Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 6693/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 883/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch die Feststellung des Merkzeichens "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) streitig.
Der am 28.07.1948 geborene Kläger hatte am 14.10.1998 eine Thalamusblutung rechts erlitten, welche eine Halbseitenlähmung links zur Folge hatte.
Im Rahmen eines früheren Herabsetzungsverfahrens zur Höhe des Grades der Behinderung (GdB) hatte der Beklagte wegen Besserung der Schlaganfallfolgen mit Bescheid vom 12.04.2001 den Ausgangsbescheid vom 01.04.1999 geändert und den GdB ab dem 21.04.2001 auf 80 herabgesetzt und das Merkzeichen aG (festgestellt seit 14.10.1998) ab diesem Datum entzogen. Im Rahmen des nach erfolglosem Widerspruchsverfahren durchgeführten Klageverfahrens beim Sozialgericht Stuttgart (SG) schlossen die Beteiligten am 29.04.2003 einen Vergleich dahingehend, dass der GdB mit 90 seit dem 20.04.2001 sowie die Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und B (ständige Begleitung) weiterhin vorlagen (Az.: S 7 SB 3475/02). Der diesbezügliche Ausführungsbescheid des Beklagten erging am 05.10.2005.
Der Kläger beantragte am 19.01.2009 die Neufeststellung des GdB sowie die Feststellung des Merkzeichens aG.
Über den behandelnden Allgemeinarzt Dr. R. zog der Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie den Rehabilitations-Entlassungsbericht der S.-Klinik für Neurologie in B. K. vom 06.02.2009 (Thalamusblutung rechts 14.10.1998, spastische Hemiparese links, chronisches Schmerzsyndrom, depressive Episode, Lumboischialgie rechts mehr als links bei Spinalkanalstenose L3/L4, Bandscheibenvorfall L4/L5 und L5/S1, arterielle Hypertonie) bei. Dort wurde über die Gehfähigkeit berichtet "Die Gehstrecke hatte sich im Verlauf der Rehabilitationsmaßnahme auf 500 m verbessert."
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme bewertete Dr. F. die Schlaganfallfolgen, die Depression, die psychovegetativen Störungen und das chronische Schmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 80, den Bandscheibenschaden, die Spinalkanalstenose, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und die Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem Teil-GdB von 30, den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke und die Arthrose mit einem Teil-GdB 20 von sowie den Bluthochdruck mit einem Teil-GdB von 10. Den Gesamt-GdB bewertete Dr. F. weiterhin mit 90. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 02.04.2009 lehnte der Beklagte gestützt auf diese Stellungnahme den Neufeststellungsantrag sowie die Feststellung des Merkzeichens aG ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 11.04.2009 Widerspruch. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Orthopäden Dr. T. vom 09.03.2009 (Zustand nach Apoplexie, Thorakal-Lumbal-Syndrom, lumbaler NPP, Lumboischialgie, Coxarthrose Grad II, Coxarthrose Grad III) und einen Befundbericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. R. vom 09.08.2009 (Folgezustand nach Schlaganfall mit armbetonter spastischer Halbseitenlähmung links mit Aufhebung der Feinmotorik, Gebrauchsunfähigkeit des Armes, Gangstörung mit starker Verlangsamung, Nachziehen des linken Beines und Sturzneigung) bei. Dr. R. führte ergänzend aus, die Gehstrecke sei erheblich eingeschränkt. 200 Meter könnten nur knapp mit Mühe zurückgelegt werden, wobei der Kläger eine Gehhilfe benötige. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2009 hielt Dr. H. an der bisherigen Bewertung des GdB fest. Die medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG seien auch den neuen Unterlagen nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auch unter Berücksichtigung der Befundunterlagen von Dr. T. und Dr. R. seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht erfüllt. Der Kläger könne nicht dem in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) genannten Personenkreis zugeordnet werden. Durch die Schädigung an seinen Beinen und am Bewegungsapparat sei seine Gehfähigkeit nicht auf das Schwerste eingeschränkt. Dem erheblich eingeschränkten Gehvermögen sei bereits durch Zuerkennung der Merkzeichen G und B Rechnung getragen worden. Der Kläger sei auch nicht ständig auf einen Rollstuhl angewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 06.10.2009 Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er unter anderem ausgeführt, wegen seiner starken Gehbehinderung wäre er eigentlich auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Als Folge der einseitigen Lähmung könne er sich mit einem Rollstuhl jedoch nicht vorwärtsbewegen, da es dazu an der Funktionsfähigkeit beider Arme und Hände fehle. Das Argument, er sei nicht dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen, greife daher nicht. Er sei, was Beweglichkeit und Gehfähigkeit angehe, einem zugleich Unterschenkel- und Armamputierten Menschen gleichzustellen.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und anschließend von Amts wegen ein neurologisches sowie auf Antrag und Kosten des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde Dr. T. hat am 19.11.2009 mitgeteilt, bei dem Kläger liege eine spastische Halblähmung links mit schwerem Ausmaß, eine Coxarthrose links mit mittlerem Ausmaß, ein retropatellares Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathie patellae leicht bis mittelschweren Ausmaßes und eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung mit Neuroforameneinengung und Funktionseinschränkung mittleren Schweregrades vor. Die freie Gehstrecke betrage mit Gehhilfe 50 Meter. Die spastische Parese führe per se zu einer deutlichen Einschränkung der Gehqualität und -strecke. Durch die Hemiparese könne nur ein Stock benutzt werden, jedoch kein Rollator. Die Funktionsfähigkeit der unteren Extremität sei fast auf eine Abstützfunktion reduziert, da die aktive Bewegungsrichtung durch die neurologische Störung behindert sei. Gleichzeitig fänden sich eine sekundäre Coxarthrose im gleichen Extremitätenabschnitt sowie funktionelle Störungen an beiden Kniegelenken mit muskulärer Dysbalance und neurologischen Koordinationsstörungen.
Der Internist Dr. W. hat am 20.11.2009 angegeben, der Kläger leide unter einer arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus und einer Hemiparese links nach primärer intracerebraler Thalamusblutung rechts.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U. hat am 30.11.2009 mitgeteilt, der Schweregrad der Behinderung sei aufgrund der Ausfälle ( Hemiplegie und Spastik) als sehr schwer zu beurteilen. Es bestehe eine komplette Aufhebung der Bewegungsfähigkeit im linken Arm und Bein. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage mehr als 20 Meter zurückzulegen. Auch diese Strecke werde nur mit großer Mühe zurückgelegt und es bestehe aufgrund der lebenslang wirkenden Grunderkrankung eindeutig eine außergewöhnliche Gehbehinderung.
Der klinische Neuropsychologe Dr. Kaschel hat am 21.11.2009 ein schweres hirnorganisches Psychosyndrom mit reduzierter Aufmerksamkeit und Planungsfähigkeit, schwerer depressiver Anpassungsstörung und rezidivierender Suizidalität, ein chronisches Schmerz-Syndrom, einen schwer einstellbarer Blutdruck, ein metabolisches Syndrom mit beginnendem Diabetes mellitus und eine mittelgradige depressive Episode im Rahmen psychovegetativer Störungen nach Schlaganfall diagnostiziert. Der Kläger komme nur mit extremer Mühe die Treppe zur Praxis hinauf. Oft nutze man bei der Therapie die Gelegenheit, in den notwendigen häufigen Pausen im Flur oder im Garten im Gehen oder Stehen zu plaudern oder immer wieder Lockerungsübungen einzubauen. Ohne diese Lockerungsübungen seien Beginn und Verlauf der Sitzung nicht möglich gewesen. Extreme Mühe bereiteten auch die Wege in der Innenstadt ohne Behindertenparkplatz, in denen er sich mit einem Stock in der einen Hand und ggf. Unterlagen unter den anderen Arm geklemmt oder mit Umhängetasche aus dem Gleichgewicht kommend und entsprechend schwankend zu Behörden, Ärzten und öffentlichen Einrichtungen bewege. Er könne nur dank seines hohen Ehrgeizes und seiner unbändigen Willenskraft am öffentlichen Leben teilnehmen. Unter anderem hat Dr. K. ausgeführt, der Kläger habe besonders durch Radfahren auf dem neu erstandenen Behindertenrad und anderen Formen von Ausdauersport wie zunehmend zügigeren, kleineren ebenerdigen Spaziergängen - soweit von der Hemiparese her möglich - seine ständige Reizbarkeit deutlich reduzieren können.
Die Neurologin und Psychiaterin Dr. R. hat am 31.12.2009 mitgeteilt, es bestehe ein Folgezustand nach einer Hirnblutung mit einer spastischen Halbseitenlähmung links, welche sich zunehmend verschlechtert habe. Das gelte insbesondere hinsichtlich der erheblichen Spastik am linken Bein und linken Arm. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei nahezu vollständig aufgehoben. Infolge der Spastik sei lediglich für ganz leichte Gegenstände für kurze Zeit eine Haltefunktion möglich. Das linke Bein werde mit einem äußerst schwerfälligen mühsamen Bewegungsablauf zirkumduziert. Die Koordination des linken Beines weise eine ausgeprägte Ataxie auf. Freies Gehen ohne die Benutzung einer Gehhilfe sei nicht möglich. Das Gehtempo sei erheblich verlangsamt. Wegen starker Unsicherheit und Sturzneigung müsse der Kläger außerhalb der Wohnung die Benutzung von Treppen vermeiden. Infolge eines Bandscheibenvorfalles bestehe eine zusätzliche Fehlhaltung im Bereich der Lendenwirbelsäule und eine Bewegungseinschränkung verbunden mit Schmerzausstrahlung in das rechte Bein.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. R. darauf hingewiesen, dass sich ausweislich des Rehabilitations-Entlassungsberichtes der S. B. K. aus dem Jahr 2009 nach dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme die Gehstrecke auf 500 Meter verbessert habe. Diese Gehstrecke weiche somit deutlich von den in den sachverständigen Zeugenaussagen zitierten Angaben des Klägers ab. Selbst wenn man eine Gehstrecke von 50 Metern unterstelle, so lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht vor, da sich der Betreffende bereits von den ersten Schritten an nur mit großer Anstrengung oder mit Begleitperson außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen können müsse.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen Dr. D. vom 05.12.2010 eingeholt. Im Rahmen der Untersuchung am 18.11.2010 hat der Kläger gegenüber Dr. D. geäußert, zu Fuß sei sein Aktionsbereich sehr klein. Er könne auf der Ebene nur 80 bis 100 Meter, manchmal nur 60 Meter gehen. Auf unebenem Boden gehe es viel schlechter. Er bekomme dann Schmerzen im linken Bein, ermüde und benötige eine Erholungszeit von 20 bis 30 Minuten, bis er wieder weitergehen könne. Vom Gutachter auf die vom Psychotherapeuten erwähnten Spaziergänge angesprochen, hat der Kläger geäußert, dass er gelegentlich "um den Block gehe", aber keine größeren Spaziergänge mehr machen könne. Befragt zu der im Rehabilitations-Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. K. genannten Gehstrecke von 500 Metern hat er mitgeteilt, er sei dort mit keinem Arzt oder Therapeuten mehr als 30 Meter gegangen und habe sich auch nur zum Essen oder zu dem 20 Meter entfernt liegenden Parkplatz zu Fuß bewegt. Niemand habe gesehen, dass er länger gehen könne. Ohne das Merkzeichen aG könne er nicht mehr die Volkshochschule oder die Universität zum Studium generale besuchen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien diese nicht zu erreichen und mit einem normalen Parkplatz komme er nicht zurecht. Auch die Parkgebühren seien zu hoch, da er allein für die Wegstrecke eine halbe Stunde benötige, was die Parkdauer wesentlich erhöhe. In der Untersuchung hat der Kläger ein typisches Wernicke-Mann-Gangbild mit Zirkumduktion des linken Beines und im Ellenbogen gebeugten, am Körper gehaltenen linken Arm gezeigt. Ohne größere Schwierigkeiten ist der Kläger ohne Zuhilfenahme der Arme aus dem Stuhl im Wartezimmer aufgestanden und hat den Weg vom Wartezimmer in das Sprechzimmer (ca. 15 Meter) in etwa 15 Sekunden (bei einem auf die Hälfte bis ein Drittel verlangsamten Gehtempo) zurückgelegt. Im Untersuchungszimmer hat der Kläger mehrere Meter hin und zurück in langsamem Tempo barfuß ohne Zuhilfenahme des Stockes sicher und ohne Erschöpfungszeichen zurücklegen können. Einbeiniges Stehen oder einbeiniges Hüpfen waren links nicht möglich. Dr. D. hat die Diagnosen einer Facialis- und spastischen Hemiparese links sowie Hemihypästhesie der linken Körperhälfte nach rechtseitiger Hirnblutung bei arterieller Hypertonie, eines Diabetes mellitus, einer Hypercholesterinämie sowie eines früheren Nikotinabusus und degenerativer Lendenwirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenvorwölbungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen gestellt. Zur Gehfähigkeit des Klägers hat Dr. D. ausgeführt, der Kläger selbst habe bei der Befragung angegeben, dass er 80 bis 100 Meter auf ebener Strecke gehen könne. Damit liege der Kläger sogar über der Einschätzung des Hausarztes und des Orthopäden. Aufgrund des jetzigen neurologischen Untersuchungsbefundes, der völlig unveränderten Residuen der Hirnblutung aus dem Jahr 1998 und den vielen krankengymnastischen, ergotherapeutischen und neurologischen Befunden aus den verschiedenen Reha-Behandlungen, welche seither durchgeführt worden seien, gehe er mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der Kläger mit seiner verbliebenen Mobilität und seinem Gehstock noch in der Lage sei, einige hundert Meter sicher zurückzulegen, wenn auch im verlangsamten Gehtempo. Dies entspreche der Einschätzung der Rehabilitationsklinik in Bad Krozingen. Die Gehfähigkeit des Klägers sei auf jeden Fall besser einzuschätzen als die von Querschnittsgelähmten, Doppel-Ober- bzw. Unterschenkel-Amputierten, Hüft-Exartikulierten oder einseitig Oberschenkel-Amputierten, soweit sie dauernd außerstande seien, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen könnten oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert seien. Die Voraussetzungen für das Vorliegen des Merkzeichens aG hat Dr. D. verneint.
Auf Antrag des Klägers hat das SG den Neurologen und Psychiater Dr. H. mit der Erstattung des Gutachtens vom 20.03.2011 beauftragt. Im Rahmen der Untersuchung des Klägers am 03.03.2011 hat dieser gegenüber dem Gutachter gesagt, er benötige zur Aufrechterhaltung üblicher Funktionen und Aktivitäten zur Teilhabe eine Parkerleichterung. Er sei nicht in der Lage, übliche Wegstrecken vom Parkplatz zu Aktivitäts- und Teilhabezielen zurückzulegen. Insbesondere hinderlich sei die unzureichende Möglichkeit der Fahrzeugtüröffnung auf Parkplätzen mit normaler Parkplatzbreite. Aufgrund der Behinderung müsse er die Tür immer weit öffnen und benötige daher einen extra breiten Parkplatz. Seine Gehstrecke hat der Kläger an schmerzfreien Tagen mit 10 bis 40 Metern angegeben. Mit Gehstock absolviere er ein- bis zweimal pro Woche kleine Spaziergänge "um die Häuserecke" von ca. 40 bis 50 Metern. Befragt zu seinem Tagesablauf hat der Kläger unter anderem ausgeführt, wenn er seinen Orthopäden besuche, habe er die Möglichkeit in der Nähe der Praxis am Straßenrand zu parken. Die Wegstrecke betrage dann ungefähr 40 Meter. Prinzipiell achte er beim Parken auf Gehstrecken von unter 50 Metern. Im Rahmen der Untersuchung hat der Gutachter die Gehstrecke in der Ebene über eine Entfernung von 30 Meter überprüft. Der Kläger hat diese Gehstrecke mit Gehstock in deutlich pathologischem Muster unter sichtbarer Fehlbelastung der Gelenke bei insgesamt vorhandener statischer Fehlhaltung und mit deutlich vermehrter Anstrengung zurückgelegt. Zur Gehstrecke des Klägers hat der Gutachter zusammenfassend ausgeführt, eine Gehstrecke von 500 Metern wie im Rehabilitations-Entlassungsbericht mitgeteilt, erscheine nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Angaben des Klägers und der eigenen Untersuchung erscheine eine Gehstrecke inkonstant von 10 bis 50 Metern (auch abhängig von der jeweiligen Schmerzsymptomatik) überwiegend wahrscheinlich. Bei der Gehfähigkeit seien auch die bei dem Kläger vorliegende Depression und die multipel begründete Schmerzerkrankung zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG hat Dr. H. als erfüllt angesehen und ausgeführt, die bei dem Kläger vorliegende Depression führe neben allen anderen genannten Störungen und zusätzlichen schweren emotionalen Beeinträchtigungen dazu, dass der Kläger auch wenige Schritte zur Sicherstellung von Aktivitäten und Teilhabe gar nicht oder nur mit außergewöhnlicher Anstrengung zurücklegen könne.
In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu diesem Gutachten hat Dr. G. zusammengefasst darauf hingewiesen, dass weder die erhobenen Befunde (Beinparese Kraftgrad 4- von 5, spastische Tonuserhöhung, Absolvieren einer Gehstrecke von zwei mal 15 Metern mit Gehstock und in deutlich pathologischem Gangmuster) noch die Beurteilung zum Gehvermögen von Dr. H. die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung ausreichend begründen könnten. Nach Einschätzung des Gutachters benötige der Kläger nur zeitweise fremder Hilfe oder großer Anstrengung um sich außerhalb des Kraftfahrzeuges bewegen zu können. Unter günstigen Bedingungen halte der Gutachter den Kläger für in der Lage, mit normaler Anstrengung eine Gehstrecke von 10 bis 50 Metern zurückzulegen. Voraussetzung für die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung sei jedoch, dass die Betroffenen dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb des Kraftfahrzeuges bewegen könnten.
Das SG hat mit Urteil vom 25. 01.2013 die vom Kläger auf die Feststellung des Merkzeichens aG beschränkte Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, auf die Gehfähigkeit des Klägers wirke sich vor allem die vorliegende spastische Halbseitenlähmung der linken Körperhälfte nach der Hirnblutung 1998 aus. Da sich aus dem Gutachten von Dr. D. ergebe, dass der Kläger barfuß im Untersuchungszimmer einige Schritte ohne Hilfsmittel gehen und mit Gehstock und entsprechend vermindertem Gehtempo, aber so doch eine Strecke von 10 bis 15 Metern sicher und ohne Erschöpfungszeichen zurückzulegen könne, lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht vor. Bei den Aussagen der behandelnden Ärzte sei zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst eine längere mögliche Gehstrecke als Dr. T. und Dr. U. eingeräumt und PD Dr. K. ausgeführt habe, dass der Kläger die grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens ohne Einschränkungen bewältige, Radfahren auf dem Behindertenfahrrad sowie kleine ebenflächige Spaziergänge unternehmen könne. Zum Gutachten von Dr. H. sei zu sagen, dass dieser eben nur zeitweise die außergewöhnliche Gehbehinderung angenommen habe, welche jedoch dauernd vorliegen müsse. Soweit Dr. H. seine Auffassung darüber hinaus damit begründe, dass der Kläger das Bedürfnis habe, die Fahrzeugtüre ausreichend weit öffnen zu können, sei der Nachteilsausgleich aG nicht zum Ausgleich solcher Nachteile beim Ein- und Aussteigen geschaffen worden.
Gegen das am 05.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.02.2013 Berufung eingelegt. Diese begründet er damit, dass seine Gehfähigkeit nach den Auskünften der behandelnden Ärzte in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt sei. Dr. D. sei Neurologe und nicht Orthopäde bzw. Internist, deshalb könne er nur begrenzt Feststellungen treffen. Auch habe sich Dr. D. vor allem auf den Rehabilitations-Entlassungsbericht gestützt, der aber von ihm angegriffen werde. Dies sei die zentrale Feststellung des Gutachters, die aber falsch sei und gar nicht auf seiner eigenen Anamnese beruhe, sondern auf den falschen Feststellungen im Rehabilitations-Entlassungsbericht. Er sei darauf angewiesen, in der Nähe vorhandene Parkmöglichkeiten zu nutzen, sonst sei er vom sozialen Leben ausgeschlossen. Nicht berücksichtigt habe man, dass in der Zeit von 1998 bis 2001 das Merkzeichen aG bereits festgestellt gewesen sei. Gegenüber den damaligen Voraussetzungen sei auch keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2013 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen "außergewöhnliche Gehbehinderung" festzustellen, hilfsweise, zum Beweis der Tatsache, dass er in seiner Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt und damit den in Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) beispielhaft aufgeführten Gruppen von schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist, Sachverständigengutachten auf orthopädischem und auf internistischem Fachgebiet einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wiederum weist er darauf hin, dass sich der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H. nur zeitweise nur mit fremder Hilfe oder großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen könne. Eine nur zeitweise Beeinträchtigung reiche jedoch nicht aus. Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass es entscheidungsunerheblich sei, dass das Merkzeichen aG bereits einmal festgestellt worden sei. Vielmehr habe man dieses mit Bescheid vom 12.04.2001 rechtswirksam entzogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Da die Entziehungsentscheidung des Merkzeichens "aG" durch den Beklagten (Bescheid vom 12.04.2001) im Gegensatz zu der Feststellung des GdB keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 45 SGB X Rz. 21), kommt es nicht darauf an, ob § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anwendbar oder der Vergleichsvertrag vom 29.04.2003 nur nach § 59 Abs. 1 S. 1 SGB X angepasst werden kann (so Urteil des Senats vom 16.01.2013 - L 6 U 3568/11 - Juris). Durch den Vergleich haben die Beteiligten geregelt, dass der Entzug des streitigen Merkzeichens Bestandskraft hat, was der Senat der Formulierung Ziffer 4, wonach der Rechtsstreit durch den Vergleich seine Erledigung findet, entnimmt. Denn dadurch hat der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, so dass der Beklagte daher erneut im Wege des Verwaltungsakts eine Feststellung über das Merkzeichen treffen durfte.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens aG. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2009 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i. V. m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742) stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört das im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften in den Schwerbehindertenausweis einzutragende Merkzeichen aG (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen im Sinne von § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) nach sich, insbesondere die Nutzung von gesondert ausgewiesenen "Behindertenparkplätzen" und die Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen. Darüber hinaus führt sie unter anderem zur Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz) bei gleichzeitiger Möglichkeit der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr (§ 145 Abs. 1 SGB IX) und ggf. zur Ausnahme von allgemeinen Fahrverboten nach § 40 Bundesimmissionsschutzgesetz.
Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO - Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung - (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, berichtigt S. 5206). Danach sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
Zwar enthalten die Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) hinsichtlich der Beurteilung der Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs aG weitere Kriterien. Danach darf die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden (VG Teil D Nr. 3 c Satz 1, S. 142), ist bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und ist deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen (VG Teil D Nr. 3 c Satz 2, S. 142) und sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigten, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen (VG Teil D Nr. 3 c Satz 5, S. 142). Den VG lassen sich aber im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), aG, "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG), noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 24.05.2012 - L 6 SB 2593/11 - unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Während die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Schwerbehinderten relativ einfach zu bestimmen sind, ist dies bei der Gruppe der gleichgestellten Schwerbehinderten nicht ohne Probleme möglich. Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - BSGE 82, 37). Schwierigkeiten bereitet hierbei der Vergleichsmaßstab, weil die verschiedenen, in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgezählten Gruppen in ihrer Wegefähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppen - bei gutem gesundheitlichem Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen können (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - BSGE 90, 180). Solche Besonderheiten können aber angesichts des mit der Zuerkennung des Merkzeichens aG bezweckten Nachteilsausgleichs nicht als Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung herangezogen werden. Vielmehr muss sich dieser strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beziehungsweise § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - BSGE 90, 180). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BT-Drucks 8/3150, S. 9 und 10 in der Begründung zu § 6 StVG). Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - BSGE 82, 37).
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von schwerbehinderten Menschen oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Hierbei kann es auf die individuelle prothetische Versorgung der aufgeführten behinderten Gruppen grundsätzlich nicht ankommen. Der Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung muss sich strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Satz 1 in Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG. Bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen ist zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist. Dies gilt auch, wenn Gehbehinderte einen Rollstuhl benutzen: Es genügt nicht, dass ein solcher verordnet wurde, der Betroffene muss vielmehr ständig auf den Rollstuhl angewiesen sein, weil er sich sonst nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann (so früher Teil B Ziff. 31 AHP 2008; zur weiteren Anwendbarkeit der AHP als antizipiertes Sachverständigengutachten vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R und bezüglich der VG BSG Urteil vom 22.07.2013 - b 9 SB 15/13 B). Für die Gleichstellung ist bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen, wobei sich ein den Anspruch ausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren lässt. Der gleichzustellende Personenkreis beschränkt sich auf schwerbehinderte Menschen, deren Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und die sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen können wie die in Abschnitt 2 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Vergleichsgruppen (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - Juris). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
Zu den in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten Gruppen von schwerbehinderten Menschen gehört der Kläger nicht. Er ist diesem Personenkreis auch nicht gleichzustellen, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Verwaltungsvorschrift genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann.
Dass sich der Kläger nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen, den vom SG eingeholten Gutachten von Dr. D. und Dr. H. nicht der Fall und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Gehfähigkeit des Klägers ist zur Überzeugung des Senats auch nicht auf das Schwerste soweit eingeschränkt, dass er sich praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Dies entnimmt der Senat sowohl dem Gutachten von Dr. D. als auch dem von Dr. H ...
Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der Rechtsprechung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgendwelche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (BSG, a.a.O.).
Allein entscheidend ist somit weder die vom Betroffenen zurücklegbare Gehstrecke noch die Anstrengung, unter welcher diese unternommen wird. Vielmehr muss in der Zusammenschau das Gesamtbild der Gehfähigkeit bewertet werden. Zwar haben die behandelnden Ärzte in ihren sachverständigen Zeugenaussagen gestützt auf die Angaben des Klägers die mögliche Gehstrecke auf maximal 55 m limitiert und deswegen das Merkzeichen für angemessen erachtet. So hat der behandelnde Orthopäde Dr. T. die Gehstrecke auf 50 Meter eingeschätzt, der behandelnde Allgemeinarzt nur auf 20 Meter. Demgegenüber hat der Kläger dem Sachverständigen Dr. D. gegenüber eingeräumt, Gehstrecken von 80 bis 100 Metern zurücklegen zu können. Im Rehabilitations-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2009 ist sogar von einer möglichen Wegstrecke von 500 Metern die Rede. Diese Diskrepanz zwischen den einzelnen Angaben lässt sich nach den Ausführungen des Gutachters Dr. H. damit erklären, dass die Gehfähigkeit des Klägers tagesformabhängig ist. Das Gehvermögen des Klägers schwankt unter Zugrundelegung dieser Prämisse zwischen 20 Meter (Dr. U.) über 80 bis 100 Meter (eigene Angaben gegenüber Dr. D.) bis hin zu 500 Meter (Rehabilitations-Entlassungsbericht), wobei der Kläger dieses letzte Ausmaß bestreitet. Dr. K. hat sogar nachvollziehbar eine Besserung im Gehvermögen dadurch begründet, dass der Kläger infolge Radfahrens und anderen Ausdauersports sowie durch zunehmend zügigere kleinere Spaziergänge auf ebenerdigen Untergrund seine psychische Reizbarkeit zu lindern vermochte. Das hat der Kläger auch gegenüber Dr. D. bestätigt. Insgesamt stellt sich die Gehfähigkeit des Klägers daher als deutlich schwankend dar. Dr. H. erklärt die Schwankung nachvollziehbar damit, dass die psychische Verfassung des Klägers deutlich auf die Gehfähigkeit durchschlagen kann. Dies findet nach Ansicht des Senats auch im Rehabilitations-Entlassungsbericht seine Entsprechung, wonach der Kläger deutliche Fortschritte mit seiner linken Hand gemacht und der als Rehabilitationsziel formuliert hat, "Outdoor stellt der Patient sich das freie Gehen ohne Hilfsmittel vor". Der Kläger fühlt sich an guten Tagen dazu in der Lage, auch ohne Hilfsmittel - seinen Gehstock - zu gehen. An anderen Tagen ist die Gehfähigkeit subjektiv auf 10 bis 50 Meter reduziert.
Zu der Anstrengung, unter welcher dem Kläger das Gehen möglich ist, ist die Einschätzung der Ärzte im Wesentlichen einheitlich, nämlich dass aufgrund des vorliegenden Wernicke-Mann-Gangbildes sich der Kläger nur äußerst mühsam vorwärts bewegt. Bei Dr. D. waren 10 bis 15 Meter mit Stock und Schuhen ohne Erschöpfungszeichen zurückzulegen, während Dr. H. je nach Tagesform unter Berücksichtigung der psychischen Beschwerden größte Anstrengungen beobachtete. Die vom Kläger angeführten orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. T. aufgrund der Funktionsfähigkeit der Hüftgelenke und Kniegelenke nur als leicht- bis mittelgradig eingeschränkt anzusehen. Zusammenfassend geht der Senat daher davon aus, dass der Kläger mit psychischer Überlagerung an schlechten Tagen zwar nur unter größter Anstrengung eine kurze Wegstrecke zurücklegen kann, an anderen Tagen es ihm jedoch durchaus möglich ist, größere Strecken ohne Weiteres zurückzulegen. Das entnimmt der Senat insbesondere den Beobachtungen und Tests des Sachverständigen Dr. D ... Wie das erstinstanzliche Gericht jedoch richtigerweise herausgestellt hat, kann das Merkzeichen aG nur dann festgestellt werden, wenn dauerhaft und ständig ab den ersten Schritten die Gehfähigkeit aufs Äußerste eingeschränkt ist. Dies kann bei dem Kläger angesichts des schwankenden Verlaufes seiner Krankheit nicht bejaht werden.
Die Argumentation des Klägers, er benötige das Merkzeichen aG, da er nur auf Behindertenparkplätzen die Türe so weit öffnen könne, dass er auch in sein Fahrzeug einsteigen könne, stützt ebenfalls sein Begehren nicht. So hat das Bundessozialgericht zutreffend entschieden, dass ein Schwerbehinderter, dessen Gehfähigkeit nicht in gleichem Maße wie bei dem in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beispielhaft aufgeführten - eng zu fassenden - Personenkreis eingeschränkt ist, nicht deshalb als außergewöhnlich gehbehindert anerkannt werden kann, weil normale Parkplätze ihm das beim Ein- und Aussteigen in und aus seinem Fahrzeug erforderliche vollständige Öffnen der Wagentüre nicht oder nicht ungefährdet ermöglichen (BSG, Urteil vom 03.02.1988 - 9/9a RVs 19/86 - SozR 3870 § 3 Nr. 28; ständige Senatsrechtsprechung, zuletzt Urteil vom 08.08.2013 - L 6 SB 3879/12). Nichts anderes gilt für die gegenüber Dr. D. geäußerte Ersparnis von Parkgebühren, welche ihm entstehen, da er für die Gehstrecke mehr Zeit als ein normaler Verkehrsteilnehmer benötigt.
Zwar sieht der Senat, dass eine beträchtliche Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers vorliegt. Diese ist aber angemessen mit der Zuerkennung des Merkzeichens G berücksichtigt. Eine das Merkzeichen aG rechtfertigende Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße, also derart, dass sich der Kläger selbständig nur unter ebenso großen Anstrengungen wie beispielsweise ein Doppeloberschenkelamputierter oder sich nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nicht festzustellen.
Auch mit seinem Hilfsantrag auf erneute Begutachtung konnte der Kläger nicht durchdringen. Eine weitere Beweisaufnahme hält der Senat nicht für notwendig.
Inwieweit ein Aufklärungsbedarf bestehen soll, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Zur Beurteilung der orthopädischen Befunde liegt dem Senat die sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. T. vor. Dass dieser die - im Übrigen nur geringfügig beschriebenen - Einschränkungen der "Gehwerkzeuge" nicht zutreffend ermittelt hat, hat der Kläger ebenso wenig behauptet wie eine Verschlechterung. Gleiches gilt für die internistischen Erkrankungen, die sich im Wesentlichen in der arteriellen Hypertonie und dem Diabetes erschöpfen, was der Senat den sachverständigen Zeugenaussage von Dr. W. entnimmt. Dass sich beide Erkrankungen auf die allein streitige Gehfähigkeit auswirken, ist nicht dargelegt. Die Gehfähigkeit des Klägers ist, wie der Senat oben dargestellt hat, in der Gesamtschau der sich darauf auswirkenden Befunde und letztlich funktionell zu betrachten. Der Senat hat den Hilfsantrag daher abgelehnt.
Insgesamt war die Berufung daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch die Feststellung des Merkzeichens "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) streitig.
Der am 28.07.1948 geborene Kläger hatte am 14.10.1998 eine Thalamusblutung rechts erlitten, welche eine Halbseitenlähmung links zur Folge hatte.
Im Rahmen eines früheren Herabsetzungsverfahrens zur Höhe des Grades der Behinderung (GdB) hatte der Beklagte wegen Besserung der Schlaganfallfolgen mit Bescheid vom 12.04.2001 den Ausgangsbescheid vom 01.04.1999 geändert und den GdB ab dem 21.04.2001 auf 80 herabgesetzt und das Merkzeichen aG (festgestellt seit 14.10.1998) ab diesem Datum entzogen. Im Rahmen des nach erfolglosem Widerspruchsverfahren durchgeführten Klageverfahrens beim Sozialgericht Stuttgart (SG) schlossen die Beteiligten am 29.04.2003 einen Vergleich dahingehend, dass der GdB mit 90 seit dem 20.04.2001 sowie die Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und B (ständige Begleitung) weiterhin vorlagen (Az.: S 7 SB 3475/02). Der diesbezügliche Ausführungsbescheid des Beklagten erging am 05.10.2005.
Der Kläger beantragte am 19.01.2009 die Neufeststellung des GdB sowie die Feststellung des Merkzeichens aG.
Über den behandelnden Allgemeinarzt Dr. R. zog der Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie den Rehabilitations-Entlassungsbericht der S.-Klinik für Neurologie in B. K. vom 06.02.2009 (Thalamusblutung rechts 14.10.1998, spastische Hemiparese links, chronisches Schmerzsyndrom, depressive Episode, Lumboischialgie rechts mehr als links bei Spinalkanalstenose L3/L4, Bandscheibenvorfall L4/L5 und L5/S1, arterielle Hypertonie) bei. Dort wurde über die Gehfähigkeit berichtet "Die Gehstrecke hatte sich im Verlauf der Rehabilitationsmaßnahme auf 500 m verbessert."
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme bewertete Dr. F. die Schlaganfallfolgen, die Depression, die psychovegetativen Störungen und das chronische Schmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 80, den Bandscheibenschaden, die Spinalkanalstenose, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und die Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem Teil-GdB von 30, den Diabetes mellitus mit einem Teil-GdB von 20, die Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke und die Arthrose mit einem Teil-GdB 20 von sowie den Bluthochdruck mit einem Teil-GdB von 10. Den Gesamt-GdB bewertete Dr. F. weiterhin mit 90. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 02.04.2009 lehnte der Beklagte gestützt auf diese Stellungnahme den Neufeststellungsantrag sowie die Feststellung des Merkzeichens aG ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 11.04.2009 Widerspruch. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Orthopäden Dr. T. vom 09.03.2009 (Zustand nach Apoplexie, Thorakal-Lumbal-Syndrom, lumbaler NPP, Lumboischialgie, Coxarthrose Grad II, Coxarthrose Grad III) und einen Befundbericht der Neurologin und Psychiaterin Dr. R. vom 09.08.2009 (Folgezustand nach Schlaganfall mit armbetonter spastischer Halbseitenlähmung links mit Aufhebung der Feinmotorik, Gebrauchsunfähigkeit des Armes, Gangstörung mit starker Verlangsamung, Nachziehen des linken Beines und Sturzneigung) bei. Dr. R. führte ergänzend aus, die Gehstrecke sei erheblich eingeschränkt. 200 Meter könnten nur knapp mit Mühe zurückgelegt werden, wobei der Kläger eine Gehhilfe benötige. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2009 hielt Dr. H. an der bisherigen Bewertung des GdB fest. Die medizinischen Voraussetzungen für das Merkzeichen aG seien auch den neuen Unterlagen nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auch unter Berücksichtigung der Befundunterlagen von Dr. T. und Dr. R. seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht erfüllt. Der Kläger könne nicht dem in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) genannten Personenkreis zugeordnet werden. Durch die Schädigung an seinen Beinen und am Bewegungsapparat sei seine Gehfähigkeit nicht auf das Schwerste eingeschränkt. Dem erheblich eingeschränkten Gehvermögen sei bereits durch Zuerkennung der Merkzeichen G und B Rechnung getragen worden. Der Kläger sei auch nicht ständig auf einen Rollstuhl angewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 06.10.2009 Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er unter anderem ausgeführt, wegen seiner starken Gehbehinderung wäre er eigentlich auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Als Folge der einseitigen Lähmung könne er sich mit einem Rollstuhl jedoch nicht vorwärtsbewegen, da es dazu an der Funktionsfähigkeit beider Arme und Hände fehle. Das Argument, er sei nicht dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen, greife daher nicht. Er sei, was Beweglichkeit und Gehfähigkeit angehe, einem zugleich Unterschenkel- und Armamputierten Menschen gleichzustellen.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt und anschließend von Amts wegen ein neurologisches sowie auf Antrag und Kosten des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde Dr. T. hat am 19.11.2009 mitgeteilt, bei dem Kläger liege eine spastische Halblähmung links mit schwerem Ausmaß, eine Coxarthrose links mit mittlerem Ausmaß, ein retropatellares Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathie patellae leicht bis mittelschweren Ausmaßes und eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung mit Neuroforameneinengung und Funktionseinschränkung mittleren Schweregrades vor. Die freie Gehstrecke betrage mit Gehhilfe 50 Meter. Die spastische Parese führe per se zu einer deutlichen Einschränkung der Gehqualität und -strecke. Durch die Hemiparese könne nur ein Stock benutzt werden, jedoch kein Rollator. Die Funktionsfähigkeit der unteren Extremität sei fast auf eine Abstützfunktion reduziert, da die aktive Bewegungsrichtung durch die neurologische Störung behindert sei. Gleichzeitig fänden sich eine sekundäre Coxarthrose im gleichen Extremitätenabschnitt sowie funktionelle Störungen an beiden Kniegelenken mit muskulärer Dysbalance und neurologischen Koordinationsstörungen.
Der Internist Dr. W. hat am 20.11.2009 angegeben, der Kläger leide unter einer arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus und einer Hemiparese links nach primärer intracerebraler Thalamusblutung rechts.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. U. hat am 30.11.2009 mitgeteilt, der Schweregrad der Behinderung sei aufgrund der Ausfälle ( Hemiplegie und Spastik) als sehr schwer zu beurteilen. Es bestehe eine komplette Aufhebung der Bewegungsfähigkeit im linken Arm und Bein. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage mehr als 20 Meter zurückzulegen. Auch diese Strecke werde nur mit großer Mühe zurückgelegt und es bestehe aufgrund der lebenslang wirkenden Grunderkrankung eindeutig eine außergewöhnliche Gehbehinderung.
Der klinische Neuropsychologe Dr. Kaschel hat am 21.11.2009 ein schweres hirnorganisches Psychosyndrom mit reduzierter Aufmerksamkeit und Planungsfähigkeit, schwerer depressiver Anpassungsstörung und rezidivierender Suizidalität, ein chronisches Schmerz-Syndrom, einen schwer einstellbarer Blutdruck, ein metabolisches Syndrom mit beginnendem Diabetes mellitus und eine mittelgradige depressive Episode im Rahmen psychovegetativer Störungen nach Schlaganfall diagnostiziert. Der Kläger komme nur mit extremer Mühe die Treppe zur Praxis hinauf. Oft nutze man bei der Therapie die Gelegenheit, in den notwendigen häufigen Pausen im Flur oder im Garten im Gehen oder Stehen zu plaudern oder immer wieder Lockerungsübungen einzubauen. Ohne diese Lockerungsübungen seien Beginn und Verlauf der Sitzung nicht möglich gewesen. Extreme Mühe bereiteten auch die Wege in der Innenstadt ohne Behindertenparkplatz, in denen er sich mit einem Stock in der einen Hand und ggf. Unterlagen unter den anderen Arm geklemmt oder mit Umhängetasche aus dem Gleichgewicht kommend und entsprechend schwankend zu Behörden, Ärzten und öffentlichen Einrichtungen bewege. Er könne nur dank seines hohen Ehrgeizes und seiner unbändigen Willenskraft am öffentlichen Leben teilnehmen. Unter anderem hat Dr. K. ausgeführt, der Kläger habe besonders durch Radfahren auf dem neu erstandenen Behindertenrad und anderen Formen von Ausdauersport wie zunehmend zügigeren, kleineren ebenerdigen Spaziergängen - soweit von der Hemiparese her möglich - seine ständige Reizbarkeit deutlich reduzieren können.
Die Neurologin und Psychiaterin Dr. R. hat am 31.12.2009 mitgeteilt, es bestehe ein Folgezustand nach einer Hirnblutung mit einer spastischen Halbseitenlähmung links, welche sich zunehmend verschlechtert habe. Das gelte insbesondere hinsichtlich der erheblichen Spastik am linken Bein und linken Arm. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei nahezu vollständig aufgehoben. Infolge der Spastik sei lediglich für ganz leichte Gegenstände für kurze Zeit eine Haltefunktion möglich. Das linke Bein werde mit einem äußerst schwerfälligen mühsamen Bewegungsablauf zirkumduziert. Die Koordination des linken Beines weise eine ausgeprägte Ataxie auf. Freies Gehen ohne die Benutzung einer Gehhilfe sei nicht möglich. Das Gehtempo sei erheblich verlangsamt. Wegen starker Unsicherheit und Sturzneigung müsse der Kläger außerhalb der Wohnung die Benutzung von Treppen vermeiden. Infolge eines Bandscheibenvorfalles bestehe eine zusätzliche Fehlhaltung im Bereich der Lendenwirbelsäule und eine Bewegungseinschränkung verbunden mit Schmerzausstrahlung in das rechte Bein.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme hat Dr. R. darauf hingewiesen, dass sich ausweislich des Rehabilitations-Entlassungsberichtes der S. B. K. aus dem Jahr 2009 nach dem Ende der Rehabilitationsmaßnahme die Gehstrecke auf 500 Meter verbessert habe. Diese Gehstrecke weiche somit deutlich von den in den sachverständigen Zeugenaussagen zitierten Angaben des Klägers ab. Selbst wenn man eine Gehstrecke von 50 Metern unterstelle, so lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht vor, da sich der Betreffende bereits von den ersten Schritten an nur mit großer Anstrengung oder mit Begleitperson außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen können müsse.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen Dr. D. vom 05.12.2010 eingeholt. Im Rahmen der Untersuchung am 18.11.2010 hat der Kläger gegenüber Dr. D. geäußert, zu Fuß sei sein Aktionsbereich sehr klein. Er könne auf der Ebene nur 80 bis 100 Meter, manchmal nur 60 Meter gehen. Auf unebenem Boden gehe es viel schlechter. Er bekomme dann Schmerzen im linken Bein, ermüde und benötige eine Erholungszeit von 20 bis 30 Minuten, bis er wieder weitergehen könne. Vom Gutachter auf die vom Psychotherapeuten erwähnten Spaziergänge angesprochen, hat der Kläger geäußert, dass er gelegentlich "um den Block gehe", aber keine größeren Spaziergänge mehr machen könne. Befragt zu der im Rehabilitations-Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. K. genannten Gehstrecke von 500 Metern hat er mitgeteilt, er sei dort mit keinem Arzt oder Therapeuten mehr als 30 Meter gegangen und habe sich auch nur zum Essen oder zu dem 20 Meter entfernt liegenden Parkplatz zu Fuß bewegt. Niemand habe gesehen, dass er länger gehen könne. Ohne das Merkzeichen aG könne er nicht mehr die Volkshochschule oder die Universität zum Studium generale besuchen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien diese nicht zu erreichen und mit einem normalen Parkplatz komme er nicht zurecht. Auch die Parkgebühren seien zu hoch, da er allein für die Wegstrecke eine halbe Stunde benötige, was die Parkdauer wesentlich erhöhe. In der Untersuchung hat der Kläger ein typisches Wernicke-Mann-Gangbild mit Zirkumduktion des linken Beines und im Ellenbogen gebeugten, am Körper gehaltenen linken Arm gezeigt. Ohne größere Schwierigkeiten ist der Kläger ohne Zuhilfenahme der Arme aus dem Stuhl im Wartezimmer aufgestanden und hat den Weg vom Wartezimmer in das Sprechzimmer (ca. 15 Meter) in etwa 15 Sekunden (bei einem auf die Hälfte bis ein Drittel verlangsamten Gehtempo) zurückgelegt. Im Untersuchungszimmer hat der Kläger mehrere Meter hin und zurück in langsamem Tempo barfuß ohne Zuhilfenahme des Stockes sicher und ohne Erschöpfungszeichen zurücklegen können. Einbeiniges Stehen oder einbeiniges Hüpfen waren links nicht möglich. Dr. D. hat die Diagnosen einer Facialis- und spastischen Hemiparese links sowie Hemihypästhesie der linken Körperhälfte nach rechtseitiger Hirnblutung bei arterieller Hypertonie, eines Diabetes mellitus, einer Hypercholesterinämie sowie eines früheren Nikotinabusus und degenerativer Lendenwirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenvorwölbungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen gestellt. Zur Gehfähigkeit des Klägers hat Dr. D. ausgeführt, der Kläger selbst habe bei der Befragung angegeben, dass er 80 bis 100 Meter auf ebener Strecke gehen könne. Damit liege der Kläger sogar über der Einschätzung des Hausarztes und des Orthopäden. Aufgrund des jetzigen neurologischen Untersuchungsbefundes, der völlig unveränderten Residuen der Hirnblutung aus dem Jahr 1998 und den vielen krankengymnastischen, ergotherapeutischen und neurologischen Befunden aus den verschiedenen Reha-Behandlungen, welche seither durchgeführt worden seien, gehe er mit großer Wahrscheinlichkeit davon aus, dass der Kläger mit seiner verbliebenen Mobilität und seinem Gehstock noch in der Lage sei, einige hundert Meter sicher zurückzulegen, wenn auch im verlangsamten Gehtempo. Dies entspreche der Einschätzung der Rehabilitationsklinik in Bad Krozingen. Die Gehfähigkeit des Klägers sei auf jeden Fall besser einzuschätzen als die von Querschnittsgelähmten, Doppel-Ober- bzw. Unterschenkel-Amputierten, Hüft-Exartikulierten oder einseitig Oberschenkel-Amputierten, soweit sie dauernd außerstande seien, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen könnten oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert seien. Die Voraussetzungen für das Vorliegen des Merkzeichens aG hat Dr. D. verneint.
Auf Antrag des Klägers hat das SG den Neurologen und Psychiater Dr. H. mit der Erstattung des Gutachtens vom 20.03.2011 beauftragt. Im Rahmen der Untersuchung des Klägers am 03.03.2011 hat dieser gegenüber dem Gutachter gesagt, er benötige zur Aufrechterhaltung üblicher Funktionen und Aktivitäten zur Teilhabe eine Parkerleichterung. Er sei nicht in der Lage, übliche Wegstrecken vom Parkplatz zu Aktivitäts- und Teilhabezielen zurückzulegen. Insbesondere hinderlich sei die unzureichende Möglichkeit der Fahrzeugtüröffnung auf Parkplätzen mit normaler Parkplatzbreite. Aufgrund der Behinderung müsse er die Tür immer weit öffnen und benötige daher einen extra breiten Parkplatz. Seine Gehstrecke hat der Kläger an schmerzfreien Tagen mit 10 bis 40 Metern angegeben. Mit Gehstock absolviere er ein- bis zweimal pro Woche kleine Spaziergänge "um die Häuserecke" von ca. 40 bis 50 Metern. Befragt zu seinem Tagesablauf hat der Kläger unter anderem ausgeführt, wenn er seinen Orthopäden besuche, habe er die Möglichkeit in der Nähe der Praxis am Straßenrand zu parken. Die Wegstrecke betrage dann ungefähr 40 Meter. Prinzipiell achte er beim Parken auf Gehstrecken von unter 50 Metern. Im Rahmen der Untersuchung hat der Gutachter die Gehstrecke in der Ebene über eine Entfernung von 30 Meter überprüft. Der Kläger hat diese Gehstrecke mit Gehstock in deutlich pathologischem Muster unter sichtbarer Fehlbelastung der Gelenke bei insgesamt vorhandener statischer Fehlhaltung und mit deutlich vermehrter Anstrengung zurückgelegt. Zur Gehstrecke des Klägers hat der Gutachter zusammenfassend ausgeführt, eine Gehstrecke von 500 Metern wie im Rehabilitations-Entlassungsbericht mitgeteilt, erscheine nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Angaben des Klägers und der eigenen Untersuchung erscheine eine Gehstrecke inkonstant von 10 bis 50 Metern (auch abhängig von der jeweiligen Schmerzsymptomatik) überwiegend wahrscheinlich. Bei der Gehfähigkeit seien auch die bei dem Kläger vorliegende Depression und die multipel begründete Schmerzerkrankung zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG hat Dr. H. als erfüllt angesehen und ausgeführt, die bei dem Kläger vorliegende Depression führe neben allen anderen genannten Störungen und zusätzlichen schweren emotionalen Beeinträchtigungen dazu, dass der Kläger auch wenige Schritte zur Sicherstellung von Aktivitäten und Teilhabe gar nicht oder nur mit außergewöhnlicher Anstrengung zurücklegen könne.
In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zu diesem Gutachten hat Dr. G. zusammengefasst darauf hingewiesen, dass weder die erhobenen Befunde (Beinparese Kraftgrad 4- von 5, spastische Tonuserhöhung, Absolvieren einer Gehstrecke von zwei mal 15 Metern mit Gehstock und in deutlich pathologischem Gangmuster) noch die Beurteilung zum Gehvermögen von Dr. H. die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung ausreichend begründen könnten. Nach Einschätzung des Gutachters benötige der Kläger nur zeitweise fremder Hilfe oder großer Anstrengung um sich außerhalb des Kraftfahrzeuges bewegen zu können. Unter günstigen Bedingungen halte der Gutachter den Kläger für in der Lage, mit normaler Anstrengung eine Gehstrecke von 10 bis 50 Metern zurückzulegen. Voraussetzung für die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung sei jedoch, dass die Betroffenen dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb des Kraftfahrzeuges bewegen könnten.
Das SG hat mit Urteil vom 25. 01.2013 die vom Kläger auf die Feststellung des Merkzeichens aG beschränkte Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, auf die Gehfähigkeit des Klägers wirke sich vor allem die vorliegende spastische Halbseitenlähmung der linken Körperhälfte nach der Hirnblutung 1998 aus. Da sich aus dem Gutachten von Dr. D. ergebe, dass der Kläger barfuß im Untersuchungszimmer einige Schritte ohne Hilfsmittel gehen und mit Gehstock und entsprechend vermindertem Gehtempo, aber so doch eine Strecke von 10 bis 15 Metern sicher und ohne Erschöpfungszeichen zurückzulegen könne, lägen die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG nicht vor. Bei den Aussagen der behandelnden Ärzte sei zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst eine längere mögliche Gehstrecke als Dr. T. und Dr. U. eingeräumt und PD Dr. K. ausgeführt habe, dass der Kläger die grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens ohne Einschränkungen bewältige, Radfahren auf dem Behindertenfahrrad sowie kleine ebenflächige Spaziergänge unternehmen könne. Zum Gutachten von Dr. H. sei zu sagen, dass dieser eben nur zeitweise die außergewöhnliche Gehbehinderung angenommen habe, welche jedoch dauernd vorliegen müsse. Soweit Dr. H. seine Auffassung darüber hinaus damit begründe, dass der Kläger das Bedürfnis habe, die Fahrzeugtüre ausreichend weit öffnen zu können, sei der Nachteilsausgleich aG nicht zum Ausgleich solcher Nachteile beim Ein- und Aussteigen geschaffen worden.
Gegen das am 05.02.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.02.2013 Berufung eingelegt. Diese begründet er damit, dass seine Gehfähigkeit nach den Auskünften der behandelnden Ärzte in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt sei. Dr. D. sei Neurologe und nicht Orthopäde bzw. Internist, deshalb könne er nur begrenzt Feststellungen treffen. Auch habe sich Dr. D. vor allem auf den Rehabilitations-Entlassungsbericht gestützt, der aber von ihm angegriffen werde. Dies sei die zentrale Feststellung des Gutachters, die aber falsch sei und gar nicht auf seiner eigenen Anamnese beruhe, sondern auf den falschen Feststellungen im Rehabilitations-Entlassungsbericht. Er sei darauf angewiesen, in der Nähe vorhandene Parkmöglichkeiten zu nutzen, sonst sei er vom sozialen Leben ausgeschlossen. Nicht berücksichtigt habe man, dass in der Zeit von 1998 bis 2001 das Merkzeichen aG bereits festgestellt gewesen sei. Gegenüber den damaligen Voraussetzungen sei auch keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2013 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen "außergewöhnliche Gehbehinderung" festzustellen, hilfsweise, zum Beweis der Tatsache, dass er in seiner Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt und damit den in Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) beispielhaft aufgeführten Gruppen von schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist, Sachverständigengutachten auf orthopädischem und auf internistischem Fachgebiet einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wiederum weist er darauf hin, dass sich der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H. nur zeitweise nur mit fremder Hilfe oder großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen könne. Eine nur zeitweise Beeinträchtigung reiche jedoch nicht aus. Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass es entscheidungsunerheblich sei, dass das Merkzeichen aG bereits einmal festgestellt worden sei. Vielmehr habe man dieses mit Bescheid vom 12.04.2001 rechtswirksam entzogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Da die Entziehungsentscheidung des Merkzeichens "aG" durch den Beklagten (Bescheid vom 12.04.2001) im Gegensatz zu der Feststellung des GdB keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 45 SGB X Rz. 21), kommt es nicht darauf an, ob § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anwendbar oder der Vergleichsvertrag vom 29.04.2003 nur nach § 59 Abs. 1 S. 1 SGB X angepasst werden kann (so Urteil des Senats vom 16.01.2013 - L 6 U 3568/11 - Juris). Durch den Vergleich haben die Beteiligten geregelt, dass der Entzug des streitigen Merkzeichens Bestandskraft hat, was der Senat der Formulierung Ziffer 4, wonach der Rechtsstreit durch den Vergleich seine Erledigung findet, entnimmt. Denn dadurch hat der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, so dass der Beklagte daher erneut im Wege des Verwaltungsakts eine Feststellung über das Merkzeichen treffen durfte.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung des Merkzeichens aG. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2009 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i. V. m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742) stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört das im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften in den Schwerbehindertenausweis einzutragende Merkzeichen aG (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen im Sinne von § 46 Abs. 1 Nr. 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) nach sich, insbesondere die Nutzung von gesondert ausgewiesenen "Behindertenparkplätzen" und die Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen. Darüber hinaus führt sie unter anderem zur Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz) bei gleichzeitiger Möglichkeit der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr (§ 145 Abs. 1 SGB IX) und ggf. zur Ausnahme von allgemeinen Fahrverboten nach § 40 Bundesimmissionsschutzgesetz.
Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO - Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung - (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, berichtigt S. 5206). Danach sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.
Zwar enthalten die Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) hinsichtlich der Beurteilung der Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs aG weitere Kriterien. Danach darf die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden (VG Teil D Nr. 3 c Satz 1, S. 142), ist bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und ist deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen (VG Teil D Nr. 3 c Satz 2, S. 142) und sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigten, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen (VG Teil D Nr. 3 c Satz 5, S. 142). Den VG lassen sich aber im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche G, "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (B), aG, "Gehörlosigkeit" (Gl) und "Blindheit" (Bl) unwirksam, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlt. Eine solche Ermächtigung findet sich nämlich - mit Ausnahme des Nachteilsausgleichs "Hilflosigkeit" (H) - weder in § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG), noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteil des Senats vom 24.05.2012 - L 6 SB 2593/11 - unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Während die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgeführten Schwerbehinderten relativ einfach zu bestimmen sind, ist dies bei der Gruppe der gleichgestellten Schwerbehinderten nicht ohne Probleme möglich. Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - BSGE 82, 37). Schwierigkeiten bereitet hierbei der Vergleichsmaßstab, weil die verschiedenen, in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO aufgezählten Gruppen in ihrer Wegefähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppen - bei gutem gesundheitlichem Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen können (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - BSGE 90, 180). Solche Besonderheiten können aber angesichts des mit der Zuerkennung des Merkzeichens aG bezweckten Nachteilsausgleichs nicht als Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung herangezogen werden. Vielmehr muss sich dieser strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beziehungsweise § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (BSG, Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - BSGE 90, 180). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BT-Drucks 8/3150, S. 9 und 10 in der Begründung zu § 6 StVG). Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG, Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 1/97 R - BSGE 82, 37).
Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von schwerbehinderten Menschen oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Hierbei kann es auf die individuelle prothetische Versorgung der aufgeführten behinderten Gruppen grundsätzlich nicht ankommen. Der Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung muss sich strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren; dies ist Satz 1 in Abschnitt 2 Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG. Bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen ist zu beachten, dass das Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist. Dies gilt auch, wenn Gehbehinderte einen Rollstuhl benutzen: Es genügt nicht, dass ein solcher verordnet wurde, der Betroffene muss vielmehr ständig auf den Rollstuhl angewiesen sein, weil er sich sonst nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann (so früher Teil B Ziff. 31 AHP 2008; zur weiteren Anwendbarkeit der AHP als antizipiertes Sachverständigengutachten vgl. BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R und bezüglich der VG BSG Urteil vom 22.07.2013 - b 9 SB 15/13 B). Für die Gleichstellung ist bei dem Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen, wobei sich ein den Anspruch ausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren lässt. Der gleichzustellende Personenkreis beschränkt sich auf schwerbehinderte Menschen, deren Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und die sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen können wie die in Abschnitt 2 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO einzeln aufgeführten Vergleichsgruppen (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 5/05 R - Juris). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).
Zu den in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten Gruppen von schwerbehinderten Menschen gehört der Kläger nicht. Er ist diesem Personenkreis auch nicht gleichzustellen, da seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Verwaltungsvorschrift genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann.
Dass sich der Kläger nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen, den vom SG eingeholten Gutachten von Dr. D. und Dr. H. nicht der Fall und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Gehfähigkeit des Klägers ist zur Überzeugung des Senats auch nicht auf das Schwerste soweit eingeschränkt, dass er sich praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Dies entnimmt der Senat sowohl dem Gutachten von Dr. D. als auch dem von Dr. H ...
Die für den Nachteilsausgleich aG geforderte große körperliche Anstrengung ist nach der Rechtsprechung des BSG dann gegeben, wenn die Wegstreckenlimitierung darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach kurzer Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weitergehen kann. Dass der betroffene Gehbehinderte nach einer bestimmten Strecke eine Pause machen muss, ist lediglich Indiz für eine Erschöpfung. Für den Nachteilsausgleich aG reichen irgendwelche Erschöpfungszustände zudem nicht aus (BSG, Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R). Vielmehr müssen sie in ihrer Intensität mit den Erschöpfungszuständen gleichwertig sein, die bei den ausdrücklich genannten außergewöhnlich Gehbehinderten auftreten. Gradmesser hierfür kann die Intensität des Schmerzes oder der Luftnot nach dem Zurücklegen einer bestimmten Wegstrecke sein. Ein solches Erschöpfungsbild lässt sich u.a. aus der Dauer der erforderlichen Pause sowie den Umständen herleiten, unter denen der Betroffene nach der Pause seinen Weg fortsetzt. Nur kurzes Pausieren mit anschließendem Fortsetzen des Weges ohne zusätzliche Probleme ist im Hinblick auf den von den Vergleichsgruppen gebildeten Maßstab zumutbar (BSG, a.a.O.).
Allein entscheidend ist somit weder die vom Betroffenen zurücklegbare Gehstrecke noch die Anstrengung, unter welcher diese unternommen wird. Vielmehr muss in der Zusammenschau das Gesamtbild der Gehfähigkeit bewertet werden. Zwar haben die behandelnden Ärzte in ihren sachverständigen Zeugenaussagen gestützt auf die Angaben des Klägers die mögliche Gehstrecke auf maximal 55 m limitiert und deswegen das Merkzeichen für angemessen erachtet. So hat der behandelnde Orthopäde Dr. T. die Gehstrecke auf 50 Meter eingeschätzt, der behandelnde Allgemeinarzt nur auf 20 Meter. Demgegenüber hat der Kläger dem Sachverständigen Dr. D. gegenüber eingeräumt, Gehstrecken von 80 bis 100 Metern zurücklegen zu können. Im Rehabilitations-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2009 ist sogar von einer möglichen Wegstrecke von 500 Metern die Rede. Diese Diskrepanz zwischen den einzelnen Angaben lässt sich nach den Ausführungen des Gutachters Dr. H. damit erklären, dass die Gehfähigkeit des Klägers tagesformabhängig ist. Das Gehvermögen des Klägers schwankt unter Zugrundelegung dieser Prämisse zwischen 20 Meter (Dr. U.) über 80 bis 100 Meter (eigene Angaben gegenüber Dr. D.) bis hin zu 500 Meter (Rehabilitations-Entlassungsbericht), wobei der Kläger dieses letzte Ausmaß bestreitet. Dr. K. hat sogar nachvollziehbar eine Besserung im Gehvermögen dadurch begründet, dass der Kläger infolge Radfahrens und anderen Ausdauersports sowie durch zunehmend zügigere kleinere Spaziergänge auf ebenerdigen Untergrund seine psychische Reizbarkeit zu lindern vermochte. Das hat der Kläger auch gegenüber Dr. D. bestätigt. Insgesamt stellt sich die Gehfähigkeit des Klägers daher als deutlich schwankend dar. Dr. H. erklärt die Schwankung nachvollziehbar damit, dass die psychische Verfassung des Klägers deutlich auf die Gehfähigkeit durchschlagen kann. Dies findet nach Ansicht des Senats auch im Rehabilitations-Entlassungsbericht seine Entsprechung, wonach der Kläger deutliche Fortschritte mit seiner linken Hand gemacht und der als Rehabilitationsziel formuliert hat, "Outdoor stellt der Patient sich das freie Gehen ohne Hilfsmittel vor". Der Kläger fühlt sich an guten Tagen dazu in der Lage, auch ohne Hilfsmittel - seinen Gehstock - zu gehen. An anderen Tagen ist die Gehfähigkeit subjektiv auf 10 bis 50 Meter reduziert.
Zu der Anstrengung, unter welcher dem Kläger das Gehen möglich ist, ist die Einschätzung der Ärzte im Wesentlichen einheitlich, nämlich dass aufgrund des vorliegenden Wernicke-Mann-Gangbildes sich der Kläger nur äußerst mühsam vorwärts bewegt. Bei Dr. D. waren 10 bis 15 Meter mit Stock und Schuhen ohne Erschöpfungszeichen zurückzulegen, während Dr. H. je nach Tagesform unter Berücksichtigung der psychischen Beschwerden größte Anstrengungen beobachtete. Die vom Kläger angeführten orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. T. aufgrund der Funktionsfähigkeit der Hüftgelenke und Kniegelenke nur als leicht- bis mittelgradig eingeschränkt anzusehen. Zusammenfassend geht der Senat daher davon aus, dass der Kläger mit psychischer Überlagerung an schlechten Tagen zwar nur unter größter Anstrengung eine kurze Wegstrecke zurücklegen kann, an anderen Tagen es ihm jedoch durchaus möglich ist, größere Strecken ohne Weiteres zurückzulegen. Das entnimmt der Senat insbesondere den Beobachtungen und Tests des Sachverständigen Dr. D ... Wie das erstinstanzliche Gericht jedoch richtigerweise herausgestellt hat, kann das Merkzeichen aG nur dann festgestellt werden, wenn dauerhaft und ständig ab den ersten Schritten die Gehfähigkeit aufs Äußerste eingeschränkt ist. Dies kann bei dem Kläger angesichts des schwankenden Verlaufes seiner Krankheit nicht bejaht werden.
Die Argumentation des Klägers, er benötige das Merkzeichen aG, da er nur auf Behindertenparkplätzen die Türe so weit öffnen könne, dass er auch in sein Fahrzeug einsteigen könne, stützt ebenfalls sein Begehren nicht. So hat das Bundessozialgericht zutreffend entschieden, dass ein Schwerbehinderter, dessen Gehfähigkeit nicht in gleichem Maße wie bei dem in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO beispielhaft aufgeführten - eng zu fassenden - Personenkreis eingeschränkt ist, nicht deshalb als außergewöhnlich gehbehindert anerkannt werden kann, weil normale Parkplätze ihm das beim Ein- und Aussteigen in und aus seinem Fahrzeug erforderliche vollständige Öffnen der Wagentüre nicht oder nicht ungefährdet ermöglichen (BSG, Urteil vom 03.02.1988 - 9/9a RVs 19/86 - SozR 3870 § 3 Nr. 28; ständige Senatsrechtsprechung, zuletzt Urteil vom 08.08.2013 - L 6 SB 3879/12). Nichts anderes gilt für die gegenüber Dr. D. geäußerte Ersparnis von Parkgebühren, welche ihm entstehen, da er für die Gehstrecke mehr Zeit als ein normaler Verkehrsteilnehmer benötigt.
Zwar sieht der Senat, dass eine beträchtliche Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers vorliegt. Diese ist aber angemessen mit der Zuerkennung des Merkzeichens G berücksichtigt. Eine das Merkzeichen aG rechtfertigende Einschränkung der Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße, also derart, dass sich der Kläger selbständig nur unter ebenso großen Anstrengungen wie beispielsweise ein Doppeloberschenkelamputierter oder sich nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann, ist nicht festzustellen.
Auch mit seinem Hilfsantrag auf erneute Begutachtung konnte der Kläger nicht durchdringen. Eine weitere Beweisaufnahme hält der Senat nicht für notwendig.
Inwieweit ein Aufklärungsbedarf bestehen soll, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Zur Beurteilung der orthopädischen Befunde liegt dem Senat die sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dr. T. vor. Dass dieser die - im Übrigen nur geringfügig beschriebenen - Einschränkungen der "Gehwerkzeuge" nicht zutreffend ermittelt hat, hat der Kläger ebenso wenig behauptet wie eine Verschlechterung. Gleiches gilt für die internistischen Erkrankungen, die sich im Wesentlichen in der arteriellen Hypertonie und dem Diabetes erschöpfen, was der Senat den sachverständigen Zeugenaussage von Dr. W. entnimmt. Dass sich beide Erkrankungen auf die allein streitige Gehfähigkeit auswirken, ist nicht dargelegt. Die Gehfähigkeit des Klägers ist, wie der Senat oben dargestellt hat, in der Gesamtschau der sich darauf auswirkenden Befunde und letztlich funktionell zu betrachten. Der Senat hat den Hilfsantrag daher abgelehnt.
Insgesamt war die Berufung daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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