Magen- und Darmstörungen mit einem Teil-GdB von 30 oder höher zu bewerten ist (mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes GdB bis 30; mit erheblichen Komplikationen, z. B. Magenausgangsstenose, und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und Kräftezustandes GdB 40 bis 50; chronische Darmstörungen - irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion - mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen, z. B. Durchfälle, Spasmen, GdB bis 30; mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes GdB 40 bis 50), liegt beim Kläger durch die vom Mittelmeerfieber im Durchschnitt hervorgerufenen Beschwerden zur Überzeugung des Senats nicht vor. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 ist der Appetit des Klägers normal bei konstantem Gewicht. Miktion und Stuhlgang sind unauffällig. Ein reduzierter Ernährungszustand besteht nicht (Gewicht 97 kg bei 180 cm Körpergröße).
Dass beim Kläger hinsichtlich der vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten Wirbelsäulenbeschwerden eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach der Befundbeschreibung im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 wird hinsichtlich der Hals- wie der Rumpfwirbelsäule eine Bewegungslimitierung bei intakter Motorik, Sensibilität und Reflexstatus nicht beschrieben. Dr. Ko. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 28.04.2013 für die Zeit vom April 2012 bis 28.04.2013 lediglich von zweimaligen Schmerzattacken seitens der Wirbelsäule und des Rückens berichtet. Das Vorliegen von Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mit mittelschweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die nach den VG Teil B 18.9 einem Teil-GdB von 30 rechtfertigen, ist beim Kläger damit nicht belegt. Auch sonst lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens des Klägers nicht entnehmen. Die vom Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigten Wirbelsäulenbeschwerden sind eher als wohlwollend einzuschätzen, wie Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 überzeugend ausgeführt hat, dem sich der Senat anschließt.
Entsprechendes gilt für die vom Beklagten berücksichtigten Verdauungsstörungen. Eine deswegen bestehende relevante Behinderung des Klägers ist, wie bereits oben ausgeführt, nicht ersichtlich (der Appetit ist normal bei konstantem Gewicht, Miktion und Stuhlgang sind unauffällig, ein reduzierter Ernährungszustand liegt nicht vor). Ein Teil-GdB von 10 wegen Verdauungsstörungen ist damit weiterhin nicht unangemessen, worauf Dr. Ha. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 30.06.2013 ebenfalls überzeugend hinweist, dem sich der Senat auch insoweit anschließt.
Ein zusätzlich zu berücksichtigendes Schulterleiden liegt beim Kläger nicht vor. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik Bad K. vom 19.03.2013 bestehen intermittierende Beschwerden der rechten Schulter, aktuell ohne wesentliche Problematik. Eine relevante Bewegungseinschränkung lässt sich dem Reha-Entlassungsbericht nicht entnehmen. Vielmehr beschreibt die B.-Klinik eine schmerzlose und freie Beweglichkeit beider Schultergelenke des Klägers bei schmerzfrei gut möglichem Schürzen- und Nackengriff beidseits und regelgerechtem Schulterrelief. Eine nach den VG Teil B 18.13 GdB-relevante Funktionsbehinderung der Schultergelenke des Klägers ist damit nicht belegt.
Auf der Basis dieser festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ist auch der Gesamt-GdB weiterhin mit 30 zu bewerten. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten.
Hiervon ausgehend ist unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 30 weiterhin ausreichend bemessen, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat, worauf Bezug genommen werden kann. Im Übrigen besteht nach dem im Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik vom 19.03.2013 beschriebenen Angaben des Klägers (Bauchbeschwerden, die dann in den Bereich von Rücken und Halswirbelsäule wandern) sowie den im Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums R. gGmbH vom 11.03.2009 beschriebenen Angaben (abdominelle Beschwerden mit Ausstrahlung in den Rücken) eine Überschneidung mit der Mittelmeerfieber-Erkrankung und der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die vom SG und im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen geklärt. Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich. Die in der Berufungsschrift vom 08.01.2013 vom Kläger unter Beweis gestellten Angaben haben sich durch die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigt, wie oben ausgeführt wurde. Der Senat sieht deshalb auch keinen Anlass, die vom Kläger im Schriftsatz vom 08.01.2013 benannten Familienangehörigen zusätzlich als Zeugen zu vernehmen. Der Kläger hat im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens seinen Antrag auf Vernehmung dieser Zeugen auch nicht weiter verfolgt.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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