Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 3231/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5248/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14. November 2013 wird zurückgewiesen und die Klage auf Gewährung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs als unzulässig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Nachteilsausgleichs aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) sowie verschiedene Leistungen von dem Beklagten.
Auf den Erstantrag des am 10.04.1930 geborenen Klägers vom 08.07.2002 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2003 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 und aufgrund des Verschlimmerungsantrags vom 23.04.2009 mit Bescheid vom 05.06.2009 den GdB von 40 fest.
In seinem Schreiben vom 08.06.2009 führte der Kläger aus, die Feststellung des GdB von 40 müsse wohl ein Irrtum sein, es hätte wohl eher 0,40 Prozent sein sollen. Der Beklagte beraumte daraufhin mehrere Besprechungstermine an, die allesamt vom Kläger nicht wahrgenommen wurden. Mit Schreiben vom 01.09.2009 erklärte er hierzu, er habe die Termine nicht wahrnehmen wollen, denn er habe in seinem Schreiben ganz verständlich geäußert, dass er von dem Beklagten nichts mehr wolle. Man habe ihm 40 Prozent zugebilligt, diese könne man doch nicht in kurzer Zeit so verändern, dass es entweder weniger oder mehr werde, wenn man sich nicht blamieren wolle. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05.06.2009 zurück.
Bereits am 22.06.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Mit Urteil vom 01.07.2011 verpflichtete das SG entsprechend dem vom Beklagten erklärten, vom Kläger indes nicht angenommenen Teilanerkenntnis den Beklagten, einen GdB von 60 ab 23.04.2009 und von 70 ab 29.09.2010 festzustellen (S 6 SB 1688/09).
Mit Schreiben vom 22.09.2011 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass bei der Prüfung der Angelegenheit festgestellt worden sei, dass bei dem Kläger auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens G gegeben seien. Sollte er die Feststellung dieses Merkzeichens wünschen, werde um baldige Rückäußerung und Antragstellung gebeten.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, der ihm übersandte Schwerbehindertenausweis sei für ihn ohne Nutzen. Auf das Schreiben des Beklagten vom 22.09.2011 ging der Kläger nicht ein.
Am 27.12.2012 hat der Kläger erneut beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, der Beklagte gebe auf seine lang zurückliegenden Schreiben keine Antwort. Er habe deshalb auch nicht das notwendige Merkzeichen G im Ausweis, werde nicht in Bussen befördert und komme beim Fahrradfahren in verkehrsgefährdende Situationen, da die Beine nicht in Ordnung seien. Der Ausweis sei weniger wert als Toilettenpapier, er liege nur sinnlos rum. Er müsse bei der sich zeigenden Verschlechterung das Zeichen aG haben, eine motorisierte Treppenhilfe und eine Behindertenrente.
Mit seiner Klageerwiderung hat der Beklagte vorgetragen, es sei kein Verwaltungsverfahren des Klägers anhängig. Er sei zwar mit Schreiben vom 22.09.2011 auf die Möglichkeit eines Antrages hinsichtlich des Merkzeichens G hingewiesen worden, ein solcher Antrag sei jedoch nicht gestellt worden. Soweit sich der Kläger nunmehr über das Fehlen des Merkzeichens G beschwere, sehe der Beklagte dies als Antrag an und werde einen entsprechenden Bescheid erteilen. Mit Bescheid vom 18.04.2013 hat der Beklagte das Merkzeichen G festgestellt.
Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 12.03.2013 zum Einwand des Beklagten, es sei kein Verfahren dort anhängig, daran erinnert, dass es sich ja auch um eine erneute Klage handele. Auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Klage voraussichtlich unzulässig sein dürfte, da kein entsprechendes Antragsverfahren, das nach dem Gesetz notwendig sei, durchgeführt worden sei, hat der Kläger in mehreren vielseitigen Schreiben Kritik an staatlichen Institutionen geäußert und persönliche Benachteiligungen geschildert.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, da hinsichtlich sämtlicher vom Kläger geltend gemachter Ansprüche ein notwendiges Antragsverfahren bzw. Vorverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt worden sei.
Gegen den ihm am 19.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.12.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, er sei hinsichtlich seiner Forderung nach einem Treppenlift an die Allgemeine Ortskrankenkasse als zuständige Behörde abgeschoben worden, die ihm aber geantwortet habe, dass dies nicht stimme und sie dies nicht machten. Es sei aber auch nicht richtig, dass er das Merkzeichen G schon habe. Weil er es mit einer hohen Gebühr habe bezahlen sollen, habe er das abgelehnt.
Auf den gerichtlichen Hinweis, dass es an einem konkreten Berufungsantrag bislang fehle und das SG wohl zu Recht die Klage bereits aus formalen Gründen abgelehnt habe, nachdem der Kläger die begehrten Leistungen bislang nicht bei dem Beklagten beantragt habe, hat der Kläger wiederum allgemeine sozialpolitische und gesellschaftliche Missstände angeprangert, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch ihm bekannte Personen im Einzelnen geschildert und außer den bereits genannten Leistungen auch ein behindertengerechtes Auto begehrt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14.11.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen aG festzustellen sowie ihm einen motorisierten Treppenlift, eine Behindertenrente und ein behindertengerechtes Kraftfahrzeug zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, dass den Schreiben des Klägers kein zweckdienlicher bzw. zulässiger Berufungsantrag entnommen werden könne. Im Übrigen hat der Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass für die begehrten Leistungen teilweise auch weder die Versorgungsverwaltung noch die Sozialgerichtsbarkeit zuständig sei.
Zu dem vom Berichterstatter anberaumten Erörterungstermin ist der Kläger nicht erschienen. Er hat mit Schreiben vom 20.02.2014 eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. G. vom 14.02.2014 vorgelegt (PAVK Stadium IV Ruheschmerzen im rechten Bein, vertebragener Thoraxschmerz, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, chronische Bronchitis, Depression Zustand nach Suizidversuch), der darin ausführt, der Kläger habe sich am 14.02.2013 erstmals vorgestellt, er präsentiere sich in einem desolaten Allgemeinzustand und sei pflegerisch verwahrlost. Eine geordnete Anamnese der Krankengeschichte sei nicht möglich. Im Vordergrund stehe aktuell eine schwere Durchblutungsstörung des rechten Beins mit Ruheschmerzen. Der Kläger könne nur wenige Meter schmerzfrei zu Fuß gehen. Er sei weder geistig noch körperlich in der Lage, zu dem anstehenden Gerichtstermin in Stuttgart anzureisen.
In einem weiteren Schreiben vom 21.04.2014 hat der Kläger gebeten, seine bei Gericht bekannten Forderungen als Antrag anzusehen und ihn nicht nochmals "denen" auszuliefern, die auch nur zu den Ablehnern gehören, "bis man tot ist und nichts mehr braucht".
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist auch im Übrigen zulässig.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals die Gewährung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs beantragt hat, entscheidet der Senat hier nur auf Klage, die ebenfalls in Ermangelung einer Verwaltungsentscheidung unzulässig ist (dazu siehe unten).
Dass der Kläger im Berufungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, führt nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. Denn nach § 151 Abs. 3 SGG soll die Berufungsschrift das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine Verletzung dieser Sollvorschrift hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Berufung (LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.09.2013 - L 2 R 236/13; BSG, SozR 1500 § 151 Nr. 11; SozR Nr. 2 zu § 151 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 9. Aufl., § 151 Rdnr. 11 b). Den Schreiben des Klägers kann bei der nach § 123 SGG gebotenen Auslegung ein sachdienlicher Berufungsantrag entnommen werden (zur Auslegung von Anträgen vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 92 Rdnr. 12 m. w. N.), den der Senat seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn sie war mangels vorheriger Durchführung eines Verwaltungsverfahrens hinsichtlich der beanspruchten Leistungen nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG unzulässig. Hierauf ist der Kläger sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren hingewiesen worden. Ohne eine entsprechende Antragstellung beim Beklagten nachzuholen, hat der Kläger im Berufungsverfahren sein Begehren jedoch sogar noch um die Gewährung eines behindertengerechten Fahrzeuges erweitert. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Leistungen (Feststellung des Merkzeichens aG, motorisierter Treppenlift, Behindertenrente, behindertengerechtes Fahrzeug) fehlt es daher an dem für eine gerichtliche Entscheidung notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. Vor § 51 Rdnr. 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es, wenn der Kläger nicht zunächst im behördlichen Verwaltungsverfahren die begehrten Leistungen beantragt und der Behörde Gelegenheit gibt, über den Antrag zu entscheiden. Denn erst im Falle behördlicher Ablehnung des Antrages sowie bei Leistungsanträgen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren kann außerhalb des Regelungsbereiches des § 88 SGG ein schützenswertes Bedürfnis auf gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung bestehen. Daher ist sowohl die echte als auch die unechte Leistungsklage vor dem Erlass einer Verwaltungsentscheidung grds. unzulässig und kann nur unter den Voraussetzungen des § 88 SGG, also einer unterlassenen Bescheidung trotz Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund, vor Erlass der Verwaltungsentscheidung unmittelbar Klage erhoben werden (Keller a. a. O. § 54 Rdnr. 39b). Da der Beklagte bislang mangels entsprechender Anträge des Klägers keine Entscheidung getroffen hat, war die unmittelbar beim SG (Merkzeichen aG, Treppenlift, Behindertenrente) bzw. beim LSG (behindertengerechtes Fahrzeug) erhobene Klage unzulässig.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Nachteilsausgleichs aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) sowie verschiedene Leistungen von dem Beklagten.
