L 6 U 3937/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 4068/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3937/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2012 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Entzug der ihm vormals gewährten Verletztenrente.

Der am 10.11.1960 geborene Kläger verunfallte am 16.03.1984 bei Gleisarbeiten. Die Erstversorgung und anschließende stationäre Behandlung erfolgte im Städtischen Krankenhaus M., wo eine Oberarmfraktur rechts sowie eine traumatische Amputation des fünften Fingers rechts (Digitus [D] 5) diagnostiziert worden ist (D-Arztbericht vom 16.03.1984). Im Nachschaubericht vom 20.03.1984 wird als weitere Diagnose eine Fingergrundgliedfraktur D 3 rechts als Unfallfolge genannt. Zur weiteren stationären Behandlung wurde der Kläger am 20.03.1984 in das Kreiskrankenhaus Lahr verlegt, wo er sich bis zum 12.04.1984 in stationärer Behandlung befand. Hier wurde außer der Grundgliedfraktur D 3 eine weitere Grundgliedfraktur D 4 rechts diagnostiziert. Der Kläger war wegen dieses Unfallereignisses vom 16.03. bis 05.08.1984 arbeitsunfähig. Dr. N., Oberarzt Kreiskrankenhaus L., wertete das am 26.09.1984 vorliegende Bildmaterial aus. Danach zeigten die Unfallaufnahmen vom 16.03.1984 eine Fraktur an der Basis des Mittelgliedes von D 5 sowie am Köpfchen des Grundgliedes von D 5 mit erheblicher Weichteilverletzung. Eine Aufnahme vom 19.03.1984 zeige dann den Zustand nach Amputation im Bereich des Mittelgelenkes. Das Köpfchen des Grundgliedes von D 5 sei noch reseziert worden. Die Aufnahmen vom 26.09.1984 zeigten regelrechte Amputationsverhältnisse an D 5, die übrigen Finger stellten sich jetzt unauffällig dar. Er beurteilte diese Befundlage als Amputation des Kleinfingers der rechten Hand unterhalb des Köpfchens des Grundgliedes mit jetzt regelrechten Amputationsverhältnissen. Die Röntgenaufnahmen des rechten Oberarmes vom 26.09.1984 zeigten die durch Bündelnagelung versorgte achsengerecht stehende Oberarmfraktur. Der Frakturspalt sei noch zu erkennen, wahrscheinlich aber durchbaut.

In dem Ersten Rentengutachten vom 03.10.1984 führte Dr. N. zu den verbliebenen Unfallfolgen aus, die Fraktur am rechten Oberarm sei nur teilkonsolidiert, der Frakturspalt noch deutlich zu erkennen, es bestehe der Verdacht auf eine beginnende Pseudoarthrosebildung, die Metallteile lägen reizlos, die Frakturen im Bereich des dritten und vierten Strahles der rechten Hand seien fest verheilt. Es bestehe eine leichte Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Ellenbogengelenkes und im Bereich des rechten Handgelenkes, die grobe Kraft der rechten Hand sei im Vergleich zur linken Seite um die Hälfte gemindert, der Faustschluss rechts sei noch nicht vollständig durchführbar, es bestehe eine Narbenbildung am rechten Oberarm nach operativer Versorgung sowie Zustand nach Amputation des rechten Kleinfingers im Grundglied. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage für den Zeitraum vom 06.08. bis 26.09.1984 (Tag der Untersuchung) 30 vom Hundert (v. H.) und werde bis zum Ablauf der beiden ersten Jahre nach dem Unfall voraussichtlich 20 v. H. betragen.

Anlässlich der am 03.01.1985 erfolgten Nachuntersuchung klagte der Kläger noch über Schmerzen im mittleren rechten Oberarm, vor allem bei Arbeiten mit Drehbewegungen des Oberarmes. Der Faustschluss sei inzwischen vollständig, er könne mit der rechten Hand beschwerdefrei zugreifen und arbeiten. Im Nachschaubericht vom 03.01.1985 wird weiter ausgeführt, der Faustschluss sei vollständig, die grobe Kraft beider Hände im Seitenvergleich regelrecht, die rechte Schulter frei beweglich, lediglich die Elevation bis 100 Grad mäßig eingeschränkt. Im mittleren Oberarmbereich gebe der Kläger einen mäßigen Druckschmerz an. Röntgenologisch zeige sich die Fraktur bei unveränderter Metalllage im Vergleich zur Voraufnahme weiter konsolidiert, die Frakturheilung habe deutlich zugenommen, der Frakturspalt sei nur noch gering sichtbar.

Im Zweiten Rentengutachten vom 13.03.1985 führte Dr. M., Oberarzt Kreiskrankenhaus L., aus, der Kläger habe anlässlich der Untersuchung vom 11.03.1985 über Schmerzen im Bereich des rechten Schultergelenkes, insbesondere bei Arbeiten über der Horizontalen geklagt und auf eine Schwäche der rechten Hand hingewiesen. Er könne auch die Finger der rechten Hand, insbesondere den Mittelfinger, nicht kräftig zur Faust schließen und den Mittelfinger nicht ganz in die Hohlhand einschlagen. Bei der klinischen Untersuchung sei eine gewisse Muskelminderung im Bereich des rechten Armes aufgefallen. Die rechte Hohlhand zeige Arbeitszeichen, aber keine Verschwielung, in der linken Hohlhand seien kräftige Verschwielungen nachweisbar. Die grobe Kraft des rechten Armes erscheine beim Vergleich mit links um ein Drittel, die grobe Kraft der rechten Hand um die Hälfte gegenüber links herabgesetzt. Beim Faustschluss liege der Stumpf des Kleinfingers in der gleichen Höhe wie die Grundglieder der übrigen Finger, der Ringfinger könne in die Hohlhand eingeschlagen, aber nicht eingekrallt werden, der Mittelfinger stehe 1 cm von der Hohlhand ab und könne nicht eingekrallt werden. Der Kleinfinger sei im Bereich der Mitte des Grundgliedes amputiert, der Amputationsstumpf sei gut verschieblich und habe eine gute Weichteildeckung, die Narbe verlaufe über die Kuppe des Stumpfes. Die Verletzungsfolgen wurden dahingehend zusammengefasst, dass eine weitgehend knöchern fest durchbaute Oberarmschaftfraktur in Oberarmmitte durch eine Bündelnagelung osteosynthetisch versorgt sei, der Bruchspalt noch angedeutet zu erkennen sei. Die Metallteile lägen reizlos im Knochengewebe. Es bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk sowie eine Narbenbildung im Bereich des Ellenbogens, eine Bewegungseinschränkung der Finger 3 und 4 der rechten Hand sowie ein Verlust des Kleinfingers im Bereich des Grundgliedes, dadurch unvollständiger Faustschluss, Verminderung der groben Kraft des rechten Armes, Muskelminderung des rechten Armes und Verminderung der groben Kraft der rechten Hand. Die MdE wurde mit 20 v. H. angegeben.

Mit Bescheid vom 17.04.1985 gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 16.03.1984 eine vorläufige Rente ab 06.08.1984 bis 26.09.1984 nach einer MdE um 30 v. H. und ab 27.09.1984 nach einer MdE um 20 v. H.

Am 25.04.1985 wurden im Kreiskrankenhaus L. die Bündelnägel entfernt, aber eine Plattenosteosynthese sowie eine Spongiosaplastik eingesetzt sowie eine Pseudoarthrose des rechten Oberarmes diagnostiziert.

Im radiologischen Befundbericht des Institutes für Radiologie, Kreiskrankenhaus L., vom 15.10.1985 wurde zur Bildgebung des rechten Oberarmes ausgeführt, man erkenne auf den heutigen Aufnahmen die wohl annähernd vollständig konsolidierte Fraktur, es zeige sich eine geringe Achsenabwinklung nach medial und eine reizlose Lage des Osteosynthesemateriales. Dieser Befund wurde als osteosynthetisch versorgte, in geringer Fehlstellung konsolidierte Oberarmschaftfraktur beurteilt. Die Röntgenaufnahmen der rechten Hand wurden als regelrechte Amputationsverhältnisse im Bereich des fünften Fingerstrahls, vollständig konsolidierte Fraktur im Bereich des dritten und vierten Strahls beurteilt.

In seinem weiteren Zweiten Rentengutachten vom 18.10.1985 führte Dr. M. aus, der Kläger habe anlässlich der Untersuchung vom 15.10.1985 über Schmerzen im rechten Arm bei Belastung und gewissen Stellungen geklagt. Desweiteren habe ihn gestört, dass er mit den Langfingern der rechten Hand keinen Faustschluss mehr durchführen könne und meine, dies sei schlechter geworden. Feine Gegenstände würden ihm aus der Hand fallen. Auch habe er nicht mehr die gleiche Kraft im rechten Arm und in der rechten Hand wie früher, Arbeiten mit dem Hammer könne er nicht durchführen. Bei der klinischen Untersuchung sei eine auffällige Muskelminderung des rechten Armes nicht zu erkennen gewesen, die grobe Kraft des rechten Armes und auch der rechten Hand sei jedoch beim Vergleich mit links deutlich vermindert gewesen und zwar um die Hälfte. Beim Blick von der Seite zeige der rechte Arm eine leichte Rekurvation, die auf der linken Seite fehle. In der rechten Hand seien Arbeitszeichen, aber keine Verschwielungen erkennbar, während in der linken Hohlhand deutliche und kräftige Verschwielungen nachweisbar seien. Die rechte Hand erscheine deutlich verschmächtigt, der Kleinfinger sei im Bereich der Mitte der Grundphalanx amputiert, die Weichteile über dem Stumpf gut verschieblich. Beim Faustschluss könnten der 3. und 4. Finger nicht völlig in die Hohlhand eingeschlagen werden, der Zeigefinger könne in die Hohlhand eingeschlagen, aber nicht eingekrallt werden, die Streckung der Finger sei frei. Als Verletzungsfolgen nannte Dr. M. eine durch eine Platte osteosynthetisch versorgte ehemalige Pseudoarthrose des rechten Oberarmes, die zur Hälfte knöchern fest durchgebaut sei, die Metallteile lägen reizlos im Knochengewebe, eine ausgedehnte Narbenbildung der Dorsalseite des rechten Oberarmes, eine Muskelminderung des rechten Unterarmes, eine deutliche Verminderung der groben Kraft des rechten Armes und der rechten Hand, eine Bewegungseinschränkung der Langfinger der rechten Hand, einen unvollständigen Faustschluss, einen Verlust des Kleinfingers der linken (gemeint: rechten) Hand sowie eine Narbe über dem rechten Beckenkamm. Die MdE wurde mit 20 v. H. eingeschätzt und eine Änderung nicht für wahrscheinlich gehalten.

Der Beratungsarzt Dr. S. stimmte der Einschätzung der MdE am 14.11.1985 zu.

Mit Bescheid vom 04.12.1985 gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten anstelle der vorläufigen Rente nach einer MdE von 20 v. H. eine Dauerrente in der bisherigen Höhe ab Zustellung des Bescheides und erkannte als Folgen des Arbeitsunfalles eine Muskelminderung am rechten Unterarm, eine Minderung der groben Kraft des rechten Armes und der rechten Hand, eine Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, einen unvollständigen Faustschluss rechts mit Bewegungseinschränkung der Langfinger rechts sowie einen Verlust des linken (gemeint rechten) Kleinfingers an und führte aus, die ehemalige Pseudoarthrose des rechten Oberarmes sei zur Hälfte knöchern durchbaut und noch durch eine Metallplatte versorgt.

Entgegen der ursprünglichen Empfehlung wurde nach erneuter Untersuchung des Klägers am 10.10.1986 im Kreiskrankenhaus L. nunmehr im Zweiten Rentengutachten vom 17.10.1986 empfohlen, die Platte am rechten Oberarm vorerst nicht zu entfernen.

Am 02.05.2000 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit Oberarmbruch rechts im Bereich des einliegenden Osteosynthese-Materials. In seiner Stellungnahme zu einem von der Beklagten hierzu bei Dr. A., Facharzt für Chirurgie, eingeholten Rentengutachten vom 12.12.2000 führte der Beratungsarzt, Facharzt für Chirurgie, Dr. S. unter dem 29.01.2001 aus, die wegen einer befürchteten Pseudoarthrosen-Bildung wegen des Unfalles vom 16.03.1984 eingesetzte Platte habe anlässlich der jetzigen blutigen Reposition notwendigerweise entfernt werden müssen. Hierbei sei es zu einer Schädigung des Radialisnerven gekommen. Bei Durchsicht des Zweiten Rentengutachtens vom 18.10.1985 falle doch auf, dass die vorgenommene Einschätzung mit einer MdE um 20 v. H. zweifelsfrei zu hoch sei. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe im Hinblick auf die Befunddokumentation, Röntgenbildinterpretation und auch dem Messblatt für obere Gliedmaßen auch entgegen der Stellungnahme des beratenden Arztes vom 14.11.1985 nur eine MdE um 10 v. H. bestanden. Eine höhere MdE sei nicht mehr gerechtfertigt. Er halte diesen Wert in jedem Fall für korrekturbedürftig und empfehle von daher eine erneute Begutachtung.

Nachdem Dr. A. in seinem Zweiten Rentengutachten vom 09.04.2002 zum Unfallereignis vom 02.05.2000 auf unfallchirurgischem Fachgebiet eine MdE um 10 v. H. und auf neurologischen Fachgebiet von unter 10 v. H. angenommen hatte, wandte Dr. S. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 02.09.2002 ein, die Schlussfolgerung des Gutachters, nämlich auf dem Boden des Unfallereignisses vom 16.03.1984 weiterhin eine MdE um 20 v. H. anzunehmen, sei unlogisch. Aus seiner eigenen Stellungnahme gehe hervor, dass er die ursprüngliche Einschätzung der MdE mit einem Wert um 20 v. H. für zu hoch gehalten habe. Dies bleibe weiterhin gültig. Eine wesentliche Besserung sei gutachterlich bis zu dem Ereignis vom 02.05.2000 nicht nachgewiesen worden.

Die Beklagte ließ den Kläger sodann durch Prof. Dr. S., Universitätsklinikum F., begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 14.01.2003 als Folgen des Unfalles vom 02.05.2000 eine radiologisch-knöchern konsolidierte Oberarmfraktur rechts in achsgerechter Stellung mit einliegendem Osteosynthese-Material ohne Lockerungszeichen, eine Gefühlsminderung im Bereich des rechten Unterarmes sowie eine Narbenbildung am rechten Oberarm streckseitig mit Fascienlücke fest. Aufgrund des Unfalles vom 02.05.2000 sei die MdE auf 10 v. H. festzusetzen. Zur beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. befragt gab Prof. Dr. S. an, aufgrund der Aktenlage sei retrospektiv davon auszugehen, dass die Verletzungsfolgen des Unfalls vom 16.03.1984 ab dem 05.12.2000 zu einer MdE auf insgesamt 10 v. H. führten. Es sei keine wesentliche Änderung im Befund der Verletzungsfolgen eingetreten. Insgesamt sei von einer Gesamt-MdE aufgrund beider Unfälle in Höhe von 10 v. H. auszugehen. Dies berücksichtige die zusammenfassenden Verletzungsfolgen aus beiden Unfällen im Sinne einer knöchern konsolidierten Oberarmschaftfraktur mit reizlos einsitzendem Osteosynthese-Material und achsgerechter Stellung, einer Narbenbildung im Bereich des rechten Oberarmes streckseitig, Gefühlsstörungen im Bereich des rechten Unterarmes im Versorgungsgebiet des Nervus radialis, einer Amputation des rechten Kleinfingers in Höhe des Grundgliedes sowie einer knöchern konsolidierten Grundgliedfraktur des rechten Ringfingers und des rechten Mittelfingers.

In seiner weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10.02.2003 führte Dr. S. aus, es müsse bezogen auf das Ereignis vom 16.03.1984 bei der bisherigen Einschätzung der MdE um 20 v. H. bleiben, eine wesentliche Veränderung im Sinne der Besserung sei unter Heranziehung des Vergleichsgutachtens aus dem Jahr 1985 nicht festzustellen.

In einem internen Aktenvermerk der Beklagten vom 18.02.2003 wurde festgestellt, dass ein Vergleich mit dem letzten maßgeblichen versicherungsfallbedingten Befund keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ergebe.

Mit hier nicht streitbefangenem Bescheid vom 11.03.2003 entzog die Beklagte die wegen des Unfallereignisses vom 02.05.2000 bis dahin mit Bescheid vom 29.08.2001 gewährte Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 10 v. H. der Vollrente und lehnte einen Anspruch auf Rente für unbestimmte Zeit ab. Als Folgen des Versicherungsfalles vom 02.05.2000 wurden geringe Restbeschwerden nach knöchern konsolidierter Oberarmfraktur rechts mit noch einliegendem Osteosynthesematerial anerkannt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 30.06.2003 zurückgewiesen.

Aufgrund der beratungsärztlichen Empfehlung des Dr. C. ließ die Beklagte den Kläger am 29.03.2011 (Tag der Untersuchung: 10.02.2011) erneut durch Dr. A. begutachten. Hier klagte der Kläger wiederum darüber, es würden ihm Kleinteile aus der Hand fallen, da er diese nicht voll schließen könne. Zum Befund der Verletzungsfolgen wird ausgeführt, eine Muskelminderung im Bereich des rechten Oberarmes habe nicht festgestellt werden können. Es bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk sowie eine freie Beweglichkeit im Schultergelenk. Im Unterarmbereich streckseitig werde eine Sensibilitätsminderung angegeben, ansonsten bestehe kein Anhalt für Durchblutungs-, Blutumlauf- oder weitere Sensibilitätsstörungen. Der D 5 sei bis auf einen Stumpf von 2 cm amputiert, es bestünden Bewegungseinschränkungen in D 3 und D 4, so dass ein Faustschluss dort nicht möglich sei. Der Spitzgriff von D 1 zu D 2, D 3 und D 4 sei möglich, der Schlüsselgriff zwischen Daumen und Zeigefinger ebenfalls, der grobe Griff sei nicht möglich. Ansonsten fänden sich seitengleiche Beschwielung und Arbeitsspuren im Bereich der Handinnenflächen. Der Röntgenbefund ergebe eine fest durchbaute Oberarmschaftfraktur in Schaftmitte mit kräftiger Callusbildung. Es liege eine separate Zugschraube sowie eine lange Platte ein, die lockerungsfrei seien. Im Bereich des Ellenbogengelenkes bzw. des körperfernen Drittels des Oberarmknochens lägen eine Rekonstruktionsplatte sowie eine Zuggurtung mit mehreren separaten Schrauben, ebenfalls lockerungsfrei, ein. Es bestehe kein Anhalt für eine posttraumatische Arthrose. Als Folgen des Unfalls vom 16.03.1984 fänden sich noch eine endgradige Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk, die beschriebene Narbenbildung, radiologisch eine durchbaute Oberarmfraktur in Schaftmitte mit einliegendem Metall sowie eine Bewegungseinschränkung im Bereich des dritten und vierten Fingers mit fehlendem Faustschluss. Vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen bestünden in einem Unfall mit nachfolgender Amputation des fünften Fingers und Refraktur im Oberarmbereich 2000 sowie einer distalen Oberarmfraktur 2006 (privater Unfall). Zur Frage einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gegenüber dem früheren Befund führte Dr. A. aus, es sei im maßgebenden Vorgutachten vom 16.10.1985 noch eine hälftige Durchbauung der Pseudoarthrose im Oberarmschaftbereich beschrieben worden, zwischenzeitlich sei die Fraktur vollständig in achsengerechter Stellung durchbaut. Die Narbenbildung sowie die Bewegungseinschränkung im Bereich des dritten und vierten Fingers seien vergleichbar geblieben, die grobe Kraft des rechten Armes sowie der rechten Hand hätten sich ebenfalls deutlich gebessert, während die beschriebene Narbenbildung des Oberarmes ebenfalls gleichgeblieben sei. Die MdE schätzte Dr. A. um 10 v. H. ein.

Mit Schreiben vom 19.04.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der bisher gewährten Rente an. Es sei hinsichtlich der Unfallfolgen eine wesentliche Änderung eingetreten.

Der Kläger wies darauf hin, dass im Rentengutachten des Dr. A. zu Unrecht davon ausgegangen werde, dass die Amputation des fünften Fingers rechts keine Folge des Arbeitsunfalles vom 16.03.1984 sei. Wenn nach Auffassung des Sachverständigen die von ihm gesehenen Unfallfolgen ohne die Amputation des Fingers schon eine MdE um 10 v. H. bedingten, so müsse der Verlust eines Fingers im Grundglied zwingend zu einer unfallbedingten MdE um 20 v. H. führen.

In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20.05.2011 führte Dr. C. aus, die MdE sei bei kritischer Durchsicht des Zweiten Rentengutachtens vom 18.10.1985 ehemals auch unter Berücksichtigung der noch nicht vollständigen knöchernen Durchbauung unter Dauerrentengesichtspunkten zu hoch bewertet worden. Unabhängig davon sei festzuhalten, dass die Fraktur zwischenzeitlich knöchern fest durchbaut sei. Damit lasse sich eine wesentliche Änderung im Sinne der Besserung begründen, auch wenn jetzt eine endgradige Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk dokumentiert werde. Dagegen gehalten werde könne, dass im Gegensatz zu 1985 der rechte Arm frei nach vorn angehoben und zur Seite abgespreizt werden könne, auch ein Muskeldefizit am rechten Unterarm sei nicht mehr nachweisbar. Der isolierte Verlust des Kleinfingers bedinge nach den einschlägigen Tabellenwerken auf Dauer keine messbare MdE. Würden die Unfallfolgen einer Gesamtschau unterzogen, würden deutliche Besserungsmerkmale überwiegen. Die MdE sei korrekt mit 10 v. H. bewertet worden.

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 07.06.2011 entzog die Beklagte dem Kläger die auf unbestimmte Zeit gewährte Rente vom 01.07.2011 an und lehnte ab dem 01.07.2011 die Gewährung einer Rente ab, weil die Erwerbsfähigkeit infolge des Versicherungsfalles um weniger als 1/5 gemindert sei. In den Verhältnissen, die für die bisherige Feststellung maßgebend gewesen seien, sei die folgende wesentliche Änderung eingetreten: Vollständig in achsengerechter Stellung durchbaute Fraktur im Oberarmschaftbereich rechts, deutliche Zunahme der groben Kraft im Bereich des rechten Armes und der rechten Hand und freie Beweglichkeit im rechten Schultergelenk. Ungeachtet der Tatsache, dass der Gutachter die Amputation des rechten Kleinfingers in seinem Gutachten irrtümlich unter "vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderung" aufgeführt habe, sei bei der Gesamtschau der verbliebenen Unfallfolgen die MdE nach den Maßstäben in der gesetzlichen Unfallversicherung mit 10 v. H. einzuschätzen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, eine wesentliche Verbesserung der Folgen des Unfalls vom 16.03.1984 sei nicht eingetreten. Vielmehr sei durch den Unfall vom 02.05.2000 das Gefühl im rechten Arm zusätzlich beeinträchtigt worden. Trotz Übung gelinge es ihm nicht, den rechten Arm nach hinten zu bewegen, an einer bestimmten Stelle bekomme er einen Krampf. Wenn er den rechten Arm durch Bewegung nach hinten schieben oder wegdrücken wolle, habe er unverändert keine Kraft. Gegenüber links fehle ihm beim Anheben nach vorne rechts etwa 1/4 der Kraft, beim Druck nach hinten fehle ihm rechts ca. die Hälfte der Kraft. Die Beweglichkeit des Schultergelenkes sei zwar besser geworden, er könne den rechten Arm trotzdem schlecht nach oben heben, es ziehe dann und schmerze oben an der Schulter. Er könne nach wie vor mit dem rechten Arm und der rechten Hand nur begrenzt arbeiten. Aufgrund des fehlenden rechten kleinen Fingers und der Bewegungseinschränkung des rechten Ringfingers und noch mehr des rechten Mittelfingers sei kein Faustschluss möglich, zudem seien die Finger der rechten Hand angeschwollen. Wegen des fehlenden Faustschlusses rutsche ihm leicht etwas aus der Hand. Durch den zweiten Unfall am 02.05.2000 sei der rechte Oberarm unterhalb der Platte gebrochen. Der rechte Oberarm sei seitdem im Verhältnis zum linken Arm geschwollen. Der Oberarm rechts fühle sich außen wie Watte an. Es sei daher eine Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten, die nach einer MdE um 30 v. H. bewertet werden müssten. Ferner hat der Kläger bei der Beklagten einen Verschlimmerungsantrag gestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Maßgeblich sei der Vergleich der aktuellen Befunde mit den Gutachtensbefunden in den aus Anlass der Festsetzung der Dauerrente erstellten Gutachten vom 18.10.1985. Diesbezüglich sei es zu einer wesentlichen Änderung im Sinne der Besserung gekommen. Im maßgeblichen Vorgutachten vom 18.10.1985 werde eine hälftige Durchbauung der Pseudoarthrose im Oberarmschaftbereich beschrieben. Ausweislich des Rentengutachtens vom 29.03.2011 sei die Fraktur zwischenzeitlich vollständig in achsengerechter Stellung durchbaut. Außerdem hätten sich die grobe Kraft des rechten Armes und der rechten Hand ebenfalls deutlich gebessert. Zwar werde jetzt eine endgradige Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk dokumentiert. Dagegen gehalten werden könne jedoch im Gegensatz zu 1985, dass der rechte Arm frei nach vorn angehoben und zur Seite abgespreizt werden könne, das rechte Schultergelenk mithin frei beweglich sei und auch ein Muskeldefizit im rechten Unterarm nicht mehr nachweisbar sei. Im Übrigen bedinge der isolierte Verlust des rechten Kleinfingers nach den einschlägigen Tabellenwerken auf Dauer keine messbare MdE.

Hiergegen hat der Kläger am 14.08.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.

Die Beklagte hat im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, im Jahre 2006 einen privaten Motorradunfall erlitten zu haben, weitere medizinische Unterlagen vorgelegt. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger am 07.08.2006 anlässlich des Motorradunfalles eine supra- und diakondyläre Fraktur des Humerus rechts, Thoraxprellung links, Schädelprellung sowie Hypokaliämie erlitten hat. Zudem hat die Beklagte zu der Frage, ob die vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Beschwerden durch den im Jahr 2006 erlittenen Motorradunfall verursacht sein könnten, die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. C. vom 01.10.2012 vorgelegt. Hierin hat dieser ausgeführt, dass sich die jetzt nachgewiesene Zunahme der Bewegungseinschränkung aufgrund der unfallunabhängigen Oberarmfraktur erkläre. Auch die darüber hinaus als Verschlimmerung angeführten Punkte erklärten sich nicht ausschließlich aufgrund der Unfallfolgen aus dem Jahr 1984, sondern seien zum Teil ursächlich auf die Ereignisse aus den Jahren 2000 und 2006 zurückzuführen. Empfohlen werde die Einholung eines entsprechenden Gutachtens.

Die Beklagte hat sodann bei Prof. Dr. S. zur Zusammenhangsfrage das unfallchirurgische Gutachten vom 27.02.2013 eingeholt. Anlässlich der hier am 08.01.2013 durchgeführten Untersuchung hat der Kläger von hin und wieder auftretenden Schulterschmerzen ab 90 Grad Abduktion berichtet und einen inkompletten Faustschluss beklagt. Als noch bestehende Folgen des Unfalls von 1984 sind eine knöchern konsolidierte Humerusschaftfraktur rechts nach Pseudoarthrosenbildung mit regelrecht einliegendem Osteosynthesematerial ohne Lockerungszeichen oder Materialbruch, eine Amputation D 5 rechts auf Höhe des Grundgliedes, eine konsolidierte Grundgliedfraktur D 3 und 4 rechts mit Beugedefizit, eine Umfangsdifferenz des rechten Humerus mit einer Differenz von 1 bis 1,5 cm im Vergleich zur linken Seite sowie reizlose Narbenverhältnisse festgestellt worden. Unfallabhängig bezüglich des Unfalls vom 02.05.2000 seien ein Sensibilitätsdefizit im Versorgungsgebiet des Nervus radialis des rechten Unterarms sowie bezüglich des privaten Unfalls von 2006 eine konsolidierte distale Humerusfraktur rechts mit einliegender Doppelplattenosteosynthese mit Streckdefizit im Ellenbogen von 10 Grad festgestellt worden. Als ausschließlich unfallbedingt in Bezug auf das Ereignis vom 16.03.1984 sei die geringe Flexionseinschränkung mit inkomplettem Faustschluss der Langfinger D 3 und 4 und ein minimales Flexionsdefizit des Daumenendgliedes feststellbar. Ebenfalls ausschließlich unfallbedingt sei das seit dem zweiten Unfall bestehende Sensibilitätsdefizit im Innervationsgebiet des Nervus radialis anzusehen. Die erstmalig beklagten Schulterschmerzen rechts ab 90 Grad Abduktion bei seitengleicher Beweglichkeit und fehlenden radiologischen Arthrosezeichen seien unfallunabhängig zu werten. Die minimale Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk sei erst nach dem privaten Unfallereignis von 2006 entstanden. Es liege keine Verschlimmerung, sondern eine Verbesserung zu dem Untersuchungsbefund vom 18.10.1985 vor. Es zeige sich eine Verbesserung der Beweglichkeit D 3 und 4 rechts mit einem Finger-Hohlhand-Abstand von aktuell 1,5 cm zu damals 3 und 2 cm. Eine Verminderung der groben Kraft habe aktuell nicht festgestellt werden können, zudem zeige sich eine komplette knöcherne Durchbauung der Fraktur. Unverändert zu dem Untersuchungsbefund von 1985 zeigten sich die Amputationsverletzung D 5 rechts auf Höhe des Grundgliedes und die Radiusnarbenverhältnisse. In Zusammenschau der Befunde werde die MdE für den ersten Unfall vom 16.03.1984 aktuell auf 10 v. H. eingeschätzt.

Das SG hat von Amts wegen bei Prof. Dr. S. das fachorthopädische Gutachten vom 22.03.2013 eingeholt. Dieser hat fünf Unfallereignisse aufgezählt, nämlich einen Arbeitsunfall vom 16.03.1984, einen Privatunfall vom 13.06.1985, einen Arbeitsunfall vom 02.05.2000, einen Privatunfall im gleichen Jahr mit rechtsseitiger ellenbogennaher Fraktur sowie einen Privatunfall 2010. Dem Unfallereignis vom 16.03.1984 seien ursächlich eine in achsgerechter Stellung fest konsolidierte Oberarmschaftfraktur mit reizlos einliegendem Osteosynthese-Material, achsgerecht und radiologisch folgenlos ausgeheilte Grundgliedfrakturen am Mittel- und Ringfinger rechts, eine endgradige Beugebehinderung dieser Finger sowie ein dadurch behinderter Feingriff, eine Amputation des rechten Kleinfingers, eine endgradig behinderte Rückführung des rechten Oberarmes im Schultergelenk, eine endgradige Streckbehinderung rechter Ellenbogen sowie eine umschriebene Gefühlsminderung im distalen rechten Oberarm zuzuordnen. Im Vergleich zu 1985 sei es durch die mit stabiler knöcherner Durchbauung ausgeheilte Pseudoarthrose zu einer Befundverbesserung gekommen. Eine Muskelminderung bestehe jetzt nicht mehr. Im Vorgutachten fehlten Hinweise auf eine Bewegungseinschränkung im Schulter- und Ellenbogengelenk, jetzt habe sich in der Schulter lediglich bei der Rückführung eine endgradige und endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung sowie am Ellenbogen ein geringes Streckdefizit von etwa 3 Grad gefunden. Beides führe funktionell nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen. Die als Verschlimmerung beklagte Schwellneigung am Oberarm und an den Fingern der rechten Hand mit dadurch zunehmend beeinträchtigter rechtsseitiger Greiffähigkeit sei bei der aktuellen Untersuchung nicht festzustellen gewesen. Die Schwellung erklärende Reizzustände in den Armweichteilen oder am Osteosynthese-Material hätten sich nicht gefunden. Er schließe sich der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. C. vom 20.05.2011 an. Der aktuell objektivierbare Befund der Folgen des Unfalls vom 16.03.1984 sei mit einer MdE um 10 v. H. richtig bewertet.

Der Kläger hat den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. widersprochen und darauf hingewiesen, dass er im Jahr 2010 keinen Privatunfall erlitten habe. Vielmehr habe er sich die distale Radiusfraktur im Rahmen der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit zugezogen, als er an einer Leitplanke eine Abtrennung vorgenommen und die unter Spannung stehende Planke auf sein Handgelenk geschlagen habe. Es bestehe nach wie vor eine Muskelminderung im rechten Arm und es sei ihm nur unter erheblichen Schmerzen möglich, den Arm nach hinten zu bewegen. Solche Bewegungen dürften beim Entkleiden des Oberkörpers nicht vorgenommen werden, so dass aus dem regelrechten Entkleiden die getroffenen Rückschlüsse hätten nicht gezogen werden dürfen. Dass sich bei der Untersuchung die Schwellungen nicht gezeigt hätten, liege daran, dass derartige Schwellungen, wie auch von ihm beschrieben, auf vorheriges Arbeiten mit den Händen zurückzuführen seien, die am Tag der Begutachtung gerade nicht erfolgt seien. Außerdem teile er nicht die Auffassung, dass der Verlust des rechten Kleinfingers sowie die Hautsensibilitätsstörung für die MdE ohne Bedeutung seien. Ihm sei seit dem Unfall im Jahr 1984 ein Handschluss nicht mehr möglich, er könne allenfalls zwei Finger benutzen, in tatsächlicher Weise seien drei Finger der Hand betroffen und gerade nicht nur der Kleinfinger.

Prof. Dr. S. ist in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 14.03.2013 bei seiner Bewertung geblieben.

Mit Bescheid vom 24.04.2013 hat die Beklagte den Verschlimmerungsantrag des Klägers abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens festzustellen sei.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.08.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.09.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er habe in dem rückwärtsbewegenden Bereich vom Oberarm, an der Stelle, an der der Bruch fixiert worden sei, einen erheblichen Muskelschwund im Trizeps. Auch das Muskelrelief im rückwärtigen Bereich des Oberarmes sei im Vergleich zum linken gesunden Arm deutlich sichtbar kleiner und es trete unter Belastung ein stechender Schmerz auf. Er könne keinen Faustschluss durchführen. Anders als Dr. M. sei die Kraft der Finger nicht mit Hilfe eines Balles, der an einen Manometer angeschlossen gewesen sei, gemessen worden. Das Drehen im Schultergelenk sei weiterhin schmerzhaft und der Oberarm schwelle bei starker Belastung an. Entsprechendes gelte für die Finger, wenn etwas längere Zeit festgehalten werden müsse.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat zunächst einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt.

Der Senat hat sodann bei Prof. Dr. S. die ergänzende Stellungnahme vom 08.03.2014 eingeholt. Hierin hat dieser ausgeführt, dass nach den geltenden Erfahrungssätzen der Totalverlust des Kleinfingers (Amputation im Grundgelenk) mit einer MdE von 10 v. H. und der Kleinfingerverlust im Mittelgelenk mit einer MdE von 0 v. H zu bewerten sei. Bei dem Kläger bestehe ein Verlust des Kleinfingers inmitten des Grundglieds bei guter Stumpfdeckung, was funktionell dem Verlust im Mittelgelenk gleichzusetzen sei, weil der Daumen damit einen Greifopponenten habe. Der Kleinfingerbefund sei deswegen mit einer MdE von 0 v. H. wohl richtig bewertet. Die bestehende Beugehemmung der Finger D 3 und 4 sei nicht mittel-, sondern sehr geringgradig. Der Befund lasse grobes Zugreifen zu, der unbeeinträchtigte Zeigefinger den Feingriff. Er sei nach wie vor der Meinung, dass den insgesamt noch bestehenden Unfallfolgen noch eine MdE von 10 v. H. zukomme, zumal auch kein Muskeldefizit mehr bestehe, was beim Fortbestehen einer wesentlichen, vom rechten Arm ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung aber der Fall wäre. Letztlich sei auch zu bedenken, dass durch die Verfestigung der Pseudoarthrose eine wesentliche Besserung bei den Unfallfolgen eingetreten sei, die zuvor mit einer MdE von 20 v. H. bewertet worden sei. Auf weitere Nachfrage des Senats hat Prof. Dr. S. mit Schreiben vom 14.03.2014 mitgeteilt, bei dem Kläger sei am rechten Kleinfinger das Grundgelenk erhalten. Dies sei funktionell wichtig, weil der Stumpf wie bei der Amputation im Mittelgelenk nur mit erhaltenem Grundgelenk als Opponent wirken könne. Soweit in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage, S. 257) ausgeführt werde, die Bewertung der MdE mit 0 v. H. sei insbesondere nach einer Amputation nicht schlüssig zu begründen, könne er dem nicht zustimmen, da die unfallchirurgische Begutachtung eine vorwiegend funktionelle zu sein habe, so dass das allein Augenfällige ohne Bewertung bleiben müsse, zumal wirtschaftlich nicht messbar.

Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. C. vom 07.03.2014 vorgelegt, der hierin ausgeführt hat, dass im konkreten Schadensfall kein vollständiger, sondern nur ein Teilverlust des Kleinfingers vorliege. Die Stumpflänge sei mit 2 cm angegeben worden. Selbst wenn man von einer unfallbedingten endgradigen Bewegungseinschränkung im Mittel- und Ringfinger, mit einem daraus resultierenden Fingerkuppen-Hohlhandabstand von ca. 2 cm ausgehe, begründeten die Unfallfolgen in der Gesamtschau keine höhere MdE als 10 v. H. Maßgeblich für die Beurteilung der MdE sei der klinisch-funktionelle Befund und nicht ggf. körperliche Auffälligkeiten. Im konkreten Schadensfall bestehe kein vollständiger Verlust des Kleinfingers, was sich günstig auf die Greiffähigkeit der Hand auswirke.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten zu den Versicherungsfällen vom 16.03.1984 und 02.05.2000 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet.

Da mit der Aufhebung des Bescheides vom 07.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2012 der ursprüngliche Bescheid vom 04.12.1985 wieder Geltung erlangt, aufgrund dessen die Beklagte dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente gewährt hat, ist mit der reinen Anfechtungsklage dem Klagebegehren des Klägers Rechnung getragen, ohne dass es eines weiteren Leistungsantrags bedarf. Der den Verschlimmerungsantrag ablehnende Bescheid vom 24.04.2013 ist nicht streitgegenständlich.

Der angefochtene Bescheid vom 07.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für eine Abänderung dieses Bescheides zu Lasten des Klägers sind vorliegend nicht gegeben.

Unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufgehoben bzw. abgeändert werden kann, ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (hier der Bescheid vom 04.12.1985) vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 73 Abs. 3 Halbs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist bei der Feststellung der MdE eine Änderung i. S. des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt. Vergleichsmaßstab für die Aufhebung nach § 48 SGB X ist nicht der damalige Bescheid, sondern sind die damaligen tatsächlichen Verhältnisse (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Unbeachtlich ist dagegen, ob diese Umstände dem fraglichen Bescheid von der Behörde auch zu Grunde gelegt worden sind. Bestehen insoweit Unterschiede zwischen den tatsächlich bei Erlass vorliegenden Umständen und ihrer Feststellung oder Würdigung in dem zu überprüfenden Bescheid, kann die Aufhebung nicht nach § 48 SGB X, sondern nur unter den Voraussetzungen der §§ 44, 45 SGB X erfolgen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 60; SozR 3870 § 4 Nr. 3; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 48 Rdnr. 6).

Beweisrechtlich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die objektive Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Leistungsaufhebung nach § 48 Abs. 1 SGB X trifft. Denn wenn sich eine Änderung der Verhältnisse nicht jenseits vernünftiger Zweifel feststellen lässt, geht dies zu Lasten desjenigen, der hieraus Rechte herleiten will (BSG SozR 4-4300 § 119 Nr. 11; Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Mai 2006, § 48 SGB X, Rdnr. 22).

Der Entzug der mit Bescheid vom 04.12.1985 gewährten Verletztenrente wäre daher nur rechtmäßig, wenn (1) die Folgen des Arbeitsunfalles vom 16.03.1984 mit einer MdE um weniger als 15 v. H. zu bewerten wären und (2) dies auf einer Änderung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen i. S. einer Besserung nach Erlass des Bescheides vom 04.12.1985 beruhen würde.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (st. Rspr., vgl. bereits BSG SozR Nr. 25 zu § 128 SGG). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22; SozR 4-2700 § 56 Nr. 1; Burchardt in Becker/Burchhardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Stand: Februar 2014, § 56 Rdnr. 69 ff.). Bei der Beurteilung der MdE sind auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, die aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (BSG aaO; Burchardt aaO).

(1) Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Folgen des Unfalles vom 16.03.1984 zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 19.07.2012 (vgl. zur Maßgeblichkeit der letzten Behördenentscheidung im Falle der reinen Anfechtungsklage BSG, SozR 3-1300 § 48 Nr. 57) lediglich mit einer MdE um weniger als 15 v. H. zu bewerten waren.

Unstreitig ist, dass der Kläger unfallbedingt am Verlust des Kleinfingers der rechten Hand sowie an einer Grundgliedfraktur mit Bewegungseinschränkung der Langfinger D 3 und 4 leidet. Soweit Dr. C. und Prof. Dr. S. die Auffassung vertreten, der isolierte Verlust des Kleinfingers bedinge nach den einschlägigen Tabellenwerken keine MdE auf Dauer, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Denn in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur wird die MdE-Bewertung im Falle eines Finger(teil)verlustes davon abhängig gemacht, ob es sich um einen Finger(teil)verlust im End-, Mittel- oder Grundglied handelt (vgl. die Bildtafeln bei Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage, S. 257 ff. und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 565 ff.). Während sowohl ein Verlust des End- als auch des Mittelgliedes des Kleinfingers mit einer MdE um 0 v. H. bewertet wird (vgl. Abb. 5 und 35 Mehrhoff u. a.), wird für den Totalverlust des Kleinfingers eine MdE um 10 v. H. angenommen (vgl. Abb. 81 Mehrhoff u. a., Abb 1.9 Schönberger u. a.). Insbesondere die in Mehrhoff u. a dargestellten Schautafeln legen nahe, dass die dort vorgenommenen MdE-Bewertungen von einem (Teil-)Verlust des Fingers bis zum entsprechenden Gelenk ausgehen und somit eine MdE um 10 v. H. anzunehmen ist, wenn der Kleinfinger einschließlich des Grundgelenkes amputiert worden ist. Zu Recht hat Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14.03.2014 darauf hingewiesen, dass beim Kläger eine Amputation des Kleinfingers mit erhaltenem Grundgelenk vorliegt. Noch genauer hatte Dr. N. die Befundlage insoweit als Amputation des Kleinfingers unterhalb des Köpfchens des Grundgliedes bezeichnet. Besonders deutlich lässt sich auf den Röntgenbildern der Praxis Dr. M. vom 20.03.2013 (Bl. 68 SG-Akte) erkennen, dass die Amputation des rechten Kleinfingers körperfern des Grundgelenkes vorgenommen worden ist und der verbliebene Stumpf etwa 2 cm, gemessen ab Mitte des Grundgelenkes, beträgt. Somit steht fest, dass nicht nur eine Amputation des Kleinfingers einschließlich des Mittelgelenkes, sondern weitergehend unter Einschluss von Teilen des Grundgliedes erfolgt ist. Eine Gleichstellung mit einem Verlust des Fingers im Mittelgelenk ist aus Sicht des Senats nicht gerechtfertigt, weil der verbliebene Stumpf dann deutlich länger wäre. Dies wirkt sich nicht nur - wie von Prof. Dr. S. unterstellt - auf die Funktion des Kleinfingers als Greifopponent aus, die umso wirksamer ist, je länger der verbliebene Fingerstumpf ist. Auch die Handspannenlänge insgesamt ist im allgemeinen Erwerbsleben, das den Maßstab für die MdE-Bewertung bildet, nicht bedeutungslos und ist vorliegend gegenüber der unversehrten linken Hand um 4 cm gemindert (18 cm rechts gegenüber 22 cm links, vgl. Bl. 91 SG-Akte). Die Auffassung von Prof. Dr. S., der - allerdings auch erst auf beharrliche Nachfrage des Senats - als einziger der medizinischen Sachverständigen eine eingehendere Begründung zur MdE-Relevanz des unfallbedingten Verlustes des Kleinfingers abgegeben hat und die beim Kläger vorgenommene Amputation hinsichtlich der MdE-Bewertung mit einer Amputation im Mittelgelenk gleichsetzt, teilt der Senat aus einem weiteren Grund nicht. Zutreffend wird in Mehrhoff u. a. (S. 257) darauf hingewiesen, dass eine MdE mit 0 v. H. nach einer Amputation nicht schlüssig zu begründen ist. Soweit Prof. Dr. S. dem entgegen getreten ist, weil die unfallchirurgische Begutachtung eine vorwiegend funktionelle zu sein habe und das "Augenfällige" ohne Bewertung bleiben müsse, hält der Senat die entsprechende Textpassage bei Mehrhoff u. a. für fehlinterpretiert. Soweit dort ausgeführt ist, dass der Verlust des Körperteils augenfällig ist, dürfte hiermit nicht der optische Eindruck gemeint sein, sondern dass eine Amputation von Körperteilen im Allgemeinen auch zu Funktionseinbußen führt und dies "augenfällig" ist. Unter rein arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten müsste bei den Schaubildern, die eine MdE um 0 v. H. ausweisen, weiter differenziert werden zwischen einer MdE unter 5 v. H. oder ab 5 v. H. bis unter 10 v. H., was indes aus Gründen der Rechtssicherheit nicht als sachdienlich angesehen wird. Lediglich aus redaktionellen Gründen ist auch bei den Teil-Verlusten, die eine MdE ab 5 v. H. bis unter 10 v. H. bedingen, eine MdE um 0 v. H. ausgewiesen worden, weil auch in diesem Bewertungsrahmen eine wirtschaftlich messbare MdE nicht gegeben ist. Vorliegend kommen jedoch weitere Umstände hinzu, die eine genauere MdE-Bewertung des Fingerverlustes notwendig machen. Die in den Tabellenwerken dargestellten MdE-Werte setzen nämlich voraus, dass die jeweils anderen Gliedmaße völlig gesund und gebrauchsfähig sind (Mehrhoff u. a., S. 161, 257; Schönberger u. a., S. 565). Dies ist im Falle des Klägers aber gerade nicht der Fall. Denn unstreitig besteht bei den Langfingern D 3 und 4 aufgrund der unfallbedingten Grundgliedfraktur eine Bewegungseinschränkung, so dass der Kläger die Faust nicht nur wegen des amputierten Kleinfingers, sondern auch wegen der reduzierten Beweglichkeit zweier weiterer Finger derselben Hand nicht vollständig schließen kann. Wird - gedanklich - für die Amputation des Kleinfingers zwischen Grund- und Mittelgelenk eine MdE zwischen 5 v. H. und unter 10 v. H. angenommen, die isoliert betrachtet bei wirtschaftlicher Betrachtung noch mit einer MdE um 0 v. H. zu bewerten wäre, ist dieser Wert jedenfalls wegen der Gebrauchseinschränkung der Finger D 3 und 4 auf mindestens 10 v. H. anzuheben. Der Senat entnimmt der unfallversicherungsrechtlichen Literatur auch, dass die Gebrauchseinschränkung der jeweils anderen Gliedmaße die Bedeutung des Finger(teil)verlustes verstärkt und deshalb dieser eine höhere MdE-Bewertung verlangt.

Damit ist indes noch nicht die Bewegungseinschränkung der übrigen Finger "abgegolten", die ebenfalls einer MdE-Bewertung zu unterziehen ist. In der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Mehrhoff u. a., S. 163) bedingt die Versteifung aller Gelenke eines Fingers in Streckstellung eine MdE um 10 v. H., in Beugestellung am 3., 4. oder 5. Finger je eine MdE um 10 v. H., am 1. oder 2. Finger eine MdE um 20 v. H. sowie eine stärkere Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger eine MdE um 20 v. H. Den Fingernagel-Hohlhand-Abstand der Finger D 3 und 4 hat Prof. Dr. S. in seinem hier urkundlich, da für die Beklagte erstatteten, zu verwertenden Gutachten vom 27.02.2013 mit jeweils 1,5 cm und Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 22.03.2013 an D 3 mit 2 cm und an D 4 mit 1 cm gemessen. Hieraus ergibt sich, dass weder eine Versteifung noch eine stärkere, sondern lediglich eine Beugehemmung um ca. 1/3 vorliegt. Da auch nicht die Finger D 3 bis D 5 betroffen sind (hier hat die Amputation des Kleinfingers zur Vermeidung unzulässiger Doppelbewertung unberücksichtigt zu bleiben), kann zwar weder eine MdE um 20 v. H. noch jeweils eine MdE um 10 v. H. für die Finger D 3 und D 4 bei isolierter Betrachtung der Fingerbeweglichkeit angenommen werden. Hinzu kommt jedoch eine deutlichere Kraftminderung in der rechten Hand. Diese weitere Funktionseinschränkung ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Prof. Dr. S ... Dieser hat außer dem beeinträchtigten Feingriff zwischen Daumen, Mittel- und Ringfinger zwar die grobe Kraft im rechten Unterarm im Vergleich zu links lediglich für geringgradig eingeschränkt gehalten, eine deutlichere Kraftminderung aber in der rechten Hand gegenüber links festgestellt. Soweit Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 27.02.2013 ausgeführt hat, grob neurologisch habe kein Kraftdefizit im Vergleich zur Gegenseite festgestellt werden können, fehlt bereits eine Angabe der hier untersuchten Extremität (Oberarm, Unterarm oder Hand). Eine differenzierte Darstellung findet sich ebensowenig wie die Angabe der Messmethode. Insoweit hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Kraftproben nicht anhand eines Manometers durchgeführt worden sind. Der Senat geht daher aufgrund der Befundergebnisse von Prof. Dr. S. davon aus, dass der Kläger unfallbedingt an einer deutlicheren Kraftminderung der rechten Hand leidet, die unter weiterer Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung der Finger D 3 und D 4 bei einer Gesamtbetrachtung mit einer MdE um 10 v. H. angemessen bewertet ist.

Da in keiner der ärztlichen Stellungnahmen auf die unfallversicherungsrechtliche Literatur insoweit eingegangen worden ist, hält der Senat die dort gefundenen geringeren MdE-Einschätzungen für nicht überzeugend. Vielmehr ergibt sich für den Senat, dass jedenfalls bei einer Gesamtschau der durch die Amputation des Kleinfingers (Teil-MdE 10 v. H.) und der Bewegungseinschränkung der Finger D 3 und D 4 verbunden mit einer deutlicheren Kraftminderung der Hand (Teil-MdE 10 v. H.) unfallbedingten Funktionseinschränkung diese mit einer MdE um mindestens 15 v. H. zu bewerten ist.

Selbst wenn die Funktionseinschränkungen der rechten Hand noch nicht mit einer MdE um 15 v. H. bewertet würden, ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers jedoch jedenfalls aufgrund der weiteren unfallbedingten Gesundheitsstörungen insgesamt um 15 v. H. gemindert. So hat Prof. Dr. S. dem Unfallereignis vom 16.03.1984 darüber hinaus eine endgradig behinderte Rückführung des rechten Oberarmes im Schultergelenk, eine endgradige Streckbehinderung des rechten Ellenbogens sowie eine umschriebene Gefühlsminderung am distalen rechten Oberarm zugeordnet. Die unstreitig unfallbedingte fest konsolidierte Oberarmschaftfraktur mit reizlos einliegendem Osteosynthesematerial als solche hat hingegen keine eigenständige Funktionsstörung zur Folge und ist daher für die MdE-Bewertung nicht erheblich. Abweichend von Prof. Dr. S. hat Prof. Dr. S. in seinem urkundlich zu verwertenden Gutachten vom 27.02.2013 das Streckdefizit im rechten Ellenbogen um 10 Grad auf den privaten Unfall im Jahr 2006 zurückgeführt. Dies hält der Senat indes nicht für schlüssig, nachdem Prof. Dr. S. die Umfangsdifferenz des rechten Humerus mit 1 bis 1,5 cm im Vergleich zur linken Seite durchaus als Folge des Unfalles vom 16.03.1984 angesehen hat. Letztlich misst der Senat dieser Frage jedoch keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei, da die Funktionseinschränkung insoweit nur äußerst geringradig ist (Prof. Dr. S. Streckung/Beugung rechts 0-3-140 Grad, links 0-0-140 Grad, Prof. Dr. S. rechts 0-10-135 Grad, links 0-0-135 Grad), insbesondere wenn die von Prof. Dr. S. ermittelten aktuelleren Bewegungsmaße zugrunde gelegt werden. Eine weitere Folge des Unfalles vom 16.03.1984 sind jedenfalls die Narbenverhältnisse am rechten Arm, die ausweislich aller ärztlicher Stellungnahmen zwar reizlos und druckschmerzfrei sind. Aufgrund dieser 33 cm langen und 2 mm bis 1 cm breiten längsgestellten Narbe dorsalwärts am Oberarm hält der Senat aber das Beschwerdevorbringen des Klägers, in dem rückwärtsbewegenden Bereich vom Oberarm an der Stelle, an der der Bruch fixiert worden ist, einen erheblichen Muskelschwund im Trizeps zu haben, der auch im Hinblick auf das Muskelrelief im rückwärtigen Bereich des Oberarmes im Vergleich zum linken Arm sichtbar ist, für gut nachvollziehbar und durch die Umfangsmessungen nicht für widerlegt. Denn weder Prof. Dr. S. noch Prof. Dr. S. haben hierbei eine getrennte Betrachtung der Muskulatur vorgenommen, also nicht den Bizeps und Trizeps an beiden Armen miteinander verglichen, sondern lediglich die Umfangmaße beider Arme in verschiedenen Segmenten erhoben. Eine Muskelminderung im Bereich des Trizeps könnte daher untergegangen sein, wenn der Bizeps desselben Armes stärker als am anderen Arm entwickelt war und somit die Minderung kompensiert hätte. Auch soweit Prof. Dr. S. seitengleich gute Muskelverhältnisse erwähnt hat, fehlt es an einer Darlegung, ob dies auch für den Trizeps des rechten Oberarmes gilt und ob er insoweit überhaupt eine seitenvergleichende Betrachtung vorgenommen hat. Dass eine derart lange Operationsnarbe einen großen operativen Eingriff belegt, der zwangsweise mit Gewebeschäden, u. U. sogar mit (kleinfaserigen) Muskelschädigungen, verbunden ist und im Operationsgebiet die Bildung von Muskelmasse jedenfalls erschwert, ist aus Sicht des Senats evident. Schließlich muss die vom Kläger immer wieder beklagte Schwellneigung des rechten Oberarmes und der Finger der rechten Hand bei starker Belastung als Unfallfolge in die MdE-Bewertung mit einfließen. Zwar haben Prof. Dr. Stock und Prof. Dr. S. eine solche Schwellung nicht feststellen können und hat Prof. Dr. Stock die Schwellung erklärende Reizzustände in den Armweichteilen oder am Osteosynthesematerial nicht befundet. Nachdem der Kläger jedoch eine Schwellung nur unter starker Belastung beobachtet hat, die in der Begutachtungssituation nicht gegeben war, konnte keiner der Gutachter verlässlich eine entsprechende Symptomatik ausschließen, sondern nur feststellen, dass im Rahmen der Untersuchung keine Schwellung zu erkennen war. Für den Senat besteht kein Anlass, an den Angaben des Klägers insoweit zu zweifeln.

Zusammenfassend leidet der Kläger somit als Folge des Unfalles vom 16.03.1984 außer an den oben beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen an der rechten Hand an einer eingeschränkten Rückführung des rechten Oberarmes im Schultergelenk, einer Gefühlsstörung des rechten Armes, einer Muskelminderung des rechten hinteren Oberarmes sowie einer Schwellneigung des rechten Oberarmes und der Finger der rechten Hand unter starker Belastung. Zutreffend hat der Beratungsarzt Dr. C. darauf hingewiesen, dass die MdE aufgrund der Gesamtsituation und nicht aufgrund der Addition der Einzel-MdE-Werte einzuschätzen ist. Werden die unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen einer derartigen Gesamtbetrachtung unterzogen, hält der Senat jedenfalls eine niedrigere MdE als 15 v. H. nicht für angemessen, auch wenn die neben den Beeinträchtigungen der rechten Hand bestehenden einzelnen Funktionsstörungen bei isolierter Betrachtung keine messbare MdE bedingen. Hierbei stützt sich der Senat auch auf das urkundlich zu verwertende Gutachen des Dr. A. vom 29.03.2011, der ohne die Verletzungsfolgen an der rechten Hand zu berücksichtigen, die er irrtümlich nicht durch den Unfall vom 16.03.1984 verursacht sah, die im Übrigen auf den Unfall vom 16.03.1984 zurückzuführenden Gesundheitsstörungen mit einer MdE um 10 v. H. bewertete.

(2) Der Senat vermag darüber hinaus auch keine wesentliche Änderung in den unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen zu erkennen, die eine um mehr als 5 v. H. niedrigere MdE-Bewertung jetzt rechtfertigen würde.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. C. vom 07.03.2014 die knöcherne Durchbauung der Pseudoarthrose am Oberarm für das entscheidende Kriterium für die Feststellung einer wesentlichen Befundänderung gehalten. Dieser Auffassung ist schon deshalb entgegen zu treten, weil ebenso wie ein Gesundheitsschaden als solcher nicht der Maßstab für die MdE-Bewertung ist, sondern der sich hieraus ergebende Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens einerseits und der Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens andererseits, die Konsolidierung einer Knochenfraktur als solche noch keine Besserung der Funktionseinschränkungen beschreibt. Die Auffassung der Beklagten wäre daher nur dann zutreffend, wenn sich aus der fehlenden knöchernen Durchbauung konkrete Funktionseinschränkungen für den Kläger ergeben hätten, die heute in dieser Weise nicht mehr bestehen. Zwar haben Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. ebenso wie Dr. A. und die Beratungsärzte der Beklagten allesamt eine komplette knöcherne Durchbauung der Fraktur festgestellt. Eine hiermit verbundene konkrete Besserung in der Funktionalität des Armes hat jedoch keiner der Ärzte beschrieben, so dass eine solche nicht erwiesen ist. Hinzu kommt, dass die auch von Prof. Dr. S. als wesentliche Änderung im Sinne einer Verbesserung festgestellte vollständige knöcherne Konsolidierung der rechtsseitigen Oberarmpseudoarthrose auf der Annahme basiert, die Oberarmfraktur sei bei Erlass des Bescheides vom 04.12.1985 nicht knöchern konsolidiert gewesen. Eine solche Annahme hält der Senat indes nicht für gerechtfertigt. Insbesondere ergibt sich zur Überzeugung des Senats kein Nachweis einer entsprechenden Konsolidierungsstörung aus dem Zweiten Rentengutachten des Dr. M. vom 18.10.1985, auf das sich jedoch die Beklagte und deren Beratungsarzt Dr. C. im Wesentlichen berufen. So hat Dr. M. als Verletzungsfolge eine ehemalige Pseudoarthrose festgestellt, was bereits impliziert, dass diese z. Zt. der Begutachtung nicht mehr vorgelegen hat. Hiermit im Widerspruch steht allerdings, dass Dr. M. die ehemalige Pseudoarthrose nur zur Hälfte als knöchern fest durchgebaut beschrieben hat. In diesem Fall würde es sich aber wohl nicht um eine ehemalige, sondern um eine fortbestehende Pseudoarthrose handeln. Wesentlicher als die sprachliche Ungenauigkeit ist aber, dass der dem Gutachten zugrunde liegende radiologische Befundbericht eine konsolidierte Oberarmschaftfraktur ausgewiesen hat. Die ca. 6 Monate vor der Begutachtung durch Dr. M. am 25.04.1985 diagnostizierte und mittels Plattenosteosynthese versorgte Pseudoarthrose bestand aufgrund dieser Maßnahmen am 15.10.1985 daher nicht mehr. Wenn aus Sicht der Radiologen die Aufnahmen vom 15.10.1985 eine annähernd vollständig konsolidierte Fraktur der Oberarmschaftfraktur gezeigt haben, hält der Senat die Einschätzung des Dr. M., es liege eine nur hälftige Durchbauung der Fraktur vor, für irrtümlich.

Soweit Prof. Dr. S. auch insoweit eine Änderung gesehen hat, als sich die Beweglichkeit der Finger D 3 und D 4 gebessert habe (von 3 cm und 2 cm zu jeweils 1,5 cm Fingernagel-Hohlhand-Abstand) ist dieser Umstand allein nicht ausreichend, um eine wesentliche Änderung zu dokumentieren. Dass er darüber hinaus auch eine Verminderung der groben Kraft nicht erkannt und dies als Besserungszeichen angesehen hat, stimmt - wie oben bereits ausgeführt - mit den Befundangaben des Prof. Dr. S. nicht überein und ist für den Senat aufgrund der fehlenden Offenlegung der Messmethoden auch nicht überzeugend.

Dass keine wesentliche Änderung im Befund der Verletzungsfolgen vorliegt, wird durch die Einschätzung des Prof. Dr. S. in dessen hier ebenfalls urkundlich zu verwertenden Gutachten vom 14.01.2003 sowie durch die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. S. bestätigt, der darin explizit darauf hingewiesen hat, dass es trotz der fehlerhaften, weil zu hohen MdE-Bewertung hinsichtlich des Unfallereignisses vom 16.03.1984 bei der bisherigen Einschätzung der MdE um 20 v. H. bleiben müsse, da eine wesentliche Veränderung im Sinne einer Besserung nicht festzustellen sei. Diese Auffassung hatte auch die Beklagte zunächst vertreten, wie sich aus dem internen Aktenvermerk vom 18.02.2003 ergibt. Nachweise dafür, dass sich seither eine Befundänderung i. S. einer Besserung der Unfallfolgen ergeben hätte, ergeben sich aus den aktenkundigen medizinischen Stellungnahmen nicht.

Da somit die Voraussetzungen für den Entzug der gewährten Verletztenrente nicht vorliegen, war auf die Berufung des Klägers der Bescheid der Beklagten aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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