L 5 R 551/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 832/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 551/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.11.2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in seiner im Zeitraum vom 15.10.2001 bis zum 08.10.2002 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit in der Buchhaltung der Sozialversicherungspflicht unterlegen hat.

Am 27.12.2002 reichte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Fragebogen zur Beurteilung seines sozialversicherungsrechtlichen Status ein. Die Beklagte wertete dies als Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status und forderte den Kläger zu weiteren Angaben auf. Daraufhin stellte der Beigeladene zu 1) am 06.02.2003 einen förmlichen Antrag auf Statusfeststellung für die Tätigkeit bei der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) gab an, er habe für die Klägerin Vorarbeiten für einen prüffähigen Jahresabschluss für die Jahre 2000 bis 2001 ausgeführt. Seit dem 16.11.2001 habe er ein Gewerbe angemeldet. Sein unternehmerisches Risiko bestehe darin, dass die Höhe seiner Einnahmen von seiner eigenen Tüchtigkeit und Initiative abhingen. Es habe sich um den Erstauftrag im Zuge einer Gewerbeneugründung gehandelt. Der Auftrag sei sehr zeitintensiv gewesen, so dass er kein Potential für weitere Aufträge gehabt habe. Dennoch habe er Werbung durch Zeitungsinserate betrieben, um zu bestätigen, dass er nicht von einem Auftraggeber abhängig sei. Nachdem er ein Angebot für eine abhängige Beschäftigung erhalten habe, habe er seine Pläne für eine Selbständigkeit aufgegeben. Die Zeit für die Auftragsdurchführung habe nach Abstimmung mit der Geschäftsleitung frei gestaltet werden können. Anwesenheitszeiten seien nicht einzuhalten gewesen. Die Tätigkeit sei im Betrieb der Klägerin ausgeführt worden, da dort der beste Datenzugang gewährleistet gewesen sei. Ihm seien Ziele vorgegeben worden, deren Erreichung zu vereinbarten Terminen mit der Geschäftsleitung abgesprochen worden seien. Ein Urlaubsanspruch und Honorarbezahlung im Krankheitsfall seien nicht vereinbart gewesen. Der Kapitaleinsatz sei eher gering gewesen und habe im Wesentlichen in den Fahrtkosten zwischen Auftragsort und Sitz seines Gewerbebetriebes bestanden.

Der Beigeladene zu 1) legte Rechnungen an die Klägerin vor, in der er unter "M. R. Unternehmensberatung" firmierte und die von ihm geleisteten Vorarbeiten für die Jahresabschlusserstellung für die Klägerin, die E. A. KG, die H. GmbH sowie "diverse Tätigkeiten Fibu" zu einem Stundensatz von 20,46 EUR und 20,45 EUR abgerechnet hatte. Ergänzend gab der Beigeladene zu 1) im Rahmen einer telefonischen Nachfrage an, er habe einen Arbeitsnachweis zu führen gehabt und habe Arbeitskontrollen unterlegen.

Der Beigeladene zu 1) arbeitet seit 07.01.2003 als Festangestellter in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.

Mit Schreiben vom 12.03.2003 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Feststellung eines abhängigen und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses an.

Die Klägerin nahm unter dem 04.08.2003 Stellung und ließ vortragen, der Beigeladene zu 1) sei nicht verpflichtet gewesen, die Tätigkeit in ihren Geschäftsräumen zu erbringen. Da er für seine Tätigkeit aber auf die ständige Verfügbarkeit der Daten der Finanzbuchhaltung der Klägerin angewiesen gewesen sei, habe er selbst aus Gründen der Zweckmäßigkeit entschieden, seine Tätigkeit am Betriebssitz der Klägerin zu verrichten. Einen Stundennachweis habe er nicht führen müssen, sondern dies ausschließlich im eigenen Interesse getan, um eine Grundlage für seine monatliche Honorarabrechnung zu haben. Selbstverständlich sei es zweckmäßig gewesen, wenn er entsprechende Stundennachweise seiner Honorarrechnung beigefügt habe. Ihm seien keine Weisungen erteilt worden, da seine Tätigkeit über die normale Buchhaltung hinausgegangen und im Betrieb der Klägerin niemand für diese Tätigkeit qualifiziert gewesen sei. Zwar habe man eine festangestellte Mitarbeiterin im Bereich der Buchhaltung beschäftigt, die Arbeiten des Beigeladenen zu 1) seien aber deutlich höher qualifiziert gewesen und hätten sonst nur durch ein externes Steuerberatungsbüro ausgeführt werden können. Eine fachliche Kontrolle habe nicht stattgefunden. Unabhängig davon habe sich die Klägerin aber über den Fortschritt der Auftragsbearbeitung informiert, da sie natürlich ein Interesse daran gehabt habe, dass der Beigeladene zu 1) nicht nur anwesend sei, sondern der Auftrag auch innerhalb eines zeitlichen Rahmen erledigt werde. Der Auftrag der Klägerin habe für den Beigeladenen zu 1) einen Einstieg in die Selbständigkeitsphase ermöglichen sollen. Naturgemäß habe er in dieser Phase noch keine eigenen Angestellten gehabt. Jedenfalls habe er sich mittels Werbung um Folgeaufträge anderer Auftraggeber bemüht. Eine abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB IV liege deshalb nicht vor.

Mit Bescheiden vom 27.10.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fest, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit im Bereich Buchhaltung in der Zeit vom 15.10.2001 bis 08.10.2002 im Rahmen eines abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin ausgeübt habe. Er sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen und habe Weisungen hinsichtlich von Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit sowie zur Art und Weise der Durchführung erhalten. Er habe alle benötigten Arbeitsmittel von der Klägerin kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen und sich in persönlicher Abhängigkeit zu ihr befunden. Die Gesamtwürdigung der Merkmale spreche daher für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Hiergegen legte die Klägerin am 18.11.2003 Widerspruch ein. Eine Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen im Rahmen der Anhörung habe nicht stattgefunden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene zu 1) sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Er habe seine Tätigkeit in den Räumlichkeiten der GmbH ausgeübt. Des Weiteren seien ihm alle zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigten Arbeitsmittel und Betriebsmittel, wie z.B. die EDV, kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Der Beigeladene zu 1) habe ausschließlich die eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig geworden. Die eigene Arbeitskraft sei auch nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolgt sei. Ein Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1) sei zwar nicht verpflichtet gewesen, die Leistungen persönlich zu erbringen. Allein die formale Berechtigung, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Die Klägerin habe auch festangestellte Mitarbeiter für die Buchhaltungsarbeiten beschäftigt. Da die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) lediglich die Vorarbeiten für die zu erstellenden Jahresabschlüsse umfasst hätten, hätten ihm untergeordnete Arbeiten oblegen. Bei derartigen Arbeiten sei eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers eher anzunehmen, als bei gehobeneren Tätigkeiten.

Dagegen erhob die Klägerin am 02.03.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen. Zur Begründung ließ sie geltend machen, der Beigeladene zu 1) sei als freier Mitarbeiter tätig gewesen. Insbesondere habe er nicht den Weisungen der Klägerin hinsichtlich seiner Arbeitszeiten, des Arbeitsortes sowie der Art und Weise der Durchführung seiner Tätigkeit unterlegen. Er sei weder in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen, noch sei er verpflichtet gewesen, seine Tätigkeit in deren Räumen auszuüben. Soweit dies dennoch der Fall gewesen sei, seien praktische Überlegungen ausschlaggebend gewesen. Andernfalls hätte er eine Vielzahl an Unterlagen und Daten mit nach Hause nehmen müssen. Er habe auch das Vergütungsrisiko seiner Tätigkeit getragen. Seine Tätigkeit sei nicht lediglich untergeordnet gewesen, nachdem die Mitarbeiter der Klägerin weder zeitlich noch nach ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten in der Lage gewesen seien, diese Arbeiten auszuführen. Es sei weit verbreitet, derartige Tätigkeiten zur Kosteneinsparung nicht dem Steuerberater zu übergeben, sondern selbständige Buchhalter oder Buchhaltungsbüros damit zu beauftragen.

Mit Bescheid vom 02.02.2010 änderte die Beklagte den Bescheid vom 27.10.2003 dahingehend ab, dass in der vom Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 15.10.2001 bis 08.10.2002 im Bereich Buchhaltung ausgeübten Tätigkeit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Das Sozialgericht erhob im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2011 telefonisch Angaben von dem wegen Krankheit nicht erschienenen Beigeladenen zu 1). Dieser gab an, eine Mitarbeiterin der Klägerin habe ihm damals die Arbeiten zugewiesen und gesagt, welche Dinge noch zu erledigen seien. Bei ihr habe er die von ihm erstellten Daten abgegeben und durchgesprochen. Er meine, sie sei die Leiterin des Finanzwesens bei der Klägerin gewesen. Er habe ihr zugearbeitet. Er sei ausgebildeter Steuerfachangestellter und habe damals ein Betriebswirtschaftsstudium begonnen. Kontakt zur Klägerin habe er über eine Personalleasingfirma bekommen, bei der er angestellt gewesen sei. Das sei allenfalls ein paar Monate gegangen. Hieran habe sich die Intention angeschlossen, sich selbständig zu machen. Er habe vorgehabt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden, sei aber so stark eingespannt gewesen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, weitere Aufträge abzuwickeln. Er hätte die Tätigkeit theoretisch auch zu Hause ausüben können, da er aber ständig auf Belege angewiesen gewesen sei, wäre dies praktisch aber sicherlich nicht umsetzbar gewesen. Er habe keinen selbständigen Zugriff auf das EDV-System der Klägerin gehabt, sondern sei immer über eine andere Person eingeloggt worden. Er habe sich im System auch nicht frei bewegen können. Als Mitarbeiter der Personalleasingfirma habe er ähnliche Tätigkeiten in der Finanzbuchhaltung verrichtet.

Mit Urteil vom 15.11.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Tätigkeit des Klägers sei als versicherungspflichtige Tätigkeit einzustufen. Der Beigeladene zu 1) habe zwar hinsichtlich seiner Arbeitszeit und Arbeitsdauer nicht den Weisungen der Klägerin unterlegen. Dies werde neben den Angaben des Beigeladenen zu 1) auch von dem Umstand gestützt, dass die Abrechnungszeiträume erhebliche Unterschiede aufwiesen und auch die damit anfallende Stundenzahl Schwankungen unterworfen sei, welche keine regelmäßige, vorgegebene Arbeitszeit erkennen lasse. Jedoch sei der Beigeladene zu 1) dem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit unterworfen gewesen. Zwar dürften gerade bei höheren Tätigkeiten, zu denen die Vorbereitung eines Jahresabschlusses zähle, die Anforderungen an eine Weisungsgebundenheit nicht überspannt werden. Nach den glaubwürdigen Schilderungen des Beigeladenen zu 1) habe dieser indessen Abgleichungsarbeiten vorgenommen, wobei ihm von einer ihm offensichtlich übergeordneten Buchhalterin gesagt worden sei, welche Konten und Buchungen im einzelnen abgeglichen werden müssten. Ihr sei darüber hinaus nach den Schilderungen des Beigeladenen zu 1) immer wieder zu berichten und mit ihr das weitere Vorgehen abzusprechen gewesen. Der Umstand, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in den Räumlichkeiten der Klägerin erfolgt sei, spreche zwar nicht zwingend für die Annahme einer Abhängigkeit. Die Anwesenheit des Beigeladenen zu 1) habe unzweifelhaft den Zweck verfolgt, dass vor Ort die Buchungsdaten und Unterlägen zur Verfügung gestanden hätten. Dass dem Beigeladenen zu 1) jedoch offensichtlich nicht einmal vor Ort ein Zugang zum Buchhaltungssystem in der EDV der Klägerin gewährt worden sei und ein Mitarbeiter der Klägerin sich für ihn habe einloggen müssen, zeige deutlich, dass eine weitergehende Möglichkeit, auf eigenen Geräten zu Hause Zugang zu erlangen, nicht bestanden habe und der Zugang zum System vielmehr nachhaltig kontrolliert worden sei. Der Beigeladene zu 1) sei damit auch in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert gewesen. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spreche auch der Umstand einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin sowie die Tatsache, dass er keine darüber hinausgehenden Kapazitäten gehabt habe, um weitere Aufträge abzuwickeln. Insoweit könnte berücksichtigt werden, dass es sich um seinen ersten Auftrag gehandelt habe. Gerade in dieser Konstellation sei verbreitet, dass zunächst nur ein Auftraggeber vorhanden sei, der damit auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Auftragnehmers abbilde. Hierbei sei indessen zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1) gerade nicht im Aufbau einer Selbständigkeit befindlich gewesen sei. Er habe nicht einmal sagen können, von wem die Initiative ausgegangen sei, die zuvor als entliehener Arbeitnehmer einer Personalagentur verrichtete Tätigkeit nun auf selbständiger Basis auszuüben. In dieser Konstellation überwiege die Abhängigkeit von einem einzigen Auftraggeber bei weitem. Im Rahmen der Gesamtabwägung sei von einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen, nachdem der Beigeladene zu 1) sowohl in wirtschaftlicher Art und Weise als auch in der Ausübung seiner Tätigkeit den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen sei und damit die persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) dessen praktisch nicht vorhandenes unternehmerisches Risiko und seine nur in geringem Umfang vorhandenen Freiheiten im Rahmen der zeitlichen Gestaltung seiner Tätigkeit bei weitem überstiegen hätten.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 28.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.01.2012 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und macht ergänzend geltend, mit dem Beigeladenen zu 1) Dienstleistungen mündlich vereinbart zu haben. Er habe in einem bestimmten Umfang und in einer bestimmten Art Buchhaltungsarbeiten, und zwar Vorbereitungsarbeiten für den Jahresabschluss, zu erbringen gehabt. Hierzu seien auch verschiedene Buchhaltungskonten abzustimmen gewesen. Es habe sich um einen fest umrissenen Auftrag an den Beigeladenen zu 1) gehandelt, wie er typischerweise zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im Rahmen eines freien Dienstvertrages vereinbart werde. Zu Unrecht sei das Sozialgericht von einer Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) ausgegangen. Entgegen den telefonisch erhobenen Angaben des Beigeladenen zu 1) habe er die Arbeiten nicht mit einer übergeordneten Buchhalterin abstimmen müssen. Wäre die Klägerin in der Lage gewesen, mit eigenem Personal die Abstimmungsarbeiten auszuführen, so wäre der Beigeladene zu 1) nicht beauftragt worden. Damit dieser seine Tätigkeiten habe erbringen und den Auftrag ausführen können, sei es jedoch erforderlich gewesen, ihm Zugang zu den wesentlichen Unterlagen zu verschaffen und ihm erforderlichenfalls auch Informationen zu geben. Es spreche daher nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1), wenn er einen "Ansprechpartner" im Betrieb der Klägerin gehabt habe, der ihm für Informationen und auch für etwaige Auskünfte zur Verfügung gestanden habe. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) habe aber nicht darin bestanden, anderen Buchhaltungsmitarbeitern der Klägerin in irgendeiner Form zuzuarbeiten, sondern vielmehr darin, Arbeiten anzufertigen, die unmittelbar zur Weiterverarbeitung durch den Steuerberater bestimmt gewesen seien. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche auch, dass nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vergütet worden seien. Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Tätigkeit höchstpersönlich auszuüben. Eine gegenteilige Feststellung wäre nur dann zu treffen, wenn über diesen Punkt konkret eine Vereinbarung getroffen worden wäre, und wenn die Klägerin dem Beigeladenen ausdrücklich untersagt hätte, sich eigener Hilfskräfte zu bedienen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Ein Merkmal für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei zwar, wenn die Tätigkeit teilweise im Betrieb des Auftraggebers ausgeübt werde. Allerdings seien hier die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Der Beigeladene zu 1) habe hierzu selbst auf Nachfrage ausgeführt, er habe damals grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, die Arbeiten auch zu Hause bzw. an der eigenen Betriebstätte auszuführen, aber diese Art der Leistung sei sehr unzweckmäßig gewesen. Es sei daher die Wahl des Beigeladenen zu 1) gewesen, in dieser Art und Weise zu verfahren, und nicht eine Anweisung seitens der Geschäftsleitung der Klägerin. Anders als das Sozialgericht es gesehen habe, stelle es kein Beweisanzeichen für eine abhängige Beschäftigung dar, wenn der Beigeladene eine andere Person benötige, um Zugang zur EDV der Klägerin zu erhalten. Es müsse der Klägerin zugestanden werden, ihr EDV-Netzwerk zu schützen und einem Auftragnehmer wie dem Beigeladenen zu 1) Einblick in Bereiche zu verwehren, die außerhalb des Auftragsverhältnisses liegen würden. Aus diesen "Einschränkungen" könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Beigeladene zu 1) nicht selbstständig tätig gewesen sei. Hätte er seine Tätigkeiten im eigenen Büro erbracht, so hätte er ebenfalls keinen Zugang zum EDV-Netzwerk der Klägerin gehabt. Fehlerhaft habe das Sozialgericht gerade diesem Umstand offenbar erhebliche Bedeutung beigemessen, und sogar angenommen, gerade hierdurch sei der Beigeladene "in die Betriebsabläufe der Klägerin integriert worden"; eine Schlussfolgerung, die nicht nachvollziehbar sei. Der Beigeladene zu 1) habe einen Zugang zur EDV der Klägerin gehabt, wenn auch keinen selbständigen Zugriff.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) die bei ihr in der Zeit vom 15.10.2001 bis zum 08.10.2002 ausgeübte Tätigkeit in der Buchhaltung nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und deswegen nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf die Gründe dieser Entscheidung. Es könne dahin gestellt bleiben, ob eine Abstimmung mit einer übergeordneten Buchhalterin oder mit einem Ansprechpartner erfolgt sei. Jedenfalls habe der Beigeladene zu 1) immer wieder berichten und das weitere Vorgehen absprechen müssen. Er sei weisungsgebunden und in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Dies zeige sich auch daran, dass er nicht einmal einen eigenen Zugriff zur EDV-Buchhaltung gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) die für die Klägerin während der Zeit vom 15.10.2001 bis zum 08.10.2002 verrichtete Tätigkeit in der Finanzbuchhaltung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und deswegen der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.

I. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nach Erlass des Änderungsbescheids vom 02.02.2010 nicht auf die unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.

Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Beigeladene zu 1) hat das Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV gewählt. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile v. 08.06.2011, - L 5 KR 4009/10 - und - L 5 R 4078/10 -).

Die von den Beteiligten unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayrischen LSG v. 07.12.2004 - L 5 KR 163/03 im sozialgerichtlichen Verfahren aufgeworfene Frage, ob auch nach Beendigung eines Auftragsverhältnisses ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden dürfe, hat sich durch die zwischenzeitliche Entwicklung der Rechtsprechung erledigt. Das BSG hat mit Urt. v. 04.06.2009 - B 12 KR 31/07 R entschieden, dass die DRV Bund im Rahmen des Anfrageverfahrens nicht gehindert ist, über die Frage der Sozialversicherungspflicht auch nach Beendigung der Beschäftigung zu entscheiden.

Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -).

Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit im Bereich der Buchhaltung hinreichend bestimmt bezeichnet. Die Beklagte hat sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr mit dem Änderungsbescheid vom 02.02.2010 ausdrücklich festgestellt, dass für die - während der Zeit vom 15.10.2001 bis 08.10.2002 - in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.

II.

Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Der Beigeladene zu 1) hat bei der Klägerin während der Zeit vom 15.10.2001 bis 08.10.2002 eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat nicht vorgelegen.

1.) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R ). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R-).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urt. v. 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -). Diese Abwägung ist gerichtlich voll nachprüfbar.

2.) Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene zu 1) während der streitigen Zeit bei der Klägerin im Bereich der Finanzbuchhaltung ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen.

Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) im Unternehmen der Klägerin.

Dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Finanzbuchhaltung der Klägerin zum Typus der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen ist, folgt für den Senat schon daraus, dass der Beigeladene zu 1) diese Tätigkeit unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin bereits auf der Basis der Arbeitnehmerentleihung durch eine Personalleasingfirma verrichtet hat. Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) vor dem Sozialgericht ist der Kontakt zur Klägerin über die Personalleasingfirma zustande gekommen. Der Beigeladene zu 1) hat ferner angegeben, in der Zeit der Anstellung bei der Personalleasingfirma ähnliche Arbeiten für die Klägerin ausgeführt zu haben. Nach einigen Monaten habe er sich dann selbständig machen wollen. Die Beendigung des Einsatzes des Beigeladenen zu 1) über die Personalleasingfirma und die Fortsetzung seiner Tätigkeit für die Klägerin als Selbständiger erweckt für den Senat den Eindruck, dass hier aus Gründen der Kostenreduzierung in die Scheinselbständigkeit gewechselt wurde. Der Beigeladene zu 1) war als Angestellter der Personalleasingfirma in abhängiger Beschäftigung tätig, er wurde der Klägerin als Angestellter im Wege der Arbeitnehmerüberlassung vermittelt. Selbständig Tätige werden nicht als Arbeitnehmer überlassen.

Der Beigeladene zu 1) hat auch vom zeitlichen Umfang her eine Vollzeitbeschäftigung mit einem bei Arbeitnehmern üblichen Zeitaufwand bei der Klägerin verrichtet. Dies ergibt sich aus den Stundenabrechnungen, die der Beigeladene zu 1) im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat. Daraus ist zu erkennen, dass er wöchentlich etwa 40 Arbeitsstunden für die Klägerin geleistet hat. So wurden z.B. für den Zeitraum vom 17.01.2002 bis zum 08.02.2002 128 Stunden, für die Zeit vom 08.02.2002 bis zum 08.03.2002 151,75 Arbeitsstunden und vom 11.03.2002 bis zum 12.04.2002 159 Stunden abgerechnet. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat hierin durchaus eine Regelmäßigkeit des zeitlichen Aufwands im Sinne einer Vollzeitbeschäftigung, die gerade wegen ihrer Regelmäßigkeit für Arbeitnehmer typisch ist.

Der Beigeladene zu 1) hat auch nachvollziehbar angegeben, für weitere Aufträge neben der Tätigkeit für die Klägerin keine Kapazitäten gehabt zu haben. Seine Werbebemühungen um andere Auftraggeber waren deshalb wohl kaum als ernsthaft zu werten, zumal er in seiner Erklärung zum Statusfeststellungantrag sogar ausdrücklich angegeben hat, Werbung durch Zeitungsannoncen betrieben zu haben um "zu bestätigen, nicht von einem Auftraggeber abhängig zu sein". Tatsächlich war er dies aber im streitgegenständliche Zeitraum in seiner Tätigkeit für die Klägerin der Fall. Zu Recht hat auch das Sozialgericht in Zweifel gezogen, dass sich der Beigeladene in der Existenzgründungphase einer selbständigen Tätigkeit befunden habe, da er nicht einmal angeben konnte, von wem die Initiative für die Selbständigkeit ausgegangen ist. Letztlich hat der Beigeladene zu 1) auch, als sich ihm die Möglichkeit einer Angestelltentätigkeit geboten hat, diese Beschäftigungsform gewählt und die Tätigkeit für die Klägerin beendet. Im Übrigen hätte es bei einem ernsthaften Willen zu selbständiger Tätigkeit auch nahegelegen, die Statusanfrage mit der Aufnahme der Tätigkeit zu stellen und nicht erst nach Ablauf der Tätigkeit, offenbar auf Betreiben der Krankenkasse. Der Beigeladene zu 1) hat hierzu vor dem Sozialgericht angegeben, die Klägerin habe die Begleichung seiner letzten Rechnung von der Beantwortung eines Fragebogens zur Scheinselbständigkeit abhängig gemacht. Dies spricht ebenfalls dafür, dass hier willentlich die Pflichten aus der abhängigen Beschäftigung eines Arbeitnehmers umgegangen werden sollten.

Auch ihrem Inhalt nach entspricht die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) dem Typus der abhängigen Beschäftigung. Der Beigeladene zu 1) hat in den Räumen der Klägerin Tätigkeiten im Bereich der Finanzbuchhaltung verrichtet, und zwar nicht nur die Vorbereitung von Jahresabschlüssen, sondern, wie sich aus seinen Rechnungen ergibt, auch diverse sonstige Tätigkeiten ("diverse Tätigkeiten Fibu", "Lfd. Finanzbuchhaltung 2002"). Diese Tätigkeiten wurden dem Beigeladenen zu 1) im Einzelnen übertragen, was für eine Weisungsgebundenheit spricht. Seine Angaben vor dem Sozialgericht, hier einer festangestellten Mitarbeiterin der Klägerin in der Finanzbuchhaltung der Klägerin zugearbeitet zu haben, sind daher plausibel. Nicht zuletzt hat die Klägerin in der Begründung ihrer Berufung angegeben, der Beigeladene zu 1) habe in einem "bestimmten" Umfang und in einer "bestimmten" Art Buchhaltungsarbeiten durchzuführen gehabt. Mangels schriftlicher Fixierung des Inhalts der Tätigkeit war dieser dem Beigeladenen zu 1) daher im Wege von Weisungen vorzugeben. Dies ist gerade typisch für eine abhängige Beschäftigung.

Wenn die Klägerin im Berufungsverfahren hingegen geltend macht, bei den Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) habe es sich um besonders qualifizierte Tätigkeiten gehandelt, die sonst niemand im Betrieb habe ausüben können und die anderenfalls an ein externes Steuerberatungsbüro hätten vergeben werden müssen, so spricht dies nicht für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Wenn sich die Klägerin dazu entschieden hat, die zu verrichtenden Tätigkeiten zunächst vom einem durch eine Personalleasingfirma vermittelten Arbeitnehmer ausführen zu lassen und diesem die Arbeiten sodann auch ohne die Vertragsbeziehung mit der Personalleasingfirma weiter auferlegt, so hat sie sich damit gerade für die Ausführung in einer abhängigen Beschäftigung entschieden und nicht für eine Fremdvergabe. Die weiteren Modalitäten der Tätigkeit, dass nämlich die Ausübung aufgrund des stets notwendigen Rückgriffs auf Belege tatsächlich nur in dem Betrieb der Klägerin ausführbar war, dass der Beigeladene zu 1) keine eigene Zugangsberechtigung zum EDV-System der Klägerin hatte und dass er Stundennachweise führte, die er offenbar seinen "Honorarabrechnungen" beigefügt hat, rundet das Bild einer abhängigen Beschäftigung ab. Er unterlag sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht der Kontrolle der Klägerin. Als Kapitaleinsatz hat der Beigeladene zu 1) lediglich seinen Kostenaufwand für die Fahrten zum Arbeitsplatz bei der Klägerin angegeben. Dies stellt aber mitnichten einen unternehmertypischen Kapitaleinsatz mit ungewissem Erfolg dar, sondern entspricht vielmehr dem von jedem Arbeitnehmer zu tragenden Kostenaufwand für die Fahrten zur Arbeitsstelle.

Die Berufung der Klägerin musste deshalb ohne Erfolg bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Im Anschluss an die inzwischen ständige Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -; Beschl. v. 05.03.2010 - B 12 8/09 R -) setzt der Senat den Auffangwert von 5.000 EUR und nicht den Betrag der ggf. nachzuzahlenden Beiträge an.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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