Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 2178/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 988/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.03.2012 hinaus.
Die 1965 in Griechenland geborene Klägerin war in der Zeit vom 21.11.1993 bis 30.06.2006 in Deutschland zuletzt als Versandkommissioniererin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitsunfähig.
Die Klägerin bezog in der Zeit vom 01.03.2010 bis 31.03.2012 von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 29.11.2011 beantragte sie die Weitergewährung der Rente.
Die Beklagte holte ein Gutachten bei Dr. D., Arzt für Orthopädie, ein, der unter dem 14.05.2012 bei der Klägerin eine primär chronische Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule (HWS) C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose ohne neurologische Ausfallerscheinungen, eine Metatarsalgie beidseits und ein Fibromyalgiesydnrom feststellte. Die Gesundheitsstörungen begründeten aber keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens bei der Klägerin, die in der Lage sei, leichte Arbeiten, mit Wechsel der Körperhaltung, hauptsächlich sitzend, ohne schweres Heben und Tragen, noch vollschichtig auszuüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiterin in einer Verpackungsfabrik sei aber nicht mehr zumutbar.
Mit Bescheid vom 18.06.2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.03.2012 hinaus ab mit der Begründung, zwar lägen bei ihr eine primär chronische Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose, eine Metatarsalgie beidseits sowie ein Fibromyalgie-Syndrom vor. Die sich hieraus ergebenden Einschränkungen führten jedoch nicht mehr zu einem Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Die Klägerin sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie leide aufgrund der rheumatoiden Arthritis unter erheblichen Gelenkschmerzen. Trotz ärztlicher Behandlung habe keine Beschwerdelinderung herbeigeführt werden können.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten auf internistischem Fachgebiet bei Dr. M.-P. ein, die im Gutachten vom 17.12.2012 eine rheumatoide Arthritis bei vorwiegendem Befall der Handwurzel- und Fingergelenke, degenerative Veränderungen der Hals- und Brustwirbelsäule sowie eine somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgie-Syndrom) feststellte. Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und ohne schweres oder mittelschweres Heben und Tragen auszuführen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei eingeschränkt für alle Tätigkeiten, die Feinmotorik, Präzision und Halten und Tragen erfordern. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen erfolgen unter Vermeidung von Kälte, Nässe, Zugluft, aber auch starker Hitze. Wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen und einer verzögerten Anlaufzeit am Morgen sei eine Tätigkeit über sechs Stunden täglich möglich. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Packerin sei nicht mehr geeignet. Die Wegefähigkeit sei erhalten, öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2013 zurück und führte dazu aus, die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in zeitlicher Hinsicht ein. Leichte Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Früh- bzw. Spätschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien und Hocken, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 10 kg zumutbar), ohne besondere Belastung durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe seien ihr täglich sechs Stunden und mehr zumutbar.
Am 15.04.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und daran festgehalten, sie sei aufgrund der chronischen Polyarthritis und der somatoformen Schmerzstörung nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Hinzu komme, dass die starken und chronischen Schmerzen zunehmend zu Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit und psychischer Beeinträchtigung führten. Deshalb befinde sie sich jetzt auch in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. V., der im Gutachten vom 30.10.2013 bei der Klägerin eine Fibromyalgie ohne Anhalt für das Vorliegen einer Läsion des zentralen oder peripheren Nervensystems sowie ein Ermüdungssyndrom festgestellt, zugleich aber die Auffassung vertreten hat, aus neurologisch-psychiatrischer Sicht seien der Klägerin leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.04.2012 noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in vorwiegend sitzender Körperhaltung unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Das SG stütze sich dabei auf das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. V. sowie die von der Beklagten eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. D. und der Internistin Dr. Meyer-Papageorgiou. Danach leide die Klägerin zwar unter einer chronischen Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, an Osteochondrose der Halswirbelsäule C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose sowie an einem Fibromyalgie-Syndrom. Jedoch bestehe zur Überzeugung des Gerichts auch unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen noch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich. Aus dem Gutachten des Orthopäden Dr. D. gehe hervor, dass alle Gelenke (außer dem linken Handgelenk) sowohl passiv als auch aktiv frei beweglich waren und die in den Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenken geklagten Beschwerden nicht objektiviert werden konnten. Ein pathologischer Befund konnte nicht erhoben werden. Auch die Sprunggelenke waren sowohl radiologisch als auch klinisch ohne krankhaften Befund. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich daher allein aufgrund der arthritischen Veränderung der Handgelenke. Diese führe zu Schmerzen bei Bewegungen, sodass die Gebrauchsfähigkeit der Hände durchaus nachvollziehbar gemindert sei. Dennoch seien nach der schlüssigen Einschätzung des Orthopäden leichte Tätigkeiten, ohne schweres oder mittelschweres Heben und Tragen und ohne besondere Anforderung an die Präzision weiterhin möglich. Diese Einschätzung sei im Hinblick auf den von der Klägerin im Rahmen der Begutachtung mitgeteilten Tagesablauf auch nachvollziehbar. Denn aus diesem ergebe sich, dass die Klägerin nach wie vor in der Lage sei, ihre Hausarbeiten (bspw. Aufräumen, Abwaschen, kleinere Spaziergänge mit dem Hund, Beschäftigen mit den Blumen im Hof) weitestgehend allein zu bestreiten. Gestützt werde die Beurteilung des Orthopäden Dr. D. auch durch das internistische Gutachten von Dr. M.-P. in welchem diese neben den im Wesentlichen gleichen Diagnosen zur selben Leistungsbeurteilung gekommen sei. Auch die dortige Leistungseinschätzung sei nachvollziehbar und schlüssig. Auch der in diesem Gutachten dokumentierte Tagesablauf der Klägerin lasse erkennen, dass zwar Beeinträchtigungen durch die Polyarthritis vorhanden, diese jedoch nicht derart gravierend seien, dass jedwede Tätigkeiten für die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien. Vielmehr habe die Klägerin davon berichtet, dass sie leichte Hausarbeiten wie Kochen, Bügeln, Wäsche machen oder auch leichte Gartenarbeiten selbstständig bewerkstelligen könne.
Das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. V. stütze das klägerische Begehren ebenfalls nicht. Zwar habe dieser bei der Klägerin die Diagnosen Fibromyalgie- und Erschöpfungssyndrom gestellt. Jedoch sei die Klägerin nach dessen Einschätzung dennoch in der Lage, leichte übliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, ohne Eigen- und Fremdgefährdung, ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Arbeiten an gefährdenden Maschinen oder an solchen, die die volle körperliche oder psychische Gebrauchsfähigkeit, Denkfertigkeit, Initiative und besondere Verantwortung erfordern und nicht im Arbeitsraum mit Kälte bzw. Zugluft und Nässe verbunden sind, auszuüben. Prof. Dr. V. habe bei der Klägerin weder eine deutliche Merkfähigkeitsschwäche noch eine wesentliche Gedächtnisstörung festgestellt, obwohl die Klägerin diese Beeinträchtigungen im Rahmen der Untersuchung mehrfach betont und auch in der Klagebegründung angeführt habe. Schließlich liege bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine spezifische Leistungsbehinderung vor. Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide aus, da die Klägerin nicht vor dem 01.02.1961 geboren ist.
Gegen den am 15.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.02.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, sie sei weiterhin der Auffassung, dass sie keinerlei Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. März 2012 hinaus eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, der Gerichtsbescheid des SG sei weder hinsichtlich seiner Tatsachenfeststellungen noch bezüglich seiner Beweiswürdigung und rechtlichen Schlussfolgerungen zu beanstanden.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben worden. Vorliegend beträgt die Berufungsfrist ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin ihren Wohnsitz im Ausland hat, grundsätzlich einen Monat nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung, da diese dem im Inland ansässigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin (am 15.01.2014) zugestellt worden ist (BSG SozR 1500 § 151 Nr. 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 10. Aufl. 2012, § 151 Rn. 6). Da die Rechtsmittelbelehrung des SG aber unrichtig war, weil darin über eine von der Klägerin einzuhaltende Berufungsfrist von drei Monaten belehrt wurde, verlängert sich die Berufungsfrist auf die - hier mit der Berufungseinlegung am 26.02.2014 gewahrte - Frist von einem Jahr (§ 66 Abs. 2 SGG) nach Zustellung.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.03.2012 hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch hierauf nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist und dass mit Blick auf das Geburtsdatum der Klägerin auch die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht kommt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich auch aus dem Berufungsvorbringen keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin für leichte Arbeiten ergeben. Da eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine spezifische Leistungsbehinderung nicht vorliegen, war auch keine Verweisungstätigkeit zu benennen. Die Klägerin ist, wie sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Gutachten von Prof. Dr. V. ergibt, auch in der Lage, viermal täglich über 500 m in zumutbarer Zeit, d.h. innerhalb von 20 Minuten, zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.03.2012 hinaus.
Die 1965 in Griechenland geborene Klägerin war in der Zeit vom 21.11.1993 bis 30.06.2006 in Deutschland zuletzt als Versandkommissioniererin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitsunfähig.
