L 13 AS 4873/13 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 776/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4873/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 23. Oktober 2013 ist zulässig (§ 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG war der Bescheid des Beklagten vom 26. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013, mit dem der Beklagte das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 31. Januar 2013 aufgrund einer Sanktion um monatlich 30 v. H. (112,20 EUR) gemindert hat. Damit ergibt sich für den Kläger aus dem klagabweisenden Urteil keine Beschwer in Höhe von mehr als 750 EUR; auch ist kein Zeitraum von mehr als einem Jahr betroffen.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seit BSG, Urteil vom 14. Dezember 1955 - 7 Rar 69/55 - Juris). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 144 Rdnr. 28). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf. Zwischen den Beteiligten ist die Minderung des Arbeitslosengeldes II um 30 v. H. des maßgebenden Regelbedarfs wegen verhinderter Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses streitig. Die insoweit anzustellenden Erwägungen und Überlegungen sind auf den Einzelfall bezogen und werfen keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung auf. Eine solche liegt insbesondere nicht darin, ob in dem dem Kläger unterbreiteten Vermittlungsvorschlag vom 31. Juli 2012 im Briefkopf die Bundesagentur für Arbeit oder das Jobcenter stand. Auch der Umstand, dass das SG bei seiner Entscheidung unberücksichtigt ließ, von wem der Vermittlungsvorschlag stammte, lässt eine grundsätzliche Bedeutung nicht erkennen. Der Kläger verkennt, dass Erwägungen zur Richtigkeit der Entscheidung des SG für die Frage der grundsätzlichen Bedeutung bereits systematisch verfehlt und irrelevant sind (Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 145 Rdnr. 5).

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Ein Rechtssatz in diesem Sinne hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt.

Auch ein Verfahrensfehler liegt nicht vor. Soweit der Kläger behauptet, er habe den erhaltenen Vermittlungsvorschlag vom 31. Juli 2012 in der Verhandlung dem SG vorlegen wollen, um den Absender im Briefkopf nachzuweisen, hat er einen Verfahrensfehler nicht dargetan, da das SG dies in seinem Urteil nicht für entscheidungserheblich erachtet hat. Denn bei der Beurteilung, ob ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, der zur Zulassung der Berufung führt, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 32a m.w.N.), da es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung geht (s.o.). Auch die materielle Prozessleitung nach § 139 ZPO fußt auf dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts, so dass auch insofern ein Verfahrensfehler nicht vorliegt. Soweit der Kläger mit Schreiben vom 26. September 2013 wegen einer Akteneinsicht -unbeantwortete- Fragen gestellt hat, liegt ein Verfahrensfehler, eine Verletzung rechtlichen Gehörs, nicht vor. Der Kläger hat damit das Recht auf Akteneinsicht nicht beantragt, sondern nur vorab Fragen gestellt. Das SG hat die Akteneinsicht auch nicht versagt und auch nicht auf Erinnerung hin über das Gesuch endgültig entschieden (vgl. § 120 Abs. 3 SGG). Schließlich hat der Kläger auch vor der Verhandlung weder an die Beantwortung der Fragen erinnert noch einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt noch hat er zur Akteneinsicht vorgesprochen, was zu den üblichen Geschäftszeiten möglich ist. Auch in der mündlichen Verhandlung hat er dies nicht gerügt, so dass ein solcher Mangel auch geheilt wäre (§ 202 SGG i.V.m. § 295 ZPO). Soweit der Kläger nur den Klageantrag, aber keine weiteren Anträge in der Verhandlung gestellt hat, liegt kein Verfahrensfehler des SG vor. Eine 22-minütige Verhandlung ist ausreichend, um seine Anträge zu stellen. Der Senat ist hinsichtlich der gestellten Anträge auch an das Protokoll gebunden (§ 165 ZPO).

Soweit der Kläger beim Senat einen Beweisantrag gestellt hat, verkennt der Kläger, dass im Beschwerdeverfahren auf Zulassung der Berufung -im Gegensatz zur Berufung- eine Beweisaufnahme nicht erfolgt.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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