Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3682/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2607/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. April 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten für zahnärztliche Versorgung und Fahrtkosten für eine ärztliche Untersuchung in Ulm.
Der 1951 geborene Kläger beantragte am 8. Oktober 2012 die Übernahme von Taxikosten für eine geplante ärztliche Behandlung bei Dr. Kr., einem nach Darstellung des Klägers "Zecken-Biß-Spezialist", in Ulm. Er leide unter Dauerfieber von 39,5°, die ihm mögliche Gehstrecke liege unter 100 m, weshalb er auf die Fahrt mit dem Taxi angewiesen sei. Auch die Kosten der Zahnbehandlung seien noch nicht geklärt (Bl.179 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 lehnte der Beklagte die Übernahme von Kosten für eine zahnärztliche Versorgung und Fahrtkosten zum Arzt nach Ulm ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Kosten für die notwendige zahnärztliche Behandlung würden von der Krankenkasse übernommen. Die Übernahme zusätzlicher Kosten, die über die notwendige medizinische Versorgung hinausgingen, sei nicht möglich. Eine zahnärztliche Behandlung stelle keinen besonderen Lebensumstand dar. Auch die Fahrtkosten mit dem Taxi zum Arzt nach Ulm stellten keine Kosten dar, die aufgrund eines besonderen Lebensumstandes entstünden. Es liege hier keine atypische Lebenslage vor, die Fahrtkosten seien bereits in der Regelleistung enthalten (Bl.180 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob der Kläger am 5. November 2012 Widerspruch und machte zur Begründung geltend, die bei ihm bestehende Borreliose stelle durchaus einen besonderen Lebensumstand dar. Wenn die notwendigen Fahrtkosten mit dem Taxi nicht bis zum 5. November 2012 auf seinem Konto seien, müsse er den Arzttermin absagen. Aufgrund des durch Borreliose bedingten Fiebers, sei über Jahre hinweg eine zahnärztliche Behandlung nicht möglich gewesen (Bl. 181 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 28. November 2012 führte der Kläger ergänzend aus, er habe sich für die Fahrt zum Arzt nach Ulm 120 EUR leihen müssen, er habe dort drei Überweisungen für weitere Fachrichtungen erhalten. Beim Beklagten finde nur "Willkür und Arroganz" statt (Bl. 191 der Verwaltungsakte).
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung legte der Beklagte dar, die Kosten der zahnärztlichen Behandlung seien kein unabweisbarer Bedarf, da die notwendigen Kosten von der Krankenkasse übernommen würden; für die Übernahme der Fahrtkosten zum Arzt gebe es keine Rechtsgrundlage (Bl. 182 der Verwaltungsakte).
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 15. November 2012 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat der der Kläger ausgeführt, er sei krankheitsbedingt so geschwächt, dass er auf die Fahrt mit dem Taxi angewiesen sei. Nur in Ulm gebe es einen Facharzt für Borreliose. Allgemeinärzte seien hier nicht kompetent. Die Fahrt zum Arzt nach Ulm sei deshalb notwendig, öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht benutzen. Sämtliche Zähne im Oberkiefer müssten erneuert werden. Von den vom Beklagten gewährten Leistungen könne er die Fahrtkosten und die Zahnbehandlungen nicht bezahlen (Bl. 2 ff der SG Akte).
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. April 2013 teilte der Kläger mit, dass er von einem Bekannten privat nach Ulm gefahren worden sei (Bl. 10 der SG Akte).
Mit Urteil vom 19. April 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung legte das SG dar, der Kläger habe weder Anspruch auf Übernahme von Fahrtkosten noch auf Kosten für eine zahnärztliche Versorgung, für beide geltend gemachten Ansprüche fehle es an einer Rechtsgrundlage. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) umfasse der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Gemäß § 5 Regelbedarfsgesetz (RBEG) Abt. 7 seien im Regelbedarf Kosten für Verkehr in Höhe von 22,78 EUR festgesetzt, weshalb die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten von der Regelleistung zu bezahlen seien. Gemäß § 21 SGB II könne in den dort geregelten Fällen ein Mehrbedarf anerkannt werden. Fahrtkosten zu Ärzten seien darin aber nicht aufgeführt, weshalb auch aus § 21 SGB II kein Anspruch abgeleitet werden könne. Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für zahnärztliche Versorgung. Der Kläger sei als Leistungsbezieher nach dem SGB II pflichtversichert gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und erhalte damit die ihm nach dem SGB V zustehenden Leistungen. Darüber hinaus gebe es keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten, der Kläger erstrebe hier letztendlich eine Besserstellung gegenüber sämtlichen gesetzlich Krankenversicherten. Dafür öffne das SGB II allerdings keinen Raum.
Gegen dieses dem Kläger am 1. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Juni 2013 Berufung erhoben. Diese begründet der Kläger damit, es sei nicht seine Schuld, dass seine Erkrankung in 20 Jahren noch nicht richtig diagnostiziert worden sei. Zur Zeit zahle er bisherige Fahrtkosten nach Ulm und Göppingen immer noch in Raten ab. Er nehme Termine trotz Fieber wahr. Er könne nicht von Privatleuten erwarten, dass er von diesen zu Terminen gefahren werde. Borreliose sei es nicht, aber anscheinend brauche er nicht zu weiteren Fachärzten. Auf Nachfrage des Senats teilte der Kläger ergänzend mit, es gebe noch keinen Kostenvoranschlag bezüglich der Zähne, die Krankenkasse zahle das Entfernen der Zähne, aber keine neuen Zähne; Schreiben der Beklagten seien "generell falsch".
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 23. Juli 2013 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Kläger hat hieraufhin mit Schreiben vom 26. Juli 2013 (Bl. 12 ff Senatsakte), 6. Oktober 2013 (Bl. 24 ff Senatsakte), 11. Oktober 2013 (Bl. 26 ff der Senatsakte) und 21. Oktober 2013 ergänzend vorgetragen. Sinngemäß machte der Kläger in diesen Schreiben geltend, dass bei ihm nun doch keine Borreliose, sondern ein Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS Syndrom) vorliege. Dieses CFS Syndrom sei auch der Grund weshalb ihm Fahrten zum Facharzt genauso wenig möglich seien wie Zahnarztbesuche (Bl. 33 der Senatsakte). Es sei offen, wann eine genaue ärztliche Abklärung des CFS Syndroms (durch Dr. Strienz in Stuttgart) erfolgen könne, eventuell sei dies im Sommer 2014 möglich.
Mit Schreiben vom 6. August 2014 hat der Senat die Beteiligten nochmals darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten erneut Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 13. August 2014 nochmals Stellung genommen und vorgetragen, bevor sein CFS Syndrom nicht behandelt werde, was Kosten zwischen 600 bis 800 EUR verursache, sei er nicht in der Lage Zahnarztbesuche durchzuführen. Im Übrigen nahm der Kläger auf seine bisherigen Ausführungen Bezug (Bl. 46 ff der Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. April 2013 und den Bescheid vom 24. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Fahrtkosten mit dem Taxi zum Arzt nach Ulm sowie Kosten der zahnärztlichen Behandlung zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die schriftsätzliche Äußerung des Klägers in seinen Schreiben vom 13. August 2014 hat den Senat nicht dazu bewogen, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen, zumal der Kläger hierin im Wesentlichen nur seine bisherigen Ausführungen wiederholt hat.
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 SGG), der Kläger hat weder die geltend gemachten Fahrtkosten, noch die Kosten der Zahnbehandlung, noch die nunmehr im Berufungsverfahren geltend gemacht Kosten einer CFS-Syndrom Behandlung betragsmäßig beschränkt. In Anbetracht des vom Kläger behaupteten Umfangs der erforderlichen Zahnbehandlung ist hier von einem Beschwerdegegenstand von mehr als 750 EUR auszugehen.
Das SG hat die Klage jedoch im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass die Berufung unbegründet ist.
Soweit der Kläger in verschiedenen Schriftsätzen des Berufunsgverfahrens eine Kostenübernahme für eine Behandlung eines CFS-Syndroms thematisiert hat, sind die Kosten der Untersuchung durch Dr. Strienz bereits Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens L 13 AS 2740/14, so dass das gleiche Begehren kein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein kann, zumal der Beklagte hierüber mit dem angegriffenen Bescheid vom 24. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2012 nicht entschieden hat. Mit dem genannten Bescheid wurde vielmehr ausschließlich über die Kostenübernahme für eine zahnärztliche Behandlung sowie für Fahrtkosten mit dem Taxi nach Ulm entschieden.
Die Klage auf Kostenübernahme für eine zahnärztliche Behandlung sowie auf die Übernahme von Fahrtkosten nach Ulm ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Senat sieht insoweit weitgehend von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG, der nach allgemeiner Meinung auch für Beschlüsse nach Abs.4 anwendbar ist, siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 153 SGG Rdnr. 5, m.w.N.).
Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als Leistungsbezieher nach dem SGB II pflichtversichert nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ist und die Kosten für eine zahnärztliche Behandlung von der Krankenkasse im gesetzlichen Umfang zu übernehmen sind (§ 55 SGB V). Dass der Kläger aktuell keinen Zahnarzt aufsucht, sondern es für vorrangig erachtet, die Diagnose eines CFS Syndroms weiter abzuklären, hat hierauf grundsätzlich keinen Einfluss, auch wenn unklar bleibt, was der Kläger in dieser Situation überhaupt erstattet erhalten will.
Bei den dem Kläger entstandenen Kosten für eine Fahrt nach Ulm handelt es sich um Kosten, die aus der Regelleistung zu decken sind. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass im Regelbedarf Ausgaben für Verkehr (Abteilung 7: 22,78 EUR) enthalten sind. Zudem sind im Regelbedarf auch Ausgaben für die Gesundheitspflege (Abteilung 6: 15,55 EUR) vorgesehen (§ 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG). Die Kosten einer Krankenbehandlung sind bei den gesetzlich krankenversicherten Leistungsempfängern – wie hier dem Kläger– entweder durch das System des SGB V oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R –, SozR 4-4200 § 20 Nr 13, BSGE 108, 235-241, SozR 4-3500 § 73 Nr 4). Vorliegend dürfte ein – hier nicht streitgegenständlicher – Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten gegen die Krankenkasse, ungeachtet der Frage des zwingenden medizinischen Notwendigkeit, bereits an der zuvor notwendigen Genehmigung durch die Krankenkasse scheitern (§ 60 Abs. 1 S.3 SGB V). Aufwendungen für Fahrten zu ambulanten Behandlungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, können jedoch auch nicht vom Grundsicherungsträger erstattet werden, da hierfür keine Grundlage im SGB II besteht (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25. September 2013 – L 7 AS 83/12 NZB –, juris).
Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf im Sinne des § 21 SGB II. Nach dem einzig in Betracht kommenden § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II). Es handelt sich bei § 21 Abs. 6 SGB II um eine Ausnahmevorschrift für atypische Bedarfslagen. Nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses des Bundestages ist der zusätzliche Anspruch nach § 21 Abs. 6 SGB II unter den Aspekten des nicht erfassten atypischen Bedarfs sowie eines ausnahmsweisen, höheren überdurchschnittlichen Bedarfs angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen auf wenige Fälle begrenzt (BT-Drucks. 17/1465, S. 8). Vorliegend kann dahinstehen, ob die Fahrt nach Ulm unabweisbar war und ob die Kosten von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen, jedenfalls fehlt es daran, dass es sich bei den Kosten einer einmaligen Fahrt nach Ulm, nicht um einen "laufenden" Bedarf handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klage im Ergebnis erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten für zahnärztliche Versorgung und Fahrtkosten für eine ärztliche Untersuchung in Ulm.
Der 1951 geborene Kläger beantragte am 8. Oktober 2012 die Übernahme von Taxikosten für eine geplante ärztliche Behandlung bei Dr. Kr., einem nach Darstellung des Klägers "Zecken-Biß-Spezialist", in Ulm. Er leide unter Dauerfieber von 39,5°, die ihm mögliche Gehstrecke liege unter 100 m, weshalb er auf die Fahrt mit dem Taxi angewiesen sei. Auch die Kosten der Zahnbehandlung seien noch nicht geklärt (Bl.179 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 lehnte der Beklagte die Übernahme von Kosten für eine zahnärztliche Versorgung und Fahrtkosten zum Arzt nach Ulm ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Kosten für die notwendige zahnärztliche Behandlung würden von der Krankenkasse übernommen. Die Übernahme zusätzlicher Kosten, die über die notwendige medizinische Versorgung hinausgingen, sei nicht möglich. Eine zahnärztliche Behandlung stelle keinen besonderen Lebensumstand dar. Auch die Fahrtkosten mit dem Taxi zum Arzt nach Ulm stellten keine Kosten dar, die aufgrund eines besonderen Lebensumstandes entstünden. Es liege hier keine atypische Lebenslage vor, die Fahrtkosten seien bereits in der Regelleistung enthalten (Bl.180 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob der Kläger am 5. November 2012 Widerspruch und machte zur Begründung geltend, die bei ihm bestehende Borreliose stelle durchaus einen besonderen Lebensumstand dar. Wenn die notwendigen Fahrtkosten mit dem Taxi nicht bis zum 5. November 2012 auf seinem Konto seien, müsse er den Arzttermin absagen. Aufgrund des durch Borreliose bedingten Fiebers, sei über Jahre hinweg eine zahnärztliche Behandlung nicht möglich gewesen (Bl. 181 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 28. November 2012 führte der Kläger ergänzend aus, er habe sich für die Fahrt zum Arzt nach Ulm 120 EUR leihen müssen, er habe dort drei Überweisungen für weitere Fachrichtungen erhalten. Beim Beklagten finde nur "Willkür und Arroganz" statt (Bl. 191 der Verwaltungsakte).
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung legte der Beklagte dar, die Kosten der zahnärztlichen Behandlung seien kein unabweisbarer Bedarf, da die notwendigen Kosten von der Krankenkasse übernommen würden; für die Übernahme der Fahrtkosten zum Arzt gebe es keine Rechtsgrundlage (Bl. 182 der Verwaltungsakte).
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 15. November 2012 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat der der Kläger ausgeführt, er sei krankheitsbedingt so geschwächt, dass er auf die Fahrt mit dem Taxi angewiesen sei. Nur in Ulm gebe es einen Facharzt für Borreliose. Allgemeinärzte seien hier nicht kompetent. Die Fahrt zum Arzt nach Ulm sei deshalb notwendig, öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht benutzen. Sämtliche Zähne im Oberkiefer müssten erneuert werden. Von den vom Beklagten gewährten Leistungen könne er die Fahrtkosten und die Zahnbehandlungen nicht bezahlen (Bl. 2 ff der SG Akte).
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19. April 2013 teilte der Kläger mit, dass er von einem Bekannten privat nach Ulm gefahren worden sei (Bl. 10 der SG Akte).
Mit Urteil vom 19. April 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung legte das SG dar, der Kläger habe weder Anspruch auf Übernahme von Fahrtkosten noch auf Kosten für eine zahnärztliche Versorgung, für beide geltend gemachten Ansprüche fehle es an einer Rechtsgrundlage. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) umfasse der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Gemäß § 5 Regelbedarfsgesetz (RBEG) Abt. 7 seien im Regelbedarf Kosten für Verkehr in Höhe von 22,78 EUR festgesetzt, weshalb die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten von der Regelleistung zu bezahlen seien. Gemäß § 21 SGB II könne in den dort geregelten Fällen ein Mehrbedarf anerkannt werden. Fahrtkosten zu Ärzten seien darin aber nicht aufgeführt, weshalb auch aus § 21 SGB II kein Anspruch abgeleitet werden könne. Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für zahnärztliche Versorgung. Der Kläger sei als Leistungsbezieher nach dem SGB II pflichtversichert gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und erhalte damit die ihm nach dem SGB V zustehenden Leistungen. Darüber hinaus gebe es keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten, der Kläger erstrebe hier letztendlich eine Besserstellung gegenüber sämtlichen gesetzlich Krankenversicherten. Dafür öffne das SGB II allerdings keinen Raum.
Gegen dieses dem Kläger am 1. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Juni 2013 Berufung erhoben. Diese begründet der Kläger damit, es sei nicht seine Schuld, dass seine Erkrankung in 20 Jahren noch nicht richtig diagnostiziert worden sei. Zur Zeit zahle er bisherige Fahrtkosten nach Ulm und Göppingen immer noch in Raten ab. Er nehme Termine trotz Fieber wahr. Er könne nicht von Privatleuten erwarten, dass er von diesen zu Terminen gefahren werde. Borreliose sei es nicht, aber anscheinend brauche er nicht zu weiteren Fachärzten. Auf Nachfrage des Senats teilte der Kläger ergänzend mit, es gebe noch keinen Kostenvoranschlag bezüglich der Zähne, die Krankenkasse zahle das Entfernen der Zähne, aber keine neuen Zähne; Schreiben der Beklagten seien "generell falsch".
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 23. Juli 2013 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Kläger hat hieraufhin mit Schreiben vom 26. Juli 2013 (Bl. 12 ff Senatsakte), 6. Oktober 2013 (Bl. 24 ff Senatsakte), 11. Oktober 2013 (Bl. 26 ff der Senatsakte) und 21. Oktober 2013 ergänzend vorgetragen. Sinngemäß machte der Kläger in diesen Schreiben geltend, dass bei ihm nun doch keine Borreliose, sondern ein Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS Syndrom) vorliege. Dieses CFS Syndrom sei auch der Grund weshalb ihm Fahrten zum Facharzt genauso wenig möglich seien wie Zahnarztbesuche (Bl. 33 der Senatsakte). Es sei offen, wann eine genaue ärztliche Abklärung des CFS Syndroms (durch Dr. Strienz in Stuttgart) erfolgen könne, eventuell sei dies im Sommer 2014 möglich.
Mit Schreiben vom 6. August 2014 hat der Senat die Beteiligten nochmals darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten erhielten erneut Gelegenheit zur Stellungnahme.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 13. August 2014 nochmals Stellung genommen und vorgetragen, bevor sein CFS Syndrom nicht behandelt werde, was Kosten zwischen 600 bis 800 EUR verursache, sei er nicht in der Lage Zahnarztbesuche durchzuführen. Im Übrigen nahm der Kläger auf seine bisherigen Ausführungen Bezug (Bl. 46 ff der Senatsakte).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. April 2013 und den Bescheid vom 24. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Fahrtkosten mit dem Taxi zum Arzt nach Ulm sowie Kosten der zahnärztlichen Behandlung zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die schriftsätzliche Äußerung des Klägers in seinen Schreiben vom 13. August 2014 hat den Senat nicht dazu bewogen, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen, zumal der Kläger hierin im Wesentlichen nur seine bisherigen Ausführungen wiederholt hat.
Die Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 SGG), der Kläger hat weder die geltend gemachten Fahrtkosten, noch die Kosten der Zahnbehandlung, noch die nunmehr im Berufungsverfahren geltend gemacht Kosten einer CFS-Syndrom Behandlung betragsmäßig beschränkt. In Anbetracht des vom Kläger behaupteten Umfangs der erforderlichen Zahnbehandlung ist hier von einem Beschwerdegegenstand von mehr als 750 EUR auszugehen.
Das SG hat die Klage jedoch im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass die Berufung unbegründet ist.
Soweit der Kläger in verschiedenen Schriftsätzen des Berufunsgverfahrens eine Kostenübernahme für eine Behandlung eines CFS-Syndroms thematisiert hat, sind die Kosten der Untersuchung durch Dr. Strienz bereits Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens L 13 AS 2740/14, so dass das gleiche Begehren kein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein kann, zumal der Beklagte hierüber mit dem angegriffenen Bescheid vom 24. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2012 nicht entschieden hat. Mit dem genannten Bescheid wurde vielmehr ausschließlich über die Kostenübernahme für eine zahnärztliche Behandlung sowie für Fahrtkosten mit dem Taxi nach Ulm entschieden.
Die Klage auf Kostenübernahme für eine zahnärztliche Behandlung sowie auf die Übernahme von Fahrtkosten nach Ulm ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Senat sieht insoweit weitgehend von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG, der nach allgemeiner Meinung auch für Beschlüsse nach Abs.4 anwendbar ist, siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Aufl., § 153 SGG Rdnr. 5, m.w.N.).
Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als Leistungsbezieher nach dem SGB II pflichtversichert nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ist und die Kosten für eine zahnärztliche Behandlung von der Krankenkasse im gesetzlichen Umfang zu übernehmen sind (§ 55 SGB V). Dass der Kläger aktuell keinen Zahnarzt aufsucht, sondern es für vorrangig erachtet, die Diagnose eines CFS Syndroms weiter abzuklären, hat hierauf grundsätzlich keinen Einfluss, auch wenn unklar bleibt, was der Kläger in dieser Situation überhaupt erstattet erhalten will.
Bei den dem Kläger entstandenen Kosten für eine Fahrt nach Ulm handelt es sich um Kosten, die aus der Regelleistung zu decken sind. Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass im Regelbedarf Ausgaben für Verkehr (Abteilung 7: 22,78 EUR) enthalten sind. Zudem sind im Regelbedarf auch Ausgaben für die Gesundheitspflege (Abteilung 6: 15,55 EUR) vorgesehen (§ 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG). Die Kosten einer Krankenbehandlung sind bei den gesetzlich krankenversicherten Leistungsempfängern – wie hier dem Kläger– entweder durch das System des SGB V oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R –, SozR 4-4200 § 20 Nr 13, BSGE 108, 235-241, SozR 4-3500 § 73 Nr 4). Vorliegend dürfte ein – hier nicht streitgegenständlicher – Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten gegen die Krankenkasse, ungeachtet der Frage des zwingenden medizinischen Notwendigkeit, bereits an der zuvor notwendigen Genehmigung durch die Krankenkasse scheitern (§ 60 Abs. 1 S.3 SGB V). Aufwendungen für Fahrten zu ambulanten Behandlungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, können jedoch auch nicht vom Grundsicherungsträger erstattet werden, da hierfür keine Grundlage im SGB II besteht (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25. September 2013 – L 7 AS 83/12 NZB –, juris).
Der Kläger hat insbesondere keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf im Sinne des § 21 SGB II. Nach dem einzig in Betracht kommenden § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II). Es handelt sich bei § 21 Abs. 6 SGB II um eine Ausnahmevorschrift für atypische Bedarfslagen. Nach der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses des Bundestages ist der zusätzliche Anspruch nach § 21 Abs. 6 SGB II unter den Aspekten des nicht erfassten atypischen Bedarfs sowie eines ausnahmsweisen, höheren überdurchschnittlichen Bedarfs angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen auf wenige Fälle begrenzt (BT-Drucks. 17/1465, S. 8). Vorliegend kann dahinstehen, ob die Fahrt nach Ulm unabweisbar war und ob die Kosten von einem durchschnittlichen Bedarf abweichen, jedenfalls fehlt es daran, dass es sich bei den Kosten einer einmaligen Fahrt nach Ulm, nicht um einen "laufenden" Bedarf handelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klage im Ergebnis erfolglos geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved