Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3570/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 798/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 insoweit aufgehoben, als dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von 150 Euro auferlegt wurden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die höhere Bewertung des Zeitraums einer beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 bei der Berechnung der Altersrente des am 27.02.1946 geborenen Klägers.
Im Versicherungskonto des Klägers sind der Zeitraum 21.04.1960 bis 31.03.1963 als Pflichtbeitragszeit aufgrund beruflicher Ausbildung sowie der Zeitraum 02.10.1972 bis 03.07.1974 als Zeit einer Fachschulausbildung gespeichert. Gleichzeitig ist der Zeitraum 02.10.1972 bis 23.04.1974 sowie 13.05.1974 bis 03.07.1974 als Zeit der Arbeitslosigkeit sowie vom 24.04.1974 bis 12.05.1974 als Krankheitszeit gespeichert. Der Fachschulbesuch wurde von der (damaligen) Bundesanstalt für Arbeit (BA) durch Zahlung von Unterhaltsgeld gefördert.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.12.2007 ab 01.12.2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Zugangsfaktor von 1,0, insgesamt zugrunde gelegten 64,9554 persönlichen EPn (EP) und einem monatlichen Zahlbetrag von 1824,98 Euro. Hierbei bewertete sie die 22 Monate beitragsfreie Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 als Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit bzw. wegen Krankheit mit 80 v. H. des - 0,1248 EP je Kalendermonat betragenden - Gesamtleistungswerts. Hinsichtlich der insgesamt 36 Monate an Pflichtbeitragszeiten einer beruflichen Ausbildung (April 1960 bis März 1963) berücksichtigte sie nur für die 14 Monate des Zeitraums April 1960 bis Mai 1961 einen Zuschlag auf die bereits durch Pflichtbeiträge erworbenen EP bis zur Höhe des auf maximal 0,0625 EP je Kalendermonat begrenzten Gesamtleistungswerts (insgesamt 0,8750 EP), abzüglich der bereits für die entrichteten Beiträge ermittelten EP (0,1463). Für die restlichen 22 Monate berücksichtigte sie lediglich 0,0169 EP pro Monat (insgesamt 0,3718 Punkte) abzüglich der bereits für die entrichteten Beiträge ermittelten EP (0,2982).
In seinem gegen die Rentenberechnung eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die gesamte Zeit der beruflichen Ausbildung (Lehre zum Industriekaufmann) mit 0,0625 EP je Monat zu berücksichtigen sei und nicht nur der Zeitraum vom 21.04.1960 bis 31.05.1961.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund des Beginns der Altersrente am 01.12.2007 seien nach der Tabelle zu § 263 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nur noch 14 Monate der Berufsausbildung des Klägers mit 0,0625 EP zu bewerten. Für die restlichen 22 Monate könnten nur noch 0,0169 EP im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Auf dem Widerspruchsbescheid ist ein Stempel mit dem Text "abgesandt ZWSt" über dem Datumsstempel 26.09.2008 angebracht.
Mit der am 30.10.2008 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung ausgeführt, dass die Bestimmung des § 263 Abs. 3 SGB VI nicht einschlägig sei, da diese eine Regelung nur für Anrechnungszeiten wegen einer Schul- und Hochschulausbildung treffe, der Kläger jedoch im streitigen Zeitraum eine berufliche Ausbildung absolviert habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2010 hat das SG erstmalig darauf hingewiesen, dass die Klage wegen Verfristung unzulässig und die Entscheidung der Beklagten zudem rechtmäßig sei, da sie auf der Grundlage von §§ 74, 263 Abs. 6, Abs. 3 SGB VI ergangen sei. Die Rechtsverfolgung des Klägers sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen, es könnten dem Kläger mindestens 150 EUR Missbrauchskosten auferlegt werden. Mit Urteil vom 14.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen, die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger 25 % der außergerichtlichen Kosten zu erstatten und gegen den Kläger Missbrauchskosten in Höhe von 150 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, da die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gewahrt sei. Der Widerspruchsbescheid gelte nach § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Die Klagefrist sei hiernach am 29.10.2008 abgelaufen, so dass die Klageerhebung am 30.10.2008 verspätet sei. Die Klage sei auch unbegründet. Nach § 74 SGB VI könnten maximal 36 Monate Ausbildungszeiten mit 0,0625 EP pro Monat bewertet werden, wobei Zeiten einer Fachschulausbildung vorrangig zu berücksichtigen seien. Da die Beklagte bereits 22 Monate Fachschulausbildung berücksichtigt habe, seien von den 36 Monaten der beruflichen Ausbildung der Klägers 22 Monate im Rahmen der Vorschrift des § 263 Abs. 6 SGB VI abzuschmelzen. Der Beklagten seien 25 % der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da sie den Widerspruchsbescheid nicht auf § 263 Abs. 6 SGB VI, sondern nur auf § 263 Abs. 3 SGB VI gestützt und somit Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. Dem Kläger seien Missbrauchskosten aufzuerlegen, da er die Klage trotz Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage und die Vorschrift des § 263 Abs. 6 SGB VI ohne Begründung fortgesetzt habe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 02.