L 1 SV 3176/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SV 2930/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SV 3176/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der im Jahre 1973 geborene Kläger, polnischer Staatsangehörigkeit, verlangt von der Beklagten die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, Arbeitslohn und Leistungszuschlägen sowie ein Arbeitszeugnis nebst Arbeitsverträgen.

Er war in den Jahren 2008 und 2009 als Erntehelfer tätig.

Mit Schreiben vom 30.11.2011 hat der Kläger die Beklagte zur Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Januar, Mai, August und November 2008 sowie für die Monate Januar, Mai, August und November 2009 aufgefordert.

Am 04.09.2012 hat der Kläger Klage wegen Bezahlung von Sozialleistungen beim Amtsgericht Ravensburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe in den Monaten Januar, Mai, August bis November 2008 und Januar, Mai, August bis November 2009 zu Gunsten des Beklagten gearbeitet, konkret habe er Äpfel gepflückt. Er sei durch die Beklagte nicht sozialversichert worden.

Diese Klage hat das Amtsgericht Ravensburg mit Beschluss vom 05.10.2012 an das Sozialgericht Konstanz verwiesen. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger unter Vorlage von Stundenaufstellungen die Zahlung von nicht erhaltenem Lohn, Leistungszuschlägen, Erschwerniszuschlägen, Entschädigungen für nicht erhaltene Reinigungsmittel und Arbeitskleidung sowie Höhenzulagen gefordert. Außerdem hat er mitgeteilt, er benötige ein Arbeitszeugnis.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, Sozialversicherungsbeiträge für die Zeiten der Beschäftigung des Klägers im Januar, Mai und August bis November 2008 sowie Januar, Mai und August bis November 2009 abzuführen und ihm für die geleisteten Arbeitszeiten mehr Lohn sowie Leistungszuschläge für Hitze und Kälte nebst Höhenzulagen sowie Entschädigung für nicht erhaltene Reinigungsmittel und Arbeitskleidung zu bezahlen und ihm ein Arbeitszeugnis zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger sei lediglich in der Zeit vom 21. August bis 18. Oktober 2008 sowie vom 18. Mai bis zum 4. Juni 2009 und vom 21. September bis zum 24. Oktober 2009 als Erntehelfer beschäftigt gewesen. Es habe sich um kurzfristige Beschäftigungen gehandelt und für den Kläger seien als kurzfristig Beschäftigtem keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Der Kläger sei bei der Bundesknappschaft angemeldet gewesen. Die Lohnsteuer sei pauschal gezahlt worden. Der Kläger sei auch nicht bei der Beklagten beschäftigt gewesen, sondern bei Herrn R. V ... Dieser habe ihn als geringfügig Beschäftigten für seinen landwirtschaftlichen Betrieb eingestellt. Im Übrigen fielen die arbeitsrechtlichen Forderungen, die der Kläger erhebe, nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichte. Einer Klageerweiterung in Bezug auf diese arbeitsrechtlichen Forderungen werde nicht zugestimmt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.06.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für eine unmittelbare Klage gegen den Arbeitgeber auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an den Rentenversicherungsträger. Jede Rechtsverfolgung setze ein Rechtschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) voraus. Dieses sei zu verneinen, wenn der Kläger sein Klageziel auf andere Weise schneller, besser und ohne zusätzliche Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erreichen könne. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, denn dem Kläger stehe als Alternative zu der Klage das Einzugstellenverfahren zur Verfügung. Das Bundessozialgericht habe mehrfach entschieden, das Leistungsklagen auf Abführung von Versicherungsbeiträgen oder Feststellungsklage auf Bestehen der Versicherungspflicht gegenüber dem Schuldner des Arbeitsentgelts oder von Entgeltersatzleistungen unzulässig seien. Es bestehe daher kein Bedürfnis eine Klage unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zuzulassen. Die Klageerweiterung um die arbeitsrechtlichen Ansprüche sei unzulässig. Gemäß § 99 Abs. 1 SGG sei eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich halten. Für die nachträgliche Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche stehe der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zur Verfügung. Deshalb sei eine Klagänderung wie sie vom Kläger vorgenommen worden sei nicht zweckmäßig oder sachdienlich und der Beklagte habe der Klagänderung auch nicht zugestimmt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 02.08.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er sei als Pole von dem Arbeitgeber diskriminiert worden. Er habe Anspruch auf mehr Lohn und er habe im Durchschnitt neun Stunden gearbeitet. Er habe zehn Monate lang für Herrn V. in Berg gearbeitet. Er benötige alle Zuschläge und die versprochenen Leistungen. Deshalb bitte er um Überweisung des zusätzlichen Lohns auf sein Konto und um die Überlassung des Arbeitsvertrages.

Der Kläger beantragt sinngemäß gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Sozialversicherungsbeiträge für die Zeiten der Beschäftigung im Januar, Mai, August bis September 2008 sowie Januar, Mai und August bis November 2009 abzuführen, ihm für die geleisteten Arbeitszeiten höheren Lohn einschließlich Leistungszuschlägen für Hitze und Kälte, Arbeitskleidung, Reinigungsmittel, Überstunden zu bezahlen und ihm Arbeitszeugnisse zu erteilen und den Arbeitsvertrag zu überlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz sowie auf die erstinstanzliche Entscheidung. Im Übrigen habe zwischen den Beteiligten lediglich ein mündlicher Arbeitsvertrag bestanden. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe es nicht gegeben. Für die vom Kläger begehrten arbeitsrechtlichen Leistungen sei der Sozialrechtsweg nicht eröffnet.

Dem Senat liegen die Akten der ersten Instanz vor. Auf den Inhalt dieser Akten sowie auf die zwischen den Beteiligten im Berufungsverfahren wechselnden Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin nicht erschienen war, denn er wurde in der Ladung darauf hingewiesen, dass bei seinem Nicht-Erscheinen auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 S. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage des Klägers auf die Sozialversicherungsbeiträge für die im Antrag genannten Zeiten zu Recht mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt. Der Senat nimmt zur weiteren Begründung Bezug auf die Ausführungen der ersten Instanz, denen er sich nach eigener Prüfung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Lediglich ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass auch nach Auffassung des Senats das Verfahren mittels der Einzugsstelle das schnellere und geeignete Verfahren zur Klärung der Sozialversicherungspflicht des Klägers ist. Der Kläger war durch den Geschäftsführer der Beklagten bei der Bundesknappschaft ordnungsgemäß angemeldet worden. Der Kläger hat auch die entsprechenden Fragebögen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit polnischer Saisonarbeiter ausgefüllt und sich seine Eigenschaft als Student von der Hochschule bestätigen lassen. Der Kläger wusste um die einzelnen Umstände seines Arbeitsverhältnisses und er kann sich an die damals zuständige Bundesknappschaft, heute die Minijob Zentrale (Knappschaft-Bahn-See) wenden und dort sein Begehren vorbringen. Es erfolgt dann eine Überprüfung seiner Sozialversicherungspflicht und im Verwaltungsverfahren kann im Einzelnen festgestellt werden wann und wie lange der Kläger tatsächlich gearbeitet hat und ob er zu Recht als geringfügig Beschäftigter eingestuft worden ist. Insoweit fehlt es auch an dem erforderlichen Verwaltungsverfahren, was zu einer Klärung der Sozialversicherungspflicht führen kann.

Zu Recht hat das Sozialgericht Konstanz auch die Klageerweiterung gemäß § 99 SGG nicht für zulässig erachtet. Der Kläger macht mit seiner Klageerweiterung ausschließlich arbeitsrechtliche Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend, für die die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben ist. Es steht dem Kläger frei, die von ihm behaupteten arbeitsrechtlichen Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend zu machen. Ergänzend sei der Kläger noch darauf hingewiesen, dass ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen er nicht bei der Beklagten, sondern direkt bei Herrn R. V. beschäftigt war. Insoweit fehlt es an der Passivlegitimation des Beklagten. Sämtliche Ansprüche des Klägers können nicht gegen die GmbH geltend gemacht werden, die eine selbstständige juristische Person ist, sondern nur gegen den Geschäftsführer der Beklagten als Arbeitgeber des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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