Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 4992/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1848/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Mehrbedarfes seit 01.01.2006.
Der 1950 geborene Kläger bezog vom Beklagten seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit 01.10.2013 bezieht er eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg v. 21.08.2013). Für den hier streitigen Zeitraum erhielt der Kläger ohne Unterbrechungen für die Bewilligungsabschnitte ab 01.01.2005 bis 31.10.2010 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung des jeweils geltenden Regelbedarfs sowie der Bedarfe für Unterkunft und Heizung. So wurden auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 31.08.2009 mit Bescheid vom 03.09.2009 insgesamt 602,00 EUR (Regelbedarf in Höhe von 359,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,00 EUR) bewilligt. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Schreiben vom 29.12.2009 beantragte der Kläger die Überprüfung sämtlicher Bescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich des nicht gewährten Mehrbedarfes "wegen § 69 Abs. 5" Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für die Zeit ab 01.01.2006.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2010 ab. Zur Begründung führte er aus, die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid nicht zu beanstanden sei.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 03.03.2010 bewilligte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 602,00 EUR monatlich (Regelbedarf 359,00 EUR zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,00 EUR). Unter Wiedergabe seiner BG-Nummer erhob der Kläger Widerspruch "gegen den Bescheid vom 24.03.2010". Mit Änderungsbescheid vom 10.06.2010 bewilligte der Beklagte Leistungen in Höhe von 517,20 EUR für den Zeitraum 01.07.2010 bis 31.07.2010. Grundlage hierfür war eine Nebenkostenabrechnung der Stadt O. für das Jahr 2009, die zu einer Rückzahlung gezahlter Mietnebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 84,80 EUR führte.
Unter dem 14.05.2010 begründete der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass der "ARGE" seine "SB-Eigenschaft" mit Merkzeichen "G" bei Erlass der vorausgegangenen Bescheide bekannt gewesen sei. Die "ARGE" sei daher verpflichtet, sämtliche Bescheide ab 01.01.2006 nach § 44 SGB X von Amts wegen aufzuheben, weil die Voraussetzungen für den Mehrbedarf nach § 69 Abs. 5 SGB X vorlägen. Die ARGE habe nachweislich das Recht unrichtig angewandt und sei von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweise.
Hierauf erließ der Beklagte einen Widerspruchsbescheid unter dem 08.07.2010. Er führte aus, dass dem Kläger mit dem genannten Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 602,00 EUR monatlich bewilligt worden seien. Im Juli 2010 sei das Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung für 2009 in Höhe von 84,80 EUR auf die Kaltmiete angerechnet worden, was mit dem Änderungsbescheid vom 10.06.2010 berücksichtigt worden sei. Weil der Kläger alleinstehend sei und zu den erwerbsfähigen Personen gehöre, lägen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II nicht vor, wonach ein Mehrbedarf von 17 % der nach § 20 maßgebenden Regelleistung zu gewähren sei, wenn nicht erwerbsfähige (voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) Personen, Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit Merkzeichen "G" seien.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" zu sein. Er hat auf § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a.F.) verwiesen, wonach nicht erwerbsfähige Leistungsbezieher einen Mehrbedarf von 17 % der Regelleistung erhielten, wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" seien. Der einzige Unterschied sei die bei ihm nicht festgestellte Nichterwerbsfähigkeit. Nach der zitierten Vorschrift werde der Mehrbedarfszuschlag in Form einer nicht einzelfallbezogenen Pauschale gewährt, um einen angemessenen Ausgleich für die erhöhten Aufwendungen der Lebensführung für behinderte Leistungsbezieher mit dem Merkzeichen "G" zu ermöglichen. Die Vorenthaltung der auch bei ihm bestehenden Mehraufwendungen sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Sofern § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a.F.) für die Gewährung des Mehrbedarfes in doppelter Weise Erwerbsunfähigkeit voraussetze, liege eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Benachteiligung im Hinblick auf Bedürftige im Regelungssystem des SGB XII vor. Es sei ein nicht überwindbarer Widerspruch, dem erwerbsfähigen Leistungsbezieher die Mehraufwendungen nicht zu ersetzen, jedoch gleichzeitig dem nicht Erwerbsfähigen einen entsprechenden Mehrbedarf zuzugestehen. Hilfsweise stütze er sich auf § 21 Abs. 4 SGB II. Auch hier werde das Bestehen des Mehrbedarfes für behinderte Leistungsbezieher anerkannt. Die zusätzliche Voraussetzung einer Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sei vergleichbar mit den ihm abverlangten Eigenbemühungen nach dem SGB II.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ergebe sich nicht aus § 21 Abs. 4 SGB II, denn der Kläger erhalte in dem streitigen Zeitraum seit dem 01.01.2006 keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Einen Anspruch könne der Kläger auch nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II herleiten. Einer unmittelbaren Anwendung der Vorschrift stehe entgegen, dass der Kläger erwerbsfähig sei. Eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht. Insofern fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 15.12.2010 (B 14 AS 44/09 R) bereits ausgeführt, dass es von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen entsprochen habe, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen. Wie das BSG entschieden habe, sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige anders als nicht erwerbsfähige Empfänger von Sozialgeld keinen Anspruch auf Leistungen wegen eines Mehrbedarfes hätten, wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" seien. Diesen Erwägungen hat sich die Kammer in vollem Umfang angeschlossen, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verneint und schließlich auch die Voraussetzungen des § 73 SGB XII als nicht erfüllt angesehen.