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.02.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Klage nicht unzulässig gewesen sei, da der Widerspruchsbescheid erst am 29.09.2008 in den Postlauf gegeben worden sei. Zum Beweis hat er den Briefumschlag vorgelegt, der am 29.09.2008 bei der Beklagten frankiert worden ist. § 263 Abs. 6 SGB VI sei nicht einschägig, da die Fachschulausbildungszeit vom 02.10.1972 bis 03.07.1974 nicht als solche im Versicherungsverlauf berücksichtigt sei. Diese sei von der gleichzeitigen AFG-Leistungszeit (Unterhaltsgeld) verdrängt worden. Vor diesem Hintergrund sei auch die Auferlegung von Missbrauchskosten ungerechtfertigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 - einschließlich der Festsetzung der Missbrauchsgebühr - aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von 0,0625 Entgeltpunkten pro Monat für die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für die Berücksichtigung der Zeiten der Berufsausbildung gebe es eine Grenze von insgesamt 36 Monaten, bei der Zeiten der Fachschulausbildung vorrangig seien. Dass die Zeiten der Fachschulausbildung beim Kläger nur indirekt berücksichtigt worden seien, da gleichzeitig eine Zeit der Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit vorliege, sei unerheblich. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die Senatsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist aber nur in Bezug auf die Auferlegung von Verschuldenskosten durch das SG begründet. In der Sache ist die Berufung unbegründet. Die Klagefrist ist gewahrt. Nach § 87 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 SGG ist in den Fällen, in denen wie hier ein Vorverfahren stattgefunden hat, die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Beklagte hat dem Kläger den Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 nicht zugestellt, sondern diesen mit einfachem Brief durch die Post versandt. Gemäß § 37 Abs. 2 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der - wie im vorliegenden Fall - durch die Post im Inland übermittelt wird, mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Vorliegend enthält der Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 einen Abgangsvermerk, der grundsätzlich auf eine Absendung des Bescheides noch am selben Tag schließen lässt, so dass der Bescheid nach § 37 Abs. 2 SGB X als am 29.09.2008 bekanntgegeben anzusehen wäre. Allerdings hat der Kläger den Zugang des Widerspruchsbescheides am 29.09.2008 substantiiert bestritten. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X greift die Zugangsvermutung nicht, wenn der Verwaltungsakt gar nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; hierbei hat die Behörde im Zweifel den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zuganges nachzuweisen. Hinsichtlich der Behauptung eines späteren Zugangs ist zu fordern, dass der Adressat substantiiert Umstände vorbringt, die ein tatsächliches Abweichen von der gesetzlichen Zugangsvermutung möglich erscheinen lassen (Engelmann in von Wulfen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage, § 37 Rn. 13 m.w.N). Ein solches substantiiertes Bestreiten liegt hier vor. Der Kläger hat behauptet, den Widerspruchsbescheid erst am 30.09.2008 erhalten zu haben und hat einen Briefumschlag vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der Brief bei der Beklagten erst am Montag den 29.09.2008 frankiert und damit abgesandt worden ist, so dass er vor dem 30.09.2008 dem Kläger nicht zugehen konnte. Damit ist mit der Klagehebung am 30.10.2008 die einmonatige Klagefrist des § 87 SGG gewahrt. Die auch ansonsten zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente und die Zuerkennung weiterer EP für die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 hat.
Streitig ist die Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten der beruflichen Ausbildung von Juni 1961 bis März 1963. Der Kläger begehrt dafür die Berücksichtigung von 0,0625 EP – wie im Zeitraum von April 1960 bis Mai 1961 – anstelle von 0,0169 EP pro Monat. Für die von ihm angestrebte Höherbewertung seiner beruflichen Ausbildungszeit gibt es jedoch keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend §§ 74 Abs. 1 Satz 3, 263 Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes (RVNG) vom 21.07.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der beruflichen Ausbildung von Juni 1961 bis März 1963 bei einem Rentenbeginn am 01.12.2007 mit 0,0169 EP pro Kalendermonat bewertet.
Auf den Rentenanspruch des Klägers (Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.12.2007) finden die Vorschriften des zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns geltenden SGB VI Anwendung (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 300 SGB VI Rn. 2).
Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP, unter anderem auch für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten. Die persönlichen EP werden nach §§ 66 ff. SGB VI ermittelt. Dabei werden nach § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI für Beitragszeiten EP ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt (Anlage 1 zum SGB VI) für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. § 71 SGB VI enthält Regelungen zur Feststellung von EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten, die mittels einer Gesamtleistungsbewertung ermittelt werden. Die im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen des § 71 SGB VI lauteten wie folgt: (1) Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen. (2) Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der EP um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. Diese zusätzlichen EP werden den jeweiligen Kalendermonaten mit beitragsgeminderten Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet. (3) Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat 1. an Berücksichtigungszeit die EP zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären, 2. mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 EP zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt. Bei der Anwendung von Satz 1 Nr. 2 gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Eine Zuordnung an EPn für Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten unterbleibt in dem Umfang, in dem bereits nach § 70 Abs. 3a EP zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben worden sind. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für Kalendermonate mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, für die bereits EP nach Satz 1 Nr. 1 zugeordnet werden. (4) Soweit beitragsfreie Zeiten mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Versorgung aus einem 1. öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder 2. Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls als ruhegehaltfähig anerkannt werden, bleiben sie bei der Gesamtleistungsbewertung unberücksichtigt.
Gemäß § 74 Satz 1 SGB VI in der vom 01.01.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (Gesetz vom 21.07.2004, BGBl I 1791) wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen (§ 74 Satz 2 SGB VI). Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§ 74 Satz 3 SGB VI). Nach § 74 Satz 4 SGB VI werden Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung und Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil (1.) Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 vorgelegen hat, für die Arbeits-losengeld oder Arbeitslosengeld II nicht oder Arbeitslosengeld II nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II erbracht worden sind, (2.) Krankheit nach dem 31.12.1983 vorgelegen hat und nicht Beiträge gezahlt worden sind, (3.) Ausbildungssuche vorgelegen hat, nicht bewertet.
Zu dieser Vorschrift enthält § 263 Abs. 3 SGB VI eine Übergangsregelung, wonach der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vom Hundert begrenzt wird (Satz 1). Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet (§ 263 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Für Renten, die im Dezember 2007 beginnen, bestimmt § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, dass an die Stelle der Werte 75 vom Hundert bzw. 0,0625 EP ein Wert von 20,31 vom Hundert sowie 0,0169 EP treten. Nach § 263 Abs. 6 SGB VI in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung sind Zeiten beruflicher Ausbildung, die für sich alleine oder bei Zusammenrechnung mit Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung bis zu drei Jahren, insgesamt drei Jahre überschreiten, um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten nach § 263 Abs. 3 SGB VI hätten. Die Beklagte hat diese Regelungen zutreffend angewandt. Der Berücksichtigung eines höheren Zuschlages an EP für den Zeitraum Juni 1961 bis März 1963 steht die Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI entgegen, welche sowohl bestimmte Anrechnungszeiten im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI (Fachschulbesuch und Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen als Zeiten einer schulischen Ausbildung) als auch Zeiten einer beruflichen Ausbildung zu einer Gruppe zusammenfasst und sie in Bezug auf die Anwendung eines Gesamtleistungswerts einer gemeinsamen Höchstdauerbegrenzung von 36 Monaten unterwirft. Zugleich legt sie die Reihenfolge fest, in der im Falle des Wirksamwerdens der zeitlichen Begrenzung diese Zeiten für eine Bewertung bzw. Höherbewertung zum Zuge kommen oder aber ausgeschlossen werden. Bei der Umsetzung der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 Satz 3 SGB VI hat die Beklagte zu Recht die beitragsfreie Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 (22 Monate) als Zeit einer Fachschulausbildung berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass der genannte Zeitraum im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nicht als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 74 Satz 1 und 2 SGB VI), sondern vielmehr - günstiger - als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 Buchst a und § 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI) bzw. wegen Krankheit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst a und § 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI) bewertet wird. Dies ergibt sich sowohl aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI als auch aus systematischen Gesichtspunkten (BSG Urteil vom 12.12.2011, B 13 R 3/10 R, SozR 4-2600 § 74 Nr. 4). Die Begrenzung der (Höher)bewertung auf 36 Monate durch § 74 Satz 3 SGB VI sollte eine "weit