L 13 AL 229/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 3571/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 229/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Kosten des Gerichts in Höhe von 225,- EUR auferlegt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen ein Schreiben der Beklagten vom 13. September 2010 und begehrt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses.

Der 1950 geborene Kläger teilte der Beklagten am 9. September 2010 telefonisch mit, dass er vielleicht ab 1. Oktober 2010 einen Arbeitsplatz habe. Ebenfalls am 9. September 2010 erkundigte sich die Firma R., A. (kurz R.). nach der Möglichkeit, einen Eingliederungszuschuss für den Kläger zu erhalten. Am 10. September 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Förderung durch einen Eingliederungszuschuss nicht erfolgen könne. Dieselbe Auskunft wurde der R. am 13. September 2010 telefonisch erteilt. Mit Schreiben vom 13. September 2010 bat der Kläger um eine rechtsmittelfähige Entscheidung. Mit dem Schreiben vom 13. September 2010 teilte der Arbeitsvermittler der Beklagten dem Kläger hierauf mit, dass er für Arbeitgeberleistungen nicht zuständig sei. Der Eingliederungszuschuss könne nur vom Arbeitgeber beantragt werden und nur dieser könne Widerspruch erheben. Der Firma R. werde in den nächsten Tagen ein Bescheid zugehen. Am 16. September 2010 erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2010 verwarf, da der Kläger weder antrags- noch widerspruchsbefugt sei.

Am 29. bzw. 30. September 2010 hat der Kläger Rechtsmittel gegen den Widerspruchsbescheid erhoben und mit Schreiben vom 11. Oktober 2010 klargestellt, dass dies als Klage zu werten sei.

Die Beklagte hat die Schreiben des Klägers dem Sozialgericht Ulm (SG) am 14. Oktober 2010 als Klage vorgelegt. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. September 2012 abgewiesen. Das Schreiben sei kein Verwaltungsakt, weshalb die Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. Sehe man in dem Schreiben eine Ablehnung, stünde dem Kläger eine Klagebefugnis nicht zu (Hinweis auf Eicher/Schlegel, SGB III § 421f SGB III Rdnr. 64).

Bereits am 23. September 2010 ging bei der Beklagten der förmliche Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses für den Kläger von der Firma R. ein. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2010 an die Firma R. gerichtet ab. Am 11. Oktober 2010 erhob die Firma R. Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid, gerichtet an die Firma R., vom 27. Oktober 2010 zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhob die Firma R. am 1. Dezember 2010 Klage zum Sozialgericht A. (S 4 AL 521/10). Am 29. September 2011 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts A. über das Vermögen der R. das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Mai 2012 wurde das Verfahren beim SG A. als erledigt ausgetragen, nachdem es mehr als sechs Monate unterbrochen war.

Gegen das dem Kläger am 4. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat er am 17. Dezember 2012 Berufung eingelegt und in der Folge nicht weiter begründet. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 12. Februar 2014 hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass es Europarechtswidrig sei bzw. gegen die Menschenrechtskonvention verstoße oder was auch immer, wenn er den Eingliederungszuschuss gerichtlich nicht geltend machen könne. Im Termin ist der Kläger durch den Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich erscheint und der Senat darüber zu entscheiden haben werde, ob ihm Kosten des Gerichts auferlegt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 25. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2010 zu verurteilen, ihm Eingliederungszuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 14. Februar 2014 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, nach § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt bis 28. Februar 2014 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 hat der Kläger mitgeteilt, die Rechtslage verstoße mindestens gegen Art. 1 Grundgesetz. Es könne nicht sein, dass die Beklagte über seinen Kopf hinweg eine Entscheidung treffe und ihn dabei rechtlos stelle. Das Verfahren solle dem Bundessverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Auch vertrete er die Auffassung, dass gegen Europarecht verstoßen werde. Das Anrufen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte behalte er sich vor. Er beantragte Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 3. März 2014 wurden dem Kläger mitgeteilt, dass es bei der gerichtlichen Verfügung vom 14. Februar 2014 verbleibe. Eine Entscheidung ergehe nicht vor dem 12. März 2014. Am 7. März 2014 hat der Kläger Richter am Landessozialgericht Groß abgelehnt. Dieses Ablehnungsgesuch wurde durch Beschluss des Senats vom 3. April 2014 zurückgewiesen, weil Gründe für das Ablehnungsgesuch trotz Fristverlängerung nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtzüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, zumal der Kläger im Termin am 12. Februar 2014 mündlich gehört worden ist. Die Beteiligten sind zu dieser Absicht gehört worden. Die Beteiligten waren auch nicht erneut zur Absicht des Senats zu hören, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Denn eine solche erneute Anhörung ist nur erforderlich, wenn sich nach der ersten Anhörungsmitteilung die Prozesssituation entscheidungserheblich ändert (BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010, B 13 R 63/10 B, veröffentlicht in juris). Eine solche wesentliche Änderung der Prozesssituation nach der Anhörungsmitteilung vom 14. Februar 2014 ist nicht erfolgt. Insbesondere stellt weder das Ablehnungsgesuch noch der Beschluss des Senats vom 3. April 2014 über das Ablehnungsgesuch des Kläger gegen Richter am Landessozialgericht Groß eine entscheidungserhebliche Änderung der Prozesssituation dar. Der abgelehnte Richter am Landessozialgericht Groß war vor dem Ablehnungsgesuch Berichterstatter und ist es auch weiterhin. Der Senat konnte entscheiden, da der Kläger bezüglich einer Stellungnahme zur Anhörungsmitteilung vom 14. Februar 2014 eine Fristverlängerung nicht beantragt, sondern eine solche Stellungnahme mit Schreiben vom 27. Februar 2014 bereits abgegeben hat. Hierauf hat der -noch nicht als befangen abgelehnte- Berichterstatter mitgeteilt, dass es bei der Verfügung vom 14. Februar 2014 verbleibe und eine Entscheidung nicht vor dem 12. März 2014 ergehe. Eine Fristverlängerung hat der Kläger nur bezüglich der Begründung des Ablehnungsgesuches beantragt, was ihm auch bis 31. März 2014 gewährt worden ist.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung ist unbegründet, da die Klage unzulässig ist. Der Kläger begehrt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses. Gem. § 421f SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden, hier einschlägigen Fassung können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmern unter gewissen Voraussetzungen Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten erhalten. Die Klage ist in Form der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Eicher/Schlegel, § 421f Rdnr. 65) gegen einen Verwaltungsakt zu erheben. Das mit Klage angefochtene Schreiben der Beklagten vom 13. September 2010 stellt kein Verwaltungsakt dar, was sich aus dem Inhalt des Schreibens ergibt, nachdem der Unterzeichner nicht zuständig und der Kläger nicht antragsbefugt sei und die Firma R. einen Bescheid erhalten werde.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 192, 193 SGG. Gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die Rechtsverfolgung erscheint dem Senat auch missbräuchlich. Denn der Eingliederungszuschuss steht als Arbeitgeberleistung rechtssystematisch nicht dem Kläger zu, so dass auch dem Kläger einsichtig sein muss, dass er eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung eines Eingliederungszuschusses nicht erwirken kann. In Anbetracht dessen, dass der Arbeitgeber eine eigene Klage erhoben hat, über das Vermögen der R. das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, der Kläger bislang für die R. eine Tätigkeit nicht aufgenommen hat, erscheint dem Senat die Aufrechterhaltung der Klage in keinster Weise nachvollziehbar. Auch ist nicht ersichtlich, weshalb Art. 1 Grundgesetz tangiert sein soll, die Ausgestaltung des Eingliederungszuschusses als Arbeitgeberleistung gegen Europarecht oder ein Menschenrecht verletzten sollte. Einen konkreten Vortrag hat der Kläger auch diesbezüglich nicht vorgebracht. Da der Kläger angegeben hat, Richter gewesen zu sein, also Jurist ist, ist auch davon auszugehen, dass er die Grundprinzipien des Prozessrechts kennt und wider besseren Wissens auf einer Entscheidung des Senates beharrt. Der Kläger ist vom Berichterstatter (§ 155 Abs. 4 SGG) sowohl über die Missbräuchlichkeit als auch über die Kostentragung belehrt worden. Der Senat hat dem Kläger die Kosten des Mindestbetrages nach § 184 Abs. 2 SGG auferlegt.

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat im Rahmen seines hier auszuübenden Ermessens, dass der Kläger mit seiner Rechtsverfolgung keinen Erfolg hatte und die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, §197a Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12 veröffentlicht in juris; andere Auffassung Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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