Gegen den ihm am 28.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.05.2012 Berufung eingelegt. Er hat auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen und daran festgehalten, dass ihm ein Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a. F.) zustehe. Der Beklagte habe schuldhaft zumindest ab 2005 vereitelt, dass er die ihm zustehenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erlangen konnte. Der Beklagte habe einen bewussten Gesetzesbruch bzw. eine Rechtswidrigkeit sowie einen Verfassungsverstoß mit objektiver Willkür betrieben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24. März 2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Juni 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2010 und unter Aufhebung des weiteren Bescheides vom 24.03.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 bis 30. September 2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an der bislang vertretenen Auffassung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist insbesondere auch statthaft, weil der Kläger wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Den Befangenheitsantrag des Klägers vom 25.03.2014 gegen den Berichterstatter RLSG Kaißer hat der Senat mit Beschluss vom 07.04.2013 zurückgewiesen. Soweit der Kläger - in Kenntnis dieses Beschlusses - am 07.04.2014 Dienstaufsichtsbeschwerde sowie den Antrag gestellt hat, diejenigen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, die die "Befangenheitsablehnung gegen Richter Kaißer entschieden haben", liegt ein offensichtlicher Missbrauch vor, sodass eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch vorab durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich ist.
Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. Gehrlein in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 42 Rn. 2 m.w.N.). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 60 Rn. 10d m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 07.04.2014 pauschal alle Senatsmitglieder abgelehnt, die an dem Beschluss vom 07.04 ...2014 beteiligt waren. Substantiierte Tatsachen, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, wurden - auch im Termin der mündlichen Verhandlung am 08.04.20114 - nicht vorgetragen; vielmehr hat sich der Kläger allein gegen die Richtigkeit des Beschlusses vom 07.04.2014 gewandt. Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich (Bundessozialgericht (BSG) 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B, SozR 4-1500 § 60 Nr. 4). Unter diesen Umständen kann auch dahinstehen, ob das Ablehnungsrecht schon dadurch verlustig gegangen ist, weil der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung zur Sache eingelassen und Sachanträge gestellt hat (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 43 ZPO).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zusteht.
Die Klage ist insofern zulässig, als sie fristgerecht erhoben wurde. Der Senat geht davon aus, dass die in der SG-Akte vorliegende und mit Klageeinreichung vorgelegte Kopie des Briefumschlages, der das Datum des Frankierservice vom 12.07.2010 trägt, auch tatsächlich der Umschlag ist, mit dem der Widerspruchsbescheid des Beklagten versandt wurde. Ausgehend hiervon ist es zutreffend, dass die Klagefrist mit der Klageerhebung zur Niederschrift am 13.08.2010 gewahrt wurde (§§ 87 und 64 SGG). Unter Berücksichtigung, dass der 09.07.2010 ein Freitag gewesen ist, sind die Einlassungen des Klägers glaubhaft und es ist nachvollziehbar, dass die tatsächliche Aufgabe zur Post erst am 12.07. (Montag) erfolgte und ihm der Bescheid nach der Fiktion des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bekannt gegeben wurde.
Unzulässig ist die Klage jedoch, soweit der Kläger mit der erhobenen Klage höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.04.2010 und - nunmehr im Berufungsverfahren - vom 01.11.2010 bis 30.09.2013 begehrt. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist - allein - der Bescheid vom 24.03.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2010. Nur hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte nur über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 entschieden. Dem Widerspruchsbescheid 08.07.2010 lässt sich gerade nicht entnehmen, dass er auch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24.03.2010 verbeschieden hat, mit dem der Beklagte die Änderung der vorangegangenen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X seit 01.01.2006 abgelehnt hat. Damit liegt keine abschließende Verwaltungsentscheidung über diesen Antrag vor. Für die Bewilligungszeiträume bis 30.04.2010 fehlt es damit an dem nach § 78 Abs. 1 SGG erforderlichen Vorverfahren. Die in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG genannten Ausnahmen liegen zudem nicht vor. Sonstige Gründe, weshalb das Vorverfahren entbehrlich sein könnte, sind insoweit nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als Streitgegenstand des Verfahrens Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs bei Schwerbehinderung und Merkzeichen "G" sind, eine Beschränkung des Streitgegenstandes nur auf den zu gewährenden Mehrbedarf also nicht in Betracht kommt (BSG Urteil v. 12.12.2013, B 4 AS 6/13 R (juris)). Darin liegt auch keine, wie der Kläger meint, unzulässige Verböserung im Widerspruchsverfahren. Sein Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.03.2010 ist lediglich noch nicht verbeschieden. Für den Zeitraum bis 30.09.2013 fehlt es ebenfalls an einem Vorverfahren. Nach Aktenlage sind die nachfolgenden Bewilligungsbescheide nicht wegen eines nicht berücksichtigten Mehrbedarfes angefochten worden. Selbst dann wären sie nicht Gegenstand des bereits anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens geworden. Sie waren im Übrigen auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Damit war allein darüber zu entscheiden, ob dem Kläger im Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 höhere Leistungen, ggfs. unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes, zustanden.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfes für nicht erwerbsfähige schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen "G" dargelegt und den Sachverhalt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zutreffend gewürdigt. Gleiches gilt für die vom SG gemachten Ausführungen für den zumindest hilfsweise verfolgten Anspruch aus § 21 Abs. 4 SGB II. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Die angegriffenen Bescheide sind auch im Übrigen hinsichtlich der im streitbefangenen Zeitraum bewilligten Leistungen nicht zu beanstanden. Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach den §§ 7 ff. SGB II erfüllt. Er hat insbesondere das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II (Geburtsdatum 1950) noch nicht erreicht. Darüber hinaus gibt es keinen Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Klägers und seines gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland. Trotz der behinderungsbedingten Einschränkungen mit der Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" ist der Kläger erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Eine Feststellung nach § 44a SGB II, war bislang weder erforderlich noch liegt eine solche vor. Anhaltspunkte dafür, dass die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers auf weniger als drei Stunden am Tag abgesunken sein könnte, liegen nicht vor. Entsprechendes wird auch vom Kläger weder behauptet noch belegt.
Darüber hinaus ist die Höhe der bewilligten Leistungen im Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 nicht zu beanstanden. Dies hat der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 08.07.2010 ausführlich unter Berücksichtigung und Wiedergabe der einzelnen Normen sowie des in diesem Zeitraum maßgeblichen Regelbedarfes (359 EUR) sowie des sich aus den Akten ergebenden Bedarfes für Unterkunft und Heizung (243 EUR) dargelegt. Bei der Nebenkostenabrechnung der Stadt O. handelt es sich um eine Rückzahlung, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen war und die deshalb gemäß § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung, hier also im Juli 2010, minderte. Rechtsfehler diesbezüglich sind nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht worden, sodass insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen werden kann (§ 136 Abs. 3 SGG).
Weitere Anspruchsgrundlagen, die dem Kläger insbesondere dauerhaft und pauschalierend einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verschaffen könnten, sind nicht ersichtlich. Konkrete Bedarfe hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Ergänzend zum Vortrag im Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass der Kläger für sein Begehren, einen Mehrbedarf von 17% des maßgeblichen Regelbedarfes zu erhalten, nicht mit dem Einwand gehört werden kann, der Beklagte habe es ab 2005 vereitelt, dass er ihm zustehende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erlangen konnte. Denn damit macht der Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II geltend. Legt man sein Begehren erweiternd dahingehend aus, dass es ihm grundsätzlich um höhere Leistungen und nicht nur um den - dauerhaft zu gewährenden - Zuschlag nach § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II a.F. geht, ist jedoch auch ein Anspruch nach § 21 Abs. 4 SGB II nicht gegeben. Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil dieser Mehrbedarf an den Bezug der in § 22 Abs. 4 SGB II genannten Leistungen (Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII) geknüpft ist. So heißt es in § 21 Abs. 4 SGB II ausdrücklich, dass ein Mehrbedarf anerkannt wird, wenn diese Leistungen "erbracht werden". Aus Satz 2 des § 21 Abs. 4 SGB II folgt zudem, dass dieser Mehrbedarf regelmäßig nur für die Dauer dieser Leistungen zu gewähren ist und darüber hinaus nur ausnahmsweise für eine Übergangszeit gewährt werden kann. Ein nur potentieller Anspruch auf den Mehrbedarf reicht daher nicht aus (vgl. von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 21 Rn. 22 m.w.N.). Solche Leistungen hat der Kläger aber in dem hier streitigen Zeitraum nicht bezogen. Es ist daher für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidend, ob dem Kläger Leistungen zur Eingliederung zu Unrecht verwehrt worden sind.
Der Senat sieht zudem keinen Grund, von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 42/08 R, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 44/09 R, beide in juris) abzuweichen. Das SG hat die maßgeblichen Passagen des Urteils des BSG vom 15.12.2010 in seinem Gerichtsbescheid wiedergegeben, sodass der Senat an dieser Stelle auf die erneute Wiedergabe verzichtet. Der Kläger verkennt, dass die Regelung an Sozialgeldbezieher anknüpft, an Personen also, die nur deshalb den Regelungen des SGB II unterliegen, weil sie mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben (§ 19 Abs. 1 S. 2 SGB II). Nichterwerbsfähige Sozialgeldempfänger wären ohne die Regelung in § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 a.F. (jetzt § 23 Nr. 4) SGB II schlechter gestellt, als diejenigen Nichterwerbsfähigen, die Anspruch auf Grundsicherung nach dem SGB XII und damit auch auf die Anerkennung eines Mehrbedarfes nach § 30 Abs. 1 SGB XII haben. § 30 SGB XII findet darüber hinaus auf Leistungsbezieher nach dem SGB II keine Anwendung (vgl. §§ 5 Abs. 2 und 21 SGB XII). Insoweit war es dem Gesetzgeber um eine Gleichstellung nicht erwerbsfähiger Hilfeempfänger in unterschiedlichen Leistungsregimen gegangen (Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 23 Rn. 30). Hieraus folgt jedoch nicht zugleich auch die Verpflichtung des Gesetzgebers, für alle erwerbsfähigen Schwerbehinderten mit einer Gehbehinderung einen Mehrbedarf vorzusehen. Deshalb fehlt es auch an einer planwidrigen Regelungslücke und auch an einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung gegenüber erwerbsfähigen gehbehinderten Hilfebedürftigen. Denn das BSG hat in den zitierten Entscheidungen zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat, weil die Anknüpfung an die Erwerbsfähigkeit eines Hilfebedürftigen ein hinreichendes Differenzierungskriterium im Hinblick auf die Gewährung des entsprechenden Mehrbedarfes ist. Kernanliegen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist in erster Linie, Arbeitslose in Arbeit zu integrieren. Neben der Verpflichtung, durch Einsatz ihrer Arbeitskraft die Hilfebedürftigkeit zu überwinden und damit auch spezifische Bedarfe abzudecken, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Zugang zu den Eingliederungsleistungen nach den §§ 16 ff. SGB II eröffnet, während diese für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige - wenn überhaupt - nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Auch wenn natürlich auch für erwerbsfähige, gehbehinderte Hilfebedürftige zusätzliche Eingliederungs- und Vermittlungshemmnisse bestehen, deren Beseitigung entsprechende Kosten auslösen kann, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn behinderungsbedingte Nachteile auf dem Arbeitsmarkt, die zugleich den Zugang zu umfassenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX eröffnen, werden - für den Fall, dass solche Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden - im Wesentlichen durch den (höheren) Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II abgedeckt. Dementsprechend entfällt der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (bzw. § 28 Satz 3 Nr. 4 SGB II a.F.) auch für voll erwerbsgeminderte Hilfebedürftige, soweit sie (ausnahmsweise) Leistungen zur Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB XII in Anspruch nehmen und damit ebenfalls einen Mehrbedarf entsprechend § 21 Abs. 4 SGB II erhalten (vgl. § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB XII, § 28 Satz 3 Nr. 4 2. Halbsatz SGB II a.F., jetzt: § 23 Nr. 4 SGB II). Die Abgrenzung der Fallkonstellationen ausgehend von der gesetzgeberischen Grundvorstellung, es bestehe kein Grund für die Gewährung eines Mehrbedarfs für den Fall, dass die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dauerhaft möglich erscheint, erweist sich damit auch für den Senat in Übereinstimmung mit den zitierten Entscheidungen des BSG als folgerichtig und sachgerecht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Mehrbedarfes seit 01.01.2006.
Der 1950 geborene Kläger bezog vom Beklagten seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit 01.10.2013 bezieht er eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg v. 21.08.2013). Für den hier streitigen Zeitraum erhielt der Kläger ohne Unterbrechungen für die Bewilligungsabschnitte ab 01.01.2005 bis 31.10.2010 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung des jeweils geltenden Regelbedarfs sowie der Bedarfe für Unterkunft und Heizung. So wurden auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 31.08.2009 mit Bescheid vom 03.09.2009 insgesamt 602,00 EUR (Regelbedarf in Höhe von 359,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,00 EUR) bewilligt. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Schreiben vom 29.12.2009 beantragte der Kläger die Überprüfung sämtlicher Bescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich des nicht gewährten Mehrbedarfes "wegen § 69 Abs. 5" Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für die Zeit ab 01.01.2006.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.03.2010 ab. Zur Begründung führte er aus, die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid nicht zu beanstanden sei.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 03.03.2010 bewilligte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 602,00 EUR monatlich (Regelbedarf 359,00 EUR zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 243,00 EUR). Unter Wiedergabe seiner BG-Nummer erhob der Kläger Widerspruch "gegen den Bescheid vom 24.03.2010". Mit Änderungsbescheid vom 10.06.2010 bewilligte der Beklagte Leistungen in Höhe von 517,20 EUR für den Zeitraum 01.07.2010 bis 31.07.2010. Grundlage hierfür war eine Nebenkostenabrechnung der Stadt O. für das Jahr 2009, die zu einer Rückzahlung gezahlter Mietnebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 84,80 EUR führte.
Unter dem 14.05.2010 begründete der Kläger seinen Widerspruch dahingehend, dass der "ARGE" seine "SB-Eigenschaft" mit Merkzeichen "G" bei Erlass der vorausgegangenen Bescheide bekannt gewesen sei. Die "ARGE" sei daher verpflichtet, sämtliche Bescheide ab 01.01.2006 nach § 44 SGB X von Amts wegen aufzuheben, weil die Voraussetzungen für den Mehrbedarf nach § 69 Abs. 5 SGB X vorlägen. Die ARGE habe nachweislich das Recht unrichtig angewandt und sei von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweise.
Hierauf erließ der Beklagte einen Widerspruchsbescheid unter dem 08.07.2010. Er führte aus, dass dem Kläger mit dem genannten Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 602,00 EUR monatlich bewilligt worden seien. Im Juli 2010 sei das Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung für 2009 in Höhe von 84,80 EUR auf die Kaltmiete angerechnet worden, was mit dem Änderungsbescheid vom 10.06.2010 berücksichtigt worden sei. Weil der Kläger alleinstehend sei und zu den erwerbsfähigen Personen gehöre, lägen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II nicht vor, wonach ein Mehrbedarf von 17 % der nach § 20 maßgebenden Regelleistung zu gewähren sei, wenn nicht erwerbsfähige (voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) Personen, Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit Merkzeichen "G" seien.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" zu sein. Er hat auf § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a.F.) verwiesen, wonach nicht erwerbsfähige Leistungsbezieher einen Mehrbedarf von 17 % der Regelleistung erhielten, wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" seien. Der einzige Unterschied sei die bei ihm nicht festgestellte Nichterwerbsfähigkeit. Nach der zitierten Vorschrift werde der Mehrbedarfszuschlag in Form einer nicht einzelfallbezogenen Pauschale gewährt, um einen angemessenen Ausgleich für die erhöhten Aufwendungen der Lebensführung für behinderte Leistungsbezieher mit dem Merkzeichen "G" zu ermöglichen. Die Vorenthaltung der auch bei ihm bestehenden Mehraufwendungen sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Sofern § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a.F.) für die Gewährung des Mehrbedarfes in doppelter Weise Erwerbsunfähigkeit voraussetze, liege eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Benachteiligung im Hinblick auf Bedürftige im Regelungssystem des SGB XII vor. Es sei ein nicht überwindbarer Widerspruch, dem erwerbsfähigen Leistungsbezieher die Mehraufwendungen nicht zu ersetzen, jedoch gleichzeitig dem nicht Erwerbsfähigen einen entsprechenden Mehrbedarf zuzugestehen. Hilfsweise stütze er sich auf § 21 Abs. 4 SGB II. Auch hier werde das Bestehen des Mehrbedarfes für behinderte Leistungsbezieher anerkannt. Die zusätzliche Voraussetzung einer Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sei vergleichbar mit den ihm abverlangten Eigenbemühungen nach dem SGB II.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ergebe sich nicht aus § 21 Abs. 4 SGB II, denn der Kläger erhalte in dem streitigen Zeitraum seit dem 01.01.2006 keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Einen Anspruch könne der Kläger auch nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II herleiten. Einer unmittelbaren Anwendung der Vorschrift stehe entgegen, dass der Kläger erwerbsfähig sei. Eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht. Insofern fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 15.12.2010 (B 14 AS 44/09 R) bereits ausgeführt, dass es von vornherein dem gesetzgeberischen Anliegen entsprochen habe, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Mehrbedarf allein wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht zugänglich zu machen. Wie das BSG entschieden habe, sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige anders als nicht erwerbsfähige Empfänger von Sozialgeld keinen Anspruch auf Leistungen wegen eines Mehrbedarfes hätten, wenn sie Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" seien. Diesen Erwägungen hat sich die Kammer in vollem Umfang angeschlossen, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verneint und schließlich auch die Voraussetzungen des § 73 SGB XII als nicht erfüllt angesehen.
Gegen den ihm am 28.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.05.2012 Berufung eingelegt. Er hat auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen und daran festgehalten, dass ihm ein Anspruch nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 SGB II (a. F.) zustehe. Der Beklagte habe schuldhaft zumindest ab 2005 vereitelt, dass er die ihm zustehenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erlangen konnte. Der Beklagte habe einen bewussten Gesetzesbruch bzw. eine Rechtswidrigkeit sowie einen Verfassungsverstoß mit objektiver Willkür betrieben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 24. März 2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Juni 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2010 und unter Aufhebung des weiteren Bescheides vom 24.03.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 bis 30. September 2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an der bislang vertretenen Auffassung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist insbesondere auch statthaft, weil der Kläger wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Den Befangenheitsantrag des Klägers vom 25.03.2014 gegen den Berichterstatter RLSG Kaißer hat der Senat mit Beschluss vom 07.04.2013 zurückgewiesen. Soweit der Kläger - in Kenntnis dieses Beschlusses - am 07.04.2014 Dienstaufsichtsbeschwerde sowie den Antrag gestellt hat, diejenigen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, die die "Befangenheitsablehnung gegen Richter Kaißer entschieden haben", liegt ein offensichtlicher Missbrauch vor, sodass eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch vorab durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich ist.
Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. Gehrlein in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 42 Rn. 2 m.w.N.). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 60 Rn. 10d m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 07.04.2014 pauschal alle Senatsmitglieder abgelehnt, die an dem Beschluss vom 07.04 ...2014 beteiligt waren. Substantiierte Tatsachen, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, wurden - auch im Termin der mündlichen Verhandlung am 08.04.20114 - nicht vorgetragen; vielmehr hat sich der Kläger allein gegen die Richtigkeit des Beschlusses vom 07.04.2014 gewandt. Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich (Bundessozialgericht (BSG) 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B, SozR 4-1500 § 60 Nr. 4). Unter diesen Umständen kann auch dahinstehen, ob das Ablehnungsrecht schon dadurch verlustig gegangen ist, weil der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung zur Sache eingelassen und Sachanträge gestellt hat (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 43 ZPO).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zusteht.
Die Klage ist insofern zulässig, als sie fristgerecht erhoben wurde. Der Senat geht davon aus, dass die in der SG-Akte vorliegende und mit Klageeinreichung vorgelegte Kopie des Briefumschlages, der das Datum des Frankierservice vom 12.07.2010 trägt, auch tatsächlich der Umschlag ist, mit dem der Widerspruchsbescheid des Beklagten versandt wurde. Ausgehend hiervon ist es zutreffend, dass die Klagefrist mit der Klageerhebung zur Niederschrift am 13.08.2010 gewahrt wurde (§§ 87 und 64 SGG). Unter Berücksichtigung, dass der 09.07.2010 ein Freitag gewesen ist, sind die Einlassungen des Klägers glaubhaft und es ist nachvollziehbar, dass die tatsächliche Aufgabe zur Post erst am 12.07. (Montag) erfolgte und ihm der Bescheid nach der Fiktion des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bekannt gegeben wurde.
Unzulässig ist die Klage jedoch, soweit der Kläger mit der erhobenen Klage höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.04.2010 und - nunmehr im Berufungsverfahren - vom 01.11.2010 bis 30.09.2013 begehrt. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist - allein - der Bescheid vom 24.03.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2010 und des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2010. Nur hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte nur über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 entschieden. Dem Widerspruchsbescheid 08.07.2010 lässt sich gerade nicht entnehmen, dass er auch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24.03.2010 verbeschieden hat, mit dem der Beklagte die Änderung der vorangegangenen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X seit 01.01.2006 abgelehnt hat. Damit liegt keine abschließende Verwaltungsentscheidung über diesen Antrag vor. Für die Bewilligungszeiträume bis 30.04.2010 fehlt es damit an dem nach § 78 Abs. 1 SGG erforderlichen Vorverfahren. Die in § 78 Abs. 1 S. 2 SGG genannten Ausnahmen liegen zudem nicht vor. Sonstige Gründe, weshalb das Vorverfahren entbehrlich sein könnte, sind insoweit nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als Streitgegenstand des Verfahrens Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs bei Schwerbehinderung und Merkzeichen "G" sind, eine Beschränkung des Streitgegenstandes nur auf den zu gewährenden Mehrbedarf also nicht in Betracht kommt (BSG Urteil v. 12.12.2013, B 4 AS 6/13 R (juris)). Darin liegt auch keine, wie der Kläger meint, unzulässige Verböserung im Widerspruchsverfahren. Sein Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.03.2010 ist lediglich noch nicht verbeschieden. Für den Zeitraum bis 30.09.2013 fehlt es ebenfalls an einem Vorverfahren. Nach Aktenlage sind die nachfolgenden Bewilligungsbescheide nicht wegen eines nicht berücksichtigten Mehrbedarfes angefochten worden. Selbst dann wären sie nicht Gegenstand des bereits anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens geworden. Sie waren im Übrigen auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Damit war allein darüber zu entscheiden, ob dem Kläger im Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 höhere Leistungen, ggfs. unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes, zustanden.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfes für nicht erwerbsfähige schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen "G" dargelegt und den Sachverhalt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zutreffend gewürdigt. Gleiches gilt für die vom SG gemachten Ausführungen für den zumindest hilfsweise verfolgten Anspruch aus § 21 Abs. 4 SGB II. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Die angegriffenen Bescheide sind auch im Übrigen hinsichtlich der im streitbefangenen Zeitraum bewilligten Leistungen nicht zu beanstanden. Hierzu stellt der Senat fest, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach den §§ 7 ff. SGB II erfüllt. Er hat insbesondere das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II (Geburtsdatum 1950) noch nicht erreicht. Darüber hinaus gibt es keinen Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Klägers und seines gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland. Trotz der behinderungsbedingten Einschränkungen mit der Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" ist der Kläger erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Eine Feststellung nach § 44a SGB II, war bislang weder erforderlich noch liegt eine solche vor. Anhaltspunkte dafür, dass die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers auf weniger als drei Stunden am Tag abgesunken sein könnte, liegen nicht vor. Entsprechendes wird auch vom Kläger weder behauptet noch belegt.
Darüber hinaus ist die Höhe der bewilligten Leistungen im Zeitraum vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 nicht zu beanstanden. Dies hat der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 08.07.2010 ausführlich unter Berücksichtigung und Wiedergabe der einzelnen Normen sowie des in diesem Zeitraum maßgeblichen Regelbedarfes (359 EUR) sowie des sich aus den Akten ergebenden Bedarfes für Unterkunft und Heizung (243 EUR) dargelegt. Bei der Nebenkostenabrechnung der Stadt O. handelt es sich um eine Rückzahlung, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen war und die deshalb gemäß § 22 Abs. 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung, hier also im Juli 2010, minderte. Rechtsfehler diesbezüglich sind nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht worden, sodass insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen werden kann (§ 136 Abs. 3 SGG).
Weitere Anspruchsgrundlagen, die dem Kläger insbesondere dauerhaft und pauschalierend einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verschaffen könnten, sind nicht ersichtlich. Konkrete Bedarfe hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Ergänzend zum Vortrag im Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass der Kläger für sein Begehren, einen Mehrbedarf von 17% des maßgeblichen Regelbedarfes zu erhalten, nicht mit dem Einwand gehört werden kann, der Beklagte habe es ab 2005 vereitelt, dass er ihm zustehende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erlangen konnte. Denn damit macht der Kläger einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II geltend. Legt man sein Begehren erweiternd dahingehend aus, dass es ihm grundsätzlich um höhere Leistungen und nicht nur um den - dauerhaft zu gewährenden - Zuschlag nach § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 SGB II a.F. geht, ist jedoch auch ein Anspruch nach § 21 Abs. 4 SGB II nicht gegeben. Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil dieser Mehrbedarf an den Bezug der in § 22 Abs. 4 SGB II genannten Leistungen (Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII) geknüpft ist. So heißt es in § 21 Abs. 4 SGB II ausdrücklich, dass ein Mehrbedarf anerkannt wird, wenn diese Leistungen "erbracht werden". Aus Satz 2 des § 21 Abs. 4 SGB II folgt zudem, dass dieser Mehrbedarf regelmäßig nur für die Dauer dieser Leistungen zu gewähren ist und darüber hinaus nur ausnahmsweise für eine Übergangszeit gewährt werden kann. Ein nur potentieller Anspruch auf den Mehrbedarf reicht daher nicht aus (vgl. von Boetticher/Münder in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 21 Rn. 22 m.w.N.). Solche Leistungen hat der Kläger aber in dem hier streitigen Zeitraum nicht bezogen. Es ist daher für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidend, ob dem Kläger Leistungen zur Eingliederung zu Unrecht verwehrt worden sind.
Der Senat sieht zudem keinen Grund, von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 42/08 R, Urteil vom 15.12.2010, B 14 AS 44/09 R, beide in juris) abzuweichen. Das SG hat die maßgeblichen Passagen des Urteils des BSG vom 15.12.2010 in seinem Gerichtsbescheid wiedergegeben, sodass der Senat an dieser Stelle auf die erneute Wiedergabe verzichtet. Der Kläger verkennt, dass die Regelung an Sozialgeldbezieher anknüpft, an Personen also, die nur deshalb den Regelungen des SGB II unterliegen, weil sie mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben (§ 19 Abs. 1 S. 2 SGB II). Nichterwerbsfähige Sozialgeldempfänger wären ohne die Regelung in § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 a.F. (jetzt § 23 Nr. 4) SGB II schlechter gestellt, als diejenigen Nichterwerbsfähigen, die Anspruch auf Grundsicherung nach dem SGB XII und damit auch auf die Anerkennung eines Mehrbedarfes nach § 30 Abs. 1 SGB XII haben. § 30 SGB XII findet darüber hinaus auf Leistungsbezieher nach dem SGB II keine Anwendung (vgl. §§ 5 Abs. 2 und 21 SGB XII). Insoweit war es dem Gesetzgeber um eine Gleichstellung nicht erwerbsfähiger Hilfeempfänger in unterschiedlichen Leistungsregimen gegangen (Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 23 Rn. 30). Hieraus folgt jedoch nicht zugleich auch die Verpflichtung des Gesetzgebers, für alle erwerbsfähigen Schwerbehinderten mit einer Gehbehinderung einen Mehrbedarf vorzusehen. Deshalb fehlt es auch an einer planwidrigen Regelungslücke und auch an einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung gegenüber erwerbsfähigen gehbehinderten Hilfebedürftigen. Denn das BSG hat in den zitierten Entscheidungen zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat, weil die Anknüpfung an die Erwerbsfähigkeit eines Hilfebedürftigen ein hinreichendes Differenzierungskriterium im Hinblick auf die Gewährung des entsprechenden Mehrbedarfes ist. Kernanliegen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist in erster Linie, Arbeitslose in Arbeit zu integrieren. Neben der Verpflichtung, durch Einsatz ihrer Arbeitskraft die Hilfebedürftigkeit zu überwinden und damit auch spezifische Bedarfe abzudecken, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Zugang zu den Eingliederungsleistungen nach den §§ 16 ff. SGB II eröffnet, während diese für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige - wenn überhaupt - nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Auch wenn natürlich auch für erwerbsfähige, gehbehinderte Hilfebedürftige zusätzliche Eingliederungs- und Vermittlungshemmnisse bestehen, deren Beseitigung entsprechende Kosten auslösen kann, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn behinderungsbedingte Nachteile auf dem Arbeitsmarkt, die zugleich den Zugang zu umfassenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX eröffnen, werden - für den Fall, dass solche Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden - im Wesentlichen durch den (höheren) Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II abgedeckt. Dementsprechend entfällt der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (bzw. § 28 Satz 3 Nr. 4 SGB II a.F.) auch für voll erwerbsgeminderte Hilfebedürftige, soweit sie (ausnahmsweise) Leistungen zur Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB XII in Anspruch nehmen und damit ebenfalls einen Mehrbedarf entsprechend § 21 Abs. 4 SGB II erhalten (vgl. § 30 Abs. 4 Satz 3 SGB XII, § 28 Satz 3 Nr. 4 2. Halbsatz SGB II a.F., jetzt: § 23 Nr. 4 SGB II). Die Abgrenzung der Fallkonstellationen ausgehend von der gesetzgeberischen Grundvorstellung, es bestehe kein Grund für die Gewährung eines Mehrbedarfs für den Fall, dass die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dauerhaft möglich erscheint, erweist sich damit auch für den Senat in Übereinstimmung mit den zitierten Entscheidungen des BSG als folgerichtig und sachgerecht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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