reichende Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindern" (BT-Drucks 15/2149 S. 24). Der Sinn und Zweck der Regelung besteht somit darin, die (Höher-) Bewertung aller Formen einer nichtakademischen Ausbildung auf maximal drei Jahre zu begrenzen (BSG a.a.O). Das SGB VI enthält keinen Rechtssatz des Inhalts, dass bei zeitgleicher Erfüllung von Tatbeständen unterschiedlicher rentenrechtlicher Zeiten eine Zeit der anderen Zeit stets und in jeder Hinsicht vorgeht, letztere also vollständig verdrängt (BSG Urteil vom 20.01.2003, SozR 4-2600 § 247 Nr 1 m.w.N.). Vielmehr stehen grundsätzlich die zeitgleich erfüllten Tatbestände mehrerer rentenrechtlicher Zeiten gleichwertig nebeneinander, d.h. sie sind in ihrer jeweiligen Ausprägung bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen, sofern nicht gesetzliche Ausschlusstatbestände oder die Grundsätze der Gesetzeskonkurrenz die Anrechnung nur einer Art der an sich in mehrfacher Hinsicht berücksichtigungsfähigen Zeit anordnen (BSG Urteil vom 12.12.2011, a.a.O.). Nach diesem dem SGB VI zugrunde liegenden System zur Bewältigung von Konkurrenzen unterschiedlicher rentenrechtlicher Zeiten kommt hinsichtlich des Umfangs der Bewertung zeitgleich erfüllter Anrechnungszeiten - wegen ihres identischen Zwecks, ausgefallene Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung teilweise auszugleichen - im Rahmen des sog. Günstigkeitsprinzips nur die jeweils höhere Bewertung zum Tragen (BSG a.a.O.). Die Bewertung einer Anrechnungszeit wegen Fachschulausbildung nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips mit einem höheren als dem nach § 263 Abs. 3 SGB VI für Fachschulzeiten vorgesehenen Gesamtleistungswert ändert nichts daran, dass es sich (auch) um eine Zeit der Fachschulausbildung handelt (BSG a.a.O). Weder existiert ein Ausschlusstatbestand, noch gebieten es die Grundsätze der Gesetzeskonkurrenz, insoweit von einer Verdrängung der Zeit der Fachschulausbildung durch andere Anrechnungszeiten auszugehen. Insbesondere begründet der Bezug von Unterhaltsgeld nach § 44 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der Zeit vom 02.10.1972 bis 31.05.1974 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Nach § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sind Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, keine Anrechnungszeiten. Der Bezug von Unterhaltsgeld führt jedoch erst ab Einführung der Regelung des § 1227 Abs. 1 Nr. 10 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit Wirkung vom 01.07.1978 (durch Gesetz vom 12.12.1977, BGBl I S. 1040) zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Somit zählt die Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 zu den nach § 74 Satz 3 SGB VI vorrangig zu berücksichtigenden Zeiten, so dass die Beklagte zu Recht nur noch 14 Monate der beruflichen Ausbildung des Klägers ab April 1960 mit 0,0625 EP berücksichtigt hat. Für die streitige Zeit von Juni 1961 bis März 1963 hat sie, ebenfalls rechtmäßig, die Übergangsregelung des § 263 Abs. 6 SGB VI (i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI) angewandt, indem sie der begrenzten Gesamtleistungsbewertung folgende Werte zugrunde gelegt hat: 0,1248 (Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung) x 20, 31 % = 0,0253, begrenzt auf 0,0169 EP (Wert gemäß § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI) x 22 Monate (Zeiten der beruflichen Ausbildung) = 0,3718 EP, abzüglich bereits für diese Zeiten berücksichtigter EP (0,2982), mithin 0,0736 EP. Die Berufung ist begründet, soweit dem Kläger Kosten "wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung" auferlegt worden sind. Ein Sachverhalt, der die Auferlegung von Mutwillenskosten rechtfertigt, liegt nicht vor. Der Senat ist trotz § 144 Abs. 4 SGG befugt, (allein) die Kostenentscheidung zu ändern. Diese Vorschrift erfasst nur Fälle, in denen die Berufung auf die Kostenentscheidung beschränkt wird. Eine - nicht nur pro forma eingelegte - Berufung in der Hauptsache erfasst aber immer auch die Kostenentscheidung, die in solchen Fällen auch dann geändert werden kann, wenn die Berufung in der Hauptsache zurückgewiesen wird (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 144 Rn. 48 ff.). Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht worden sind, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die Rechtsverfolgung ist missbräuchlich, wenn der Kläger eine objektiv aussichtslose Sache weiterbetreibt, von deren Weiterverfolgung ein vernünftig, verständig und einsichtig handelnder Beteiligter abgesehen hätte (BSG Urteil vom 06.09.1966, 3 RK 102/65, SozR Nr 4 zu § 192). Erforderlich ist insoweit, dass der Kläger die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung erkennt, diese aber trotzdem weiterverfolgt (BSG Beschluss vom 14. 08. 1986, 2 BU 39/86, in Juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits dargelegt, ist die Klage nicht unzulässig. Sie ist zwar unbegründet, die Fortführung des Rechtsstreits war jedoch nicht mutwillig, da der Kläger dies nicht erkannt hat. Es war zudem nicht unvernünftig, den Rechtsstreit fortzuführen, da das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem ähnlichen gelagerten Rechtsstreit mit Urteil vom 28.10.2009 (L 8 R 95/09 in Juris) die Revision zugelassen hat, da es der vorliegend ebenfalls streitentscheidenden Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI grundsätzliche Bedeutung zugemessen hat. Die Auferlegung von Verschuldenskosten kommt insoweit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die höhere Bewertung des Zeitraums einer beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 bei der Berechnung der Altersrente des am 27.02.1946 geborenen Klägers.
Im Versicherungskonto des Klägers sind der Zeitraum 21.04.1960 bis 31.03.1963 als Pflichtbeitragszeit aufgrund beruflicher Ausbildung sowie der Zeitraum 02.10.1972 bis 03.07.1974 als Zeit einer Fachschulausbildung gespeichert. Gleichzeitig ist der Zeitraum 02.10.1972 bis 23.04.1974 sowie 13.05.1974 bis 03.07.1974 als Zeit der Arbeitslosigkeit sowie vom 24.04.1974 bis 12.05.1974 als Krankheitszeit gespeichert. Der Fachschulbesuch wurde von der (damaligen) Bundesanstalt für Arbeit (BA) durch Zahlung von Unterhaltsgeld gefördert.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.12.2007 ab 01.12.2007 Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Zugangsfaktor von 1,0, insgesamt zugrunde gelegten 64,9554 persönlichen EPn (EP) und einem monatlichen Zahlbetrag von 1824,98 Euro. Hierbei bewertete sie die 22 Monate beitragsfreie Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 als Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit bzw. wegen Krankheit mit 80 v. H. des - 0,1248 EP je Kalendermonat betragenden - Gesamtleistungswerts. Hinsichtlich der insgesamt 36 Monate an Pflichtbeitragszeiten einer beruflichen Ausbildung (April 1960 bis März 1963) berücksichtigte sie nur für die 14 Monate des Zeitraums April 1960 bis Mai 1961 einen Zuschlag auf die bereits durch Pflichtbeiträge erworbenen EP bis zur Höhe des auf maximal 0,0625 EP je Kalendermonat begrenzten Gesamtleistungswerts (insgesamt 0,8750 EP), abzüglich der bereits für die entrichteten Beiträge ermittelten EP (0,1463). Für die restlichen 22 Monate berücksichtigte sie lediglich 0,0169 EP pro Monat (insgesamt 0,3718 Punkte) abzüglich der bereits für die entrichteten Beiträge ermittelten EP (0,2982).
In seinem gegen die Rentenberechnung eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die gesamte Zeit der beruflichen Ausbildung (Lehre zum Industriekaufmann) mit 0,0625 EP je Monat zu berücksichtigen sei und nicht nur der Zeitraum vom 21.04.1960 bis 31.05.1961.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund des Beginns der Altersrente am 01.12.2007 seien nach der Tabelle zu § 263 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nur noch 14 Monate der Berufsausbildung des Klägers mit 0,0625 EP zu bewerten. Für die restlichen 22 Monate könnten nur noch 0,0169 EP im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigt werden. Auf dem Widerspruchsbescheid ist ein Stempel mit dem Text "abgesandt ZWSt" über dem Datumsstempel 26.09.2008 angebracht.
Mit der am 30.10.2008 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung ausgeführt, dass die Bestimmung des § 263 Abs. 3 SGB VI nicht einschlägig sei, da diese eine Regelung nur für Anrechnungszeiten wegen einer Schul- und Hochschulausbildung treffe, der Kläger jedoch im streitigen Zeitraum eine berufliche Ausbildung absolviert habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2010 hat das SG erstmalig darauf hingewiesen, dass die Klage wegen Verfristung unzulässig und die Entscheidung der Beklagten zudem rechtmäßig sei, da sie auf der Grundlage von §§ 74, 263 Abs. 6, Abs. 3 SGB VI ergangen sei. Die Rechtsverfolgung des Klägers sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen, es könnten dem Kläger mindestens 150 EUR Missbrauchskosten auferlegt werden. Mit Urteil vom 14.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen, die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger 25 % der außergerichtlichen Kosten zu erstatten und gegen den Kläger Missbrauchskosten in Höhe von 150 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, da die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gewahrt sei. Der Widerspruchsbescheid gelte nach § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Die Klagefrist sei hiernach am 29.10.2008 abgelaufen, so dass die Klageerhebung am 30.10.2008 verspätet sei. Die Klage sei auch unbegründet. Nach § 74 SGB VI könnten maximal 36 Monate Ausbildungszeiten mit 0,0625 EP pro Monat bewertet werden, wobei Zeiten einer Fachschulausbildung vorrangig zu berücksichtigen seien. Da die Beklagte bereits 22 Monate Fachschulausbildung berücksichtigt habe, seien von den 36 Monaten der beruflichen Ausbildung der Klägers 22 Monate im Rahmen der Vorschrift des § 263 Abs. 6 SGB VI abzuschmelzen. Der Beklagten seien 25 % der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da sie den Widerspruchsbescheid nicht auf § 263 Abs. 6 SGB VI, sondern nur auf § 263 Abs. 3 SGB VI gestützt und somit Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. Dem Kläger seien Missbrauchskosten aufzuerlegen, da er die Klage trotz Hinweis auf die Unzulässigkeit der Klage und die Vorschrift des § 263 Abs. 6 SGB VI ohne Begründung fortgesetzt habe.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 02.