Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3032/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4040/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten auferlegt. Er trägt Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR und hat außerdem der Beklagten die zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 und/oder nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen ist.
Der 1954 geborene Kläger wandte sich mit Schreiben vom 22.12.2008 an die Beklagte und bat um Zusendung von Antragsunterlagen auf Anerkennung einer Berufskrankheit. Ergänzend trug er vor, in den letzten eineinhalb Jahren sei er zweimal an der Wirbelsäule operiert worden. Zum Berufsweg gab er an, er habe vom 01.09.1969 bis 31.12.1974 den Beruf des Maurers und den des Fliesenlegers erlernt. Nach Ableistung des Wehrdienstes von Mai 1973 bis Ende Oktober 1974 in der ehemaligen DDR sei er als Fliesenleger bis Ende 1981, vom 01.01.1982 bis 15.06.1984 als Abteilungsleiter, vom 18.06.1984 bis 14.07.1984 als Koch und Kellner, vom 01.08.1984 bis 03.10.1988 als Fliesenleger, vom 04.10.1988 bis 05.09.1989 als Betriebshandwerker und anschließend bis März 1991 als Fliesenleger tätig gewesen. Seit April 1991 sei er selbstständig und Inhaber eines Fliesenlegergeschäfts. Bei seinen Tätigkeiten als Maurer und Fliesenleger habe er Lasten heben und tragen müssen und auch auf der Schulter und auf dem Rücken tragen müssen.
Die Beklagte leitete Ermittlungen ein, zog vorhandene Röntgenaufnahmen und Arztberichte bei und beauftragte den Präventionsdienst zur Abklärung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheiten 2108 und 2109. Diplomingenieur H. führte mit dem Kläger am 19.06.2009 ein ausführliches Gespräch über die beruflichen Belastungen in der Vergangenheit und erstattete den Bericht zur Arbeitsplatzexposition Wirbelsäulenerkrankung BK 2108/2110 vom 08.07.2009. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, eine gefährdende Exposition nach BK 2109 sei nicht anzunehmen. Den Orientierungswert zur Belastung der Lendenwirbelsäule habe der Kläger zu 133 % erreicht.
Anschließend beauftragte die Beklagte - nach Auswahl durch den Kläger - Prof. Dr. S. - Direktor der Orthopädischen Klinik der S. V.-K. K. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 04.09.2009 gelangte Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule könne beim Kläger nicht angenommen werden. Es liege eine altersvorauseilende Bandscheibenerkrankung in Höhe L 1/2 vor. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden sowie das klinische Bild würden zu einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule passen. Die Veränderungen in Höhe L 1/2 seien vorauseilend, in den weiteren Lendenwirbelsäulensegmenten noch altersentsprechend. Nur die im Lendenwirbelsäulensegment L 1/2 vorliegende Begleitspondylose müsse als ein positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastungen angesehen werden, entsprechend einem belastungskonformen Schadensbild. Die über das Alter hinausgehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule seien als außerberuflich bzw. anlagebedingt zu werten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er auf unter 10 v.H. Laut den Konsensempfehlungen sei beim Kläger nur in Höhe L1/2 vorliegende Begleitspondylose jedoch als ein positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastungen anzusehen, sodass die Anerkennung einer BK 2108 empfohlen werden müsse. Für das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild sei in den Konsensempfehlungen keine Konstellation vorgegeben.
Zu dem Gutachten nahm der Beratungsarzt Dr. F. am 24.08.2009 Stellung. Darin führte er aus, dem orthopädischen Gutachten von Dr. J. und Prof. Dr. S. zur Frage einer BK 2108 beim Kläger als Fliesenleger könne nicht zugestimmt werden, da die Konsensempfehlungen im vorliegenden Fall nicht korrekt angewendet worden seien. Der Versicherte habe die schwerwiegenderen Veränderungen an der HWS, die eine Versteifungsoperation im Segment C 6/7 am 29.08.2007 erforderlich gemacht hätten. Der Bandscheibenschaden der LWS finde sich in dem belastungsuntypischen Segment L1/2; im vorliegenden Falle sei von "Begleitspondylosen" in allen drei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen, am ausgeprägtesten an der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Forestier. Dieser bereits am 15.07.1999 ausgeprägte Befund werde von den Gutachtern nicht hinreichend gewürdigt. Bei korrekter Anwendung der Konsensempfehlungen resultiere im vorliegenden Falle eine Konstellation C 4 mit degenerativen Bandscheibenveränderungen an der HWS ausgeprägter als an der LWS. In diesem Falle sei ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Eine Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule könne unter korrekter Anwendung der Konsenskonstellationen nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden.
Mit Bescheid vom 21.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108/2109/2110 der Berufskrankheiten-Liste ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 23.10.2009 Widerspruch ein und machte geltend, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei die Überprüfung der Voraussetzungen der BK-Nr. 2109 und BK-Nr. 2108. Prof. Dr. S. sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK-Nr. 2108 vorlägen. Dem werde zugestimmt. Allerdings werde die Auffassung vertreten, dass die MdE höher zu bewerten sei.
Anschließend holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. vom 20.01.2010 und das orthopädisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom Universitätsklinikum H. vom 28.03.2011 ein, das dieser nach klinischer Untersuchung des Klägers erstattete. Darin führte dieser aus, die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien entsprechend der Arbeitsplatzanalyse vom 26.06.2009 für die BK 2108 gegeben. Die bildgebenden Befunde belegten erheblich über das Alter hinausgehende degenerative Veränderungen im Bereich der oberen Lendenwirbelsäule LWK 1/2 mit Ventrospondylophytenbildung und Höhenminderung des Bandscheibenfaches sowie sequestrierter NPP dorsal. Die degenerativen Veränderungen beschränkten sich allerdings isoliert auf die oberen Anteile der Lendenwirbelsäule und seien so nicht - wie gefordert - belastungskonform. Folglich könne er auch nicht den Ausführungen des Vorgutachters Prof. Dr. S. aus K. in seinem Gutachten vom 04.09.2009 folgen. Ebenfalls bestünden bei dem Versicherten erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, welche schon 2007 in K.-L. operativ mittels Fusion von HWK 6/7 operativ versorgt worden seien. Hier sei am ehesten von einer Konstellation C 4 auszugehen, da Begleitspondylosen der Halswirbelsäule vorlägen, die gleich oder stärker ausgeprägt seien wie an der Lendenwirbelsäule. In diesem Sinne ließen sich beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule gemäß BK 2108 nicht wahrscheinlich machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als BK nach Nr. 2109 seien nicht erfüllt. Der Schwerpunkt der Veränderungen beim Kläger liege im Segment L1/L2 und somit im oberen Bereich der Lendenwirbelsäule. Dort sei ein Bandscheibenvorfall festgestellt und am 05.08.2008 operativ behandelt worden. Eine Begleitspondylose (vordere und seitliche altersvorauseilende Randzackenbildungen an mindestens zwei, nicht von Bandscheibenminderungen oder Vorfall betroffenen Segmenten) habe sich beim Kläger nicht entwickelt. Auch weise die untere Lendenwirbelsäule keine altersvorauseilenden Veränderungen auf. Nach alledem bestehe beim Kläger kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Listen-Nr. 2108. Unter Berücksichtigung der Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule habe Prof. Dr. S. das Krankheitsbild des Klägers nach den Konsensempfehlungen unter Konstellation C 4 eingestuft und dies schlüssig begründet. Eine Anerkennung als BK nach Nr. 2108 sei nicht möglich.
Dagegen erhob der Kläger am 15.07.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung machte der Bevollmächtigte des Klägers geltend, Prof. Dr. S. habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass laut den Konsensempfehlungen die Anerkennung einer BK 2108 empfohlen werden müsse. Zwar sei für das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild in den Konsensempfehlungen keine Konstellation vorgegeben, jedoch sei laut den Konsensempfehlungen die beim Kläger nur in Höhe von L 1/2 vorliegende Begleitspondylose als positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastung anzusehen. Den Ausführungen von Prof. Dr. S. sei voll umfänglich zu folgen betreffend den Ursachenzusammenhang hinsichtlich der BK 2108. Nicht zu folgen sei den Ausführungen von Prof. Dr. S. hinsichtlich der Beurteilung der Höhe der MdE. Die bandscheibenbedingte Erkrankung sei soweit fortgeschritten, dass eine MdE von 20 vorliege. Die Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 2109 lägen nach Auffassung der Beklagten nicht vor, da es sich um degenerative Veränderungen handeln würde. Dies sei nicht zutreffend. Der Kläger sei im August 2007 im S.-K. K.-L. an der Halswirbelsäule operiert worden. Dabei sei festgestellt worden, dass keineswegs degenerative Veränderungen die Ursache seien, sondern ein Bandscheibenvorfall.
Das SG zog von der Beklagten Aufnahmen bildgebender Verfahren (eine CD aus dem S.-K. K.-L., eine CD aus dem Universitätsklinikum H. und ein Film aus der Praxis Dres. B., B. K.) bei und beauftragte Dr. v. S. - Chefarzt der Abteilung Orthopädie in der V. - B. R. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. Dieser untersuchte den Kläger am 13.02.2012 und erstattete sein Gutachten unter dem 20.02.2012. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass aufgrund der erhobenen Befunde hier nach den vorliegenden Konsensempfehlungen eine Konstellation nach C 4 vorliege. Die degenerativen Veränderungen beträfen im Bereich der Halswirbelsäule die typischerweise vorliegenden Verschleißerscheinungen in den Segmenten C 5/6 und C 6/7, wie sie auch in der Normalbevölkerung ohne wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten vorlägen. Bezüglich der Lendenwirbelsäule seien die Verschleißerscheinungen der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule unterproportional stark ausgeprägt, die der oberen Lendenwirbelsäule insbesondere des Segmentes L 1/2 stärker als in der Normalbevölkerung. Die jetzige Beschwerdesymptomatik sei nach stattgehabter Nukleotomie eher Muskelsehnenansatzschmerzen der iliolumbalen Bänder sowie der wiederum mehr die untere Lendenwirbelsäule in typischer Weise betreffenden Spondylarthrose geschuldet. Hier müsse konstatiert werden, dass es sich nicht um ein schadenskonformes Krankheitsbild handele, da dazu zu fordern wäre, dass die Verschleißerscheinungen auch im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, da dort die Belastung am größten sei, überproportional stark vorhanden wären und sich nach oben eher verlieren würden. Dies sei im vorliegenden Fall vom Verteilungsmuster nicht der Fall. Hinzu komme, dass auch im Bereich der Brustwirbelsäule erhebliche und dem Lebensalter vorauseilende Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule sowie im Kyphosescheitel vorlägen, wobei eine BK für die Brustwirbelsäule nicht existiere. Nach Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Faktoren scheide eine BK 2109 zur Anerkennung wegen fehlender arbeitstechnischer Voraussetzungen aus und auch die Anerkennung einer BK 2108 könne bei fehlendem belastungsabhängigem Schadensbild nicht anerkannt werden, zumal die Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule stärker ausgeprägt seien als die der Lendenwirbelsäule.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. M., K. vom 28.06.2012 ein. Dieser führte in seinem Gutachten aus, der Kläger leide an erstgradigen Chondrosen der oberen vier Segmente der Lendenwirbelsäule, während das letzte Lendensegment davon nicht betroffen sei. Außerdem finde sich ein Bandscheibenvorfall im Segment L 1/2. Die Spondylose betreffe allein das Segment L 1/2. Dies sei das Segment, das von der Chondrose und vor allen Dingen von dem Bandscheibenvorfall betroffen sei, sodass definitionsgemäß in Anlehnung an die Konsensempfehlungen eine Begleitspondylose beim Kläger nicht vorliege. Unabhängig davon könne eine isolierte Chondrose nicht als Positivkriterium dann gewertet werden, wenn sie nur ein Segment betreffe. Da der Bandscheibenvorfall in Höhe L1 lokalisiert sei, sei gemäß den Konsensempfehlungen ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Als weiteres Argument, weshalb die Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht als Berufskrankheit zur Anerkennung vorgeschlagen werden könne, sei die bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule, die mindestens das Ausmaß der Lendenwirbelsäulendegeneration habe, die aber gemäß den arbeitstechnischen Untersuchungen nicht berufsbedingt sei und somit schicksalhaft unabhängig von der beruflichen Belastung entstanden sei. Dem Gutachten Prof. Dr. S. könne nicht gefolgt werden, weil Dr. J. davon ausgehe, dass bei dem Kläger eine sog. Begleitspondylose in Höhe L 1/2 vorläge, weshalb eine Anerkennung der Berufskrankheit vorgeschlagen werde. Wie er aber bereits ausgeführt habe, spreche man von einer Begleitspondylose nur dann, wenn diese in einem nicht von der Bandscheibenschädigung (Chondrose) betroffenen Segment auftrete. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, somit liege eine Begleitspondylose eindeutig nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.08.2012 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte die Feststellung von Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2108 und/oder der Nr. 2109 der Anl. 1 zur BKV versagt. Veränderungen an der Halswirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2109 seien nicht anzuerkennen, da der Kläger hierfür bereits die erforderlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfülle. Dies ergebe sich auch aus den kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten wie auch der eigenen Angaben des Klägers, zuletzt im Schriftsatz vom 30.11.2011. Danach sei bereits nicht erwiesen, dass der Kläger Lasten mit einem Mindestgewicht von 50 kg auf der Schulter getragen habe. Hinsichtlich der BK Nr. 2108 erfülle der Kläger zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen, die an der Lendenwirbelsäule vorliegenden Erkrankungen seien jedoch zu Recht von der Beklagten nicht als BK nach Nr. 2108 festgestellt worden. Hierbei stütze sich die Kammer auf die Darlegungen des Prof. Dr. S. und der Sachverständigen Dres. v. S. und M ... Das Schadensausmaß an der Lendenwirbelsäule des Klägers entspreche keinem belastungskonformen Schadensbild, bei dem nach den Konsensempfehlungen der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen wahrscheinlich zu machen sei. Schließlich scheitere die begehrte Feststellung auch daran, dass der Kläger nicht - wie erforderlich - sämtliche gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben habe. Denn er führe auch nach Abgabe seines Unternehmens an den Sohn im Oktober 2010 seinen anamnestischen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. M. zufolge weiterhin halbtags Reparaturarbeiten als Fliesenleger aus. Das Unterlassen gefährdender Tätigkeiten als Voraussetzung der Feststellung des Versicherungsfalls einer BK erfordert jedoch die Aufgabe aller Tätigkeiten, deren Unterlassung aus arbeitsmedizinischer Sicht geboten sei. Eine - wie hier - bloße Verminderung der Gefahr durch Aufgabe eines teils der gefährdenden Tätigkeiten reiche nicht aus.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.08.2012 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 24.09.2012 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, zu Unrecht habe das SG den ursächlichen Zusammenhang deshalb verneint, weil beim Kläger angeblich ein von unten nach oben abnehmendes Ausmaß vorauseilender Verschleißerscheinungen nicht vorliegen würde. Hierbei habe sich das SG auf Sachverständigengutachten gestützt. Hieraus werde aber deutlich, dass die Feststellungen der Sachverständigen dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerade nicht genügen würden. Im Gegensatz dazu habe Prof. Dr. S. in seinem Gutachten zutreffenderweise ein belastungskonformes Schadensbild angenommen und deshalb den richtigen Schluss gezogen, dass die beim Kläger vorhandenen bandscheibenbedingten Veränderungen der Lendenwirbelsäule durch die beruflichen Einwirkungen hervorgerufen worden seien. Unzutreffend sei zudem, dass beim Kläger neben der Veränderung des Lendenwirbelsäulensegments L 1/2 keine Begleitspondylose vorliegen würde. Auch hier habe Prof. Dr. S. anderes festgestellt. Spätestens seit der Übergabe des Betriebs an seinen Sohn habe er auch alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben, sodass auch diese Voraussetzung zur Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung als BK Nr. 2108 als erfüllt angesehen werden müsse. Auch die Voraussetzungen zur Anerkennung der BK Nr. 2109 seien erfüllt. Er sei nicht nur als Fliesenleger tätig gewesen. Ausweislich den Feststellungen des TADs sei er auch im Bereich der Rohbauarbeiten und im Natursteingewerbe tätig gewesen. Halte man sich seine Angaben in den jeweiligen Fragebögen vor Augen, werde deutlich, dass er durchaus Gewichte von mehr als 50 kg mehrmals am Tag auf der Schulter getragen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Wirbelsäulenerkrankung Folge einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 und 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat in nichtöffentlicher Sitzung am 13.09.2013 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Karlsruhe und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20.08.2012 die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 bzw. 2109 der Anl. 1 zur BKV festzustellen.
Streitgegenstand der Berufung ist die Frage der Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur BKV. Nicht Streitgegenstand ist die Frage der Anerkennung einer BK Nr. 2110 der Anl. 1 zur BKV, da der Kläger insoweit die Klage zurückgenommen hat.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach dem § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Zur Feststellung einer Berufskrankheit muss generell die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität ist auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität zu bezeichnen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, aaO). Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112). Nach dem Tatbestand der oben bezeichneten BK 2108 muss der Versicherte aufgrund einer Versichertentätigkeit langjährig schwer gehoben oder getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Durch die spezifischen der Versichertentätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der Versichertentätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (BSG a.a.O.).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2109 nicht gegeben sind, weshalb schon aus diesem Grunde ein Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 2109 zu verneinen ist. Darüber hinaus hat das SG zutreffend entschieden, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 zwar gegeben sind, dass aber die beim Kläger vorliegende Wirbelsäulenerkrankung nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Es hat hierbei zutreffend auf die Feststellungen der Darlegungen von Prof. Dr. S. und der gerichtlichen Sachverständigen Dr. v. S. und Dr. M. verwiesen. Sowohl das beim Kläger vorliegende Schadensbild spricht gegen eine berufliche Verursachung der Wirbelsäulenerkrankung als auch der Umstand, dass eine "Begleit"-Spondylose beim Kläger nicht vorliegt, sondern dass im Wirbelsäulenbereich eine bandscheibenbedingte Erkrankung isoliert gegeben ist, nämlich im Segment L 1/2. Der Senat kommt zu demselben Ergebnis und schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass er während seiner Tätigkeit als Maurer (01.09.1969 bis 31.12.1974) während seiner Arbeitszeiten Lasten von mehr als 50 kg mehrfach am Tag und über größere Strecken getragen habe, so wie er dies auch in dem entsprechenden Fragebogen dargestellt habe, und hierzu die Vernehmung von G. G., M. (Ladungsfähige Anschrift werde mitgeteilt) unter Beweis gestellt hat, gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Vernehmung von G. G. als Zeugen hierzu nicht erforderlich ist. Diese Behauptung des Klägers kann als wahr unterstellt werden. Denn in dem ausführlichen Gespräch des Dipl.-Ing. H. vom T. der Beklagten vom 19.06.2009 - niedergelegt im Gesprächsprotokoll vom 26.06.2009 - sind diese Angaben des Klägers bei der Beurteilung der Exposition nach BK Nr. 2109 berücksichtigt worden. Hierbei hatte der Kläger insbesondere angegeben, dass ca. 1/3 Natursteinarbeiten (überwiegend Sockelwände bis 5 m Höhe an neuen Wohngebäuden) erfolgt sind und dass ein Kran auf den Baustellen nicht zur Verfügung gestanden habe. Gewichte von 50-60 kg in Form von Granitmauersteinen und Zementsäcken a 50 kg seien zehnmal pro Arbeitstag gehoben und getragen worden (vom Kläger ausgefüllter Fragebogen vom 20.03.2009). Diese Angaben hat Dipl.-Ing. H. in seiner Beurteilung vom 14.07.2009 zur Arbeitsplatzbelastung zu Grunde gelegt.
Soweit der Kläger vorträgt, eine detaillierte Erhebung der Belastungen sei für die HWS, anders als für die LWS nicht erfolgt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Erhebungs- und Bewertungsinstrumentarium wie für die BK 2108 - Belastungen nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell – für die BK 2109 nicht existiert. Die vom Kläger gemachten Angaben sind aber vom Technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten, dem aufgrund der ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben der Sicherung des Arbeitsschutzes und der Prävention besondere Sachkunde zukommt, ausweislich des Gesprächsprotokolls des Dipl.-Ing. H. vom 26.09.2009 berücksichtigt und anhand der Erkenntnisse aus dem Arbeitsschutz für die Anforderungsprofile der Berufe des Fliesenlegers und Maurers bewertet worden.
Soweit von den im vorliegenden Fall gehörten Sachverständigen lediglich Prof. Dr. S. den Kausalzusammenhang unter Annahme der C1-Konstellation der Konsensempfehlungen bejaht hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Konstellation C1 lautet: Wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren erkennbar: Nein. Begleitspondylose: Ja. Beurteilung: Zusammenhang wahrscheinlich. Danach ist Voraussetzung der C1-Konstellation, dass eine Begleitspondylose im Sinne der Konsensempfehlungen vorliegt. Hierbei hat Prof. Dr. S. aber zu Unrecht das Vorliegen einer Begleitspondylose bejaht. Er hat eine Spondylose im Lendenwirbelsäulensegment L1/2 in Verkennung der in den Konsensempfehlungen ausdrücklich erfolgten Begriffsdefinition (Konsensempfehlungen I, 1.4) hierfür benannt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine "Begleit"-Spondylose da für die Frage, ob bandscheibenbedingte Veränderungen in L1/2 berufsbedingt verursacht worden sind, die geforderte "Begleit"-Spondylose aus einem anderen Segment und nicht aus dem Segment L1/2 stammen darf bzw. allenfalls schon vor der Bandscheibenveränderung des betroffenen Segments dort ausgeprägt gewesen sein muss. Diese Voraussetzungen liegen aber nach Beratungsarzt Dr. T. und den Gutachtern Dr. v. S. und Dr. M. nicht vor, worauf bereits das SG hingewiesen hat. Aufgrund dessen vermochte der Senat den gutachtlichen Beurteilungen von Prof. Dr. S. nicht zu folgen.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Senat hat dem Kläger Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR auferlegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGG).
Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu stellvertretend BVerfG, Beschluss vom 11.10.2001, Az. 2 BvR 1271/01 m.w.N.). Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des betroffenen Beteiligten an. Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der Fassung des § 192 SGG zufolge, die er mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 erhalten hat, für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und er führe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter. Dies ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers, wie sie im Gesetzgebungsverfahren zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drs. 14/5943, S. 28), der den § 192 SGG nach dem Vorbild des § 34 Abs. 2 BVerfGG gestalten wollte und für dessen Anwendung trotz seiner Überschrift im Fall des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kein Verschulden des Betroffenen erforderlich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile des Senats vom 26.11.2010 - L 8 U 3211/10 -, vom 20.11.2009 - L 8 SB 1648/08 - und vom 28.11.2008 - L 8 AL 1799/07- unveröffentlicht sowie vom 20.05.2011 - L 8 SB 2762/10 -). Missbräuchlichkeit der Prozessführung ist anzunehmen, wenn das Begehren weiterverfolgt wird trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit oder auch das Verfahren sich nur als Wiederholung eines "in neues Gewand gekleideten schon abgelehnten Rechtsbehelfs" (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 192 Rn. 9) darstellt.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist im Erörterungstermin vom 13.09.2013 durch den Berichterstatter auf die fehlenden Erfolgsaussichten seiner Berufung und auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten hingewiesen worden.
In dem gerichtlichen Verfahren ist von keinem sich gutachterlich äußernden Arzt das Begehren des Klägers gestützt worden. Selbst der auf Antrag des Klägers als Arzt seines Vertrauens nach § 109 SGG bestimmte Sachverständige Dr. M. hat das Vorliegen einer BK verneint. Die dem Kläger eingeräumte Möglichkeit, eine ergänzende Äußerung des Gutachters Prof. Dr. S. vorzulegen, hat der Kläger nicht genutzt. Der Kläger ist darauf hingewiesen worden, dass die gerügte Feststellung der arbeitstechnischen Voraussetzungen getroffen wurde, die medizinischen Voraussetzungen nach den Gerichtsgutsachten nicht vorliegen und bei dieser Prozesslage ein Festhalten an der Berufung rechtsmissbräuchlich ist. Es ist bei dem anwaltlich vertretenen Kläger auch nicht zu erkennen – auch nicht im Erörterungstermin – gewesen, dass er gehindert wäre, diese Einsicht zu gewinnen und danach zu handeln.
Unter Ausübung des ihm nach § 192 SGG eingeräumten Ermessens hält der Senat die Verhängung der vom Kläger hierdurch verursachten Kosten in Höhe der Mindestgebühr - wie angekündigt - nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG für notwendig und auch angemessen. Daneben hat er die Hälfte der von Gesetzes wegen durch die Beklagte zu entrichtenden Pauschgebühr zu erstatten, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr als regelmäßig anfallende Gerichtskosten bei einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln des Klägers wäre auch dieser Gerichtskostenanteil daher vermeidbar gewesen. Er ist somit vom Kläger in dieser Höhe der Beklagten zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 192 Rdnr. 13, 15). § 192 SGG i.d.F. ab 02.01.2002 ist eine Sonderregelung zu §§ 193 Abs. 4, 186 Abs.1 SGG und begründet auch einen Erstattungsanspruch des anderen Beteiligten (h.M., vgl. Leitherer, a.a.O. Rdnr 1a, 13 m.w.N.; a.A. Knittel in JHennig, SGG § 192 Rdnr. 16).
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten auferlegt. Er trägt Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR und hat außerdem der Beklagten die zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 und/oder nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen ist.
Der 1954 geborene Kläger wandte sich mit Schreiben vom 22.12.2008 an die Beklagte und bat um Zusendung von Antragsunterlagen auf Anerkennung einer Berufskrankheit. Ergänzend trug er vor, in den letzten eineinhalb Jahren sei er zweimal an der Wirbelsäule operiert worden. Zum Berufsweg gab er an, er habe vom 01.09.1969 bis 31.12.1974 den Beruf des Maurers und den des Fliesenlegers erlernt. Nach Ableistung des Wehrdienstes von Mai 1973 bis Ende Oktober 1974 in der ehemaligen DDR sei er als Fliesenleger bis Ende 1981, vom 01.01.1982 bis 15.06.1984 als Abteilungsleiter, vom 18.06.1984 bis 14.07.1984 als Koch und Kellner, vom 01.08.1984 bis 03.10.1988 als Fliesenleger, vom 04.10.1988 bis 05.09.1989 als Betriebshandwerker und anschließend bis März 1991 als Fliesenleger tätig gewesen. Seit April 1991 sei er selbstständig und Inhaber eines Fliesenlegergeschäfts. Bei seinen Tätigkeiten als Maurer und Fliesenleger habe er Lasten heben und tragen müssen und auch auf der Schulter und auf dem Rücken tragen müssen.
Die Beklagte leitete Ermittlungen ein, zog vorhandene Röntgenaufnahmen und Arztberichte bei und beauftragte den Präventionsdienst zur Abklärung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheiten 2108 und 2109. Diplomingenieur H. führte mit dem Kläger am 19.06.2009 ein ausführliches Gespräch über die beruflichen Belastungen in der Vergangenheit und erstattete den Bericht zur Arbeitsplatzexposition Wirbelsäulenerkrankung BK 2108/2110 vom 08.07.2009. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, eine gefährdende Exposition nach BK 2109 sei nicht anzunehmen. Den Orientierungswert zur Belastung der Lendenwirbelsäule habe der Kläger zu 133 % erreicht.
Anschließend beauftragte die Beklagte - nach Auswahl durch den Kläger - Prof. Dr. S. - Direktor der Orthopädischen Klinik der S. V.-K. K. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 04.09.2009 gelangte Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule könne beim Kläger nicht angenommen werden. Es liege eine altersvorauseilende Bandscheibenerkrankung in Höhe L 1/2 vor. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden sowie das klinische Bild würden zu einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule passen. Die Veränderungen in Höhe L 1/2 seien vorauseilend, in den weiteren Lendenwirbelsäulensegmenten noch altersentsprechend. Nur die im Lendenwirbelsäulensegment L 1/2 vorliegende Begleitspondylose müsse als ein positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastungen angesehen werden, entsprechend einem belastungskonformen Schadensbild. Die über das Alter hinausgehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule seien als außerberuflich bzw. anlagebedingt zu werten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er auf unter 10 v.H. Laut den Konsensempfehlungen sei beim Kläger nur in Höhe L1/2 vorliegende Begleitspondylose jedoch als ein positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastungen anzusehen, sodass die Anerkennung einer BK 2108 empfohlen werden müsse. Für das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild sei in den Konsensempfehlungen keine Konstellation vorgegeben.
Zu dem Gutachten nahm der Beratungsarzt Dr. F. am 24.08.2009 Stellung. Darin führte er aus, dem orthopädischen Gutachten von Dr. J. und Prof. Dr. S. zur Frage einer BK 2108 beim Kläger als Fliesenleger könne nicht zugestimmt werden, da die Konsensempfehlungen im vorliegenden Fall nicht korrekt angewendet worden seien. Der Versicherte habe die schwerwiegenderen Veränderungen an der HWS, die eine Versteifungsoperation im Segment C 6/7 am 29.08.2007 erforderlich gemacht hätten. Der Bandscheibenschaden der LWS finde sich in dem belastungsuntypischen Segment L1/2; im vorliegenden Falle sei von "Begleitspondylosen" in allen drei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen, am ausgeprägtesten an der Brustwirbelsäule im Sinne eines Morbus Forestier. Dieser bereits am 15.07.1999 ausgeprägte Befund werde von den Gutachtern nicht hinreichend gewürdigt. Bei korrekter Anwendung der Konsensempfehlungen resultiere im vorliegenden Falle eine Konstellation C 4 mit degenerativen Bandscheibenveränderungen an der HWS ausgeprägter als an der LWS. In diesem Falle sei ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Eine Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule könne unter korrekter Anwendung der Konsenskonstellationen nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden.
Mit Bescheid vom 21.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108/2109/2110 der Berufskrankheiten-Liste ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 23.10.2009 Widerspruch ein und machte geltend, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei die Überprüfung der Voraussetzungen der BK-Nr. 2109 und BK-Nr. 2108. Prof. Dr. S. sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK-Nr. 2108 vorlägen. Dem werde zugestimmt. Allerdings werde die Auffassung vertreten, dass die MdE höher zu bewerten sei.
Anschließend holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. vom 20.01.2010 und das orthopädisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom Universitätsklinikum H. vom 28.03.2011 ein, das dieser nach klinischer Untersuchung des Klägers erstattete. Darin führte dieser aus, die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien entsprechend der Arbeitsplatzanalyse vom 26.06.2009 für die BK 2108 gegeben. Die bildgebenden Befunde belegten erheblich über das Alter hinausgehende degenerative Veränderungen im Bereich der oberen Lendenwirbelsäule LWK 1/2 mit Ventrospondylophytenbildung und Höhenminderung des Bandscheibenfaches sowie sequestrierter NPP dorsal. Die degenerativen Veränderungen beschränkten sich allerdings isoliert auf die oberen Anteile der Lendenwirbelsäule und seien so nicht - wie gefordert - belastungskonform. Folglich könne er auch nicht den Ausführungen des Vorgutachters Prof. Dr. S. aus K. in seinem Gutachten vom 04.09.2009 folgen. Ebenfalls bestünden bei dem Versicherten erhebliche degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, welche schon 2007 in K.-L. operativ mittels Fusion von HWK 6/7 operativ versorgt worden seien. Hier sei am ehesten von einer Konstellation C 4 auszugehen, da Begleitspondylosen der Halswirbelsäule vorlägen, die gleich oder stärker ausgeprägt seien wie an der Lendenwirbelsäule. In diesem Sinne ließen sich beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule gemäß BK 2108 nicht wahrscheinlich machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2011 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als BK nach Nr. 2109 seien nicht erfüllt. Der Schwerpunkt der Veränderungen beim Kläger liege im Segment L1/L2 und somit im oberen Bereich der Lendenwirbelsäule. Dort sei ein Bandscheibenvorfall festgestellt und am 05.08.2008 operativ behandelt worden. Eine Begleitspondylose (vordere und seitliche altersvorauseilende Randzackenbildungen an mindestens zwei, nicht von Bandscheibenminderungen oder Vorfall betroffenen Segmenten) habe sich beim Kläger nicht entwickelt. Auch weise die untere Lendenwirbelsäule keine altersvorauseilenden Veränderungen auf. Nach alledem bestehe beim Kläger kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Listen-Nr. 2108. Unter Berücksichtigung der Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule habe Prof. Dr. S. das Krankheitsbild des Klägers nach den Konsensempfehlungen unter Konstellation C 4 eingestuft und dies schlüssig begründet. Eine Anerkennung als BK nach Nr. 2108 sei nicht möglich.
Dagegen erhob der Kläger am 15.07.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung machte der Bevollmächtigte des Klägers geltend, Prof. Dr. S. habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass laut den Konsensempfehlungen die Anerkennung einer BK 2108 empfohlen werden müsse. Zwar sei für das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild in den Konsensempfehlungen keine Konstellation vorgegeben, jedoch sei laut den Konsensempfehlungen die beim Kläger nur in Höhe von L 1/2 vorliegende Begleitspondylose als positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastung anzusehen. Den Ausführungen von Prof. Dr. S. sei voll umfänglich zu folgen betreffend den Ursachenzusammenhang hinsichtlich der BK 2108. Nicht zu folgen sei den Ausführungen von Prof. Dr. S. hinsichtlich der Beurteilung der Höhe der MdE. Die bandscheibenbedingte Erkrankung sei soweit fortgeschritten, dass eine MdE von 20 vorliege. Die Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 2109 lägen nach Auffassung der Beklagten nicht vor, da es sich um degenerative Veränderungen handeln würde. Dies sei nicht zutreffend. Der Kläger sei im August 2007 im S.-K. K.-L. an der Halswirbelsäule operiert worden. Dabei sei festgestellt worden, dass keineswegs degenerative Veränderungen die Ursache seien, sondern ein Bandscheibenvorfall.
Das SG zog von der Beklagten Aufnahmen bildgebender Verfahren (eine CD aus dem S.-K. K.-L., eine CD aus dem Universitätsklinikum H. und ein Film aus der Praxis Dres. B., B. K.) bei und beauftragte Dr. v. S. - Chefarzt der Abteilung Orthopädie in der V. - B. R. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens. Dieser untersuchte den Kläger am 13.02.2012 und erstattete sein Gutachten unter dem 20.02.2012. Darin gelangte er zu dem Ergebnis, dass aufgrund der erhobenen Befunde hier nach den vorliegenden Konsensempfehlungen eine Konstellation nach C 4 vorliege. Die degenerativen Veränderungen beträfen im Bereich der Halswirbelsäule die typischerweise vorliegenden Verschleißerscheinungen in den Segmenten C 5/6 und C 6/7, wie sie auch in der Normalbevölkerung ohne wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten vorlägen. Bezüglich der Lendenwirbelsäule seien die Verschleißerscheinungen der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule unterproportional stark ausgeprägt, die der oberen Lendenwirbelsäule insbesondere des Segmentes L 1/2 stärker als in der Normalbevölkerung. Die jetzige Beschwerdesymptomatik sei nach stattgehabter Nukleotomie eher Muskelsehnenansatzschmerzen der iliolumbalen Bänder sowie der wiederum mehr die untere Lendenwirbelsäule in typischer Weise betreffenden Spondylarthrose geschuldet. Hier müsse konstatiert werden, dass es sich nicht um ein schadenskonformes Krankheitsbild handele, da dazu zu fordern wäre, dass die Verschleißerscheinungen auch im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, da dort die Belastung am größten sei, überproportional stark vorhanden wären und sich nach oben eher verlieren würden. Dies sei im vorliegenden Fall vom Verteilungsmuster nicht der Fall. Hinzu komme, dass auch im Bereich der Brustwirbelsäule erhebliche und dem Lebensalter vorauseilende Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule sowie im Kyphosescheitel vorlägen, wobei eine BK für die Brustwirbelsäule nicht existiere. Nach Abwägung der dafür und dagegen sprechenden Faktoren scheide eine BK 2109 zur Anerkennung wegen fehlender arbeitstechnischer Voraussetzungen aus und auch die Anerkennung einer BK 2108 könne bei fehlendem belastungsabhängigem Schadensbild nicht anerkannt werden, zumal die Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule stärker ausgeprägt seien als die der Lendenwirbelsäule.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. M., K. vom 28.06.2012 ein. Dieser führte in seinem Gutachten aus, der Kläger leide an erstgradigen Chondrosen der oberen vier Segmente der Lendenwirbelsäule, während das letzte Lendensegment davon nicht betroffen sei. Außerdem finde sich ein Bandscheibenvorfall im Segment L 1/2. Die Spondylose betreffe allein das Segment L 1/2. Dies sei das Segment, das von der Chondrose und vor allen Dingen von dem Bandscheibenvorfall betroffen sei, sodass definitionsgemäß in Anlehnung an die Konsensempfehlungen eine Begleitspondylose beim Kläger nicht vorliege. Unabhängig davon könne eine isolierte Chondrose nicht als Positivkriterium dann gewertet werden, wenn sie nur ein Segment betreffe. Da der Bandscheibenvorfall in Höhe L1 lokalisiert sei, sei gemäß den Konsensempfehlungen ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Als weiteres Argument, weshalb die Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht als Berufskrankheit zur Anerkennung vorgeschlagen werden könne, sei die bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule, die mindestens das Ausmaß der Lendenwirbelsäulendegeneration habe, die aber gemäß den arbeitstechnischen Untersuchungen nicht berufsbedingt sei und somit schicksalhaft unabhängig von der beruflichen Belastung entstanden sei. Dem Gutachten Prof. Dr. S. könne nicht gefolgt werden, weil Dr. J. davon ausgehe, dass bei dem Kläger eine sog. Begleitspondylose in Höhe L 1/2 vorläge, weshalb eine Anerkennung der Berufskrankheit vorgeschlagen werde. Wie er aber bereits ausgeführt habe, spreche man von einer Begleitspondylose nur dann, wenn diese in einem nicht von der Bandscheibenschädigung (Chondrose) betroffenen Segment auftrete. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, somit liege eine Begleitspondylose eindeutig nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.08.2012 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte die Feststellung von Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2108 und/oder der Nr. 2109 der Anl. 1 zur BKV versagt. Veränderungen an der Halswirbelsäule des Klägers als Folge einer BK der Nr. 2109 seien nicht anzuerkennen, da der Kläger hierfür bereits die erforderlichen arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfülle. Dies ergebe sich auch aus den kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten wie auch der eigenen Angaben des Klägers, zuletzt im Schriftsatz vom 30.11.2011. Danach sei bereits nicht erwiesen, dass der Kläger Lasten mit einem Mindestgewicht von 50 kg auf der Schulter getragen habe. Hinsichtlich der BK Nr. 2108 erfülle der Kläger zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen, die an der Lendenwirbelsäule vorliegenden Erkrankungen seien jedoch zu Recht von der Beklagten nicht als BK nach Nr. 2108 festgestellt worden. Hierbei stütze sich die Kammer auf die Darlegungen des Prof. Dr. S. und der Sachverständigen Dres. v. S. und M ... Das Schadensausmaß an der Lendenwirbelsäule des Klägers entspreche keinem belastungskonformen Schadensbild, bei dem nach den Konsensempfehlungen der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Einwirkungen wahrscheinlich zu machen sei. Schließlich scheitere die begehrte Feststellung auch daran, dass der Kläger nicht - wie erforderlich - sämtliche gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben habe. Denn er führe auch nach Abgabe seines Unternehmens an den Sohn im Oktober 2010 seinen anamnestischen Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. M. zufolge weiterhin halbtags Reparaturarbeiten als Fliesenleger aus. Das Unterlassen gefährdender Tätigkeiten als Voraussetzung der Feststellung des Versicherungsfalls einer BK erfordert jedoch die Aufgabe aller Tätigkeiten, deren Unterlassung aus arbeitsmedizinischer Sicht geboten sei. Eine - wie hier - bloße Verminderung der Gefahr durch Aufgabe eines teils der gefährdenden Tätigkeiten reiche nicht aus.
Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 23.08.2012 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 24.09.2012 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor, zu Unrecht habe das SG den ursächlichen Zusammenhang deshalb verneint, weil beim Kläger angeblich ein von unten nach oben abnehmendes Ausmaß vorauseilender Verschleißerscheinungen nicht vorliegen würde. Hierbei habe sich das SG auf Sachverständigengutachten gestützt. Hieraus werde aber deutlich, dass die Feststellungen der Sachverständigen dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gerade nicht genügen würden. Im Gegensatz dazu habe Prof. Dr. S. in seinem Gutachten zutreffenderweise ein belastungskonformes Schadensbild angenommen und deshalb den richtigen Schluss gezogen, dass die beim Kläger vorhandenen bandscheibenbedingten Veränderungen der Lendenwirbelsäule durch die beruflichen Einwirkungen hervorgerufen worden seien. Unzutreffend sei zudem, dass beim Kläger neben der Veränderung des Lendenwirbelsäulensegments L 1/2 keine Begleitspondylose vorliegen würde. Auch hier habe Prof. Dr. S. anderes festgestellt. Spätestens seit der Übergabe des Betriebs an seinen Sohn habe er auch alle gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben, sodass auch diese Voraussetzung zur Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung als BK Nr. 2108 als erfüllt angesehen werden müsse. Auch die Voraussetzungen zur Anerkennung der BK Nr. 2109 seien erfüllt. Er sei nicht nur als Fliesenleger tätig gewesen. Ausweislich den Feststellungen des TADs sei er auch im Bereich der Rohbauarbeiten und im Natursteingewerbe tätig gewesen. Halte man sich seine Angaben in den jeweiligen Fragebögen vor Augen, werde deutlich, dass er durchaus Gewichte von mehr als 50 kg mehrmals am Tag auf der Schulter getragen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Wirbelsäulenerkrankung Folge einer Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 und 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat in nichtöffentlicher Sitzung am 13.09.2013 den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Karlsruhe und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20.08.2012 die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, die Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 bzw. 2109 der Anl. 1 zur BKV festzustellen.
Streitgegenstand der Berufung ist die Frage der Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage zur BKV. Nicht Streitgegenstand ist die Frage der Anerkennung einer BK Nr. 2110 der Anl. 1 zur BKV, da der Kläger insoweit die Klage zurückgenommen hat.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach dem § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit u.a. folgende als Berufskrankheit anerkannte Krankheit aufgeführt ist:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Zur Feststellung einer Berufskrankheit muss generell die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität ist auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität zu bezeichnen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, aaO). Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112). Nach dem Tatbestand der oben bezeichneten BK 2108 muss der Versicherte aufgrund einer Versichertentätigkeit langjährig schwer gehoben oder getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Durch die spezifischen der Versichertentätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der Versichertentätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (BSG a.a.O.).
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2109 nicht gegeben sind, weshalb schon aus diesem Grunde ein Anspruch auf Feststellung einer BK nach Nr. 2109 zu verneinen ist. Darüber hinaus hat das SG zutreffend entschieden, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 2108 zwar gegeben sind, dass aber die beim Kläger vorliegende Wirbelsäulenerkrankung nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. Es hat hierbei zutreffend auf die Feststellungen der Darlegungen von Prof. Dr. S. und der gerichtlichen Sachverständigen Dr. v. S. und Dr. M. verwiesen. Sowohl das beim Kläger vorliegende Schadensbild spricht gegen eine berufliche Verursachung der Wirbelsäulenerkrankung als auch der Umstand, dass eine "Begleit"-Spondylose beim Kläger nicht vorliegt, sondern dass im Wirbelsäulenbereich eine bandscheibenbedingte Erkrankung isoliert gegeben ist, nämlich im Segment L 1/2. Der Senat kommt zu demselben Ergebnis und schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass er während seiner Tätigkeit als Maurer (01.09.1969 bis 31.12.1974) während seiner Arbeitszeiten Lasten von mehr als 50 kg mehrfach am Tag und über größere Strecken getragen habe, so wie er dies auch in dem entsprechenden Fragebogen dargestellt habe, und hierzu die Vernehmung von G. G., M. (Ladungsfähige Anschrift werde mitgeteilt) unter Beweis gestellt hat, gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Vernehmung von G. G. als Zeugen hierzu nicht erforderlich ist. Diese Behauptung des Klägers kann als wahr unterstellt werden. Denn in dem ausführlichen Gespräch des Dipl.-Ing. H. vom T. der Beklagten vom 19.06.2009 - niedergelegt im Gesprächsprotokoll vom 26.06.2009 - sind diese Angaben des Klägers bei der Beurteilung der Exposition nach BK Nr. 2109 berücksichtigt worden. Hierbei hatte der Kläger insbesondere angegeben, dass ca. 1/3 Natursteinarbeiten (überwiegend Sockelwände bis 5 m Höhe an neuen Wohngebäuden) erfolgt sind und dass ein Kran auf den Baustellen nicht zur Verfügung gestanden habe. Gewichte von 50-60 kg in Form von Granitmauersteinen und Zementsäcken a 50 kg seien zehnmal pro Arbeitstag gehoben und getragen worden (vom Kläger ausgefüllter Fragebogen vom 20.03.2009). Diese Angaben hat Dipl.-Ing. H. in seiner Beurteilung vom 14.07.2009 zur Arbeitsplatzbelastung zu Grunde gelegt.
Soweit der Kläger vorträgt, eine detaillierte Erhebung der Belastungen sei für die HWS, anders als für die LWS nicht erfolgt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Erhebungs- und Bewertungsinstrumentarium wie für die BK 2108 - Belastungen nach dem Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell – für die BK 2109 nicht existiert. Die vom Kläger gemachten Angaben sind aber vom Technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten, dem aufgrund der ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben der Sicherung des Arbeitsschutzes und der Prävention besondere Sachkunde zukommt, ausweislich des Gesprächsprotokolls des Dipl.-Ing. H. vom 26.09.2009 berücksichtigt und anhand der Erkenntnisse aus dem Arbeitsschutz für die Anforderungsprofile der Berufe des Fliesenlegers und Maurers bewertet worden.
Soweit von den im vorliegenden Fall gehörten Sachverständigen lediglich Prof. Dr. S. den Kausalzusammenhang unter Annahme der C1-Konstellation der Konsensempfehlungen bejaht hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Konstellation C1 lautet: Wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren erkennbar: Nein. Begleitspondylose: Ja. Beurteilung: Zusammenhang wahrscheinlich. Danach ist Voraussetzung der C1-Konstellation, dass eine Begleitspondylose im Sinne der Konsensempfehlungen vorliegt. Hierbei hat Prof. Dr. S. aber zu Unrecht das Vorliegen einer Begleitspondylose bejaht. Er hat eine Spondylose im Lendenwirbelsäulensegment L1/2 in Verkennung der in den Konsensempfehlungen ausdrücklich erfolgten Begriffsdefinition (Konsensempfehlungen I, 1.4) hierfür benannt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine "Begleit"-Spondylose da für die Frage, ob bandscheibenbedingte Veränderungen in L1/2 berufsbedingt verursacht worden sind, die geforderte "Begleit"-Spondylose aus einem anderen Segment und nicht aus dem Segment L1/2 stammen darf bzw. allenfalls schon vor der Bandscheibenveränderung des betroffenen Segments dort ausgeprägt gewesen sein muss. Diese Voraussetzungen liegen aber nach Beratungsarzt Dr. T. und den Gutachtern Dr. v. S. und Dr. M. nicht vor, worauf bereits das SG hingewiesen hat. Aufgrund dessen vermochte der Senat den gutachtlichen Beurteilungen von Prof. Dr. S. nicht zu folgen.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Senat hat dem Kläger Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225 EUR auferlegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGG).
Abzustellen ist dabei auf die (objektivierte) Einsichtsfähigkeit eines vernünftigen Verfahrensbeteiligten und damit auf den "Einsichtigen" im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu stellvertretend BVerfG, Beschluss vom 11.10.2001, Az. 2 BvR 1271/01 m.w.N.). Es kommt nicht auf die konkrete subjektive Sicht des betroffenen Beteiligten an. Anders als beim Begriff des "Mutwillens", der bereits nach dem Wortlaut ein subjektives Element enthält, ist der Fassung des § 192 SGG zufolge, die er mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 erhalten hat, für den Missbrauch nicht mehr erforderlich, dass der Beteiligte subjektiv weiß, die Rechtsverfolgung sei aussichtslos und er führe nun entgegen besserer Einsicht den Prozess weiter. Dies ergibt sich aus der Intention des Gesetzgebers, wie sie im Gesetzgebungsverfahren zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drs. 14/5943, S. 28), der den § 192 SGG nach dem Vorbild des § 34 Abs. 2 BVerfGG gestalten wollte und für dessen Anwendung trotz seiner Überschrift im Fall des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kein Verschulden des Betroffenen erforderlich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile des Senats vom 26.11.2010 - L 8 U 3211/10 -, vom 20.11.2009 - L 8 SB 1648/08 - und vom 28.11.2008 - L 8 AL 1799/07- unveröffentlicht sowie vom 20.05.2011 - L 8 SB 2762/10 -). Missbräuchlichkeit der Prozessführung ist anzunehmen, wenn das Begehren weiterverfolgt wird trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit oder auch das Verfahren sich nur als Wiederholung eines "in neues Gewand gekleideten schon abgelehnten Rechtsbehelfs" (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 192 Rn. 9) darstellt.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist im Erörterungstermin vom 13.09.2013 durch den Berichterstatter auf die fehlenden Erfolgsaussichten seiner Berufung und auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten hingewiesen worden.
In dem gerichtlichen Verfahren ist von keinem sich gutachterlich äußernden Arzt das Begehren des Klägers gestützt worden. Selbst der auf Antrag des Klägers als Arzt seines Vertrauens nach § 109 SGG bestimmte Sachverständige Dr. M. hat das Vorliegen einer BK verneint. Die dem Kläger eingeräumte Möglichkeit, eine ergänzende Äußerung des Gutachters Prof. Dr. S. vorzulegen, hat der Kläger nicht genutzt. Der Kläger ist darauf hingewiesen worden, dass die gerügte Feststellung der arbeitstechnischen Voraussetzungen getroffen wurde, die medizinischen Voraussetzungen nach den Gerichtsgutsachten nicht vorliegen und bei dieser Prozesslage ein Festhalten an der Berufung rechtsmissbräuchlich ist. Es ist bei dem anwaltlich vertretenen Kläger auch nicht zu erkennen – auch nicht im Erörterungstermin – gewesen, dass er gehindert wäre, diese Einsicht zu gewinnen und danach zu handeln.
Unter Ausübung des ihm nach § 192 SGG eingeräumten Ermessens hält der Senat die Verhängung der vom Kläger hierdurch verursachten Kosten in Höhe der Mindestgebühr - wie angekündigt - nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG für notwendig und auch angemessen. Daneben hat er die Hälfte der von Gesetzes wegen durch die Beklagte zu entrichtenden Pauschgebühr zu erstatten, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr als regelmäßig anfallende Gerichtskosten bei einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln des Klägers wäre auch dieser Gerichtskostenanteil daher vermeidbar gewesen. Er ist somit vom Kläger in dieser Höhe der Beklagten zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 - 10 Rar 10/93 -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 -, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 192 Rdnr. 13, 15). § 192 SGG i.d.F. ab 02.01.2002 ist eine Sonderregelung zu §§ 193 Abs. 4, 186 Abs.1 SGG und begründet auch einen Erstattungsanspruch des anderen Beteiligten (h.M., vgl. Leitherer, a.a.O. Rdnr 1a, 13 m.w.N.; a.A. Knittel in JHennig, SGG § 192 Rdnr. 16).
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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