L 9 R 1145/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3290/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1145/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1963 geborene Kläger kam im Jahr 1979 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Nachdem er ab 1981 zunächst als Hilfsarbeiter in einer Autowerkstatt gearbeitet und anschließend eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker abgebrochen hatte, war er als Bauhelfer und ab 1987 als Lagerarbeiter bzw. Lagerverwalter beschäftigt. Seit 01.06.2004 war der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Nach Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 29.07.2004 erhielt er ab 24.09.2004 Krankengeld. Vom 01.02.2005 bis 30.11.2006 bezog er aufgrund eines Leistungsfalls vom 29.07.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Danach erhielt der Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Ein Rentenantrag des Klägers vom 29.11.2006 auf Weitergewährung von Rente über den 30.11.2006 hinaus hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 11.01.2007, Widerspruchsbescheid vom 18.06.2007, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe [SG] vom 23.02.2009 – S 16 R 3431/07 – und Urteil des Landessozialgerichts [LSG] vom 01.03.2011 – L 11 R 1553/09 –).

Am 14.04.2011 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von dem Arzt für Allgemeinmedizin K. untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 01.06.2011 eine ausreichende Belastbarkeit des Herz-Kreislaufsystems bei Herzkranzgefäßverkalkung und Anlage zweier Umgehungskreisläufe 2004, eine Neigung zu durch Kälte ausgelösten Verkrampfungen der kleinen Schlagadern an den Zehen sowie eine vorbeschriebene depressiv ängstliche Symptomatik fest. Er gelangte zum Ergebnis, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung und in Tagschicht könne der Kläger weiterhin täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten unter Kälte, Nässe und Zugluft sowie mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen. Nachvollziehbare Hinweise für eine rentenrelevante Einschränkung der Gehstrecke fänden sich nicht.

Den Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.06.2011 ab. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2011 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 04.08.2011 Klage zum SG (S 12 R 3290/11) erhoben und die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage von ärztlichen Unterlagen weiter verfolgt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.

Der Orthopäde B. hat am 20.09.2011 über Behandlungen des Klägers vom 08.01.2010 bis 11.04.2011 berichtet. Er hat angegeben, nach dem von ihm zuletzt am 11.04.2011 erhobenen Befund sei der Kläger in der Lage gewesen, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der aktuelle Befund sei ihm jedoch nicht bekannt.

Der Arzt für Innere Medizin, Angiologie und Phlebologie Dr. J. hat am 25.09.2011 angegeben, er habe den Kläger vom 15.02.2007 bis 20.05.2011 auf gefäßmedizinischem Gebiet behandelt. Der Kläger habe etwa seit Winter 2006/2007 in der kalten Jahreszeit über anfallsartig auftretende schmerzhafte Durchblutungsstörungen der Fußzehen und leichte trophische Hautveränderungen ohne Ulzerationen geklagt. Die Untersuchungen hätten ausschließlich der Diagnostik und der Linderung der Beschwerden, und nicht der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit gedient.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. F. hat unter dem 15.11.2011 angegeben, er behandle dem Kläger seit dem 06.07.2007. Der letzte Arztbesuch habe am 14.11.2011 stattgefunden. Der Kläger komme sehr regelmäßig, um die Untersuchungen durchführen zu lassen, die erforderlich seien, um seinen Bonus im Chronikerprogramm der Krankenkasse aufrechtzuerhalten und um sich Medikamente und seinen regelmäßigen Auszahlungsschein aushändigen zu lassen. Dabei mache er immer einen sehr klagsamen Eindruck. Im Vordergrund stünden diffuse Angaben von Schmerzen "von oben bis unten" mit wechselnden Angaben zu Organen bzw. Körperteilen. Eine Abhängigkeit der Schmerzen von Belastungen usw. sei nicht zu erkennen. Abklärungen erbrächten keinen Befund. Der Kläger scheine mehr an der Schilderung seiner Beschwerden interessiert zu sein als an ihrer Behandlung. Es erfolgten keine Nachfragen zur Medikamenteneinnahme, ob bzw. bei welchen Beschwerden möglicherweise eine Dosissteigerung zu erfolgen habe usw., wie es andere Patienten mit Schmerzen täten. Er liefere die Schilderung seiner Beschwerden ab und gehe wieder. Auffällig sei, dass die Stärke, die Dosis und die Häufigkeit der rezeptierten Schmerzmittel minimal seien und dass schmerzlindernde Eingriffe, wie sie z.B. von Seiten des Orthopäden angeboten würden, regelmäßig abgelehnt würden. Der Kläger sei in der Lage, eine körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies würde seine Depressivität günstig beeinflussen, wenn sein Leben weniger von Arztbesuchen als vielmehr von geregelter Arbeit strukturiert würde. Einige seiner jetzigen Beschwerden seien mit Trainingsmangel und körperlicher Inaktivität zu erklären.

Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Medizinaldirektor L. vom 12.01.2012 vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.02.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei nicht teilweise erwerbsgemindert und damit erst recht nicht voll erwerbsgemindert, da er zur Überzeugung des SG unter Beachtung qualitativer Einschränkungen in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu diesem Ergebnis gelange das SG aufgrund des ausführlichen und erschöpfenden Gutachtens des Arztes K. im Verwaltungsverfahren sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte des Klägers. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 24.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.03.2013 Berufung eingelegt und vorgetragen, seit 2004 sei er schwer herzkrank. Er habe starke Schmerzen an der Brust, an den Beinen, an den Füßen, an dem rechten Arm und dem Armgelenk. Hinzu kämen noch Bluthochdruck, Schwindelanfälle bei warmem Wetter sowie steife und stumpfe Füße bei kaltem Wetter. Aus diesen Gründen könne er nicht mehr arbeiten. Er habe keine Kraft mehr, sich mit einer so schweren Krankheit noch mit den Ämtern herumzuschlagen. Aus diesem Grunde wolle er, dass seine Rente bewilligt werde.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. April 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem beim Kläger am 11.01.2013 eine Koronarangiographie durchgeführt worden und eine Stent-Implantation erfolgt ist, hat der Senat den Internisten Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten eingeholt.

Dr. B. hat am 05.06.2013 mitgeteilt, dass der Kläger ihn am 14.11.2012, 02.01.2013 und 02.04.2013 aufgesucht habe. Nach der Stent-Implantation habe der Kläger eine Verschlechterung der Symptomatik angegeben. Das Herz würde ihm jetzt ständig weh tun, er sei sehr müde. Auch Arme und Beine würden schmerzen.

Der Internist Dr. S. hat im Gutachten vom 20.09.2013 unter Mitberücksichtigung einer Untersuchung durch den Arzt für Bronchialheilkunde Dr. van B. beim Kläger eine koronare Zweigefäßerkrankung, eine Hypertonie sowie eine Hyperlipidämie festgestellt. Ein Asthma bronchiale konnte nicht nachgewiesen werden. Aufgrund der Herzsituation sei der Kläger in der Lage, leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig, das heißt mindestens sechs Stunden täglich, zu verrichten. Zu vermeiden seien schwere körperliche Arbeiten, mittelschwere körperliche Arbeiten länger als drei Stunden täglich sowie häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich 500 m in einer Zeit von jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand September 2013, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).

Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere des Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. S. vom 20.09.2013 sowie des Gutachtens des Arztes für Allgemeinmedizin K. vom 01.06.2011, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, sowie der sachverständigen Zeugenaussagen des Orthopäden B. vom 20.09.2011, des Internisten Dr. J. vom 25.09.2011, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 15.11.2011 sowie des Internisten Dr. B. vom 05.06.2013.

Beim Kläger liegen im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet vor. Dabei handelt es sich um eine koronare Zweigefäßerkrankung, eine Hypertonie (Blutdruck in Ruhe 140/95 mmHg, während der ergometrischen Belastung 171/93 mmHg, eine Minute nach ergometrischer Belastung 123/100 mmHg) und eine Hyperlipidämie. Ein Hinweis auf ein Asthma bronchiale findet sich nicht. Eine signifikante restriktive oder obstruktive Einschränkung der Lungenfunktion war nicht feststellbar. Die Bodyplethysmographie ergab normale Atemwegs-widerstände. Im Ruhe-EKG fanden sich keine Auffälligkeiten. Die Belastungselektrokardio-graphie am Fahrradergometer (in sitzender Position) wurde vier Minuten mit 50 Watt, vier Minuten 75 Watt sowie sechs Sekunden mit 100 Watt durchgeführt, wobei der Abbruch wegen Ermüdung erfolgte. Ein Hinweis auf eine Koronarinsuffizienz fand sich nicht. Die Sauerstoffsättigung war nach Belastungsende normal. Die orientierende Untersuchung der unteren Extremitäten, einschließlich des Lymph- und Gefäßapparates, durch Dr. S. ergab ein normales arterielles Gefäßsystem. Eine Krampfaderbildung von klinischer Relevanz lag nicht vor. Die wegen der beklagten Beinbeschwerden durchgeführte Untersuchung mit der Ultraschall-Dopplersonde ergab normale Perfusionsdrucke, so dass eine hämodynamisch bedeutsame arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen werden kann. Die Neigung zu durch Kälte ausgelöste Verkrampfungen führt, wie der Gutachter K. nachvollziehbar dargelegt hat, zu qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich zum Ausschluss von Arbeiten unter Kälte, Nässe und Zugluft.

Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen schließen körperlich leichte Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden täglich nicht aus, wie der Gutachter K. und der Sachverständige Dr. S. für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt haben. Davon abweichende Beurteilungen ergeben sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte des Klägers. Vielmehr hielten der Orthopäde B. und der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. F. aufgrund der von ihnen erhobenen Befunde leichte Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden täglich ebenfalls für zumutbar.

Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten in Tagesschicht mit den genannten qualitativen Einschränkungen (Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft, ohne erhöhte Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen) mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar, wie der Senat den Gutachten des Arztes K. sowie des Internisten Dr. S. entnimmt. So konnte der Kläger bei einem von Dr. S. durchgeführten Gehtest in sechs Minuten 310 m zurücklegen, weswegen Dr. S. nachvollziehbar zum Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger in der Lage ist, viermal täglich mehr als 500 m zurückzulegen und für 500 m weniger als 20 Minuten benötigt. Darüber hinaus ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und fährt kürzere Strecken mit dem Auto selbst. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten über 15 Kilogramm, der Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft sowie mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend in geschlossenen wohl temperierten Räumen zu ebener Erde durchgeführt werden und nicht regelmäßig mit Schicht- oder Nachtarbeiten sowie mit erhöhten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen verbunden sind. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Angesichts dessen besteht keine Notwendigkeit, eine Verweisungstätigkeit zu benennen (BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 16 und in Juris sowie BSG, Urteil vom 09.05.2012, B 5 R 68/11 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 18 und in Juris).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er schon nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.

Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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