Die Klägerin bezog in der Zeit vom 01.03.2010 bis 31.03.2012 von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 29.11.2011 beantragte sie die Weitergewährung der Rente.
Die Beklagte holte ein Gutachten bei Dr. D., Arzt für Orthopädie, ein, der unter dem 14.05.2012 bei der Klägerin eine primär chronische Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule (HWS) C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose ohne neurologische Ausfallerscheinungen, eine Metatarsalgie beidseits und ein Fibromyalgiesydnrom feststellte. Die Gesundheitsstörungen begründeten aber keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens bei der Klägerin, die in der Lage sei, leichte Arbeiten, mit Wechsel der Körperhaltung, hauptsächlich sitzend, ohne schweres Heben und Tragen, noch vollschichtig auszuüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiterin in einer Verpackungsfabrik sei aber nicht mehr zumutbar.
Mit Bescheid vom 18.06.2012 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.03.2012 hinaus ab mit der Begründung, zwar lägen bei ihr eine primär chronische Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, eine Osteochondrose der Halswirbelsäule C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose, eine Metatarsalgie beidseits sowie ein Fibromyalgie-Syndrom vor. Die sich hieraus ergebenden Einschränkungen führten jedoch nicht mehr zu einem Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Die Klägerin sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie leide aufgrund der rheumatoiden Arthritis unter erheblichen Gelenkschmerzen. Trotz ärztlicher Behandlung habe keine Beschwerdelinderung herbeigeführt werden können.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten auf internistischem Fachgebiet bei Dr. M.-P. ein, die im Gutachten vom 17.12.2012 eine rheumatoide Arthritis bei vorwiegendem Befall der Handwurzel- und Fingergelenke, degenerative Veränderungen der Hals- und Brustwirbelsäule sowie eine somatoforme Schmerzstörung (Fibromyalgie-Syndrom) feststellte. Die Klägerin sei in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und ohne schweres oder mittelschweres Heben und Tragen auszuführen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei eingeschränkt für alle Tätigkeiten, die Feinmotorik, Präzision und Halten und Tragen erfordern. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen erfolgen unter Vermeidung von Kälte, Nässe, Zugluft, aber auch starker Hitze. Wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen und einer verzögerten Anlaufzeit am Morgen sei eine Tätigkeit über sechs Stunden täglich möglich. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Packerin sei nicht mehr geeignet. Die Wegefähigkeit sei erhalten, öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2013 zurück und führte dazu aus, die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in zeitlicher Hinsicht ein. Leichte Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Früh- bzw. Spätschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien und Hocken, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 10 kg zumutbar), ohne besondere Belastung durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe seien ihr täglich sechs Stunden und mehr zumutbar.
Am 15.04.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und daran festgehalten, sie sei aufgrund der chronischen Polyarthritis und der somatoformen Schmerzstörung nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Hinzu komme, dass die starken und chronischen Schmerzen zunehmend zu Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit und psychischer Beeinträchtigung führten. Deshalb befinde sie sich jetzt auch in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. V., der im Gutachten vom 30.10.2013 bei der Klägerin eine Fibromyalgie ohne Anhalt für das Vorliegen einer Läsion des zentralen oder peripheren Nervensystems sowie ein Ermüdungssyndrom festgestellt, zugleich aber die Auffassung vertreten hat, aus neurologisch-psychiatrischer Sicht seien der Klägerin leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit Gerichtsbescheid vom 09.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum ab 01.04.2012 noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in vorwiegend sitzender Körperhaltung unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Das SG stütze sich dabei auf das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. V. sowie die von der Beklagten eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. D. und der Internistin Dr. Meyer-Papageorgiou. Danach leide die Klägerin zwar unter einer chronischen Polyarthritis mit hauptsächlichem Befall der Handwurzelgelenke beidseits, an Osteochondrose der Halswirbelsäule C5/C6 und C6/C7 mit geringgradiger Spondylose sowie an einem Fibromyalgie-Syndrom. Jedoch bestehe zur Überzeugung des Gerichts auch unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen noch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich. Aus dem Gutachten des Orthopäden Dr. D. gehe hervor, dass alle Gelenke (außer dem linken Handgelenk) sowohl passiv als auch aktiv frei beweglich waren und die in den Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenken geklagten Beschwerden nicht objektiviert werden konnten. Ein pathologischer Befund konnte nicht erhoben werden. Auch die Sprunggelenke waren sowohl radiologisch als auch klinisch ohne krankhaften Befund. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich daher allein aufgrund der arthritischen Veränderung der Handgelenke. Diese führe zu Schmerzen bei Bewegungen, sodass die Gebrauchsfähigkeit der Hände durchaus nachvollziehbar gemindert sei. Dennoch seien nach der schlüssigen Einschätzung des Orthopäden leichte Tätigkeiten, ohne schweres oder mittelschweres Heben und Tragen und ohne besondere Anforderung an die Präzision weiterhin möglich. Diese Einschätzung sei im Hinblick auf den von der Klägerin im Rahmen der Begutachtung mitgeteilten Tagesablauf auch nachvollziehbar. Denn aus diesem ergebe sich, dass die Klägerin nach wie vor in der Lage sei, ihre Hausarbeiten (bspw. Aufräumen, Abwaschen, kleinere Spaziergänge mit dem Hund, Beschäftigen mit den Blumen im Hof) weitestgehend allein zu bestreiten. Gestützt werde die Beurteilung des Orthopäden Dr. D. auch durch das internistische Gutachten von Dr. M.-P. in welchem diese neben den im Wesentlichen gleichen Diagnosen zur selben Leistungsbeurteilung gekommen sei. Auch die dortige Leistungseinschätzung sei nachvollziehbar und schlüssig. Auch der in diesem Gutachten dokumentierte Tagesablauf der Klägerin lasse erkennen, dass zwar Beeinträchtigungen durch die Polyarthritis vorhanden, diese jedoch nicht derart gravierend seien, dass jedwede Tätigkeiten für die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien. Vielmehr habe die Klägerin davon berichtet, dass sie leichte Hausarbeiten wie Kochen, Bügeln, Wäsche machen oder auch leichte Gartenarbeiten selbstständig bewerkstelligen könne.
Das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. V. stütze das klägerische Begehren ebenfalls nicht. Zwar habe dieser bei der Klägerin die Diagnosen Fibromyalgie- und Erschöpfungssyndrom gestellt. Jedoch sei die Klägerin nach dessen Einschätzung dennoch in der Lage, leichte übliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, ohne Eigen- und Fremdgefährdung, ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Arbeiten an gefährdenden Maschinen oder an solchen, die die volle körperliche oder psychische Gebrauchsfähigkeit, Denkfertigkeit, Initiative und besondere Verantwortung erfordern und nicht im Arbeitsraum mit Kälte bzw. Zugluft und Nässe verbunden sind, auszuüben. Prof. Dr. V. habe bei der Klägerin weder eine deutliche Merkfähigkeitsschwäche noch eine wesentliche Gedächtnisstörung festgestellt, obwohl die Klägerin diese Beeinträchtigungen im Rahmen der Untersuchung mehrfach betont und auch in der Klagebegründung angeführt habe. Schließlich liege bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine spezifische Leistungsbehinderung vor. Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide aus, da die Klägerin nicht vor dem 01.02.1961 geboren ist.
Gegen den am 15.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.02.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, sie sei weiterhin der Auffassung, dass sie keinerlei Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 9. Januar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. März 2012 hinaus eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, der Gerichtsbescheid des SG sei weder hinsichtlich seiner Tatsachenfeststellungen noch bezüglich seiner Beweiswürdigung und rechtlichen Schlussfolgerungen zu beanstanden.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist rechtzeitig erhoben worden. Vorliegend beträgt die Berufungsfrist ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin ihren Wohnsitz im Ausland hat, grundsätzlich einen Monat nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung, da diese dem im Inland ansässigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin (am 15.01.2014) zugestellt worden ist (BSG SozR 1500 § 151 Nr. 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 10. Aufl. 2012, § 151 Rn. 6). Da die Rechtsmittelbelehrung des SG aber unrichtig war, weil darin über eine von der Klägerin einzuhaltende Berufungsfrist von drei Monaten belehrt wurde, verlängert sich die Berufungsfrist auf die - hier mit der Berufungseinlegung am 26.02.2014 gewahrte - Frist von einem Jahr (§ 66 Abs. 2 SGG) nach Zustellung.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31.03.2012 hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch hierauf nicht besteht, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist und dass mit Blick auf das Geburtsdatum der Klägerin auch die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht kommt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich auch aus dem Berufungsvorbringen keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin für leichte Arbeiten ergeben. Da eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine spezifische Leistungsbehinderung nicht vorliegen, war auch keine Verweisungstätigkeit zu benennen. Die Klägerin ist, wie sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Gutachten von Prof. Dr. V. ergibt, auch in der Lage, viermal täglich über 500 m in zumutbarer Zeit, d.h. innerhalb von 20 Minuten, zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved