L 2 R 5483/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 1831/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 5483/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. November 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente und Versicherungsschutz in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Der im Jahr 1947 geborene Kläger ist gelernter Bankkaufmann. In der Zeit vom 01.04.1961 bis 30.11.1981 war der Kläger abhängig beschäftigt, unterbrochen von Zeiten des Wehrdienstes (1968/69) sowie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit (01.10.1970 bis 31.03.1971, 30.04.1979 bis 30.06.1979 und 29.11.1979 bis 13.02.1980, geklärte Lücke März 1980). Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens gab er am 10.01.2005 an, dass der Versicherungsverlauf vollständig und richtig sei. Ab dem 01.12.1981 habe er nicht mehr gearbeitet, da er seine Mutter und seinen Bruder habe versorgen müssen.

Der Kläger beantragte am 24.11.2011 bei der Beklagten die Gewährung der Regelaltersrente. Zur KVdR gab er im Antragsvordruck an, dass die Meldung zur AOK B. (Beigeladene) erfolge. Der entsprechende Vordruck R810 war beigefügt. Die Frage 13.4, ob ein Zuschuss zu Aufwendungen für eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung oder für die Versicherung bei einem privaten Versicherungsunternehmen beantragt werde, verneinte der Kläger. Am 07.12.2011 ging die Meldung zur KVdR bei der Beigeladenen ein. Mit Bescheid vom 10.01.2012 lehnte die Beigeladene die Aufnahme des Klägers in die KVdR ab und führte aus, dass der Kläger nicht die Vorversicherungszeit erfülle. Diesen Bescheid focht der Kläger nicht an. Am 17.01.2012 sandte die Beklagte dem Kläger einen Antrag auf Beitragszuschuss zur privaten Versicherung (Bl. 38 VA Bekl.). Eine Meldung des Klägers erfolgte hierauf nicht.

Mit Bescheid vom 16.01.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.05.2012 in Höhe von monatlich 451,96 EUR (Bl. 8 SG-Akte). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erklärte, dass das Rentenminimum nach dem Existenzsicherungsgesetz 700 EUR betrage. Nach 35 Jahren bzw. 30 Jahren Arbeit bekomme man 1.100 EUR Rente. Er habe 20 Jahre gearbeitet und bekomme somit mindestens 800 bis 850 EUR Rente. Als Zweitgeborener habe er nur 20 Jahre bis zu seinem 45. Lebensjahr halbtags arbeiten dürfen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine gesetzliche Vorschrift, wonach jedem Rentenbezieher eine Mindestrente in bestimmter Höhe zur Existenzsicherung zustehe, existiere nicht.

Dagegen hat der Kläger am 30.03.2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und sein Begehren auf höhere Rente und Krankenversicherung in der KVdR im Wesentlichen mit der gleichen Begründung weiterfolgt. Er hat darauf hingewiesen, dass er noch keine Krankenkassenkarte erhalten habe, obwohl gesetzliche Krankenversicherungspflicht bestehe und die Beiträge von der Rentenkasse gezahlt werden müssten. Den Zuschuss zur Krankenversicherung habe er nicht beantragt, weil dort die private Krankenversicherung erwähnt sei, die er wahrscheinlich nicht bekomme. Auch bestehe die Möglichkeit der Beantragung von Leistungen zur Grundsicherung wahrscheinlich nicht, da er nach 20 Jahren Ganztagsarbeit Vollrente bekomme.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihre Hinweise zur Beantragung eines Zuschusses zur KVdR sowie von Grundsicherungsleistungen verwiesen.

Mit Beschluss vom 10.04.2013 hat das SG die AOK Baden-Württemberg zum Verfahren beigeladen. Der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde abgelehnt, die dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des SG vom 29.04.2013 - S 23 R 1931/13 ER; Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28.05.2013 - L 10 R 1972/13 ER-B).

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2013 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente von wenigstens 800 bis 850 EUR monatlich. Anhaltspunkte, aus denen sich eine zu gering bemessene Rentenhöhe ergeben könnte, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere habe die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, dass entgegen der Auffassung des Klägers keine gesetzliche Vorschrift über eine Mindestrente existiere. Vielmehr obliege den Regelungen über die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II) bzw. über die Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch -SGB XII) die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums bei einer nicht existenzsichernden Rentenhöhe. Der Kläger habe auch weder Anspruch auf Versicherungsschutz in der KVdR, noch auf eine "Krankenkassenkarte". Dieses Begehren sei gegenüber der Beklagten bereits unzulässig. Zum einen habe sie im angefochtenen Rentenbescheid darüber keine Entscheidung getroffen, zum anderen sei sie für diese Frage des Krankenversicherungsrechts auch nicht zuständig. Eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Versicherung des Klägers in der KVdR scheide bereits aus prozessualen Gründen aus. Insbesondere ermögliche § 75 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine entsprechende Entscheidung gegenüber der Beklagten. Diese Vorschrift finde nur in den Fällen Anwendung, in denen zwischen dem streitigen Anspruch gegen den Beklagten bzw. den Beigeladenen eine Wechselwirkung bestehe, was bei Leistungsbescheiden einerseits und Entscheidungen über Beitrags- und Versicherungspflichten andererseits nicht zutreffe (Hinweis auf Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 75 Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.05.2013 - L 10 R 1972/13 ER-B). Die begehrte höhere Regelaltersgrenze stehe in keiner Wechselwirkung mit seiner Versicherungspflicht im Rahmen der KVdR. Im Übrigen würde eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Versicherung des Klägers in der KVdR ebenfalls aufgrund der bestandskräftigen Entscheidung der Beigeladenen vom 10.01.2012 ausscheiden. Ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für eine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung scheide ebenfalls aus. Trotz entsprechender Information habe der Kläger in seinem Antrag vom 24.11.2011 den Beitragszuschuss ausdrücklich nicht beantragt und erneut am 09.11.2012 zum Ausdruck gebracht, dass er einen solchen Zuschuss nicht begehre.

Gegen den mit Postzustellungsurkunde am 20.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger schriftlich beim SG am 17.12.2013 Berufung eingelegt. Es sei ein Gesetz, dass man krankenversichert sei. Er brauche dringend Krankenversicherung. Nach dem Existenzsicherungsgesetz betrage das Existenzminimum 700 EUR. Niemand dürfe benachteiligt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. November 2013 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger höhere Altersrente von wenigstens 800 EUR monatlich zu gewähren sowie ihn in der Krankenversicherung der Rentner gesetzlich zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2014 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 22. März 2014 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger kann weder höhere Altersrente noch eine Versicherung in der KVdR begehren.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 16.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2012 mit dem der Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 01.05.2012 in Höhe von 451,96 EUR bewilligt hat.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Feststellung der Rentenhöhe weder vorgetragen noch ersichtlich sind. So erklärt sich die geringe Rentenhöhe aus dem Umstand, dass der Versicherungsverlauf des Klägers Pflichtbeitragszeiten nur zwischen dem 01.04.1961 und dem 30.11.1981 aufweist und danach endet, obwohl der Renteneintritt erst am 01.05.2012 war. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsverlauf falsch ist, bestehen insbesondere auch deshalb nicht, weil der Kläger im Kontenklärungsverfahren am 10.01.2005 selbst angegeben hat, dass dieser vollständig und richtig sei und er anschließend einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgegangen sei. Dadurch hat er nur 16,4529 persönliche Entgeltpunkte erzielt, die für die Rentenhöhe bestimmend sind. Eine sogenannte Grundrente, die entsprechend den Vorstellungen des Klägers das Existenzminimum abdeckt, ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Ebenso zutreffend hat das SG hinsichtlich der KVdR, entschieden, dass der Kläger mit dem vorliegenden Rechtsstreit sein Begehren nicht durchzusetzen vermag. Es hat u.a. darauf hingewiesen, dass sich ein etwaiger Anspruch nicht gegen den Beklagten richtet, weil es sich um eine Frage des Krankenversicherungsrechts nach dem SGB V handelt, für die grundsätzlich die Beigeladene zuständig ist. Sie hat aber bereits nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 10.01.2012 - der hier nicht Streitgegenstand ist - entschieden, dass der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen wegen fehlender Vorversicherungszeit nicht erfüllt. Der Kläger irrt mit seiner Auffassung, dass jeder Rentner in der KVdR kraft Gesetzes versichert sei.

Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Da den Ausführungen des Klägers zu entnehmen ist, dass er offensichtlich nicht über dezidierte Kenntnisse des Sozialrechts verfügt, ist er nochmals darauf hinzuweisen, dass auf Antrag beim Träger der Sozialhilfe eventuell ein Anspruch auf aufstockende Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch in seinem Fall bestehen könnte. Ebenso könnte Krankenversicherungsschutz möglicherweise über den Abschluss eines Vertrages mit der Krankenkasse im Basistarif zu erzielen sein und hierzu ein Zuschuss beim Beklagten beantragt werden. Deshalb dürfte es angezeigt sein, dass sich der Kläger von kompetenter Stelle umfassend beraten lässt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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