Auf den Erstantrag des am 10.04.1930 geborenen Klägers vom 08.07.2002 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2003 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 und aufgrund des Verschlimmerungsantrags vom 23.04.2009 mit Bescheid vom 05.06.2009 den GdB von 40 fest.
In seinem Schreiben vom 08.06.2009 führte der Kläger aus, die Feststellung des GdB von 40 müsse wohl ein Irrtum sein, es hätte wohl eher 0,40 Prozent sein sollen. Der Beklagte beraumte daraufhin mehrere Besprechungstermine an, die allesamt vom Kläger nicht wahrgenommen wurden. Mit Schreiben vom 01.09.2009 erklärte er hierzu, er habe die Termine nicht wahrnehmen wollen, denn er habe in seinem Schreiben ganz verständlich geäußert, dass er von dem Beklagten nichts mehr wolle. Man habe ihm 40 Prozent zugebilligt, diese könne man doch nicht in kurzer Zeit so verändern, dass es entweder weniger oder mehr werde, wenn man sich nicht blamieren wolle. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2009 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 05.06.2009 zurück.
Bereits am 22.06.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Mit Urteil vom 01.07.2011 verpflichtete das SG entsprechend dem vom Beklagten erklärten, vom Kläger indes nicht angenommenen Teilanerkenntnis den Beklagten, einen GdB von 60 ab 23.04.2009 und von 70 ab 29.09.2010 festzustellen (S 6 SB 1688/09).
Mit Schreiben vom 22.09.2011 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass bei der Prüfung der Angelegenheit festgestellt worden sei, dass bei dem Kläger auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens G gegeben seien. Sollte er die Feststellung dieses Merkzeichens wünschen, werde um baldige Rückäußerung und Antragstellung gebeten.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 teilte der Kläger dem Beklagten mit, der ihm übersandte Schwerbehindertenausweis sei für ihn ohne Nutzen. Auf das Schreiben des Beklagten vom 22.09.2011 ging der Kläger nicht ein.
Am 27.12.2012 hat der Kläger erneut beim SG Klage erhoben und geltend gemacht, der Beklagte gebe auf seine lang zurückliegenden Schreiben keine Antwort. Er habe deshalb auch nicht das notwendige Merkzeichen G im Ausweis, werde nicht in Bussen befördert und komme beim Fahrradfahren in verkehrsgefährdende Situationen, da die Beine nicht in Ordnung seien. Der Ausweis sei weniger wert als Toilettenpapier, er liege nur sinnlos rum. Er müsse bei der sich zeigenden Verschlechterung das Zeichen aG haben, eine motorisierte Treppenhilfe und eine Behindertenrente.
Mit seiner Klageerwiderung hat der Beklagte vorgetragen, es sei kein Verwaltungsverfahren des Klägers anhängig. Er sei zwar mit Schreiben vom 22.09.2011 auf die Möglichkeit eines Antrages hinsichtlich des Merkzeichens G hingewiesen worden, ein solcher Antrag sei jedoch nicht gestellt worden. Soweit sich der Kläger nunmehr über das Fehlen des Merkzeichens G beschwere, sehe der Beklagte dies als Antrag an und werde einen entsprechenden Bescheid erteilen. Mit Bescheid vom 18.04.2013 hat der Beklagte das Merkzeichen G festgestellt.
Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 12.03.2013 zum Einwand des Beklagten, es sei kein Verfahren dort anhängig, daran erinnert, dass es sich ja auch um eine erneute Klage handele. Auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Klage voraussichtlich unzulässig sein dürfte, da kein entsprechendes Antragsverfahren, das nach dem Gesetz notwendig sei, durchgeführt worden sei, hat der Kläger in mehreren vielseitigen Schreiben Kritik an staatlichen Institutionen geäußert und persönliche Benachteiligungen geschildert.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, da hinsichtlich sämtlicher vom Kläger geltend gemachter Ansprüche ein notwendiges Antragsverfahren bzw. Vorverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt worden sei.
Gegen den ihm am 19.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.12.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, er sei hinsichtlich seiner Forderung nach einem Treppenlift an die Allgemeine Ortskrankenkasse als zuständige Behörde abgeschoben worden, die ihm aber geantwortet habe, dass dies nicht stimme und sie dies nicht machten. Es sei aber auch nicht richtig, dass er das Merkzeichen G schon habe. Weil er es mit einer hohen Gebühr habe bezahlen sollen, habe er das abgelehnt.
Auf den gerichtlichen Hinweis, dass es an einem konkreten Berufungsantrag bislang fehle und das SG wohl zu Recht die Klage bereits aus formalen Gründen abgelehnt habe, nachdem der Kläger die begehrten Leistungen bislang nicht bei dem Beklagten beantragt habe, hat der Kläger wiederum allgemeine sozialpolitische und gesellschaftliche Missstände angeprangert, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch ihm bekannte Personen im Einzelnen geschildert und außer den bereits genannten Leistungen auch ein behindertengerechtes Auto begehrt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 14.11.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Merkzeichen aG festzustellen sowie ihm einen motorisierten Treppenlift, eine Behindertenrente und ein behindertengerechtes Kraftfahrzeug zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, dass den Schreiben des Klägers kein zweckdienlicher bzw. zulässiger Berufungsantrag entnommen werden könne. Im Übrigen hat der Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass für die begehrten Leistungen teilweise auch weder die Versorgungsverwaltung noch die Sozialgerichtsbarkeit zuständig sei.
Zu dem vom Berichterstatter anberaumten Erörterungstermin ist der Kläger nicht erschienen. Er hat mit Schreiben vom 20.02.2014 eine ärztliche Bescheinigung des Internisten Dr. G. vom 14.02.2014 vorgelegt (PAVK Stadium IV Ruheschmerzen im rechten Bein, vertebragener Thoraxschmerz, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, chronische Bronchitis, Depression Zustand nach Suizidversuch), der darin ausführt, der Kläger habe sich am 14.02.2013 erstmals vorgestellt, er präsentiere sich in einem desolaten Allgemeinzustand und sei pflegerisch verwahrlost. Eine geordnete Anamnese der Krankengeschichte sei nicht möglich. Im Vordergrund stehe aktuell eine schwere Durchblutungsstörung des rechten Beins mit Ruheschmerzen. Der Kläger könne nur wenige Meter schmerzfrei zu Fuß gehen. Er sei weder geistig noch körperlich in der Lage, zu dem anstehenden Gerichtstermin in Stuttgart anzureisen.
In einem weiteren Schreiben vom 21.04.2014 hat der Kläger gebeten, seine bei Gericht bekannten Forderungen als Antrag anzusehen und ihn nicht nochmals "denen" auszuliefern, die auch nur zu den Ablehnern gehören, "bis man tot ist und nichts mehr braucht".
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist auch im Übrigen zulässig.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals die Gewährung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs beantragt hat, entscheidet der Senat hier nur auf Klage, die ebenfalls in Ermangelung einer Verwaltungsentscheidung unzulässig ist (dazu siehe unten).
Dass der Kläger im Berufungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, führt nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. Denn nach § 151 Abs. 3 SGG soll die Berufungsschrift das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine Verletzung dieser Sollvorschrift hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Berufung (LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.09.2013 - L 2 R 236/13; BSG, SozR 1500 § 151 Nr. 11; SozR Nr. 2 zu § 151 SGG; Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 9. Aufl., § 151 Rdnr. 11 b). Den Schreiben des Klägers kann bei der nach § 123 SGG gebotenen Auslegung ein sachdienlicher Berufungsantrag entnommen werden (zur Auslegung von Anträgen vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 92 Rdnr. 12 m. w. N.), den der Senat seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn sie war mangels vorheriger Durchführung eines Verwaltungsverfahrens hinsichtlich der beanspruchten Leistungen nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG unzulässig. Hierauf ist der Kläger sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren hingewiesen worden. Ohne eine entsprechende Antragstellung beim Beklagten nachzuholen, hat der Kläger im Berufungsverfahren sein Begehren jedoch sogar noch um die Gewährung eines behindertengerechten Fahrzeuges erweitert. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Leistungen (Feststellung des Merkzeichens aG, motorisierter Treppenlift, Behindertenrente, behindertengerechtes Fahrzeug) fehlt es daher an dem für eine gerichtliche Entscheidung notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. Vor § 51 Rdnr. 20); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreicht werden kann. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es, wenn der Kläger nicht zunächst im behördlichen Verwaltungsverfahren die begehrten Leistungen beantragt und der Behörde Gelegenheit gibt, über den Antrag zu entscheiden. Denn erst im Falle behördlicher Ablehnung des Antrages sowie bei Leistungsanträgen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren kann außerhalb des Regelungsbereiches des § 88 SGG ein schützenswertes Bedürfnis auf gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung bestehen. Daher ist sowohl die echte als auch die unechte Leistungsklage vor dem Erlass einer Verwaltungsentscheidung grds. unzulässig und kann nur unter den Voraussetzungen des § 88 SGG, also einer unterlassenen Bescheidung trotz Antrags auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund, vor Erlass der Verwaltungsentscheidung unmittelbar Klage erhoben werden (Keller a. a. O. § 54 Rdnr. 39b). Da der Beklagte bislang mangels entsprechender Anträge des Klägers keine Entscheidung getroffen hat, war die unmittelbar beim SG (Merkzeichen aG, Treppenlift, Behindertenrente) bzw. beim LSG (behindertengerechtes Fahrzeug) erhobene Klage unzulässig.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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