L 13 AL 228/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 4142/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 228/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Kosten des Gerichts in Höhe von 225,- EUR auferlegt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Gewährung eines Eingliederungszuschusses an die Firma R., Augsburg (kurz R.).

Der 1950 geborene Kläger teilte der Beklagten am 9. September 2010 telefonisch mit, dass er vielleicht ab 1. Oktober 2010 einen Arbeitsplatz habe. Ebenfalls am 9. September 2010 erkundigte sich die Firma R. nach der Möglichkeit, einen Eingliederungszuschuss für den Kläger zu erhalten. Am 10. September 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Förderung durch einen Eingliederungszuschuss nicht erfolgen könne. Dieselbe Auskunft wurde der R. am 13. September 2010 telefonisch erteilt.

Am 23. September 2010 ging bei der Beklagten der förmliche Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses für den Kläger von der Firma R. ein. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2010 -nur an die Firma R. gerichtet- ab. Am 11. Oktober 2010 erhob die Firma R. Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid, ebenfalls gerichtet nur an die Firma R., vom 27. Oktober 2010 zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhob die Firma R. am 1. Dezember 2010 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 4 AL 521/10). Am 29. September 2011 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Augsburg über das Vermögen der R. das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Mai 2012 wurde das Verfahren beim SG Augsburg aktenmäßig als erledigt ausgetragen, nachdem es mehr als sechs Monate unterbrochen war.

Am 1. Dezember 2010 hat auch der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und sich gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 gewandt. Sollte Augsburg zuständig sein, beantrage er die Verweisung. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. September 2012 hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den von der Firma R. beantragten Eingliederungszuschuss zu gewähren. Mit Urteil vom 25. September 2012 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht in eigenen Rechten verletzt. Der Adressat des Eingliederungszuschusses sei allein der Arbeitgeber. Dem Kläger stehe kein eigenes Antragsrecht zu, er sei auch nicht klagebefugt (Hinweis auf Eicher/Schlegel, SGB III, § 421 f Rdnr. 64). Die mittelbare Betroffenheit des Klägers reiche für die Annahme eines eigenen Anfechtungsrechtes nicht aus.

Gegen das dem Kläger am 4. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat er am 17. Dezember 2012 Berufung eingelegt und in der Folge nicht weiter begründet. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 12. Februar 2014 hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass es europarechtswidrig sei bzw. gegen die Menschenrechtskonvention verstoße oder was auch immer, wenn er den Eingliederungszuschuss gerichtlich nicht geltend machen könne. Im Termin ist der Kläger durch den Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich erscheint und der Senat darüber zu entscheiden haben werde, ob ihm Kosten des Gerichts auferlegt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 25. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 zu verurteilen, der Firma R. Eingliederungszuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 14. Februar 2014 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt bis 28. Februar 2014 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 hat der Kläger mitgeteilt, die Rechtslage verstoße mindestens gegen Art. 1 Grundgesetz. Es könne nicht sein, dass die Beklagte über seinen Kopf hinweg eine Entscheidung treffe und ihn dabei rechtlos stelle. Das Verfahren solle dem Bundessverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Auch vertrete er die Auffassung, dass gegen Europarecht verstoßen werde. Das Anrufen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte behalte er sich vor. Er beantragte Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 3. März 2014 wurden dem Kläger mitgeteilt, dass es bei der gerichtlichen Verfügung vom 14. Februar 2014 verbleibe. Eine Entscheidung ergehe nicht vor dem 12. März 2014. Am 7. März 2014 hat der Kläger Richter am Landessozialgericht Groß abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch wurde durch Beschluss des Senats vom 3. April 2014 zurückgewiesen, weil Gründe für das Ablehnungsgesuch trotz Fristverlängerung nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtzüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, zumal der Kläger im Termin am 12. Februar 2014 mündlich gehört worden ist. Die Beteiligten sind zu dieser Absicht gehört worden. Die Beteiligten waren auch nicht erneut zur Absicht des Senats zu hören, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Denn eine solche erneute Anhörung ist nur erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert (BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010, B 13 R 63/10 B, veröffentlicht in Juris). Eine solche wesentliche Änderung der Prozesssituation nach der Anhörungsmitteilung vom 14. Februar 2014 ist nicht erfolgt. Insbesondere stellt weder das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 7. März 2014 noch der Beschluss des Senats vom 3. April 2014 über das Ablehnungsgesuch des Kläger gegen Richter am Landessozialgericht Groß eine entscheidungserhebliche Änderung der Prozesssituation dar. Der abgelehnte Richter am Landessozialgericht Groß war vor dem Ablehnungsgesuch Berichterstatter und ist es auch weiterhin. Der Senat konnte entscheiden, da der Kläger bezüglich einer Stellungnahme zur Anhörungsmitteilung vom 14. Februar 2014 eine Fristverlängerung nicht beantragt, sondern eine solche Stellungnahme mit Schreiben vom 27. Februar 2014 bereits abgegeben hat. Hierauf hat der -noch nicht als befangen abgelehnte- Berichterstatter mitgeteilt, dass es bei der Verfügung vom 14. Februar 2014 verbleibe und eine Entscheidung nicht vor dem 12. März 2014 ergehe. Eine Fristverlängerung hat der Kläger nur bezüglich der Begründung des Ablehnungsgesuches beantragt, was ihm auch bis 31. März 2014 gewährt worden ist.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung ist unbegründet, da die Klage unzulässig ist. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den angefochtenen Bescheid nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann, zumal sich der Bescheid auch nicht an ihn richtet.

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses an die Fa. R ... Gem. § 421f SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden, hier einschlägigen Fassung können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern unter gewissen Voraussetzungen Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten. Der Eingliederungszuschuss ist eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung an den Arbeitgeber; dieser muss ihn auch beantragen (§ 323 Abs. 1 SGB III). Anspruchsinhaber ist der Arbeitgeber (vgl. nur Gagel, §421f SGB III Rdnr. 27; Eicher/Schlegel, § 421f SGB III Rdnr. 64; Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, 5. Auflage, § 88 SGB III Rdnr. 108 zur Nachfolgeregelung), der klageberechtigt ist (Eicher/Schlegel, a.a.O., Rdnr. 65). Der Kläger ist nicht Arbeitgeber, sondern will als förderungsfähige Person als Arbeitnehmer beschäftigt werden. Er ist damit nicht klagebefugt (Eicher/Schlegel, a.a.O., Rdnr. 64); er ist noch nicht einmal im Prozess des Arbeitgebers (hier beim SG Augsburg, S 4 AL 521/10) notwendig beizuladen (Eicher/Schlegel, a.a.O., Rdnr. 64). Da der Kläger hier ein fremdes Recht geltend macht, hat er die Prozessführungsbefugnis allenfalls dann, wenn er vom Anspruchsinhaber hierzu ermächtigt wäre (gewillkürte Prozessstandschaft; vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 54 Rdnr. 11, Vor § 51 Rdnr. 15; Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 54 Rdnr. 87 f.), was vom Kläger noch nicht einmal behauptet wird. Angesichts dessen, dass die Fa. R. auch tatsächlich selbst eine Klage erhoben hat, ist eine solche Ermächtigung abwegig. Da der Kläger jedenfalls keinen Widerspruchsbescheid über den Streitgegenstand (zum Widerspruchsbescheid vom 20. September 2010 s. Verfahren L 13 AL 229/13) erhalten hat - die mündliche Mitteilung am 10. September 2012 könnte allerdings einen Bescheid darstellen-, könnte er zulässigerweise auch nicht die zutreffende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Eicher/Schlegel, a.a.O., Rdnr. 65) erheben (vgl. § 78 SGG), um die Gewährung des Eingliederungszuschusses an sich verlangen zu können.

Der Senat weist noch darauf hin, dass das SG hat auch von einer Verweisung an das SG Augsburg zutreffend abgesehen hat, da seine örtliche Zuständigkeit gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG gegeben war.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 192, 193 SGG. Gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die Rechtsverfolgung erscheint dem Senat missbräuchlich. Dem Kläger steht es nicht zu, sich gegen den an die Firma R. gerichteten Ablehnungsbescheid in einem eigenen Klageverfahren zu richten, um Leistung an diese zu erwirken. Denn der Eingliederungszuschuss steht als Arbeitgeberleistung rechtssystematisch nicht dem Kläger zu, so dass auch dem Kläger einsichtig sein muss, dass er eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung eines Eingliederungszuschusses nicht erwirken kann. In Anbetracht dessen, dass der Arbeitgeber eine eigene Klage erhoben hat, über das Vermögen der R. das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, der Kläger bislang eine Tätigkeit für die R. auch nicht aufgenommen hat, erscheint dem Senat die Aufrechterhaltung der Klage in keinster Weise nachvollziehbar. Auch ist nicht ersichtlich, weshalb Art. 1 Grundgesetz tangiert sein soll, die Ausgestaltung des Eingliederungszuschusses als Arbeitgeberleistung gegen Europarecht oder gegen ein Menschenrecht verletzten sollte. Einen konkreten Vortrag hat der Kläger auch diesbezüglich nicht vorgebracht. Da der Kläger angegeben hat, Richter gewesen zu sein, also Jurist ist, ist auch davon auszugehen, dass er die Grundprinzipien des Prozessrechts kennt und wider besseren Wissens auf einer Entscheidung des Senates beharrt. Dass der Kläger keine Verurteilung der Beklagten verlangen kann, sollte sich dem Kläger bereits daraus ergeben, dass eine anderweitige Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstandes beim SG Augsburg besteht. Der Kläger ist vom Berichterstatter (§ 155 Abs. 4 SGG) sowohl über die Missbräuchlichkeit als auch über die Kostentragung belehrt worden. Der Senat hat dem Kläger die Kosten des Mindestbetrages nach § 184 Abs. 2 SGG auferlegt.

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat im Rahmen seines hier auszuübenden Ermessens, dass der Kläger mit seiner Rechtsverfolgung keinen Erfolg hatte und die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, §197a Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12 veröffentlicht in Juris; a. A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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