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.02.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die Klage nicht unzulässig gewesen sei, da der Widerspruchsbescheid erst am 29.09.2008 in den Postlauf gegeben worden sei. Zum Beweis hat er den Briefumschlag vorgelegt, der am 29.09.2008 bei der Beklagten frankiert worden ist. § 263 Abs. 6 SGB VI sei nicht einschägig, da die Fachschulausbildungszeit vom 02.10.1972 bis 03.07.1974 nicht als solche im Versicherungsverlauf berücksichtigt sei. Diese sei von der gleichzeitigen AFG-Leistungszeit (Unterhaltsgeld) verdrängt worden. Vor diesem Hintergrund sei auch die Auferlegung von Missbrauchskosten ungerechtfertigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2010 - einschließlich der Festsetzung der Missbrauchsgebühr - aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von 0,0625 Entgeltpunkten pro Monat für die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für die Berücksichtigung der Zeiten der Berufsausbildung gebe es eine Grenze von insgesamt 36 Monaten, bei der Zeiten der Fachschulausbildung vorrangig seien. Dass die Zeiten der Fachschulausbildung beim Kläger nur indirekt berücksichtigt worden seien, da gleichzeitig eine Zeit der Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit vorliege, sei unerheblich. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die Senatsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist aber nur in Bezug auf die Auferlegung von Verschuldenskosten durch das SG begründet. In der Sache ist die Berufung unbegründet. Die Klagefrist ist gewahrt. Nach § 87 Abs. 2, Abs. 1 S. 1 SGG ist in den Fällen, in denen wie hier ein Vorverfahren stattgefunden hat, die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Beklagte hat dem Kläger den Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 nicht zugestellt, sondern diesen mit einfachem Brief durch die Post versandt. Gemäß § 37 Abs. 2 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der - wie im vorliegenden Fall - durch die Post im Inland übermittelt wird, mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Vorliegend enthält der Widerspruchsbescheid vom 26.09.2008 einen Abgangsvermerk, der grundsätzlich auf eine Absendung des Bescheides noch am selben Tag schließen lässt, so dass der Bescheid nach § 37 Abs. 2 SGB X als am 29.09.2008 bekanntgegeben anzusehen wäre. Allerdings hat der Kläger den Zugang des Widerspruchsbescheides am 29.09.2008 substantiiert bestritten. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X greift die Zugangsvermutung nicht, wenn der Verwaltungsakt gar nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; hierbei hat die Behörde im Zweifel den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zuganges nachzuweisen. Hinsichtlich der Behauptung eines späteren Zugangs ist zu fordern, dass der Adressat substantiiert Umstände vorbringt, die ein tatsächliches Abweichen von der gesetzlichen Zugangsvermutung möglich erscheinen lassen (Engelmann in von Wulfen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage, § 37 Rn. 13 m.w.N). Ein solches substantiiertes Bestreiten liegt hier vor. Der Kläger hat behauptet, den Widerspruchsbescheid erst am 30.09.2008 erhalten zu haben und hat einen Briefumschlag vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der Brief bei der Beklagten erst am Montag den 29.09.2008 frankiert und damit abgesandt worden ist, so dass er vor dem 30.09.2008 dem Kläger nicht zugehen konnte. Damit ist mit der Klagehebung am 30.10.2008 die einmonatige Klagefrist des § 87 SGG gewahrt. Die auch ansonsten zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente und die Zuerkennung weiterer EP für die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 01.06.1961 bis 31.03.1963 hat.
Streitig ist die Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten der beruflichen Ausbildung von Juni 1961 bis März 1963. Der Kläger begehrt dafür die Berücksichtigung von 0,0625 EP – wie im Zeitraum von April 1960 bis Mai 1961 – anstelle von 0,0169 EP pro Monat. Für die von ihm angestrebte Höherbewertung seiner beruflichen Ausbildungszeit gibt es jedoch keine gesetzliche Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte zutreffend §§ 74 Abs. 1 Satz 3, 263 Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes (RVNG) vom 21.07.2004 (BGBl I 1791) angewandt und die Zeiten der beruflichen Ausbildung von Juni 1961 bis März 1963 bei einem Rentenbeginn am 01.12.2007 mit 0,0169 EP pro Kalendermonat bewertet.
Auf den Rentenanspruch des Klägers (Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.12.2007) finden die Vorschriften des zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns geltenden SGB VI Anwendung (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 300 SGB VI Rn. 2).
Gemäß § 64 SGB VI ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller EP, unter anderem auch für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten. Die persönlichen EP werden nach §§ 66 ff. SGB VI ermittelt. Dabei werden nach § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI für Beitragszeiten EP ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt (Anlage 1 zum SGB VI) für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. § 71 SGB VI enthält Regelungen zur Feststellung von EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten, die mittels einer Gesamtleistungsbewertung ermittelt werden. Die im maßgeblichen Zeitraum geltenden Regelungen des § 71 SGB VI lauteten wie folgt: (1) Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen. (2) Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der EP um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. Diese zusätzlichen EP werden den jeweiligen Kalendermonaten mit beitragsgeminderten Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet. (3) Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat 1. an Berücksichtigungszeit die EP zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären, 2. mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 EP zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt. Bei der Anwendung von Satz 1 Nr. 2 gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Eine Zuordnung an EPn für Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten unterbleibt in dem Umfang, in dem bereits nach § 70 Abs. 3a EP zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben worden sind. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für Kalendermonate mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, für die bereits EP nach Satz 1 Nr. 1 zugeordnet werden. (4) Soweit beitragsfreie Zeiten mit Zeiten zusammentreffen, die bei einer Versorgung aus einem 1. öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder 2. Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen ruhegehaltfähig sind oder bei Eintritt des Versorgungsfalls als ruhegehaltfähig anerkannt werden, bleiben sie bei der Gesamtleistungsbewertung unberücksichtigt.
Gemäß § 74 Satz 1 SGB VI in der vom 01.01.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (Gesetz vom 21.07.2004, BGBl I 1791) wird der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen (§ 74 Satz 2 SGB VI). Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (§ 74 Satz 3 SGB VI). Nach § 74 Satz 4 SGB VI werden Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung und Kalendermonate, die nur deshalb Anrechnungszeiten sind, weil (1.) Arbeitslosigkeit nach dem 30.06.1978 vorgelegen hat, für die Arbeits-losengeld oder Arbeitslosengeld II nicht oder Arbeitslosengeld II nur darlehensweise gezahlt worden ist oder nur Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II erbracht worden sind, (2.) Krankheit nach dem 31.12.1983 vorgelegen hat und nicht Beiträge gezahlt worden sind, (3.) Ausbildungssuche vorgelegen hat, nicht bewertet.
Zu dieser Vorschrift enthält § 263 Abs. 3 SGB VI eine Übergangsregelung, wonach der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vom Hundert begrenzt wird (Satz 1). Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 EP nicht übersteigen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet (§ 263 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Für Renten, die im Dezember 2007 beginnen, bestimmt § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, dass an die Stelle der Werte 75 vom Hundert bzw. 0,0625 EP ein Wert von 20,31 vom Hundert sowie 0,0169 EP treten. Nach § 263 Abs. 6 SGB VI in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung sind Zeiten beruflicher Ausbildung, die für sich alleine oder bei Zusammenrechnung mit Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung bis zu drei Jahren, insgesamt drei Jahre überschreiten, um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten nach § 263 Abs. 3 SGB VI hätten. Die Beklagte hat diese Regelungen zutreffend angewandt. Der Berücksichtigung eines höheren Zuschlages an EP für den Zeitraum Juni 1961 bis März 1963 steht die Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI entgegen, welche sowohl bestimmte Anrechnungszeiten im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI (Fachschulbesuch und Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen als Zeiten einer schulischen Ausbildung) als auch Zeiten einer beruflichen Ausbildung zu einer Gruppe zusammenfasst und sie in Bezug auf die Anwendung eines Gesamtleistungswerts einer gemeinsamen Höchstdauerbegrenzung von 36 Monaten unterwirft. Zugleich legt sie die Reihenfolge fest, in der im Falle des Wirksamwerdens der zeitlichen Begrenzung diese Zeiten für eine Bewertung bzw. Höherbewertung zum Zuge kommen oder aber ausgeschlossen werden. Bei der Umsetzung der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 Satz 3 SGB VI hat die Beklagte zu Recht die beitragsfreie Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 (22 Monate) als Zeit einer Fachschulausbildung berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass der genannte Zeitraum im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nicht als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 74 Satz 1 und 2 SGB VI), sondern vielmehr - günstiger - als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 Buchst a und § 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI) bzw. wegen Krankheit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m § 252 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst a und § 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI) bewertet wird. Dies ergibt sich sowohl aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI als auch aus systematischen Gesichtspunkten (BSG Urteil vom 12.12.2011, B 13 R 3/10 R, SozR 4-2600 § 74 Nr. 4). Die Begrenzung der (Höher)bewertung auf 36 Monate durch § 74 Satz 3 SGB VI sollte eine "weit reichende Besserstellung nichtakademischer Ausbildung verhindern" (BT-Drucks 15/2149 S. 24). Der Sinn und Zweck der Regelung besteht somit darin, die (Höher-) Bewertung aller Formen einer nichtakademischen Ausbildung auf maximal drei Jahre zu begrenzen (BSG a.a.O). Das SGB VI enthält keinen Rechtssatz des Inhalts, dass bei zeitgleicher Erfüllung von Tatbeständen unterschiedlicher rentenrechtlicher Zeiten eine Zeit der anderen Zeit stets und in jeder Hinsicht vorgeht, letztere also vollständig verdrängt (BSG Urteil vom 20.01.2003, SozR 4-2600 § 247 Nr 1 m.w.N.). Vielmehr stehen grundsätzlich die zeitgleich erfüllten Tatbestände mehrerer rentenrechtlicher Zeiten gleichwertig nebeneinander, d.h. sie sind in ihrer jeweiligen Ausprägung bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen, sofern nicht gesetzliche Ausschlusstatbestände oder die Grundsätze der Gesetzeskonkurrenz die Anrechnung nur einer Art der an sich in mehrfacher Hinsicht berücksichtigungsfähigen Zeit anordnen (BSG Urteil vom 12.12.2011, a.a.O.). Nach diesem dem SGB VI zugrunde liegenden System zur Bewältigung von Konkurrenzen unterschiedlicher rentenrechtlicher Zeiten kommt hinsichtlich des Umfangs der Bewertung zeitgleich erfüllter Anrechnungszeiten - wegen ihres identischen Zwecks, ausgefallene Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung teilweise auszugleichen - im Rahmen des sog. Günstigkeitsprinzips nur die jeweils höhere Bewertung zum Tragen (BSG a.a.O.). Die Bewertung einer Anrechnungszeit wegen Fachschulausbildung nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips mit einem höheren als dem nach § 263 Abs. 3 SGB VI für Fachschulzeiten vorgesehenen Gesamtleistungswert ändert nichts daran, dass es sich (auch) um eine Zeit der Fachschulausbildung handelt (BSG a.a.O). Weder existiert ein Ausschlusstatbestand, noch gebieten es die Grundsätze der Gesetzeskonkurrenz, insoweit von einer Verdrängung der Zeit der Fachschulausbildung durch andere Anrechnungszeiten auszugehen. Insbesondere begründet der Bezug von Unterhaltsgeld nach § 44 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der Zeit vom 02.10.1972 bis 31.05.1974 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Nach § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sind Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, keine Anrechnungszeiten. Der Bezug von Unterhaltsgeld führt jedoch erst ab Einführung der Regelung des § 1227 Abs. 1 Nr. 10 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit Wirkung vom 01.07.1978 (durch Gesetz vom 12.12.1977, BGBl I S. 1040) zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Somit zählt die Zeit von Oktober 1972 bis Juli 1974 zu den nach § 74 Satz 3 SGB VI vorrangig zu berücksichtigenden Zeiten, so dass die Beklagte zu Recht nur noch 14 Monate der beruflichen Ausbildung des Klägers ab April 1960 mit 0,0625 EP berücksichtigt hat. Für die streitige Zeit von Juni 1961 bis März 1963 hat sie, ebenfalls rechtmäßig, die Übergangsregelung des § 263 Abs. 6 SGB VI (i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI) angewandt, indem sie der begrenzten Gesamtleistungsbewertung folgende Werte zugrunde gelegt hat: 0,1248 (Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung) x 20, 31 % = 0,0253, begrenzt auf 0,0169 EP (Wert gemäß § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI) x 22 Monate (Zeiten der beruflichen Ausbildung) = 0,3718 EP, abzüglich bereits für diese Zeiten berücksichtigter EP (0,2982), mithin 0,0736 EP. Die Berufung ist begründet, soweit dem Kläger Kosten "wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung" auferlegt worden sind. Ein Sachverhalt, der die Auferlegung von Mutwillenskosten rechtfertigt, liegt nicht vor. Der Senat ist trotz § 144 Abs. 4 SGG befugt, (allein) die Kostenentscheidung zu ändern. Diese Vorschrift erfasst nur Fälle, in denen die Berufung auf die Kostenentscheidung beschränkt wird. Eine - nicht nur pro forma eingelegte - Berufung in der Hauptsache erfasst aber immer auch die Kostenentscheidung, die in solchen Fällen auch dann geändert werden kann, wenn die Berufung in der Hauptsache zurückgewiesen wird (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 144 Rn. 48 ff.). Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht worden sind, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die Rechtsverfolgung ist missbräuchlich, wenn der Kläger eine objektiv aussichtslose Sache weiterbetreibt, von deren Weiterverfolgung ein vernünftig, verständig und einsichtig handelnder Beteiligter abgesehen hätte (BSG Urteil vom 06.09.1966, 3 RK 102/65, SozR Nr 4 zu § 192). Erforderlich ist insoweit, dass der Kläger die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung erkennt, diese aber trotzdem weiterverfolgt (BSG Beschluss vom 14. 08. 1986, 2 BU 39/86, in Juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits dargelegt, ist die Klage nicht unzulässig. Sie ist zwar unbegründet, die Fortführung des Rechtsstreits war jedoch nicht mutwillig, da der Kläger dies nicht erkannt hat. Es war zudem nicht unvernünftig, den Rechtsstreit fortzuführen, da das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem ähnlichen gelagerten Rechtsstreit mit Urteil vom 28.10.2009 (L 8 R 95/09 in Juris) die Revision zugelassen hat, da es der vorliegend ebenfalls streitentscheidenden Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI grundsätzliche Bedeutung zugemessen hat. Die Auferlegung von Verschuldenskosten kommt insoweit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved